Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariffähigkeit der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau
Leitsatz (redaktionell)
Die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau ist nicht tariffähig und keine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne.
Normenkette
ArbGG § 97; GG Art. 9 Abs. 3; TVG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 10.10.1988; Aktenzeichen 5 TaBV 27/88) |
ArbG Bonn (Entscheidung vom 24.02.1988; Aktenzeichen 4 BV 9/87) |
Nachgehend
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau Deutschlands (CGHB).
I.1. Die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau hat nach § 1 der zur Zeit gültigen Satzung ihren Sitz in Bonn. Sie ist Mitglied des Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands (CGD) und des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB) und gehört auf internationaler Ebene dem Internationalen Bund der Christlichen Bau- und Holzarbeitergewerkschaften an. Ihr räumlicher Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin. § 14 der Satzung sieht eine Untergliederung der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau in Landes- und Bezirksverbände, Ortsstellen und Betriebsgruppen vor. Ihre Organe sind Verbandstag, Hauptvorstand und Schiedsgericht. Ziel der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau ist die Förderung und Sicherung der sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder und deren Familien. Zur Erreichung dieser Ziele sollen insbesondere die Herbeiführung eines gerechten Lohns unter Berücksichtigung eines Investivlohns durch den Abschluß von Tarifverträgen, sowie die Regelung der sonstigen Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen dienen (§ 3 der Satzung). Der Kreis der möglichen Mitglieder umfaßt nach § 1 Nr. 4 der Satzung alle Beschäftigten im Holz-, Bauhaupt- und Baunebengewerbe, in der Baustoff-, Steine- und Erdenindustrie sowie in der Wohnungswirtschaft. Es werden Beiträge gestaffelt nach den Monatsverdiensten erhoben. Die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau gewährt ihren Mitgliedern Rechtsschutz in allen arbeits- und sozialrechtlichen Streitigkeiten und zahlt in Arbeitskämpfen eine Unterstützung.
2. Der Landesverband Rheinland-Pfalz/Saar der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (im folgenden nur IG Bau), der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens, schloß mit den Gebäudereinigerinnungen für Rheinhessen und Koblenz-Trier (im folgenden nur Innung Rheinhessen und Innung Koblenz-Trier) seit den 70er Jahren Lohntarifverträge ab, die jeweils für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Die beiden zuletzt abgeschlossenen Lohntarifverträge liefen mit dem 30. September 1985 aufgrund der ausgesprochenen Kündigung aus. Zum Abschluß neuer Lohntarifverträge mit den beiden Innungen kam es nicht, da man sich über die Aufnahme einer Protokollnotiz nicht einigen konnte, die die Abwälzung der Pauschalsteuer auf die Arbeitnehmer möglich gemacht hätte. Mit inhaltlich nahezu gleichlautenden Schreiben vom 25. Juli und 20. August 1986 teilten die beiden Innungen der IG Bau mit, daß sie sich dann, wenn die IG Bau auf ihrer Ablehnung beharre, im Falle keiner Einigung "nach einem Sozialpartner umsehen" würden, mit dem sie "kurzfristig" bzw. "dann sehr schnell" einen neuen Lohntarifvertrag mit der streitigen Protokollnotiz abschließen würden.
Dementsprechend kam es es zwischen den beiden Innungen und der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau am 30. Oktober 1986 zum Abschluß zweier Lohntarifverträge, die die von den Innungen gewünschte Protokollnotiz enthielten.
Schon vorher, am 27. August 1986, hatte die IG Bau mit einer neu gegründeten Arbeitgebertarifgemeinschaft, der "Vereinigung des Gebäudereiniger-Handwerks des Regierungsbezirks Trier" einen neuen Lohntarifvertrag ohne die erwähnte Protokollnotiz abgeschlossen.
Neue Lohntarifverträge und einen Rahmentarifvertrag schloß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau im Januar 1988 mit den beiden Innungen ab. Im August 1988 vereinbarte auch die IG Bau wieder einen Lohntarifvertrag mit der Innung Koblenz-Trier.
3. Am 6. Februar 1987 vereinbarten die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau sowie die aus ihren Innungsverbänden ausgetretenen Innungen des Gebäudereiniger-Handwerks Köln und Wuppertal einen Rahmentarifvertrag für das Gebäudereiniger-Handwerk, der inhaltlich dem zwischen der IG Bau und dem Bundesinnungsverband abgeschlossenen, aber gekündigten Bundesrahmentarifvertrag für das Gebäudereiniger-Handwerk entsprach. Am 19. Mai 1987 schloß auch die IG Bau mit den Innungen Köln und Wuppertal wieder einen neuen Rahmentarifvertrag, der inhaltlich dem am 8. Mai 1987 abgeschlossenen neuen Bundesrahmentarifvertrag entsprach.
Schon am 17. Juli 1986 hatte die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau in Tarifgemeinschaft mit der Christlichen Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie mit dem Wirtschaftsverband Naturstein-Industrie Nordrhein-Westfalen-Niedersachsen-Rheinland- Pfalz e.V. einen Lohntarifvertrag abgeschlossen, der inhaltlich dem mit der IG Bau am 17. April 1986 abgeschlossenen Lohntarifvertrag entsprach.
Vor diesen genannten Tarifverträgen hatte die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau lediglich in den Jahren 1973 bis 1976 in Berlin Lohntarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk abgeschlossen.
II. Im Zuge der Auseinandersetzungen um den Abschluß des Rahmentarifvertrages mit den Innungen Köln und Wuppertal und dessen beantragter Allgemeinverbindlicherklärung hat die IG Bau mit Schriftsatz vom 10. März 1987 das vorliegende Verfahren anhängig gemacht mit dem Ziel der Feststellung, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau keine tariffähige Gewerkschaft sei. Dieser fehle es an der erforderlichen Organisation und finanziellen Ausstattung, um die Aufgaben einer Gewerkschaft wahrnehmen zu können. Geschäftsstellen unterhalte die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau allenfalls in Personalunion mit der Christlichen Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie. Eigene hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre habe sie nicht. Die wenigen abgeschlossenen Tarifverträge seien jeweils auf Wunsch der Arbeitgeberseite zustande gekommen. Tarifverhandlungen, in denen die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau eigene Forderungen erhoben habe, hätten nicht stattgefunden.
Die IG Bau und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben beantragt
festzustellen, daß die Christliche Gewerkschaft
Holz und Bau keine tariffähige Gewerkschaft ist.
Die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau, der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands und die Christliche Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie sowie die Innungen Rheinhessen und Koblenz-Trier haben ihrerseits beantragt festzustellen, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau eine tariffähige Gewerkschaft ist.
Die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau macht geltend, daß sie von ihrer Mitgliederzahl und ihrer Organisation her in der Lage sei, die Aufgaben einer Gewerkschaft wahrzunehmen, zumal sich alle Christlichen Gewerkschaften zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung verpflichtet hätten. Die von ihr abgeschlossenen Tarifverträge wiesen aus, daß sie von der Arbeitgeberseite ernst genommen worden und in der Lage sei, die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder durch Tarifverträge zu regeln. Daß die Lohntarifverträge mit den Innungen Rheinhessen und Koblenz-Trier die fragliche Protokollnotiz enthielten, besage nichts dafür, daß es sich um Gefälligkeitstarifverträge handele. Auch die meisten von den einzelnen Landesbezirken der IG Bau abgeschlossenen Tarifverträge hätten diese Protokollnotiz enthalten. Dem Abschluß dieser Tarifverträge seien zunächst Gespräche und zwei Tarifverhandlungen am 23. und 30. Oktober 1986 vorausgegangen. Auch über den Abschluß des Rahmentarifvertrages mit den Innungen Köln und Wuppertal hätten mehrere Verhandlungen stattgefunden. Später hätten sich die Innungen Köln, Wuppertal und Essen zu einer Tarifgemeinschaft zusammengeschlossen und mit ihr gemeinsame Tarifverhandlungen verlangt.
Ihre Mitgliederzahl hat die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau zuletzt mit 2.948 Arbeitnehmern angegeben, von denen 194 im Gebäudereiniger-Handwerk beschäftigt seien, davon 98 in Nordrhein-Westfalen und 76 in Rheinland-Pfalz. 28 ihrer Mitglieder seien in Betriebsräte gewählt worden, fünf davon seien Betriebsratsvorsitzende. Über eine gemeinsame Liste des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands stelle sie auch Vertreter in den Vertretungskörperschaften der Sozialversicherungsträger und stelle ehrenamtliche Richter in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit. In den Jahren 1985/86 habe sie 47 Arbeitsgerichtsprozesse, 24 Sozialgerichtsprozesse und 12 Widerspruchsverfahren durchgeführt und in einer erheblichen Zahl von Fällen Rechtsberatung und Hilfestellung bei außergerichtlichen Vereinbarungen geleistet.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau keine tariffähige Gewerkschaft ist. Die gegen diese Entscheidung von der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau und dem Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands eingelegte Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen diese ihre Anträge weiter.
B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Feststellung getroffen, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau keine tariffähige Gewerkschaft ist.
I. Gegen das Verfahren und die Zulässigkeit der gestellten Anträge bestehen keine Bedenken. Mit Ausnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung und der BDA haben alle Beteiligten eigene Sachanträge gestellt. Dazu sind sie nach § 97 Abs. 1 ArbGG als räumlich und sachlich zuständige Vereinigungen von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern befugt (vgl. Beschluß des Senats vom 25. November 1986, BAGE 53, 347 = AP Nr. 36 zu § 2 TVG).
II. Die Feststellungsanträge der IG Bau und des DGB sind begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Entscheidung der Frage, ob die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau eine tariffähige Gewerkschaft ist, von der ständigen Rechtsprechung des Senats zum Gewerkschaftsbegriff ausgegangen. Danach setzt die Tariffähigkeit u.a. voraus, daß die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartner sinnvoll erfüllen kann. Das kann sie nur bei Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und bei ausreichender Leistungsfähigkeit ihrer Organisation (zuletzt Beschluß des Senats vom 25. November 1986, BAGE 53, 347 = AP Nr. 36 zu § 2 TVG). In dieser Entscheidung hat der Senat ausgesprochen, daß sich im Einzelfall die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung darin zeigen könne, daß sie schon aktiv in den Prozeß der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen eingegriffen habe. Auch der Abschluß von Anschlußtarifverträgen könne ein Indiz für die erforderliche Durchsetzungskraft sein. Entscheidend sei, wie es zum Abschluß dieser Anschlußtarifverträge gekommen sei. Maßgebend sei insbesondere, ob die Arbeitnehmervereinigung über die Verhandlungen zum Haupttarifvertrag unterrichtet gewesen sei, ob sie in diese Verhandlungen auch ihre Vorstellungen habe einbringen können, ob sie eigene Vorstellungen zum Inhalt des Anschlußtarifvertrages gehabt und eigene Forderungen vorgebracht habe.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Rechtsbeschwerde bringt insoweit keine neuen Gesichtspunkte, vielmehr nur diejenigen Einwände und Erwägungen, mit denen sich der Senat schon in seiner bisherigen Rechtsprechung auseinandergesetzt hat.
2. Das Landesarbeitsgericht hat gerade im Hinblick auf die zuletzt genannte Entscheidung des Senats zur Bedeutung durch eine Arbeitnehmervereinigung bereits abgeschlossener Tarifverträge im einzelnen geprüft, wie es zu den von der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau in den Jahren 1986/87 abgeschlossenen Tarifverträgen gekommen ist. Es hat festgestellt, daß diese Tarifverträge im Hinblick auf die besonderen Umstände, unter denen sie zustande gekommen seien, nicht zeigten, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau von seiten der Arbeitgeber ernst genommen werde. Der Abschluß der Lohntarifverträge vom 30. Oktober 1986 mit den Innungen Rheinhessen und Koblenz-Trier sei allein auf den Wunsch der Arbeitgeberseite zurückzuführen, angesichts der Weigerung der IG Bau kurzfristig mit einem neuen Sozialpartner einen Lohntarifvertrag mit der streitigen Protokollnotiz abzuschließen.
Auch hinsichtlich des am 6. Februar 1987 mit den Innungen Köln und Wuppertal abgeschlossenen Rahmentarifvertrages stellt das Landesarbeitsgericht fest, daß dieser kein Indiz für eine Durchsetzungskraft der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau gegenüber der Arbeitgeberseite darstelle. Der mit der Wirtschaftsvereinigung Natursteinindustrie abgeschlossene Lohntarifvertrag sei ein reiner Gefälligkeitstarifvertrag gewesen, da der Arbeitgeberverband den bereits mit der IG Bau abgeschlossenen Lohntarifvertrag auf Wunsch eines Mitgliedes auch mit der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau und der Christlichen Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie abgeschlossen habe.
3. Die dieser rechtlichen Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen worden. Sie sind daher für den Senat bindend. Die rechtliche Würdigung selbst läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
a) Anlaß für den Abschluß der Lohntarifverträge mit den Innungen Rheinhessen und Koblenz-Trier waren nicht irgendwelche Aktivitäten der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau. Die Initiative ging vielmehr von den genannten Innungen aus, die aus verbandspolitischen Gründen einen Lohntarifvertrag erstrebten, der die umstrittene Protokollnotiz enthält. Diese Protokollnotiz hat die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau - wenn man ihrer Gesprächsnotiz über die Tarifverhandlungen folgt - nach Prüfung der Rechtslage akzeptiert. Hinsichtlich der erhobenen Forderung auf eine Lohnerhöhung von 6,5 % ist eine Einigung auf 4,9 % erfolgt.
Wenn das Landesarbeitsgericht aus diesen Umständen folgert, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau hier nicht als ernst zu nehmender Tarifvertragspartner in Erscheinung getreten ist, so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung von 10. September 1985 (BAGE 49, 322 = AP Nr. 34 zu § 2 TVG) ausgesprochen, daß es darauf, welchen Inhalt diese Tarifverträge haben und in welcher Weise, mit welcher Dauer und Härte Tarifverhandlungen geführt wurden, nicht ankommen könne. Das schließt aber eine Berücksichtigung derjenigen Umstände, unter denen es überhaupt zum Abschluß eines Tarifvertrages, gleich mit welchem Inhalt, gekommen ist, nicht aus. Lassen diese erkennen, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau hier als "Lückenbüßer" angesehen wurde, so stellt es keinen Rechtsfehler dar, wenn der Inhalt des abgeschlossenen Tarifvertrages in diesem Zusammenhang mit gewürdigt wird.
b) Für die Würdigung der Aktivitäten der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau anläßlich des Abschlusses des Rahmentarifvertrages für die Innungen Köln und Wuppertal gilt das gleiche. Auch hier ging die Initiative zum Abschluß dieses Rahmentarifvertrages von der Arbeitgeberseite aus. Dieser war die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau als möglicher Tarifpartner nicht einmal bekannt. Erst über eine Vermittlung des Christlichen Gewerkschaftsbundes kamen Gespräche zwischen den beiden Innungen und der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau zustande. Auch hier spricht das Ergebnis der Gespräche und Verhandlungen - mögen diese auch intensiver gewesen sein als mit den Innungen Rheinhessen und Koblenz-Trier - nicht dafür, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau aktiv und mit Nachdruck an der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen beteiligt gewesen ist. Abgeschlossen wurde ein Rahmentarifvertrag, der dem bisherigen, von der IG Bau gekündigten Rahmentarifvertrag inhaltlich völlig entsprach.
c) Hinsichtlich des mit dem Wirtschaftsverband Natursteinindustrie abgeschlossenen Lohntarifvertrages hat das Landesarbeitsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, daß dieser lediglich auf Wunsch einer Mitgliedsfirma gleichlautend mit dem bereits mit der IG Bau abgeschlossenen Lohntarifvertrag abgeschlossen worden sei, ohne daß es insoweit zu Tarifverhandlungen gekommen sei. Wenn das Landesarbeitsgericht auch daraus entnimmt, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau nicht als ernst zu nehmender Tarifpartner angesehen wurde, so ist darin ein Rechtsfehler nicht zu erkennen.
d) Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht übersehen, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau Anfang 1988 mit den Innungen Rheinhessen und Koblenz-Trier erneut Lohntarifverträge und Rahmentarifverträge abgeschlossen hat. Es hat festgestellt, daß es sich auch insoweit nur um die Übernahme bereits geltender, mit der IG Bau abgeschlossener Tarifverträge gehandelt hat. Wenn es im Hinblick auf die Vorgeschichte dieser Tarifverträge einen Vortrag der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau dazu vermißt, wie es zu diesen weiteren Tarifverträgen gekommen ist, und daraus schließt, daß diese Tarifverträge nichts für eine Durchsetzungskraft der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau besagen, so hat es damit zu Recht darauf abgestellt, daß der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau erst recht eine Darlegungslast dafür obliegt, daß es zum Abschluß von Tarifverträgen aufgrund ernst gemeinter Tarifverhandlungen gekommen ist, wenn die Vorgeschichte solcher Tarifabschlüsse - wie dargelegt - für das Gegenteil spricht.
4. Auch soweit das Landesarbeitsgericht zu der Feststellung gelangt, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau aufgrund ihrer Organisation und Mitgliederstärke nicht in der Lage ist, die Aufgaben einer Gewerkschaft wahrzunehmen und Durchsetzungskraft gegenüber dem tariflichen Gegenspieler und ihren Mitgliedern zu beweisen, ist die Entscheidung ohne Rechtsfehler. Das Landesarbeitsgericht hat den widersprüchlichen und unsubstantiierten Vortrag der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau über ihren Mitgliederbestand und ihre organisatorische Ausstattung gewürdigt. Es stellt eine sachgerechte und naheliegende Würdigung dar, wenn das Landesarbeitsgericht aus dem Umstand, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau in diesem Verfahren nicht in der Lage war, hinsichtlich ihrer Mitglieder, ihrer Organisation und ihrer Ausstattung präzise Angaben zu machen, folgert, daß ihre personelle und organisatorische Ausstattung nicht ausreicht, um die Annahme zu rechtfertigen, die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau sei in der Lage, die Aufgaben einer Gewerkschaft sinnvoll zu erfüllen. Auch wenn der Mitgliederbestand einer Arbeitnehmervereinigung und ihre Organisationsstärke in einem bestimmten Wirtschaftsgebiet nicht allein entscheidend für die Frage nach der Durchsetzungskraft einer Gewerkschaft ist, so macht doch die von der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau angegebene Zahl von 194 Mitgliedern im Gebäudereiniger-Handwerk, davon nur 76 in Rheinland-Pfalz, zusätzlich deutlich, daß auch ihre personelle Stärke für sich allein genommen nicht die Annahme rechtfertigt, sie weise eine soziale Mächtigkeit auf, die es gestattet, sie als tariffähige Gewerkschaft anzusehen.
Damit hat das Landesarbeitsgericht den Anträgen der IG Bau und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu Recht stattgegeben.
III. Aus dem Gesagten folgt, daß der Antrag der Christlichen Gewerkschaft Holz und Bau, des Christlichen Gewerkschaftsbundes, der Christlichen Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie und der beiden Innungen Rheinhessen und Koblenz-Trier auf Feststellung, daß die Christliche Gewerkschaft Holz und Bau eine tariffähige Gewerkschaft ist, unbegründet und daher vom Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in einem Verfahren nach § 97 ArbGG gegenüber einem negativen Feststellungsantrag Beteiligte auch einen positiven Feststellungsantrag stellen können, der den gleichen Streitgegenstand zum Inhalt hat, oder ob einem solchen Gegenantrag § 261 Abs. 3 ZP0 entgegensteht (so zuletzt Beschluß des Senats vom 19. November 1985, BAGE 50, 179 = AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit).
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Andersch Spiegelhalter
Fundstellen
BB 1990, 281 |
ASP 1990, 58 (T) |
NZA 1990, 626-627 (LT1) |
RdA 1990, 189 |
AP § 2 TVG (LT1), Nr 38 |
AR-Blattei, Berufsverbände Entsch 31 (LT1) |
AR-Blattei, ES 420 Nr 31 (LT1) |
EzA § 2 TVG, Nr 19 (LT1) |
GdS-Zeitung 1990, Nr 3, 18 (K) |