Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde
Normenkette
ArbGG 1979 §§ 72, 72a; TVG § 1 Tarifverträge: Bau; BRTV-Bau § 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.06.1989; Aktenzeichen 15 Sa 1166/88) |
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 15.07.1988; Aktenzeichen 6 Ca 866/88) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juni 1989 – 15 Sa 1166/88 – wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gründe
Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung von Beiträgen für die Zeiträume Dezember 1982 und April 1983 bis Dezember 1985 in Höhe von insgesamt 32.095,21 DM in Anspruch. Der Beklagte ist Inhaber eines Bauingenieur- und Architekturbüros. Er errichtete in den Jahren 1981 bis 1985 auf zwei eigenen Grundstücken ein Wohnhaus mit acht Wohnungen zur Selbstnutzung und zur Vermietung. Dabei beschäftigte er zu verschiedenen Zeiten Arbeitnehmer in wechselnder Anzahl mit baulichen Arbeiten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Nichtzulassungsbeschwerde. Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie nicht in der gesetzlichen Form nach § 72 a Abs. 3 Satz 2 ArbGG begründet worden ist.
Die Klägerin hat die Erfordernisse einer rechtserheblichen Divergenz im Sinne von § 72 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG nicht dargelegt. Eine solche setzt voraus, daß die angefochtene Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der seinerseits von einem abstrakten Rechtssatz des Bundesarbeitsgerichts oder eines der anderen in der Gesetzesnorm genannten Gerichte abweicht, woraus zugleich folgt, daß eine lediglich fehlerhafte oder den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entsprechende Rechtsanwendung eine Divergenz nicht zu begründen vermag (BAG Beschluß vom 19. November 1979 – 5 AZN 15/79 – AP Nr. 2 zu § 72 a ArbGG 1979). Dabei müssen sich die voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze aus der anzufechtenden wie aus der angezogenen Entscheidung unmittelbar ergeben und so deutlich ablesbar sein, daß nicht zweifelhaft bleibt, welche abstrakten Rechtssätze die Entscheidungen jeweils aufgestellt haben (BAGE 41, 188, 190 = AP Nr. 11 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz; BAG Beschluß vom 10. Juli 1984 – 2 AZN 337/84 – AP Nr. 15 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz).
Diesen Erfordernissen entspricht die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht. Die Klägerin macht in ihrer Beschwerdebegründung geltend, daß das Landesarbeitsgericht zum tariflichen Rechtsbegriff eines „Betriebes des Baugewerbes” abstrakte Rechtssätze aufgestellt habe, die von abstrakten Rechtssätzen abwichen, die das Bundesarbeitsgericht zu diesem Rechtsbegriff in den Urteilen vom 6. März 1985 (– 4 AZR 6/84 – AP Nr. 64 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) und vom 20. April 1988 (– 4 AZR 646/87 – AP Nr. 95 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) aufgestellt habe. Dabei räumt die Klägerin allerdings in der Beschwerdebegründung selbst ein, daß das Landesarbeitsgericht in den Entscheidungsgründen durchaus von der Interpretation des tariflichen Rechtsbegriffs in den angezogenen Urteilen des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen sei, jedoch bei der Subsumtion auf Kriterien abgestellt habe, die den Schluß zuließen, daß es einen abweichenden abstrakten Rechtssatz habe aufstellen wollen.
Dies reicht zur Darlegung einer rechtserheblichen Divergenz jedoch nicht aus. Es genügt insoweit nicht, wenn der vermeintlich abweichende Rechtssatz aus dem anzufechtenden Urteil nur mittels der Erwägung entnommen wird, das Landesarbeitsgericht müsse folgerichtig von einem in der Entscheidung nicht erörterten Satz ausgegangen sein. Anderenfalls würde in einer Ergänzung der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die einschlägige Rechtsnorm ein Rechtssatz abgeleitet, von dem sich nicht feststellen läßt, ob ihn das Berufungsgericht wirklich vertreten wollte oder ob es das Rechtsproblem übersehen hat oder von anderen nicht ausgesprochenen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist. Mit einer Ergänzung des anzufechtenden Urteils durch die vom Beschwerdeführer selbst gebildete, von divergenzfähigen Entscheidungen abweichende Grundsätze können in diesen Fällen die Voraussetzungen einer Divergenz nicht dargelegt werden (BAG Beschluß vom 10. Juli 1984 – 2 AZN 337/84 – AP Nr. 15 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz). Insoweit rügt die Klägerin auch vorliegend letztlich nur die Subsumtion im anzufechtenden Urteil, deren revisionsrechtliche Überprüfung aber im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht erfolgen kann.
Soweit die Klägerin ihre Nichtzulassungsbeschwerde vorsorglich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Auslegung des tariflichen Rechtsbegriffs des „Betriebes des Baugewerbes” stützt, vermag auch dies die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu begründen. Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, daß die Interpretation dieses Rechtsbegriffs im Hinblick auf die Durchführung baulicher Leistungen durch Grundstückseigentümer auf ihren eigenen Grundstücken zum Zwecke der Selbstnutzung oder Vermietung von Wohnraum eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle betrifft, ist diese Tarifauslegung bezogen auf die genannte Fallgestaltung nicht mehr klärungsbedürftig. Der Senat hat nämlich die maßgeblichen Grundsätze zur rechtlichen Beurteilung dieser Fälle im Urteil vom 26. April 1989 – 4 AZR 17/89 – (zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) im einzelnen niedergelegt. Gesichtspunkte, die Anlaß zu einer Änderung dieser Rechtsprechung geben könnten, hat die Klägerin nicht dargelegt.
Die Klägerin hat die Kosten des erfolglosen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Dr. Neumann, Dr. Etzel, Dr. Freitag
Fundstellen