Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Freizeitausgleich
Leitsatz (amtlich)
- Die Dauer der Betriebsnutzungszeit im Sinne von § 4 Nr. 6 MTV 1988 unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats.
- Zu einem Freizeitausgleich führen nur Differenzen zwischen der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und der wöchentlichen Betriebsnutzungszeit. Betriebsnutzungszeit ist die Zeit, in der die betrieblichen Anlagen und Einrichtungen dadurch genutzt werden, daß die Arbeitnehmer an ihnen tatsächlich arbeiten.
- Bezahlt der Arbeitgeber den im Drei-Schicht-Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern zusätzlich zu ihrer individuellen regelmäßigen Arbeitszeit eine “Pause zum Einnehmen der Mahlzeiten”, in der die Arbeitnehmer den Pausenraum aufsuchen, so wird durch diese Pause die Betriebsnutzungszeit nicht verlängert.
- Ein Spruch der Einigungsstelle kann nicht bestimmen, daß Zeitguthaben, die zu einem Freizeitausgleich führen, auch an Tagen entstehen, an denen der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, für die jedoch das Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist.
- In einem Spruch der Einigungsstelle kann nicht bestimmt werden, daß zum Ausgleich von Zeitguthaben festgelegte freie Tage nachzugewähren sind, wenn der Arbeitnehmer an diesen Tagen arbeitsunfähig krank oder aus anderen Gründen an der Arbeitsleistung verhindert ist.
Normenkette
Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten, Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro-, Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 29. Februar 1988 (MTV 1988) §§ 3-4, 24; BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 76 Nr. 5
Verfahrensgang
LAG Hamm (Beschluss vom 01.08.1989; Aktenzeichen 13 (12) TaBV 162/88) |
ArbG Gelsenkirchen (Beschluss vom 06.09.1988; Aktenzeichen 2 BV 20/88) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. August 1989 – 13 (12) TaBV 162/88 – aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 6. September 1988 – 2 BV 20/88 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt.
Es wird festgestellt, daß der Spruch der Einigungsstelle vom 25. April 1988 insoweit unwirksam ist, als er
in Ziff. I Punkt 2 der Anlage die tägliche betriebliche Arbeitszeit für die Arbeitnehmer im nicht-kontinuierlichen Dreischichtbetrieb auf 8 Stunden festlegt,
in Ziff. III 2 bestimmt, daß die Differenz aus der betrieblichen täglichen Arbeitszeit und der individuellen täglichen Arbeitszeit mit der Zahl der Arbeitstage, “für die Entgeltanspruch besteht”, zu multiplizieren ist,
in Ziff. III 3 Abs. 3 bestimmt, daß ein zustehender Freischichttag, der in die Zeit des Erholungsurlaubs, der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder in eine Kur oder Schonzeit fällt, nicht verbraucht wird, sondern nachzugewähren ist.
Der weitergehende Antrag des Arbeitgebers wird abgewiesen.
Insoweit werden die Beschwerde und Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Arbeitgeber und Betriebsrat streiten über die Wirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle vom 25. April 1988. Die Einigungsstelle wurde gebildet, weil sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitregelung in der Metallindustrie Nordrhein-Westfalen für den Betrieb des Arbeitgebers in Gelsenkirchen einigen konnten.
Der Arbeitgeber (Antragsteller) betreibt in Gelsenkirchen ein Werk der Drahtindustrie, in dem er rund 600 Arbeitnehmer beschäftigt. Er ist kraft Verbandszugehörigkeit an die Tarifverträge für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalens gebunden und wendet diese auf alle Arbeitsverhältnisse an. Im Betrieb wird je nach Arbeitsbereich einschichtig, zweischichtig und dreischichtig gearbeitet. Dabei arbeitet ein Teil der im Drei-Schicht-Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ohne Unterbrechung (sogenannter kontinuierlicher Drei-Schicht-Betrieb) und nimmt die Mahlzeiten bei laufender Produktion am Arbeitsplatz ein. Den im sogenannten nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb tätigen Arbeitnehmern gewährt der Arbeitgeber eine viertelstündige bezahlte Pause zum Einnehmen der Mahlzeiten im Pausenraum.
Durch den Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 29. Februar 1988 (MTV 1988), der am 1. April 1988 in Kraft trat, wurde die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit verkürzt. In seinen §§ 3, 4, 24 heißt es u. a.:
Ҥ 3
Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit …
Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 37 1/2 Stunden, ab 1. April 1989 37 Stunden.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann zwischen 37 und 39 1/2 Stunden, ab 1. April 1989 zwischen 36 1/2 und 39 Stunden betragen (Vollzeitbeschäftigte).
- …
§ 4
Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit …
Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen des Volumens, das sich aus der für den Betrieb nach § 3 Nr. 1 Abs. 1 festgelegten Arbeitszeit ergibt, durch Betriebsvereinbarung näher geregelt. Dabei können für Teile des Betriebs, für einzelne Arbeitnehmer oder für Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten zwischen 37 und 39 1/2 Stunden, ab 1. April 1989 zwischen 36 1/2 und 39 Stunden festgelegt werden.
…
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sowie die regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit können gleichmäßig oder ungleichmäßig grundsätzlich auf fünf Werktage von Montag bis Freitag verteilt werden.
…
Durch Betriebsvereinbarung werden u.a. festgelegt
- Die Verteilung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit … sowie die Verteilung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit entsprechend Nr. 2,
- Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit … und der Pausen,
- die Regelung der gleichmäßigen oder ungleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit auf mehrere Wochen entsprechend Nr. 2 einschließlich Beginn und Ende der Ausgleichszeiträume,
- Schichtpläne,
- Lage und eventuelle Zusammenfassung der freien Tage nach Nr. 6, falls diese kollektiv im voraus und nicht durch Einzelabsprachen geregelt werden,
nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse und unter angemessener Berücksichtigung der Belange der betroffenen Arbeitnehmer …
…
Umkleiden, Waschen sowie Pausen im Sinne der AZO (z. B. Frühstücks-, Mittags-, Kaffeepausen) gelten nicht als Arbeitszeit …
In Dreischichtbetrieben ist den Arbeitnehmern ausreichend Zeit zum Einnehmen der Mahlzeiten ohne Lohn- oder Gehaltsabzug zu gewähren.
Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert. Bei einer Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit und der Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch in Form von freien Tagen erfolgen. Dabei muß zur Vermeidung von Störungen im Betriebsablauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der Festlegung der freien Tage sind die Wünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Es dürfen nicht mehr als fünf freie Tage zusammengefaßt werden.
…
§ 24
Einigungsstelle
In allen Fällen, in denen dieser Vertrag eine Einigung einschließlich Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vorsieht und eine solche nicht zustande kommt, sind die Vertreter der vertragschließenden Parteien hinzuzuziehen. Gelingt auch dann eine Übereinstimmung nicht, so ist die Angelegenheit einer Einigungsstelle vorzutragen, die aus je zwei von den Tarifvertragsparteien zu benennenden Beisitzern und einem unparteiischen Vorsitzenden besteht, auf den sich die Parteien einigen sollen.
…
Die Einigungsstelle regelt den Streitfall verbindlich.”
Die Betriebspartner konnten sich über die Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitregelungen im Betrieb des Arbeitgebers nicht einigen. Nachdem auch Verhandlungen unter Hinzuziehung von Vertretern der Tarifvertragsparteien nicht zu einer Einigung führten, wurde die von § 24 MTV 1988 vorgesehene Einigungsstelle angerufen. Die Einigungsstelle tagte am 13. und am 25. April 1988.
Der vom Vorsitzenden der Einigungsstelle unterschriebene und begründete Spruch der Einigungsstelle lautet, soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung:
“Spruch
Zwischen
der T … AG, vertreten durch den Vorstand,
und
dem Betriebsrat des Werkes Gelsenkirchen
wird in Vollzug der ab 1.4.1988 geltenden tariflichen Arbeitszeitbestimmungen folgende Betriebsvereinbarung geschlossen:
…
Festlegung und Änderung der individuellen Wochenarbeitszeit
Dauer der individuellen, regelmäßigen Wochenarbeitszeit
Die wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen im Betrieb beträgt ab dem 1.4.1988 im Durchschnitt 37,5 Stunden, ab 1.4.1989 37 Stunden.
Die individuelle, regelmäßige, wöchentliche Arbeitszeit wird ab 1.4.1988 auf 37,5 Stunden, ab 1.4.1989 auf 37 Stunden festgelegt. Im Einzelfall können im Einvernehmen mit dem Betriebsrat hiervon abweichende Regelungen getroffen werden. …
- …
Verteilung der individuellen Wochenarbeitszeit
Tägliche, betriebliche Arbeitszeit
Die tägliche, betriebliche Arbeitszeit ergibt sich aus der Anlage – ebenso die Ausbildungszeit.
Zeitdifferenzen zwischen der wöchentlichen, betrieblichen Arbeitszeit/Ausbildungszeit und der individuellen Wochenarbeitszeit werden pro Mitarbeiter auf einem Zeitkonto gesammelt.
Zeitausgleich
Das Zeitkonto wird durch Freischichten ausgeglichen. Die Zahl der Freischichten berechnet sich nach folgender Formel:
(betriebl. tägl. Arbeitszeit-indiv. Arbeitszeit) x Arbeitstage, für die Entgeltanspruch besteht
betriebliche, tägliche Arbeitszeit
Verteilung der Freischichten
Die Freischichten werden grundsätzlich
a) auf einzelne Arbeitstage, die zwischen einem Wochenfeiertag und dem Wochenende liegen (in 1988: 13.5., 3.6., 31.10.; in 1989: 5.5., 26.5.) und
b) auf den Zeitraum zwischen Weihnachten und Neujahr (in 1988: 27. – 30.12.; in 1989: 27. – 29.12.)
gelegt.
Darüber hinaus vorhandene Freischicht-Tage werden individuell zwischen Betriebsleitung und Mitarbeiter in Abstimmung mit den betrieblichen Bedürfnissen und unter Berücksichtigung der Wünsche des Mitarbeiters festgelegt. Die festgelegten Tage sind für beide Seiten verbindlich, wenn sie eine Woche vorher mitgeteilt wurden. Derartige Vereinbarungen können auch für alle Mitarbeiter einer Schicht an einem bestimmten Tag (z.B. Freitagnachtschicht) getroffen werden, soweit es betrieblich durchführbar ist.
Fällt ein dem Mitarbeiter nach § 4 Nr. 6 MTV zustehender Freischicht-Tag in die Zeit des Erholungsurlaubs, der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder in eine Kur- oder Schonzeit, so wird der freie Tag nicht verbraucht, sondern ist auf Verlangen des Mitarbeiters zu einem anderen Zeitpunkt in Abstimmung mit den betrieblichen Bedürfnissen nachzugewähren.
Soweit die o.g. Betriebsruhetage nicht durch Freischichten abgedeckt werden können, muß Urlaub genommen werden.
…
Fälligkeit der Vergütung
Es wird die arbeitstäglich effektiv angefallene Arbeitszeit abgerechnet. Soweit Lohnempfänger ein Zeitguthaben erwerben, wird für jeden gearbeiteten Tag ein fester Betrag aus dem Nettoentgelt einbehalten und angesammelt – vorbehaltlich der Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers. Die aufgelaufenen Guthaben an Zeit und Nettoentgelt werden in der monatlichen Lohnabrechnung ausgewiesen.
Aus dem angesammelten Nettoentgelt wird pro Freischichttag mit der Lohnabrechnung ein Betrag ausgezahlt, der die angesammelte Summe, max. 75 DM/Tag umfaßt.
…
Anlagen zur Betriebsvereinbarung
Die in dieser Betriebsvereinbarung in Bezug genommene Anlage ist Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung und unterliegt damit den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats.
Laufzeit
Diese Betriebsvereinbarung ist längstens gültig bis zum 31.3.1990.
…
Anlage zur Betriebsvereinbarung Werk Gelsenkirchen
|
|
betriebliche |
|
Bereich |
Zeitplan |
Arbeitszeit |
Pausenzeit |
… |
1.2 Dreischichtbetrieb |
6.00 – 14.00 Uhr |
je 8,0 Stunden |
nach |
14.00 – 22.00 Uhr |
bisheherigem |
22.00 – 6.00 Uhr |
betrieblichen |
ab 1989: |
je 8,0 Stunden |
Pausenplan |
…” |
Der Spruch der Einigungsstelle wurde am 17. Mai 1988 dem Arbeitgeber zugeleitet. Mit seinem am 31. Mai 1988 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Arbeitgeber geltend gemacht, der Spruch der Einigungsstelle sei unwirksam.
Der Spruch der Einigungsstelle verstoße gegen § 4 Nr. 5 Satz 2 MTV 1988, da bei Arbeitnehmern im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb die von ihm gewährte und bezahlte Pause zum Einnehmen der Mahlzeiten im Pausenraum keine Arbeitszeit i. S. von § 3 MTV 1988 sei. Die Regelung unter Ziff. III 3 Abs. 3 des Spruches, wonach Freischichttage, die in die Zeit des Erholungsurlaubs, der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder in eine Kur- oder Schonzeit fallen, nicht verbraucht werden und nachzugewähren sind, verstoße gegen § 3 MTV 1988. Außerdem berücksichtige diese Regelung nicht angemessen die berechtigten Belange des Betriebes, da sie zu einer nach § 4 Nr. 6 MTV 1988 gerade ausgeschlossenen Verminderung der Auslastung der betrieblichen Anlagen führe. Die Formel für die Berechnung der Freischichten sei eine nicht der Mitbestimmung unterliegende Rechtsfrage. Im übrigen leide der Spruch der Einigungsstelle an schweren Verfahrensmängeln, weil über den Spruch nicht als Gesamtheit abgestimmt worden sei und ausweislich des Protokolls zwischen den Abstimmungen ohne und mit dem Vorsitzenden keine weitere Beratung stattgefunden habe.
Der Arbeitgeber hat beantragt
festzustellen, daß der Spruch der tariflichen Einigungsstelle vom 25. April 1988 rechtsunwirksam ist.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Er ist der Ansicht, der Spruch sei nur auf gröbste Unbilligkeiten und schuldhafte Rechtsbeugung unter den Voraussetzungen des § 102 ArbGG und § 1041 ZPO zu überprüfen. Die Einigungsstelle habe zutreffend die Pause zum Einnehmen der Mahlzeiten im Drei-Schicht-Betrieb als Arbeitszeit angesehen und im übrigen ihr Ermessen nicht überschritten. Da die Betriebsvereinbarung am 31. März 1990 außer Kraft getreten sei, fehle es seither an einem Rechtsschutzbedürfnis des Arbeitgebers für die Entscheidung über den Antrag.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die Beschwerde des Arbeitgebers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Antrag weiter. Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist im wesentlichen begründet.
I. Beteiligte des vorliegenden Beschlußverfahrens sind nur Arbeitgeber und Betriebsrat, nicht aber auch die IG Metall.
Nach materiellem Recht am Verfahren beteiligt sind diejenigen Personen und Stellen, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden können (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. Senatsbeschluß vom 18. April 1989, BAGE 61, 283, 286 = AP Nr. 65 zu § 99 BetrVG 1972 = EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 73, zu B I der Gründe, m. w. N.). Die IG Metall ist von dem Spruch der Einigungsstelle über die Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitbestimmungen im Betrieb des Arbeitgebers nicht betroffen, auch wenn die Einigungsstelle bei der Festlegung von Dauer und Lage der Arbeitszeit im Betrieb des Arbeitgebers tarifliche Vorgaben beachten mußte. Die Verteilung der tariflichen Arbeitszeit ist originäre Aufgabe von Arbeitgeber und Betriebsrat. Das Interesse der Verbände, daß anläßlich einer Entscheidung in einer betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheit tarifliche Bestimmungen in bestimmter Weise verstanden werden, ist allgemeiner Art und vermag eine materielle betriebsverfassungsrechtliche unmittelbare Betroffenheit nicht zu begründen (Senatsbeschlüsse vom 18. August 1987, BAGE 56, 44, 48 = AP Nr. 6 zu § 81 ArbGG 1979, zu B 2 der Gründe, und – 1 ABR 80/85 – DB 1987, 2263, zu B II 1 der Gründe, sowie vom 25. Mai 1982, BAGE 39, 86, 90 f. = AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Prämie, zu B I 2 der Gründe; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 1990, § 83 Rz 77).
Die fehlerhafte Beteiligung der IG Metall in den Vorinstanzen führt jedoch nur dazu, daß die IG Metall in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr beteiligt wird. Eine Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wegen der Beteiligung eines Nicht-Beteiligten scheidet schon deshalb aus, weil die Rechtsbeschwerde diesen Verfahrensfehler nicht gerügt und dargetan hat, daß die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf der Anhörung der IG Metall beruht (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, aaO, § 83 Rz 35).
II. Der Antrag des Arbeitgebers ist zulässig.
Das Rechtsschutzinteresse an der begehrten Entscheidung ist entgegen der Ansicht des Betriebsrats nicht deswegen entfallen, weil die im Spruch der Einigungsstelle getroffene Regelung mit dem 31. März 1990 außer Kraft getreten ist. Damit hat der Spruch der Einigungsstelle seine Wirkung für die Arbeitsverhältnisse der von ihm erfaßten Arbeitnehmer noch nicht verloren. Der Arbeitgeber hat die nach dem Spruch der Einigungsstelle berechneten Freischichten nur unter Vorbehalt gewährt. Damit kommen Rückforderungsansprüche oder Ansprüche auf Nacharbeit in Betracht, deren Bestand von der Wirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle abhängig ist.
III. Der Antrag des Arbeitgebers ist im wesentlichen begründet.
1. Der Spruch der Einigungsstelle ist nicht schon deshalb unwirksam, weil er an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet.
a) Der Arbeitgeber rügt, daß die Einigungsstelle nicht über den Spruch als Ganzes, sondern nur über die drei Anträge des Arbeitgebers und sodann über die Anträge des Betriebsrats abgestimmt habe. Diese Rüge ist nicht begründet.
Zwar hat der Senat in seinem Beschluß vom 18. April 1989 (BAGE 61, 305 = AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 48, mit zustimmender Anmerkung Rotter = SAE 1990, 145, mit im Ergebnis zustimmender Anmerkung Herrmann) ausgesprochen, daß die Gesamtregelung eines Einigungsstellenspruchs von der Mehrheit der Einigungsstellenmitglieder getragen sein müsse. Er hat aber gleichzeitig entschieden, daß ein Spruch der Einigungsstelle, der nicht auf einer förmlichen Schlußabstimmung beruhe, nicht stets unwirksam sei. Es genüge, wenn deutlich erkennbar sei, daß die als Spruch der Einigungsstelle nach Abschluß des Verfahrens den Betriebspartnern zugeleitete Regelung in ihrer Gesamtheit von der Mehrheit der Einigungsstellenmitglieder getragen werde. Das könne auch der Fall sein, wenn es an einer förmlichen Schlußabstimmung fehle, die Einzelbestimmungen der Regelung jedoch jeweils mit der gleichen Mehrheit oder übereinstimmend beschlossen worden seien. Daran hat der Senat im Beschluß vom 6. November 1990 (– 1 ABR 34/89 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) festgehalten.
Im vorliegenden Fall wird der Einigungsstellenspruch als Ganzes von der Mehrheit seiner Mitglieder schon deswegen getragen, weil über den Antrag des Betriebsrats, dem der Spruch der Einigungsstelle entspricht, im ganzen abgestimmt worden ist.
Etwas anders folgt auch nicht daraus, daß die Einigungsstelle über die drei Anträge des Arbeitgebers einzeln abgestimmt hat. Der Arbeitgeber übersieht, daß er seine drei Anträge jeweils als Hilfsantrag zum vorhergehenden Antrag gestellt hat, so daß schon von daher notwendigerweise über die einzelnen Anträge getrennt abzustimmen war.
b) Soweit der Arbeitgeber erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz geltend macht, über die Anträge von Arbeitgeber und Betriebsrat sei es jeweils unter Verstoß gegen § 76 Abs. 3 BetrVG zur erneuten Beschlußfassung unter Teilnahme des Vorsitzenden gekommen, ohne daß zuvor eine nochmalige weitere Beratung stattgefunden habe, handelt es sich um neues Tatsachenvorbringen, das in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann.
Im übrigen würde eine fehlende weitere Beratung nach § 76 Abs. 3 BetrVG allein nicht zur Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs führen. Sinn und Zweck sowohl der ersten als auch der weiteren Beratung vor der Einigungsstelle ist es, beiden Seiten Gelegenheit zu geben, ihre Ansichten und Vorschläge zur Regelung der umstrittenen Angelegenheit vorzutragen und zu den jeweiligen Äußerungen der Gegenseite Stellung zu nehmen (Senatsbeschluß vom 28. September 1988, BAGE 59, 359, 364 = AP Nr. 47 zu § 112 BetrVG 1972, zu B I der Gründe, mit zustimmender Anmerkung Löwisch, zu II). Hatten jedoch beide Seiten ausreichend Gelegenheit zur Äußerung und Stellungnahme zum Standpunkt der Gegenseite und beharren sie ersichtlich auf ihren Vorstellungen, liegt ein zur Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs führender wesentlicher Verfahrensverstoß nur dann vor, wenn nach der ersten Abstimmung eine weitere Beratung trotz des Verlangens einer Seite unterbleibt. Insofern reicht es aus, wenn der unparteiische Vorsitzende vor der weiteren Abstimmung die Frage stellt, ob eine weitere Beratung gewünscht wird (Pünnel, Die Einigungsstelle des BetrVG 1972, 3. Aufl., Rz 112), da damit dem Sinn und Zweck der von § 76 Abs. 3 BetrVG vorgeschriebenen weiteren Beratung genügt ist. Daß der Vorsitzende der Einigungsstelle vorliegend die Möglichkeit einer weiteren Beratung nicht einräumte, hat der Arbeitgeber nicht behauptet.
2. In materieller Hinsicht unterliegt der Spruch der tariflichen Einigungsstelle nach § 24 MTV 1988 in demselben Umfange der gerichtlichen Nachprüfung, in dem auch ein Spruch der Einigungsstelle der gerichtlichen Nachprüfung unterliegen würde (Senatsbeschluß vom 18. August 1987, BAGE 56, 18, 37 = AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972, zu B IV der Gründe, m. w. N.; allgemeine Ansicht, vgl. nur Kreutz, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 76 Rz 150).
3. Die Regelung in Ziff. III 1 des Spruchs der Einigungsstelle in Verbindung mit Ziff. 1.2 der Anlage zum Spruch, wonach die tägliche betriebliche Arbeitszeit im Drei-Schicht-Betrieb – und zwar sowohl im kontinuierlichen als auch im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb – acht Stunden täglich beträgt und Pausen “nach bisherigem betrieblichen Pausenplan” gewährt werden, ist unwirksam, wenn sich dies auch entgegen der Ansicht des Arbeitgebers nicht aus § 4 Nr. 5 MTV 1988 ergibt.
a) Der Streit der Beteiligten geht hinsichtlich der Bestimmung der Einigungsstelle im Zusammenhang mit der Regelung über den Freizeitausgleich darum, ob die im “bisherigen Pausenplan” erwähnte und bezahlte 15minütige “Pause” zum Einnehmen der Mahlzeiten ein Freizeitguthaben des Arbeitnehmers entstehen läßt, das durch Freischichttage auszugleichen ist. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Freizeitguthaben entsteht, bestimmt sich aber nicht nach § 4 Nr. 5 MTV 1988, sondern nach § 4 Nr. 6 MTV 1988. Danach entsteht ein Freizeitguthaben dann, wenn eine Differenz zwischen der “Betriebsnutzungszeit” und der individuellen regelmäßigen Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer besteht. Es ist daher für die im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb tätigen Arbeitnehmer – nur für diese besteht unter den Beteiligten Streit und ist die aufgezeigte Frage von Bedeutung – ihre individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit und die Betriebsnutzungszeit festzustellen.
aa) Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer beträgt nach § 3 Nr. 1 MTV 1988 in Verb. mit Ziff. II 1 des Spruchs der Einigungsstelle für die Zeit vom 1. April 1988 bis 31. März 1989 37,5 Stunden. Da die Arbeitszeit gleichmäßig auf die fünf Werktage Montag bis Freitag der Woche verteilt ist, ergibt sich daraus eine individuelle regelmäßige tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb von 7,5 Stunden.
bb) § 4 Nr. 6 MTV 1988 bestimmt, daß aus Anlaß der Neufestlegung der (individuellen wöchentlichen) Arbeitszeit der Arbeitnehmer die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert wird. Der Arbeitgeber soll die Möglichkeit haben, betriebliche Anlagen und Einrichtungen wie bisher 40 Stunden zu nutzen. Die Zeit, in der er betriebliche Anlagen und Einrichtungen nutzt, ist die in Satz 2 angesprochene “Betriebsnutzungszeit”. Die Arbeitnehmer müssen in dieser Betriebsnutzungszeit arbeiten. Ist die Betriebsnutzungszeit und damit die Zeit einer tatsächlichen Arbeitsleistung größer als die individuelle tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit, so entsteht ein Freizeitguthaben in Höhe der Differenz, das in Form von freien Tagen ausgeglichen werden kann.
Für die im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, deren individuelle regelmäßige tägliche Arbeitszeit 7,5 Stunden beträgt, entsteht daher ein Zeitguthaben pro Tag jeweils dann, wenn für sie die betriebliche Nutzungszeit und damit die effektive Arbeitszeit größer ist als 7,5 Stunden täglich.
b) Von dieser tariflichen Vorgabe geht auch Ziff. III 1 des Spruchs der Einigungsstelle aus, in der ausdrücklich die Zeitdifferenz zwischen der “wöchentlichen betrieblichen Arbeitszeit” und der “individuellen Wochenarbeitszeit” als Zeitguthaben erwähnt wird, das auf einem Zeitkonto gesammelt wird. Die wöchentliche betriebliche Arbeitszeit wird dann in der Anlage zum Spruch der Einigungsstelle unter 1.2 für den Drei-Schicht-Betrieb – und zwar auch für den nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb – dadurch auf 40 Wochenstunden festgelegt, daß pro Tag die betriebliche Arbeitszeit mit acht Stunden ausgewiesen wird.
In dieser Bestimmung des Spruchs der Einigungsstelle liegt der eigentliche Fehler. Die Einigungsstelle kann nicht über die wöchentliche betriebliche Arbeitszeit, d.h. über die Betriebsnutzungszeit, verbindlich entscheiden, § 4 Nr. 6 MTV 1988 räumt dem Arbeitgeber die Möglichkeit ein, die bisherige Betriebsnutzungszeit beizubehalten, verpflichtet ihn aber nicht dazu. Er kann die Betriebsnutzungszeit der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer anpassen, so daß keine Differenz zwischen diesen beiden Arbeitszeiten entsteht und damit auch Freizeitguthaben, die durch Freischichten auszugleichen wären, nicht entstehen.
Hier hat der Arbeitgeber in seinem Entwurf für eine Betriebsvereinbarung vom 7. März 1988, den er vor der Einigungsstelle zur Abstimmung gestellt hat, für den nicht-kontinuierlichen Schichtbetrieb eine betriebliche Arbeitszeit von 7,75 Stunden täglich in Ansatz gebracht, für den kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb jedoch eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden. Für den nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb war eine in ihrer zeitlichen Lage festliegende Pause von 15 Minuten angegeben, die zusammen mit der betrieblichen Arbeitszeit von 7,75 Stunden eine Schichtdauer von acht Stunden ergab. Diesen Vorschlag des Arbeitgebers hätte die Einigungsstelle auch nicht zum Inhalt ihres Spruchs machen dürfen. Eine solche Regelung würde gegen § 12 Abs. 2 AZO verstoßen, wonach den Arbeitnehmern bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden Pausen von insgesamt mindestens einer halben Stunde gewährt werden müssen. Das gilt auch dann, wenn es dabei heißt: “Pause zur Einnahme einer Mahlzeit, bezahlt “. Für den kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb heißt es hingegen: “Keine eigene Pausenzeit, nur Kurzpausen”.
Unter den Beteiligten ist unstreitig, daß im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb die Arbeitnehmer während der Pause ihren Arbeitsplatz verlassen und den Pausenraum aufsuchen können. Daraus ergibt sich zwingend, daß im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb die betrieblichen Einrichtungen und Anlagen eben nicht acht Stunden je Schicht, sondern nur 7,75 Stunden je Schicht genutzt werden sollten, mithin die Betriebsnutzungszeit im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb nicht acht Stunden, sondern 7,75 Stunden täglich betragen sollte. Das wird auch deutlich aus dem Vergleich mit dem kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb. Hier werden die betrieblichen Einrichtungen und Anlagen acht Stunden je Schicht benutzt mit der Folge, daß gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO nur Kurzpausen gewährt werden, durch die die Nutzung der betrieblichen Einrichtungen und Anlagen nicht beeinträchtigt wird.
Dadurch, daß die Einigungsstelle nunmehr auch für den nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb die betriebliche Arbeitszeit je Tag auf acht Stunden festlegte, hat sie im Ergebnis eine Entscheidung über die betriebliche Nutzungszeit getroffen, die ihr nicht zustand. Ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats über die betriebliche Nutzungszeit wird auch durch § 4 Nr. 3 MTV 1988 nicht begründet. Die hier aufgezählten Angelegenheiten, die durch Betriebsvereinbarung zu regeln sind, und in denen nach § 24 MTV 1988 die Einigungsstelle verbindlich entscheidet, enthalten einen Hinweis auf die Regelung der Betriebsnutzungszeit nicht. Der Betriebsrat hat nach § 4 Nr. 3b MTV 1988 zwar mitzubestimmen über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen. Die Beibehaltung der bisherigen Betriebsnutzungszeit ist daher nur möglich, wenn auch Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit entsprechend festgelegt werden. Vorgabe für eine solche Betriebsvereinbarung ist aber stets die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er die betrieblichen Einrichtungen und Anlagen länger nutzen will, als die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer beträgt.
c) Etwas anderes folgt für die betriebliche Nutzungszeit im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb auch nicht daraus, daß der Arbeitgeber die Pausen bezahlen wollte. Die nach § 4 Nr. 5 MTV 1988 zu gewährende ausreichende Zeit zum Einnehmen der Mahlzeiten “ohne Lohnabzug” ist nach der Entscheidung des Vierten Senats vom 16. Mai 1990 (– 4 AZR 45/90 – zur Veröffentlichung vorgesehen) und der Entscheidung des Senats vom 6. November 1990 (– 1 ABR 34/89 – zur Veröffentlichung vorgesehen) innerhalb der individuellen Arbeitszeit zu gewähren. Wenn der Arbeitgeber sich – gleich aus welchen Gründen – für verpflichtet hielt, die außerhalb der individuellen Arbeitszeit liegende Pause von 15 Minuten zu bezahlen, ändert dies nichts daran, daß es nach wie vor bei einer betrieblichen Nutzungszeit von 7,75 Stunden je Tag verblieb, weil während der bezahlten Pause die Arbeitnehmer im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb den Arbeitsplatz verlassen und den Pausenraum aufsuchen konnten, von ihnen also nicht gearbeitet wurde und daher die betrieblichen Einrichtungen und Anlagen auch nicht genutzt wurden.
Daraus folgt, daß der Spruch der Einigungsstelle insoweit unwirksam ist, als er in der Anlage unter Ziff. 1.2 auch für den nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb die betriebliche Arbeitszeit je Tag auf acht Stunden festgelegt hat.
Geht man davon aus, so ist der erste Faktor in der in Ziff. III 2 des Einigungsstellenspruchs wiedergegebenen Formel zur Errechnung der Zahl der Freischichten gleichwohl unzutreffend. Diese Formel lautet (sprachlich verdeutlicht):
(betrl.tgl.ArbZeit-indiv.tgl.ArbZeit) x ArbTage m.Entgeltanspruch betrbl.tgl.ArbZeit
Beträgt die betriebliche tägliche Arbeitszeit nach den Vorgaben des Arbeitgebers im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb 7,75 Stunden und die individuelle tägliche Arbeitszeit 7,5 Stunden, so entsteht pro Arbeitstag ein Zeitguthaben von 0,25 Stunden.
4. Soweit der Spruch der Einigungsstelle in der Formel in Ziff. III 2 bestimmt, daß dieses tägliche Zeitguthaben von 0,25 Stunden mit der Zahl der “Arbeitstage, für die Entgeltanspruch besteht” multipliziert werden soll, ist auch diese Bestimmung unwirksam.
a) Was unter “Arbeitstage, für die Entgeltanspruch besteht”, zu verstehen ist, wird im Spruch der Einigungsstelle nicht unmittelbar gesagt, ergibt sich aber aus den Verhandlungen der Betriebspartner und dem Vorbringen des Betriebsrats.
Im Entwurf des Arbeitgebers vom 7. März 1988, der offenbar einer früheren Betriebsvereinbarung nachgebildet ist, heißt es insoweit hinsichtlich dieses Faktors ausdrücklich “geleistete Arbeitstage”. Diesen Begriff in die Formel aufzunehmen, hat der Arbeitgeber vor der Einigungsstelle beantragt. Der Betriebsrat hat demgegenüber beantragt, diesen Faktor mit “Arbeitstage, für die Entgeltanspruch besteht” zu bezeichnen. Die Einigungsstelle hat in der Begründung ihres Spruchs ausgeführt, sie habe sich aus Rechtsgründen gehindert gesehen, dem Antrag des Arbeitgebers zu folgen, daß Fehlzeiten – gleichgültig, ob sie vergütet oder nicht vergütet werden – nicht zu Zeitguthaben führen.
Daraus folgt, daß unter “Arbeitstage, für die Entgeltanspruch besteht” auch Tage ohne Arbeitsleistung, für die aber ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, zu verstehen sind, also auch Tage der Arbeitsunfähigkeit, des Urlaubs oder gesetzliche Feiertage.
Wären unter “Arbeitstage, für die Entgeltanspruch besteht” nur Tage zu verstehen, an denen der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, wäre der Zusatz “für die Entgeltanspruch besteht” überflüssig. Daß für tatsächlich geleistete Arbeit ein Anspruch auf Bezahlung des Lohnes besteht, ist selbstverständlich und hätte keiner besonderen Erwähnung bedurft.
b) Für Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer tatsächlich nicht arbeitet und lediglich einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit hat, entsteht nach § 4 Nr. 6 Satz 2 MTV 1988 kein Zeitguthaben. Das hat das Bundesarbeitsgericht wiederholt entschieden (so für Urlaubstage Urteil vom 18. November 1988, BAGE 60, 154 = AP Nr. 26 zu § 11 BUrlG; für die inhaltsgleiche Regelung des § 2 Nr. 2 des MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie Hamburg und Umgebung vom 11. Juli 1984 Senatsbeschluß vom 18. Oktober 1988 – 1 ABR 34/87 – AP Nr. 68 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, zu B II 2b der Gründe; für den inhaltsgleichen § 2 Nr. 3 MTV für die Arbeitnehmer der hessischen Eisen-, Metall- und Elektroindustrie i. d. F. vom 30. Juni 1984 Urteil vom 14. Dezember 1988, BAGE 60, 300, 304 f. = AP Nr. 71 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, zu III 3b der Gründe; für die inhaltsgleiche Bestimmung des § 2 Nr. 3 MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18. Juli 1984 Urteil vom 7. Juli 1988, BAGE 59, 141 = AP Nr. 23 zu § 11 BUrlG).
Für die in der genannten Formel zum Ausdruck gekommene Entscheidung der Einigungsstelle, daß auch an Krankheits-, Urlaubsoder sonstigen bezahlten Arbeitstagen ohne Arbeitsleistung ein Freizeitguthaben entsteht, fehlt der Einigungsstelle die Kompetenz. Wenn auch an Tagen bezahlter Freistellung ein Zeitguthaben entstehen soll, das durch Freizeit ausgeglichen werden soll, so bewirkt eine solche Regelung im Ergebnis eine höhere Zahl von Freischichten und damit eine Verkürzung nicht nur der Betriebsnutzungszeit, sondern auch der Arbeitszeit der Arbeitnehmer. Über die Dauer der Arbeitszeit hat der Betriebsrat aber nur unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, d.h. nur bei einer vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Die von der Einigungsstelle beschlossene Regelung führt aber nicht zu einer vorübergehenden Verkürzung der betrieblichen Arbeitszeit, sondern zu einer Dauerregelung, die von § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nicht erfaßt wird. Auch aus § 4 Nr. 6 MTV 1988 in Verb. mit § 4 Nr. 3 MTV 1988 ergibt sich ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats insoweit nicht, was die angeführten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts näher ausgeführt haben. Ob die Betriebspartner freiwillig eine solche Regelung treffen können, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Daraus folgt, daß der Spruch der Einigungsstelle insoweit unwirksam ist, als er in Ziff. III 2 bestimmt, daß die tägliche Differenz zwischen der betrieblichen und individuellen Arbeitszeit auch mit der Zahl der Tage multipliziert werden soll, für die trotz Nichtleistung der Arbeit ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht.
5. Der Spruch der Einigungsstelle ist auch in Ziff. III 3 insoweit unwirksam, als er bestimmt, daß ein bereits bestimmter Freischichttag nicht verbraucht wird, wenn der Arbeitnehmer nach Bestimmung infolge Krankheit oder einer Kur- oder Schonzeit arbeitsunfähig wird. Das verstößt gegen § 4 Nr. 6 Satz 2 MTV 1988. Wenn dort bestimmt ist, daß der Zeitausgleich in Form von freien Tagen erfolgt, gehen die Tarifvertragsparteien davon aus, daß der Zeitausgleich an allen “nicht-freien” Tagen, d. h. an den Tagen, an denen – ohne den Zeitausgleich – der Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet ist, gewährt werden kann. Wird die Lage der freien Tage für den Zeitausgleich gemäß § 4 Nr. 3e MTV 1988 durch Betriebsvereinbarung im voraus – wie hier teilweise in Ziff. III 3a und b des Einigungsstellenspruchs – oder individuell durch Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgelegt, so ist damit der Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Freizeitausgleich erfüllt. Eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder einer Kuroder Schonzeit des Arbeitnehmers macht diese “Erfüllung” des Zeitausgleichsanspruchs nicht hinfällig. Entscheidend ist allein, ob im Zeitpunkt der Festlegung der freien Tage an den festgelegten Tagen eine Arbeitspflicht besteht. Daß der Arbeitnehmer an den festgelegten freien Tagen dann auch tatsächlich arbeitsfähig sein muß, läßt sich dem MTV 1988 nicht entnehmen. Ebensowenig geht aus dem MTV 1988 hervor, daß die Formulierung “freier Tag” bedeuten soll, der Arbeitnehmer müsse den freien Tag als “Freizeittag” nutzen können. Das liegt allein in der “Risikosphäre” des Arbeitnehmers, ebenso, wie ein gesetzlicher Feiertag nicht deshalb “nachverlangt” werden kann, weil der Arbeitnehmer am Feiertag arbeitsunfähig krank war, der Überstundenausgleich durch bezahlte Arbeitsbefreiung nach § 17 Abs. 5 BAT auch erfüllt ist, wenn der Arbeitnehmer nach Festlegung der Arbeitsbefreiung arbeitsunfähig erkrankt (BAG Urteil vom 4. September 1985, BAGE 49, 273, 277 f. = AP Nr. 13 zu § 17 BAT, zu III 1 der Gründe) oder der in § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTB II vorgesehene Dienstausgleich für dienstplanmäßige Sonntagsarbeit auch dann gewährt ist, wenn der Arbeitnehmer am vorgesehenen Ausgleichstag erkrankt (BAG Urteil vom 25. Februar 1986 – 3 AZR 328/84 – AP Nr. 4 zu § 15 MTB II).
6. Die Unwirksamkeit der genannten Bestimmungen des Spruchs der Einigungsstelle führt nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Spruchs. Der Senat hat wiederholt entschieden, daß die Teilunwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung oder eines diese ersetzenden Spruchs der Einigungsstelle nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Betriebsvereinbarung bzw. des Spruchs führt (BAGE 16, 58, 66 = AP Nr. 24 zu § 59 BetrVG, zu I 3 der Gründe; BAGE 16, 31, 38 f. = AP Nr. 5 zu § 56 BetrVG Akkord, zu 9 der Gründe; BAGE 35, 205, 221 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Vorschlagswesen, zu B IV der Gründe; BAGE 51, 217, 224 f. = AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, zu B II 1 der Gründe; Beschluß vom 25. Juli 1989 – 1 ABR 58/88 – n. v.). Entscheidend ist, ob der wirksame Teil der Betriebsvereinbarung auch ohne die unwirksamen Bestimmungen eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält. Das folgt aus dem Normencharakter der Betriebsvereinbarung, der es ebenso wie bei Tarifverträgen und Gesetzen gebietet, im Interesse der Kontinuität und Rechtsbeständigkeit einer gesetzten Ordnung diese insoweit aufrecht zu erhalten, als sie auch ohne den unwirksamen Teil ihre ordnende Funktion noch entfalten kann.
Das ist vorliegend der Fall. Der Spruch der Einigungsstelle enthält auch ohne die unwirksame Bestimmung in Ziff. III 3 eine in sich geschlossene und praktikable Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitverkürzung. Er behält seine Bedeutung für alle nicht im Drei-Schicht-Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, für die sich nach der getroffenen Regelung Fragen eines Freizeitausgleichs nicht stellen. Er kann auch für die im nicht-kontinuierlichen Drei-Schicht-Betrieb tätigen Arbeitnehmer durch die Korrektur der Formel im dargelegten Umfang weiter angewandt werden. Der Wegfall der unwirksamen Regelung in Ziff. III 3 des Spruchs läßt im übrigen die Regelung über die Gewährung der freien Tage unberührt. Der Antrag des Arbeitgebers und damit auch seine Rechtsbeschwerde ist daher insoweit unbegründet, als damit die Feststellung der Unwirksamkeit des gesamten Spruchs erstrebt wird.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Andersch, Bayer
Fundstellen