Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen - Betriebsratsanhörung
Orientierungssatz
1. Krankheitsbedingte Kündigung, Darlegungs- und Beweislast für Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf freien Arbeitsplatz mit weniger belastender Tätigkeit umzusetzen.
2. Der Arbeitgeber kommt seiner Unterrichtungspflicht nicht nach, wenn er aus seiner Sicht dem Betriebsrat bewußt unrichtige oder unvollständige Sachdarstellungen unterbreitet. Enthält der Arbeitgeber dem Betriebsrat bewußt ihm bekannte und seinen KÜndigungsentschluß bestimmende Tatsachen vor, die nicht nur eine Ergänzung oder Konkretisierung des mitgeteilten Sachverhalts darstellen, dann ist die Anhörung unwirksam.
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 21.11.1988; Aktenzeichen 4 Sa 78/87) |
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 15.06.1987; Aktenzeichen H 2 Ca 109/87) |
Tatbestand
Der am 10. August 1956 geborene und einem Kind unterhaltspflichtige Kläger war bei der Beklagten seit dem 2. Juni 1982 als Werkstatthelfer gegen einen Monatsverdienst von zuletzt ca. 3.000,-- DM brutto beschäftigt. Die Beklagte stellt Rohrleitungen und Behälter her und beschäftigt etwa 130 Arbeitnehmer. Der Kläger hatte zeitweise in einem Raum, den er als Säurekammer, die Beklagte als Beizraum bezeichnet, Metallteile zu beizen und zu polieren. Im übrigen war er mit verschiedenen Arbeiten, vor allem im Kesselbau eingesetzt.
Seit dem Jahre 1984 hatte der Kläger folgende krankheitsbedingte Fehlzeiten:
Jahr Arbeitstage Lohnzahlungen
1984 11. - 19.04.
01. - 31.10. 30 4.047,33 DM
1985 28.01. - 01.03.
03.05.
24.06. - 24.07.
16.08. - 26.08.
28.10. - 19.11. 75 9.441,-- DM
1986 16.01. - 06.02.
30.05. - 09.07. (für 77 Arbeitstage)
26.08. - 09.10. 80 10.263,59 DM
1987 15.01. - 23.01.
23.02. - 13.03. 22 2.875,03 DM
Am 28. Mai 1986 hatte der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem er sich eine Verätzung des rechten Zeigefingers zuzog.
Mit Schreiben vom 12. März 1987 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat von ihrer Absicht, dem Kläger fristgemäß zum 28. März 1987 zu kündigen. Zur Begründung ist in dem Schreiben angegeben:
"Ständige Fehlzeiten. s. Anlage
Wir müssen die Arbeitsplätze unserer
zuverlässigen Mitarbeiter sichern."
Als Anlagen waren dem Schreiben Fotokopien der sogenannten Arbeits-, Urlaubs- und Krankenkarten (künftig: Arbeitskarten) für die Jahre 1984 bis 1987 beigefügt. Darin waren für jeden Arbeitstag die Stundenzahl eingetragen und die krankheitsbedingt ausgefallenen Arbeitstage mit dem Buchstaben "K" gekennzeichnet. Die Arbeitskarte für 1986 enthält in den für die Tage vom 29. Mai bis 9. Juli vorgesehenen Feldern jeweils den Buchstaben "U", in der Rubrik "Unfalltage" für die Monate Mai bis Juli die Ziffern 2, 20, 7 und als Gesamtsumme 29. Außerdem waren auf den Fotokopien die Gesamtzahl der krankheitsbedingt ausgefallenen Arbeitstage sowie die im Monat gezahlte Krankenlohnsumme eingetragen. Für das Jahr 1985 waren 76,5, für das Jahr 1986 81 Ausfalltage, darunter 77 bezahlte, angeführt.
Der Betriebsrat beriet in der Sitzung vom 13. März 1987. Der Geschäftsführer der Beklagten gab hierbei noch mündliche Erläuterungen zum Kündigungssachverhalt. Der Betriebsrat stimmte sodann noch am selben Tag der Kündigung zu. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 13. März 1987, das dem Kläger am 14. März zuging, das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 28. März 1987.
Mit der vorliegenden Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat vorgetragen, die Kündigung sei bereits wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Die ihm übersandten Fotokopien der Arbeitskarten seien schlecht lesbar und unübersichtlich gewesen. Der Betriebsrat habe nicht erkennen können, daß in der für das Jahr 1986 ausgewiesenen Lohnsumme auch der Lohn für die Zeit vom 30. Mai bis 9. Juli enthalten gewesen sei, in der er wegen des am 28. Mai erlittenen Arbeitsunfalls arbeitsunfähig krank gewesen sei. Auch sonst seien die Angaben in den Karten zum Teil irreführend und unrichtig gewesen.
Der Kläger hat weiter geltend gemacht, daß die Kündigung auch sozial ungerechtfertigt sei.
Im Oktober 1984 sei er wegen eines Magenleidens krank gewesen, das auf seine Arbeit in der Säurekammer zurückzuführen sei. Die Arbeit in diesem Raum sei gesundheitsgefährdend, weil er nicht ausreichend belüftet sei.
Am 28. Mai 1986 habe er sich eine Verätzung des Zeigefingers zugezogen, als er Metallteile aus einem mit Säure gefüllten Becken herausgenommen habe. Hierbei sei ein Gummihandschuh eingerissen, ohne daß er dies sogleich gemerkt habe. Er sei während des gesamten Zeitraums vom 30. Mai bis 9. Juli 1986 wegen dieser Verletzung arbeitsunfähig gewesen. Er habe in diesem Zeitraum auch eine Nasenprellung erlitten, durch die die durch die Verätzung ausgelöste Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht verlängert worden sei.
Vom 26. August bis zum 9. Oktober 1986 und vom 23. Februar bis 23. April 1987 sei er wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig gewesen, die er sich bei der Arbeit im Kesselbau zugezogen habe. Er habe zum Teil Stahlkessel mit einem Gewicht bis zu 60 kg mit der Hand heben müssen, weil der Kran nicht immer zur Verfügung gestanden habe.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch
die ordentliche Kündigung der Beklagten vom
13. März 1987 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, dem Betriebsrat sei bereits aus einer Mitteilung im Jahre 1986 bekannt gewesen, daß der Kläger in diesem Jahr einen Arbeitsunfall erlitten habe. Aber auch aus der Arbeitskarte für 1986 sei dies klar ersichtlich gewesen. Der Betriebsrat habe ferner gewußt, daß auch die Lohnfortzahlungskosten für diesen Zeitraum in der angegebenen Gesamtsumme enthalten gewesen seien.
Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil die häufigen Erkrankungen des Klägers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung mit Lohnfortzahlungskosten geführt hätten.
Die krankheitsbedingten Ausfallzeiten seien von 12 % der jährlichen Arbeitszeit im Jahre 1984 auf 31,8 % im Jahre 1986 und 40 % im Jahre 1987, bezogen auf die Zeit bis zum Ausspruch der Kündigung, angestiegen. Darüber hinaus sei der Kläger auch nach Ausspruch der Kündigung bis zum 22. April 1987 arbeitsunfähig krank gewesen. Vor allem sein Rückenleiden lasse erhebliche mit Lohnfortzahlungskosten verbundene Ausfallzeiten auch in der Zukunft erwarten.
Die Arbeit im Beizraum sei nicht gesundheitsgefährdend. Die Arbeit im Kesselraum sei nicht mit schweren körperlichen Belastungen verbunden. Zum Bewegen der Kessel stünden Kräne und Gabelstapler zur Verfügung. Der Kläger sei nie bereit gewesen, einen Stahlkessel wie von ihm geschildert zu bewegen. Sollte er es dennoch getan haben, so habe er die zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel nicht benützt.
Rücken- und Magenleiden des Klägers seien nicht auf die betrieblichen Verhältnisse zurückzuführen, sondern anlagebedingt. Den Arbeitsunfall Ende Mai 1986 hätte der Kläger durch das Tragen der Schutzkleidung vermeiden können. Er sei wegen der Unfallfolgen nur bis 14. Juni 1986 arbeitsunfähig krank gewesen, danach nur wegen der Nasenprellung.
Die dem Betriebsrat mitgeteilten Lohnkostenbeträge umfaßten nur den an den Kläger gezahlten Bruttolohn, nicht auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Diese beliefen sich überschlägig auf mindestens 4.000,-- DM, so daß sie insgesamt über 30.000,-- DM an Lohnkosten habe aufwenden müssen.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung des Betriebsratsvorsitzenden durch Urteil vom 15. Juni 1987 der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Kündigung sei wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.
Die Beklagte hat den Kläger nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils weiterbeschäftigt. Nach dem 22. April 1987 war er zunächst nicht mehr arbeitsunfähig krank.
Die Beklagte hat noch weiter vorgetragen, sie habe den Betriebsrat nachträglich mit Schreiben vom 11. August 1987 über die ihr erst im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens bekanntgewordenen Krankheitsursachen des Klägers und die Fortdauer seiner Krankheit bis zum 22. April 1987 unterrichtet. Nach Abschluß des erstinstanzlichen Verfahrens habe sie den Kläger vorwiegend mit Verpacken von Filterkesseln eingesetzt. Der Beizraum werde nunmehr weniger benutzt, weil sie Metallteile zum Beizen und Polieren in zunehmendem Umfang an eine Fremdfirma vergebe.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte hätte die Arbeitsbedingungen für ihn so gestalten können, daß seine anlagebedingte Wirbelsäulenveränderung nicht zu akuten Erkrankungen geführt hätte. Dies zeige die Entwicklung nach Abschluß der ersten Instanz. Er säubere und poliere die Kessel beim Verpacken. Dabei würden die Kessel mit dem Kran bewegt.
Das Landesarbeitsgericht hat nach weiterer Beweisaufnahme das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
A. Das Berufungsgericht hat ohne durchgreifenden Rechtsfehler angenommen, daß die Beklagte den Betriebsrat zu der Kündigung vom 13. März 1987 ordnungsgemäß angehört habe.
I. Das Berufungsgericht hat hierzu im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Der Beklagten sei die Art der Erkrankungen des Klägers vor Ausspruch der Kündigung nicht bekannt gewesen. Deshalb habe sie diese dem Betriebsrat auch nicht mitteilen müssen. Es habe ferner keiner Darlegung von Betriebsablaufstörungen bedurft, weil die Beklagte die Kündigung nur auf die ihr durch die krankheitsbedingten Ausfälle des Klägers entstehenden wirtschaftlichen Belastungen habe stützen wollen. Mit ihrem Schreiben vom 18. August 1987 habe die Beklagte zudem den Kündigungssachverhalt erläutert und ihre inzwischen erlangten Kenntnisse über die Art der Erkrankungen mitgeteilt.
Es sei ferner davon auszugehen, daß die Unterrichtung des Betriebsrats nicht zu seiner Irreführung geeignet gewesen sei noch zu einer solchen geführt habe.
Zwar sei erwiesen, daß der Kläger vom 29. Mai bis 14. Juni 1986 wegen der bei dem Arbeitsunfall erlittenen Fingerverletzung arbeitsunfähig krank gewesen sei. In der dem Betriebsrat mitgeteilten Summe des im Jahre 1986 gezahlten Krankenlohns von 10.263,59 DM sei auch der auf die betriebsunfallbedingte Ausfallzeit entfallende Lohnbetrag enthalten. Darin habe aber keine zur Irreführung des Betriebsrats geeignete Information gelegen, weil dem Betriebsrat der Arbeitsunfall bereits 1986 bekannt gewesen sei und er aufgrund seiner Kenntnis der betrieblichen Gegebenheiten aus der Arbeitskarte für 1986 habe erkennen können, daß der Zeitraum vom 30. Mai bis 9. Juli mit dem Buchstaben "U" für Unfall gekennzeichnet gewesen sei.
Auch die Vernehmung des Betriebsratsvorsitzenden habe keine Irreführung des Betriebsrats durch die Art der Unterrichtung ergeben. Er habe dazu ausgesagt, dem Betriebsrat sei bewußt gewesen, daß die Kosten für die von diesem Arbeitsunfall herrührenden Fehlzeiten in den Lohnfortzahlungskosten enthalten gewesen seien, eigens aufgeschlüsselt seien sie nicht gewesen.
II. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. Zutreffend ist zunächst der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts.
Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG muß der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur diejenigen Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluß maßgebend sind. Diesen Kündigungssachverhalt muß er in der Regel unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluß hergeleitet wird, näher so beschreiben, daß der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, dann ist die Anhörung ordnungsgemäß, weil eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung der Kündigungsgründe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG führt. Eine in diesem Sinne objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber nur, im Kündigungsschutzprozeß Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen.
Der Arbeitgeber kommt dagegen seiner Unterrichtungspflicht nicht nach, wenn er aus seiner Sicht dem Betriebsrat bewußt unrichtige oder unvollständige Sachdarstellungen unterbreitet. Enthält der Arbeitgeber dem Betriebsrat bewußt ihm bekannte und seinen Kündigungsentschluß bestimmende Tatsachen vor, die nicht nur eine Ergänzung oder Konkretisierung des mitgeteilten Sachverhalts darstellen, dann ist die Anhörung unwirksam (vgl. hierzu zuletzt Senatsurteil vom 8. September 1988 - 2 AZR 103/88 - AP Nr. 49 zu § 102 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, m.w.N.).
2. Zu Recht ist deshalb das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß vorliegend die Beklagte dem Betriebsrat nur die krankheitsbedingten Fehlzeiten und ihre zeitliche Lage sowie die hierfür aufgewandten Lohnfortzahlungskosten mitteilen mußte. Damit hat sie die für die negative Gesundheitsprognose maßgebenden Umstände sowie die wirtschaftlichen Belastungen mitgeteilt, die sich aus diesen Fehlzeiten für den Betrieb ergeben würden und auf die allein sie die Kündigung stützen wollte. Die Art der Erkrankungen brauchte sie schon deshalb nicht mitzuteilen, weil ihr diese nicht bekannt waren. Das Urteil des Senats vom 27. November 1983 (- 2 AZR 347/82 - AP Nr. 30 zu § 102 BetrVG 1972) besagt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nichts gegenteiliges, weil im dortigen Fall der Arbeitgeber - und im übrigen auch der Betriebsrat - die Krankheiten des Arbeitnehmers gekannt hatte. Ihre spätere Verwertung im Prozeß berührt, wie ausgeführt, nicht die Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung. Sie war im übrigen vorliegend in jedem Falle zulässig, weil die Beklagte dem Betriebsrat in dem Schreiben vom 11. August 1987 die Krankheitsarten nachträglich mitgeteilt hatte.
3. Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte dem Betriebsrat gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht, daß sie die Kündigung lediglich auf die Auswirkungen der Fehlzeiten des Klägers auf die Arbeitsplätze anderer Mitarbeiter stützen wolle. Sie hat im Anhörungsschreiben auf die beigefügten Fotokopien der Arbeitskarten verwiesen und deren Inhalt damit zum Gegenstand ihrer Mitteilung an den Betriebsrat gemacht. Aus den Arbeitskarten waren durch die entsprechende Kennzeichnung mit dem Buchstaben "K" bzw. "U" sowie die Zusammenfassung der monatlichen Fehltage in der dafür vorgesehenen Rubrik die krankheits- und unfallbedingten Fehlzeiten eindeutig ersichtlich. Mit der zusammenfassenden Angabe der jährlich angefallenen krankheitsbedingten Fehltage und der hierfür aufgewandten Lohnsumme auf den Fotokopien war genügend zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagte die Kündigung auf die ihr durch diese Aufwendungen entstandene und weiter zu erwartende wirtschaftliche Belastung stützen wollte. Der Hinweis auf die Sicherung der Arbeitsplätze spricht nicht zwingend für die von der Revision vertretene Auslegung des Mitteilungsschreibens. Damit konnte auch nur zum Ausdruck gebracht worden sein, daß hohe Lohnfortzahlungskosten die Produktion verteuerten und dadurch mittelbar Arbeitsplätze gefährdet würden.
4. Das Berufungsgericht hat ohne Rechts- oder Verfahrensfehler angenommen, daß die Beklagte den Betriebsrat hinsichtlich des auf den Arbeitsunfall im Jahre 1986 entfallenden Lohnfortzahlungskostenanteils weder bewußt irregeführt noch ihm zur Irreführung geeignete Informationen erteilt hat.
a) An die tatsächliche Feststellung, die Beklagte habe den Betriebsrat insoweit nicht bewußt irregeleitet, ist der Senat nach § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, weil die Revision hiergegen keine Verfahrensrüge erhoben hat.
b) Erfolglos bleibt aber auch die Rüge der Revision, der Betriebsrat sei - objektiv - insoweit irregeführt worden, als er durch die Art der Information davon abgehalten worden sei, die auf den Arbeitsunfall entfallenden Lohnfortzahlungskosten aufzuschlüsseln und dadurch Aufschluß über das Verhältnis der kündigungsrelevanten Lohnkosten zu den in den Vorjahren angefallenen zu erhalten. Nach den ebenfalls bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wußte der Betriebsrat, daß in der mitgeteilten Lohnsumme für 1986 auch die für die 29 unfallbedingten Fehltage aufgewandten Kosten enthalten waren. In der Arbeitskarte war in den dafür vorgesehenen Rubriken die Summe der auf Unfälle und Krankheiten im übrigen entfallenden Fehltage eingetragen. Deshalb war es dem Betriebsrat möglich, auch das Verhältnis der auf diese Ausfallzeiten entfallenden Lohnkosten zueinander zu ermitteln. Die Information der Beklagten war somit nicht zur Irreführung des Betriebsrats über wesentliche Teile des Kündigungssachverhalts geeignet. Deshalb kann offen bleiben, wie sich eine nicht bewußt irreführende, aber objektiv zur Irreführung des Betriebsrats geeignete und auch einen Irrtum hervorrufende Information auf die Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung auswirkt.
5. Soweit die Revision abschließend zu diesem Komplex darauf hinweist, der Betriebsrat habe kaum ausreichend Zeit für eine Entscheidungsfindung gehabt, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen in der Revisionsinstanz, das gemäß § 561 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden kann.
B. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kündigung sei auch sozial gerechtfertigt, ist dagegen nicht frei von durchgreifenden Rechtsfehlern, die eine Zurückverweisung des Rechtsstreits erfordern.
I. Das Berufungsgericht hat die soziale Rechtfertigung der Kündigung im wesentlichen wie folgt begründet:
1. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 14. März 1987 habe die ernsthafte Besorgnis erheblicher Erkrankungen des Klägers in der Zukunft bestanden.
Von den Krankheitstagen des Jahres 1985 bis zum 14. März 1987 blieben die in die Zeit vom 29. Mai bis 14. Juni 1986 fallenden außer Betracht, da sie auf dem Arbeitsunfall des Klägers beruhten. Es verblieben jedoch für dieses Jahr von den insgesamt 75 noch 68 Fehltage. Im Jahre 1985 sei der Kläger an 75 Arbeitstagen, im Jahre 1987 bis zum 14. März an 22 Arbeitstagen arbeitsunfähig krank gewesen. Er bestreite nicht den Vortrag der Beklagten, Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit hätten in den Jahren 1985 und 1986 wesentlich weniger, nämlich vier bis 13 krankheitsbedingte Fehltage gehabt.
Nach dem Sachverständigengutachten bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Kläger bei einer Beschäftigung wie vor der Kündigung auch in Zukunft überdurchschnittlich oft arbeitsunfähig krank werde. Der Kläger habe Wirbelsäulenveränderungen nach Scheuermann'scher Krankheit, die zu einer Anfälligkeit für Rückenbeschwerden und vorzeitigem Verschleiß der Wirbelsäule führten. Er leide weiter an einem Reizmagen und an einer die vom Magen und von der Wirbelsäule herrührenden Beschwerden verstärkenden larvierten Depression.
Die Wahrscheinlichkeit künftiger erheblicher Fehlzeiten habe am 14. März 1987 fortbestanden, obwohl die Beklagte dazu übergegangen sei, zunehmend bisher im Beizraum ausgeführte Arbeiten an andere Firmen zu vergeben. Denn ein Teil der längeren Fehlzeiten des Klägers beruhe auf seinem Rückenleiden, so z.B. die Fehlzeiten vom 26. August bis 9. Oktober 1986 und vom 23. Februar bis 22. April 1987. Die Rückenbeschwerden hingen mit der Belastung durch Säuredämpfe, denen der Kläger im Beizraum möglicherweise ausgesetzt gewesen sei, nicht erkennbar zusammen. Das Rückenleiden sei seiner Art nach offenbar nicht wirklich heilbar.
2. Den krankheitsbedingten Ausfall von 30 Fehltagen im Oktober 1984 habe die Beklagte hinnehmen müssen. Die in den Jahren 1985 und 1986 angefallenen Lohnfortzahlungskosten seien jedoch erheblich. Auch wenn man für das Jahr 1986 nur Kosten für 68 Arbeitstage berücksichtigt, verblieben immer noch für dieses Jahr rund 9.300,-- DM. Kosten in ähnlichem Umfang seien auch zukünftig zu erwarten, da das Rückenleiden nicht heilbar sei und infolge der larvierten Depression auch bei anderen Krankheiten wie den üblichen Infektionen mit Verschlimmerung des Krankheitsbildes und Verlängerung der Krankheitsdauer zu rechnen gewesen sei.
3. Diese zu erwartende wirtschaftliche Belastung sei für die Beklagte unzumutbar, auch wenn man die Unterhaltspflicht des Klägers und die Schwierigkeiten berücksichtige, die sich für ihn bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz auf dem Hamburger Arbeitsmarkt ergäben.
Von der auf dem Arbeitsunfall beruhenden Fehlzeit abgesehen könne nicht zugunsten des Klägers berücksichtigt werden, daß die Krankheiten auf den besonderen Arbeitsbelastungen beruhten. Die Rückenbeschwerden rührten von einer anlagebedingten Veränderung der Wirbelsäule her und könnten sich nur als Folge der zu leistenden Arbeit zu akuten Beschwerden verstärkt haben. Auch die Magenbeschwerden beruhten nicht auf der Tätigkeit im Beizraum. Zwar sei eine gewisse Belastung des Klägers durch Dämpfe mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Unbestritten seien aber mit ähnlichen Arbeiten beschäftigte Arbeitnehmer in weit geringerem Maße erkrankt. Das Sachverständigengutachten spreche dafür, daß beim Kläger die larvierte Depression die Reizbarkeit des Magens besonders verstärkt habe und er deshalb aufgrund der Belastungen an diesem Arbeitsplatz überdurchschnittlich lange erkrankt sei.
Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Kläger nur mit Arbeiten zu beschäftigen, bei denen er den von ihm beanstandeten Belastungen nicht ausgesetzt sei. Der Kläger führe es auf seine Beschäftigung mit solchen Arbeiten nach Abschluß der ersten Instanz zurück, daß er nach dem 23. April 1987 nicht mehr erkrankt sei. Sein Vortrag ergebe aber nicht, daß auf Dauer für ihn ein solcher Arbeitsplatz frei gewesen wäre. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, ihre Arbeitsorganisation zu ändern oder einen anderen Arbeitnehmer auf einen stärker belastenden Arbeitsplatz zu versetzen, um einen leichteren für den Kläger frei zu machen. Dies gelte jedenfalls im Falle des Klägers im Hinblick auf seine erst verhältnismäßig kurze Betriebszugehörigkeit und dem Umstand, daß das Arbeitsverhältnis nur in den ersten 2 1/2 Jahren nicht durch ungewöhnlich hohe Lohnfortzahlungskosten belastet gewesen sei.
II. Dieser Würdigung folgt der Senat im folgenden Punkten nicht:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 1989 - 2 AZR 299/88 - DB 1989, 2075, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt; ferner Senatsurteil vom 6. September 1989 - 2 AZR 19/89 - zur Veröffentlichung bestimmt) ist die Sozialwidrigkeit einer wegen häufiger Erkrankungen ausgesprochenen Kündigung in drei Stufen zu prüfen.
a) Zunächst ist eine negative Gesundheitsprognose erforderlich. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen.
Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können für ein entsprechendes Erscheinungsbild in der Zukunft sprechen. Dann darf der Arbeitgeber sich zunächst darauf beschränken, die Indizwirkung entfaltenden Fehlzeiten in der Vergangenheit darzulegen.
b) Daraufhin muß der Arbeitnehmer gemäß § 138 Abs. 2 ZPO dartun, weshalb mit einer baldigen Genesung zu rechnen sei. Trägt er selbst konkrete Umstände für seine Beschwerden und deren Ausheilung oder Abklingen vor, so müssen diese geeignet sein, die Indizwirkung der bisherigen Fehlzeiten zu erschüttern; er muß jedoch nicht den Gegenbeweis führen, daß nicht mit weiteren häufigen Erkrankungen zu rechnen sei (BAGE 43, 129, 139 = AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969, zu B III 2 c der Gründe).
2. Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Diese Beeinträchtigung ist Teil des Kündigungsgrundes. Hierbei kommen zwei Arten von Beeinträchtigungen in Betracht.
a) Wiederholte kurzfristige Ausfallzeiten des Arbeitnehmers können zu schwerwiegenden Störungen im Produktionsprozeß führen (Betriebsablaufstörungen).
b) Ein zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geeigneter Grund kann auch eine erhebliche wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers sein. Davon ist auszugehen, wenn mit immer neuen beträchtlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitnehmers und entsprechenden Mehraufwendungen für die Beschäftigung von Aushilfskräften zu rechnen ist. Das gilt auch für außergewöhnlich hohe Lohnfortzahlungskosten, die für jährlich jeweils einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen aufzuwenden sind. Dabei ist nur auf die Kosten des Arbeitsverhältnisses und nicht auf die Gesamtbelastung des Betriebes mit Lohnfortzahlungskosten abzustellen.
3.a) Liegt nach den vorstehenden Grundsätzen eine erhebliche betriebliche oder wirtschaftliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vor, so ist in einer dritten Stufe im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls vom Arbeitgeber noch hinzunehmen sind oder ein solches Ausmaß erreicht haben, daß sie ihm nicht mehr zuzumuten (von ihm billigerweise nicht mehr hinzunehmen) sind. Bei der Interessenabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind, ob bzw. wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist, ferner das Alter und der Familienstand des Arbeitnehmers.
b) In der dritten Stufe ist ferner zu prüfen, ob es dem Arbeitgeber zumutbar ist, die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen durch an sich mögliche weitere Überbrückungsmaßnahmen zu verhindern oder zu vermindern.
Hält der Arbeitgeber eine Personalreserve vor, so ist dies auch bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der wirtschaftlichen Belastung mit erheblichen Lohnfortzahlungskosten ebenfalls zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Diese Maßnahme stellt auch in diesem Bereich einen zusätzlichen Umstand dar, der die Belastung des Arbeitgebers mit Lohnfortzahlungskosten unzumutbar machen kann, ohne daß daneben noch Betriebsablaufstörungen oder weitere den Betrieb belastende Auswirkungen vorliegen müßten.
III. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt hat folgende Konsequenzen:
1. Den Ausführungen des Berufungsgerichts zur negativen Gesundheitsprognose ist im wesentlichen zuzustimmen.
a) Die tatsächlichen Feststellungen über das Rücken- und Magenleiden des Klägers, die bei ihm bestehende larvierte Depression sowie deren Auswirkungen auf den körperlichen Gesundheitszustand, insbesondere auf die beiden vorgenannten Leiden bei der körperlichen Belastung und dem Einfluß von säurehaltigen Dämpfen in der Vergangenheit, sind für den Senat bindend, weil hiergegen kein Verfahrensangriff erhoben ist (§ 561 Abs. 2 ZPO).
b) Für die Prognose der künftigen gesundheitlichen Entwicklung des Klägers hätte das Berufungsgericht jedoch von den 80 Fehltagen des Jahres 1986 neben den zwölf nach seinen Feststellungen auf dem Arbeitsunfall im Mai beruhenden (vom 30. Mai bis 14. Juni) auch die restliche Ausfallzeit bis zum 9. Juli 1986 und damit insgesamt 29 Fehltage außer Betracht lassen müssen, obwohl diese auf einen privaten Unfall (Nasenprellung) zurückzuführen sind. Denn für die Prognose sind Fehlzeiten in der Vergangenheit nur erheblich, wenn sie Indizwirkung für die zukünftige gesundheitliche Entwicklung entfalten können. Eine solche ist jedoch Unfällen grundsätzlich nicht beizumessen, gleichgültig, ob diese sich im betrieblichen oder privaten Bereich ereignen, da sie gewöhnlich auf einmaligen Ursachen beruhen (vgl. zu Ausnahmen das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom 6. September 1989 - 2 AZR 19/89 -). Die für die negative Prognose erhebliche Fehlzeit im Jahre 1986 verringert sich somit von 68, wie vom Berufungsgericht angenommen, auf 51 Fehltage. Auf die gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, nur zwölf Ausfalltage seien durch den Arbeitsunfall bedingt, erhobenen Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.
2. Mit dieser Einschränkung hinsichtlich des Umfangs der für die Prognose relevanten Ausfallzeiten im Jahre 1986 ist die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, bei einem Arbeitseinsatz ohne die Arbeiten im Beizraum, im übrigen aber im bisherigen Umfang sei auch in Zukunft mit entsprechenden krankheitsbedingten Ausfällen zu rechnen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht hat sich hierfür ebenfalls auf das Sachverständigengutachten sowie die eingereichten ärztlichen Atteste gestützt. Den Umstand, daß die Beklagte dazu übergegangen ist, zunehmend bisher im Beizraum ausgeführte Arbeiten an andere Firmen zu vergeben, hat es für unerheblich angesehen, weil ein wesentlicher Teil der Ausfallzeiten des Klägers nach den ärztlichen Attesten auf seinem Rückenleiden beruht, das mit der möglichen Belästigung durch Säuredämpfe nicht erkennbar zusammenhänge. Im Zusammenhang mit der Behandlung der Lohnfortzahlungskosten hat es weiter angenommen, infolge der larvierten Depression sei auch bei anderen Krankheiten wie den alltäglichen Infektionen mit Verschlimmerungen des Krankheitsbildes zu rechnen.
Damit hat sich das Berufungsgericht im Rahmen des dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO zustehenden Ermessens gehalten. Stehen die in der Vergangenheit angefallenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitnehmers, ihre jeweilige Dauer und Ursache fest, so hat der Tatrichter nach dieser Vorschrift zu entscheiden, ob diese Umstände die Annahme entsprechender Ausfälle in der Zukunft rechtfertigen (vgl. dazu Senatsurteile vom 26. Mai 1977 - 2 AZR 201/76 - AP Nr. 14 zu § 102 BetrVG 1972, zu II 3 c und d der Gründe, sowie vom 6. September 1989, aaO, zu III 1 b der Gründe). Inwieweit er in diesem Rahmen und gem. § 144 ZPO Sachverständigengutachten einholen muß, kann offen bleiben, weil vorliegend das Berufungsgericht einen solchen Beweis erhoben hat.
Die Revision hat hinsichtlich der Würdigung der erhobenen Beweise keine Verfahrensfehler aufgezeigt. Ihre Rüge, das Berufungsgericht hätte dem Vortrag des Klägers nachgehen müssen, seine Rückenbeschwerden seien auf die überdurchschnittliche Belastung durch das Heben von Kesseln zurückzuführen, ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat als unstreitig und damit für den Senat bindend festgestellt, daß Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit in den Jahren 1985 und 1986 nur krankheitsbedingte Fehlzeiten zwischen vier und 13 Arbeitstagen gehabt hätten. Daraus konnte es folgern, daß die erheblich höheren Ausfallzeiten des Klägers auf seinen Gesundheitszustand und nicht auf eine Arbeitsbelastung zurückzuführen sind, die auch bei gesunden Arbeitnehmern zu akuten Erkrankungen geführt hätte.
Ob der Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz mit geringerer körperlicher Belastung hätte eingesetzt werden können und müssen, ist, wie noch auszuführen sein wird, für die weitere Frage von Bedeutung, ob die zu erwartenden Fehlzeiten auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Die Gesundheitsprognose ist auf der Basis der bisher geschuldeten und ausgeübten Tätigkeit zu überprüfen.
IV. Die Annahme des Berufungsgerichts, die prognostizierten Fehlzeiten des Klägers führten auch künftig zu einer erheblichen und unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung mit Lohnfortzahlungskosten, wird jedoch von seiner bisherigen Begründung nicht getragen.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, allein die zu erwartende wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers mit außergewöhnlich hohen Lohnfortzahlungskosten, die für jährlich jeweils einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen aufzuwenden sind, stelle einen zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geeigneten Grund dar, wobei nur auf die Kosten des Arbeitsverhältnisses abzustellen sei (Senatsurteil vom 16. Februar 1989, aaO, zu III der Gründe).
2. Die bei einer mit körperlichen Belastungen im bisherigen Umfang verbundenen Beschäftigung des Klägers zu erwartenden Ausfallzeiten würden auch zu einer Belastung der Beklagten mit außergewöhnlich hohen Lohnfortzahlungskosten führen.
a) Die Beklagte hat auf der Basis von 253 Arbeitstagen im Jahre 1984, 251 Arbeitstagen in den Jahren 1985 und 1986 sowie 51 Arbeitstagen im Jahre 1987 bis zum Ausspruch der Kündigung am 13. März 1987 Fehlquoten von 30 %, 29,8 %, 31,8 % und 40 % errechnet. Für das Jahr 1986 sind, wie ausgeführt, nur 51 Tage der insgesamt 80 angefallenen und von der Beklagten berücksichtigten Fehltage für die Prognose und damit auch für die zu erwartende wirtschaftliche Belastung mit Lohnfortzahlungskosten zugrunde zu legen; die insoweit relevante Fehlquote beträgt deshalb auf der Basis von 251 Arbeitstagen etwa 20 %. Im Jahre 1987 betrug die Fehlquote bis zur Kündigung jedoch wieder etwa 40 %, wobei die Arbeitsunfähigkeit überwiegend (ab 23. Februar) auf die im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht abgeklungenen - und tatsächlich auch bis 22. April anhaltenden - Rückenbeschwerden und damit auf eines der Grundleiden des Klägers zurückzuführen war.
b) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte für das Jahr 1985 nicht die von der Beklagten unstreitig für 75 Tage aufgewendeten Lohnfortzahlungskosten zugrunde legen dürfen. Sie meint, das Berufungsgericht hätte im Hinblick auf ein dem Gutachter übersandtes Schreiben des behandelnden Arztes des Klägers vom 28. April 1988 prüfen müssen, ob für einen Teil der Fehlzeiten nach dem Lohnfortzahlungsgesetz keine Lohnfortzahlungspflicht bestanden habe, weil es sich um Fortsetzungserkrankungen gehandelt habe. Insoweit trägt die Revision jedoch neue Tatsachen vor, die in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden können.
3. Wie die Revision jedoch durchgreifend rügt, ist das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, daß für den Kläger kein anderweitiger freier Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hat, auf dem für ihn keine kündigungsrelevanten Lohnfortzahlungskosten auslösende Ausfallzeiten mehr zu erwarten waren.
a) Auch bei einer Kündigung wegen Krankheit ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer nicht auf einen anderen freien Arbeitsplatz umgesetzt werden kann, auf dem keine betrieblichen Beeinträchtigungen mehr zu erwarten sind (BAGE 29, 49 = AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu III 3 a und b der Gründe; vgl. auch Senatsurteil vom 9. April 1987 - 2 AZR 210/86 - AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B IV 3 der Gründe). Diese auf der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beruhende Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob die Erkrankungen allein auf die betriebliche Tätigkeit zurückzuführen sind oder durch diese, wie vorliegend nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, ein anlagebedingtes Grundleiden jeweils aktualisiert worden ist.
b) Besteht in diesen Fällen eine Umsetzungsmöglichkeit, so führt die Krankheit nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen, die Kündigung ist durch die Krankheit nicht bedingt. Die Umsetzungsmöglichkeit ist deshalb nicht erst im Rahmen der Interessenabwägung, sondern bereits in der zweiten Stufe noch beim Kündigungsgrund (erhebliche Beeinträchtigung) zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 9. April 1987, aaO; ebenso für die betriebsbedingte Kündigung bei Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit: BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu III 2 d der Gründe; für die - seltenen - Fälle einer Umsetzungspflicht bei verhaltensbedingter Kündigung: Senatsurteil vom 22. Juli 1982 - 2 AZR 30/81 - AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu III 4 a der Gründe).
c) Ähnlich wie bei der betriebsbedingten Kündigung (vgl. BAGE 47, 26 = AP Nr. 8 zu § 2 KSchG, zu B II 3 d bb der Gründe, m.w. N.) trifft nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast den Arbeitgeber die Darlegungslast dafür, daß die Kündigung durch den in der Person des Klägers liegenden Grund bedingt ist, ohne daß eine andere Beschäftigung möglich wäre. Jedoch ist auch hier der Umfang seiner Darlegungslast davon abhängig, wie sich der Arbeitnehmer auf die Begründung der Kündigung einläßt. Bestreitet er nur die negative Gesundheitsprognose und eine unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung, so genügt der Vortrag des Arbeitgebers, die Weiterbeschäftigung zu gleichen Bedingungen führe zu unzumutbaren betrieblichen Beeinträchtigungen. Es obliegt dann dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, falls eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen zu unzumutbaren betrieblichen Beeinträchtigungen führen sollte. Erst dann muß der Arbeitgeber eingehend darlegen, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich gewesen wäre.
d) Wie die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, hat das Berufungsgericht zu Unrecht eine Umsetzungsmöglichkeit auf einen anderen freien Arbeitsplatz mit der Begründung ungeprüft gelassen hat, der Kläger hätte darlegen müssen, daß eine solche Möglichkeit auf Dauer bestanden habe. Der Kläger hat mit seinem - unstreitigen - Vortrag, ihm sei nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils eine Arbeit in der Verpackung zugewiesen worden und er sei seitdem, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz, nicht mehr erkrankt, dargelegt, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Deshalb war es nunmehr Sache der Beklagten darzulegen, daß der Kläger entweder gar nicht auf einem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt wurde oder die Weiterbeschäftigung jedenfalls nur als Übergangslösung möglich gewesen sei. Da lediglich ein Feststellungsurteil des Arbeitsgerichts vorlag, wurde der Kläger jedenfalls nicht weiterbeschäftigt, um einer gerichtlichen Verurteilung zu entsprechen.
V. Bereits wegen dieser Verkennung der Darlegungs- und Beweislast muß das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, ohne daß es noch auf die Würdigung zur Interessenabwägung ankommt (§ 565 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte muß Gelegenheit zu einem den vorstehenden Ausführungen entsprechenden Sachvortrag zum Bestehen einer Umsetzungsmöglichkeit für den Kläger im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung erhalten.
Hillebrecht Triebfürst Dr. Ascheid
Mauer Baerbaum
Fundstellen
EEK, II/192 (ST1-7) |
RzK, III 1b 13 (ST1) |