Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Wiedereinsetzungsantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Ende einer Rechtsmittelfrist wird wegen eines allgemeinen Feiertages nur dann hinausgeschoben, wenn der betreffende Tag an dem Ort, wo das Rechtsmittel einzulegen ist, gesetzlicher Feiertag ist (Vergleiche BAG, Beschluß vom 15.10.1959, 1 AZB 19/59 = AP Nr 1 zu § 222 ZPO; BAG, Urteil vom 26.03.1976, 4 AZR 240/75 = AP Nr 92 zu §§ 22, 23 BAT).
2. Wird Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt, so muß innerhalb der zweiwöchigen Frist die Revisionsbegründung als versäumte Prozeßhandlung nachgeholt werden. Ein Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist kann grundsätzlich die nachzuholende Prozeßhandlung nicht ersetzen (Anschluß an BGH, Beschluß vom 13.07.1988, IVa ZR 303/87 = NJW 1988, 3021).
Normenkette
BGB § 193; ZPO § 222 Abs. 2, §§ 234, 236 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 11.10.1988; Aktenzeichen 10 (9) Sa 75/88) |
ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 16.03.1988; Aktenzeichen 1 Ca 399/87) |
Gründe
1. Das beklagte Land hat mit dem am 21. November 1988 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 18. November 1988 Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 11. Oktober 1988 eingelegt. Bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 21. Dezember 1988 ist ein Revisionsbegründungsschriftsatz nicht beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Der Prozeßbevollmächtigte des beklagten Landes stellte am 23. Dezember 1988 fest, daß die Revisionsbegründungsfrist versäumt war.
Mit dem am 9. Januar 1989 als Telefax-Schreiben beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 9. Januar 1989 beantragt das beklagte Land Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit dem Wiedereinsetzungsgesuch hat das beklagte Land den Antrag verbunden, die Revisionsbegründungsfrist um einen Monat bis 21. Januar 1989 zu verlängern. Im übrigen ist im einzelnen vorgetragen worden, weshalb die Revisionsbegründungsfrist versäumt worden sei.
2. Das Wiedereinsetzungsgesuch war als unzulässig zu verwerfen, weil es nicht fristgerecht gestellt worden ist. Nach dem eigenen Vorbringen des beklagten Landes haben seine Prozeßbevollmächtigten am 23. Dezember 1988 festgestellt, daß die Revision nicht innerhalb der bis zum 21. Dezember 1988 laufenden Frist begründet worden war. Mit dieser Erkenntnis begann die Frist für die Wiedereinsetzung nach § 234 Abs. 2 ZPO zu laufen (vgl. BGH VersR 1985, 1183). Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung beträgt nach § 234 Abs. 1 ZPO zwei Wochen. Sie endete am 6. Januar 1989. Das Wiedereinsetzungsgesuch des beklagten Landes ist erst am 9. Januar 1989 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Damit war das Wiedereinsetzungsgesuch verspätet gestellt und deshalb unzulässig.
Entgegen der Ansicht des beklagten Landes war die Wiedereinsetzungsfrist nicht nach § 222 Abs. 2 ZPO deshalb bis zum 9. Januar 1989 erstreckt, weil das Ende der Zwei-Wochen-Frist auf einen allgemeinen Feiertag fiel. Der 6. Januar 1989 ist zwar in Baden-Württemberg, wo die Prozeßbevollmächtigten des beklagten Landes ihre Kanzlei haben, gesetzlicher Feiertag. Das reicht jedoch nicht aus, um von einem anderen Fristende auszugehen. Nach § 222 Abs. 1 ZPO in Verb. mit § 193 BGB kommt es darauf an, ob der betreffende Tag dort, wo das Rechtsmittel einzulegen bzw. zu begründen ist, nach dem jeweiligen Landesrecht gesetzlicher Feiertag ist (vgl. BAG Beschluß vom 15. Oktober 1959 - 1 AZB 19/59 - AP Nr. 1 zu § 222 ZPO; BAG Urteil vom 26. Mai 1976 - 4 AZR 240/75 - AP Nr. 92 zu §§ 22, 23 BAT; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Auflage, § 222 Rz 11). Der 6. Januar 1989 war in Kassel, dem Sitz des Bundesarbeitsgerichts, jedoch kein gesetzlicher Feiertag (vgl. § 1 des Hessischen Feiertagsgesetzes in der Fassung vom 29. Dezember 1971, GVBl. I S. 344, geändert durch Gesetz vom 15. Mai 1974, GVBl. I S. 241).
Im übrigen hätte dem Wiedereinsetzungsantrag auch dann nicht stattgegeben werden können, wenn er fristgerecht eingereicht worden wäre. Nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist ein Wiedereinsetzungsantrag nur zulässig, wenn innerhalb der Antragsfrist die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt wird. Das ist hier nicht geschehen. Die Prozeßbevollmächtigten des beklagten Landes haben mit ihrem Antrag, unterstellt, er wäre noch als fristgerecht anzusehen, nur den Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist gestellt. Das reicht für einen ordnungsmäßigen Wiedereinsetzungsantrag nicht aus. Ein Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist kann die fehlende Prozeßhandlung, nämlich die Revisionsbegründung, nicht ersetzen (BGH Beschluß vom 13. Juli 1988 - IVa ZR 303/87 -, NJW 1988, 3021).
Nach alledem war das Wiedereinsetzungsgesuch mit der Kostenfolge aus § 238 Abs. 4 ZPO zu verwerfen.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Fundstellen
Haufe-Index 440308 |
DB 1989, 1528 (LT1-2) |
NJW 1989, 1181 |
NJW 1989, 1181 (LT1-2) |
EBE/BAG 1989, 48-48 (LT1-2) |
RdA 1989, 136 |
ZAP, EN-Nr 107/89 (S) |
AP § 222 ZPO (LT1-2), Nr 3 |
AR-Blattei, Arbeitsgerichtsbarkeit XI Entsch 107 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 160.11 Nr 107 (LT1-2) |
EzA § 222 ZPO, Nr 1 (LT1-2) |