Entscheidungsstichwort (Thema)
Abbau der Überversorgung bei der GEZ
Leitsatz (amtlich)
Die Gebühreneinzugszentrale der öffentlichen Rundfunkanstalten ist berechtigt, ihren Mitarbeitern zugesagte Überversorgung zu kürzen und auf das im öffentlichen Dienst übliche Versorgungsniveau zurückzuführen.
Normenkette
BetrAVG § 1 Ablösung, §§ 2, 7, 18; LPVG NW § 70; BetrVG § 77; BGB § 242; GG Art. 20, 101, 103; GVG § 21e; Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens (Rundfunkstaatsvertrag) vom 3. April 1987 (GVNW S. 405) Art. 3-4; Verwaltungsvereinbarung “Gebühreneinzugszentrale” vom 14. Mai/16. Juni 1975 §§ 1-2, 4
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 09.05.1990; Aktenzeichen 5 Sa 55/90) |
ArbG Köln (Urteil vom 11.01.1990; Aktenzeichen 14 Ca 6814/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 22.12.1989; Aktenzeichen 2 Ca 6153/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 15.12.1989; Aktenzeichen 5 Ca 6039/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 15.12.1989; Aktenzeichen 5 Ca 8239/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 12.12.1989; Aktenzeichen 4 Ca 6038/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 30.11.1989; Aktenzeichen 11 Ca 6445/89) |
Tenor
- Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 9. Mai 1990 – 5 Sa 55/90 – werden zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil in der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als es den Klagen stattgegeben hat.
Die Klägen werden abgewiesen.
- Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu je 1/6 zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Kläger wehren sich gegen eine nachträgliche Verschlechterung ihrer Versorgungszusagen durch eine Dienstvereinbarung.
Die Kläger sind seit 1974 bei der Beklagten beschäftigt. In ihren Arbeitsverträgen heißt es, daß ihnen eine Versorgungszusage “nach den bei der GEZ geltenden Bestimmungen” erteilt werde. Bei der Beklagten galten damals die Versorgungsrichtlinien des Westdeutschen Rundfunks (WDR) vom 23. März 1970. Diese Richtlinien sahen ein Ruhegeld von 50 % des ruhegeldfähigen Einkommens vor. Ruhegeldfähig war die monatliche Grundvergütung im letzten Jahr vor dem Versorgungsfall. Die Richtlinien enthielten eine Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des ruhegeldfähigen Einkommens; bei der Berechnung der Obergrenze wurde jedoch nur die Hälfte der Sozialversicherungsrente berücksichtigt.
Die Kläger erhielten von der Beklagten in den Jahren 1978 und 1979 Versorgungszusagen auf der Grundlage dieser Richtlinien.
Im Jahre 1979 wurden die Richtlinien abgelöst. Durch Dienstvereinbarung vom 4. Oktober 1979 übernahm die Beklagte eine Dienstvereinbarung des WDR vom 29. Juni 1979 (DV 1979). Bestandteil der Dienstvereinbarung war eine Musterzusage, die wesentliche Änderungen enthielt: Die Versorgungsanwartschaft wurde dynamisiert; sie stieg nach einer Wartezeit von zehn Jahren von 35 % in den nächsten zehn Dienstjahren um jährlich 1,5 % und anschließend um jährlich 1 % bis zur Höchstgrenze von 60 % des ruhegeldfähigen Einkommens. Die DV 1979 enthielt ebenfalls eine Gesamtversorgungsobergrenze für Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Zusatzversorgung. § 13 Abs. 1 Buchst. b der Musterzusage bestimmte dazu, daß bei Arbeitsentgelten bis zur Beitragsbemessungsgrenze
“bei allen Berechtigten die vom WDR zu zahlenden Versorgungsbezüge und die vollen Rentenleistungen aus der Rentenversicherung zusammen das ruhegeldfähige Einkommen nicht übersteigen”
dürften. Die DV 1979 trat am 1. Juni 1979 in Kraft. In einer Übergangsregelung wurde für Arbeitnehmer, die bis zum 31. Mai 1979 die zehnjährige Wartezeit nach den Richtlinien vom 23. März 1970 erfüllt hatten die Aushändigung einer Versorgungszusage in der bisherigen Form vorgesehen. Für diesen Personenkreis wurde ferner bestimmt (§ 9 Abs. 2 DV 1979):
- “
- Sie erhalten auch die nach der vorliegenden Dienstvereinbarung auszuhändigende Versorgungszusage.
- Im Versorgungsfall werden die Versorgungsbezüge sowohl nach der aufgrund der Richtlinien vom 27.4.1962 bzw. 23.3.1970 gegebenen Versorgungszusage (alte Versorgungszusage) als auch nach der aufgrund vorliegenden Dienstvereinbarung gegebenen Versorgungszusage (neue Versorgungszusage) berechnet und dem/der Berechtigten mitgeteilt.
- Der/die Berechtigte hat sich innerhalb einer Frist von 2 Monaten, gerechnet vom Tag des Zugangs der Mitteilung gemäß b), zu entscheiden, ob die Bestimmungen der neuen oder der alten Versorgungszusage anzuwenden sind. Entscheidet sich der/die Berechtigte für die Anwendung der Bestimmung der alten Versorgungszusage, so dürfen die vom WDR zu zahlenden Versorgungsbezüge zusammen mit den vollen Rentenleistungen aus der Rentenversicherung das ruhegeldfähige Einkommen nicht übersteigen …”
Schließlich wurde für die ab 1. Januar 1980 neu eintretenden Mitarbeiter eine Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung vorgesehen. Dazu heißt es in § 10 DV 1979:
“… Diese Neuregelung soll auf dem Netto-Prinzip aufbauen, so daß die Gesamtversorgung (Betriebsrente und Sozialversicherungsrente) die letzte Nettovergütung nicht übersteigt …”
Nachdem der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen Anfang des Jahres 1983 in einem Gutachten zur beabsichtigten Erhöhung der Rundfunkgebühren das Versorgungsniveau des WDR als unangemessen hoch beanstandet hatte, wurden die Aufsichtsgremien der Rundfunk- und Fernsehanstalten durch eine Entschließung des nordrhein-westfälischen Landtags vom 20. Juni 1983 aufgefordert, die Überversorgung der Mitarbeiter abzubauen und sicherzustellen, daß für künftige Versorgungsfälle die Überversorgung ausgeschlossen bleibe. Die Neuregelung solle sich an den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes orientieren. Angesichts dieser Rügen wurde am 7. März 1985 beim WDR eine neue Dienstvereinbarung abgeschlossen, die durch Dienstvereinbarung vom 28. Mai 1985 im wesentlichen von der Beklagten übernommen wurde (DV 1985).
Die neue Dienstvereinbarung wurde rückwirkend zum 1. Januar 1985 in Kraft gesetzt. Der erreichbare Höchstbetrag der Rente von 60 % des ruhegeldfähigen Einkommens wurde beibehalten (§ 10 DV 1985). Jedoch wurde die Obergrenze der Gesamtversorgung aus gesetzlicher und betrieblicher Rente von Brutto- auf Nettobeträge umgestellt und dadurch erheblich abgesenkt. § 14 Abs. 1 DV 1985 bestimmt:
“Bei der Berechnung der Alters- oder der Berufsunfähigkeitsrente ist der vom WDR zu tragende Anteil an der Gesamtversorgung des/der Berechtigten so zu bemessen, daß die Nettogesamtversorgung (§ 12 Abs. 1) 90 % des Netto-Vergleichseinkommens nicht übersteigt.
…”
Das Nettovergleichseinkommen ist in § 13 Abs. 1 DV 1985 wie folgt beschrieben:
“Zur Ermittlung des Netto-Vergleichseinkommens sind bei Eintritt des Versorgungsfalles bzw. zum Zeitpunkt der Überprüfung gem. § 16 zu berücksichtigen:
Auch die DV 1985 enthält umfangreiche Übergangsregelungen. Für den Personenkreis, dem die Kläger angehören, bestimmt § 25 Abs. 2 Buchst. b):
“Ist der/die Berechtigte vor dem 1.1.1980 in die Dienste des WDR eingetreten, so erhöht sich der in § 14 Abs. 1 genannte Prozentsatz für jedes gemäß § 2 auf die Wartezeit angerechnete Jahr sowie jedes beim WDR zurückgelegte Beschäftigungsjahr um 0,1 %, jedoch höchstens auf 93,5 % und mindestens auf 91,75 %.
Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles bemißt sich die Höhe der Gesamtversorgung zunächst nach den Vorschriften der Dienstvereinbarung vom 29.6.1979. Diese Gesamtversorgung wird solange gekürzt, bis der nach Satz 1 bestimmte Prozentsatz des für das jeweilige Kalenderjahr maßgebenden Netto-Vergleichseinkommens erreicht ist, und zwar nach folgendem Verfahren:
- Beginnend mit dem 1.1.1990 werden für jedes bis zum Eintritt des Versorgungsfalles zurückgelegte Kalenderjahr 5 % des Netto-Vergleichseinkommens abgezogen.
- Beginnend mit dem Kalenderjahr, in dem der Versorgungsfall eintritt, vermindert sich dieser Abzug für jedes weitere zurückgelegte Kalenderjahr auf 3 %.”
Die Anwendung der DV 1985 kann nach Berechnungen der Beklagten bei den Klägern zu erheblichen Einbußen der späteren Gesamtversorgung führen (1.280,04 DM bis zu 2.627,97 DM). Prozentual betragen die Kürzungen zwischen 29,5 % und 43,4 % der nach der DV 1979 möglichen Gesamtversorgung.
Die Kläger sind mit diesen Schmälerungen ihrer im Versorgungsfall möglichen Gesamtversorgung nicht einverstanden. Sie sind der Auffassung, die Absenkung der Gesamtversorgung sei unbillig. Die gute Altersversorgung der Beklagten sei entscheidend für den Abschluß der Arbeitsverträge gewesen. Die Beklagte habe ihnen zwei Zusagen erteilt, nämlich die ursprüngliche, einzelvertragliche und später die auf der DV 1979 (§ 9 Abs. 2 DV 1979) beruhende Zusage. Die Beklagte habe auch in bereits erdiente und nach § 2 BetrAVG zu berechnende Anwartschaften eingegriffen. Auf einen zwingenden Kürzungsgrund nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage könne die Beklagte sich nicht berufen. Die Überversorgung aufgrund der DV 1979 sei von Anfang an in Kauf genommen und gewollt gewesen. Dies zeige bereits ein Vergleich mit den durch die DV 1979 abgelösten Versorgungsrichtlinien aus dem Jahre 1970. Obwohl es bei Anwendung der Richtlinien von 1970 in einzelnen Fällen zu Überversorgungen gekommen sei, habe man den Höchstbetrag der Betriebsrente von 50 % auf 60 % angehoben und als Gesamtversorgungsobergrenze 100 % des Bruttoeinkommens festgesetzt. Nur für die seit dem 1. Januar 1980 eingestellten Arbeitnehmer sei ein Abbau der Überversorgung durch Einführung des Netto-Prinzips erwogen worden.
Die Kläger haben beantragt,
- festzustellen, daß sich die Versorgungsbezüge im Versorgungsfall nach der Dienstvereinbarung vom 4. Oktober 1979 errechnen;
hilfsweise
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, für die den Klägern zu gewährende Versorgung für die bis zum 27. Mai 1985 anzurechnende Zeit die Dienstvereinbarung vom 4. Oktober 1979 und für die Zeit danach die Dienstvereinbarung vom 28. Mai 1985 zugrunde zu legen;
hilfsweise
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, für die den Klägern zu gewährende Versorgung für die bis zum 31. Dezember 1984 anzurechnende Zeit die Dienstvereinbarung vom 4. Oktober 1979 und für die Zeit danach die Dienstvereinbarung vom 28. Mai 1985 zugrunde zu legen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Das Feststellungsbegehren sei unzulässig. Es solle nur ein Teil eines Rechtsverhältnisses geklärt werden. Es fehle auch ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung lange vor Eintritt möglicher Versorgungsfälle. Sachlich sei die wiederholte Änderung der ursprünglichen Versorgungszusagen nicht zu beanstanden. Diese Zusagen seien dienstvereinbarungsoffen gewesen, sie hätten daher durch die DV 1979 und diese wiederum durch die DV 1985 geändert werden können. Die Neuregelung sei insgesamt billig. Da sich die GEZ als gemeinschaftliche Verwaltungseinrichtung der öffentlichrechtlichen Landesrundfunkanstalten und des Zweiten Deutschen Fernsehens aus Gebühren finanziere, unterliege sie dem Gebot sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung. Sie habe den Beanstandungen des Rechnungshofs und des Landtags von Nordrhein-Westfalen entsprechen und das Versorgungsniveau erheblich absenken müssen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage des Klägers zu 1. hinsichtlich des Hilfsantrags zu 2. und der Klage des Klägers zu 2. bezüglich des Hilfsantrags zu 3. stattgegeben und die Klagen der Kläger zu 3. bis 6. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat sämtliche Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Berufung des Klägers zu 1. und die Anschlußberufung der Beklagten blieben erfolglos. Auf die Berufungen der weiteren Kläger hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, für die Zeit bis zum 27. Mai 1985 die Dienstvereinbarung vom 4. Oktober 1979 und für die Zeit danach die Dienstvereinbarung vom 28. Mai 1985 der Rentenberechnung zugrunde zu legen; im übrigen wurden die Berufungen zurückgewiesen. Die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Klägers zu 2. blieb ohne Erfolg. Mit ihren Revisionen verfolgen die Parteien ihre Ziele weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Kläger sind unbegründet. Die Revision der Beklagten ist hingegen begründet. Die Versorgungsrechte der Kläger bestimmen sich nach der Dienstvereinbarung vom 28. Mai 1985 (DV 1985).
A. Die Feststellungsklagen sind zulässig. Gegenstand der Klagen sind Rechtsverhältnisse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, und zwar die durch die Versorgungszusagen der GEZ begründeten Rechtsbeziehungen der Kläger zu ihrer Arbeitgeberin. Die Kläger haben auch ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Sie sind berechtigt, den Streit über den Inhalt ihrer Versorgungsrechte gerichtlich klären zu lassen. Sie müssen ihre Versorgung planen können. Es ist unerheblich, daß bei den Klägern Versorgungsfälle voraussichtlich erst nach einer Reihe von Jahren eintreten.
B. Die Rüge der Beklagten, die Verbindung der Verfahren in der zweiten Instanz und die Zuweisung an die Fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts verletze den Anspruch der Parteien auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), ist unbegründet. An einem Gericht mit mehreren Spruchkörpern wird der gesetzliche Richter durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmt (§ 21e GVG). Der Geschäftsverteilungsplan muß für die Zuteilung objektive, ohne Ansehen der Person und des einzelnen Falles getroffene Regelungen aufstellen, durch die gewährleistet wird, daß ein bestimmtes richterliches Gremium als gesetzlicher Richter mit einer Sache befaßt wird. Der Geschäftsverteilungsplan kann auch vorsehen, daß gleichgelagerte Sachen bei einem bestimmten Spruchkörper zusammengefaßt werden. Der Geschäftsverteilungsplan für das Landesarbeitsgericht Köln bestimmt hierzu folgendes:
“Wenn mehrere Sachen mit im wesentlichen gleichem Sachverhalt (Parallelsachen) denselben Kläger, Beklagten oder Beteiligten betreffen und nach dem Registereingang verschiedenen Kammern zufallen, gehen sie nach Feststellung der Parallelität durch das Präsidium in diejenige Kammer über, die für die erste Sache zuständig ist. Die Entscheidung des Präsidiums ist durch die Vorsitzenden der Kammern herbeizuführen. Vor der Entscheidung des Präsidiums geben die beteiligten Vorsitzenden ihre Stellungnahme zur Parallelität der Verfahren ab. …”
Diese Regelung ist nicht zu beanstanden. Sie ist zweckmäßig, weil sie dazu beiträgt, Divergenzen innerhalb des Gerichts und überflüssige Mehrarbeit zu vermeiden. Sie wahrt auch den Anspruch der Parteien auf den gesetzlichen Richter: Das in seinen Entscheidungen unabhängige Präsidium des Gerichts befindet nach der angegriffenen Regelung im Geschäftsverteilungsplan lediglich, ob eine Parallelität vorliegt. Die Rechtsfolge, die Zuständigkeit einer oder – wenn eine Parallelität verneint wird – mehrerer Kammern ergibt sich dann aus dem Geschäftsverteilungsplan selbst. Wird die Parallelität bejaht, so ist immer die Kammer zuständig, bei der die erste Sache eingegangen ist. Die Befürchtung der Beklagten, diese Regelung lasse Manipulationen zu, ist unberechtigt. Die Entscheidung des Präsidiums “ist durch die Vorsitzenden der Kammern” herbeizuführen. Wird eine – mögliche – Parallelität deutlich, so sind die Vorsitzenden mithin zur Anrufung des Präsidiums verpflichtet. Daß die Vorsitzenden die Anrufung pflichtwidrig unterlassen, kann nicht angenommen werden. Die Geschäftsverteilung eines Gerichts darf und muß darauf abstellen, daß die Richter, die von ihr betroffen sind, die Regeln des Geschäftsverteilungsplans beachten.
Daß die Parallelität mehrerer Sachen ausnahmsweise unbemerkt bleiben kann, läßt sich zwar ebensowenig mit absoluter Sicherheit ausschließen wie sonstige Fehler bei der Feststellung des zuständigen Richters. Die generelle Möglichkeit menschlichen Fehlverhaltens macht die Regelung des Geschäftsverteilungsplans jedoch nicht rechtswidrig. Schon die erforderliche Identität von Verfahrensbeteiligten legt die Prüfung der Parallelität nahe. Eine solche Bestimmung des gesetzlichen Richters beruht weder auf unsachlichen Erwägungen noch auf Willkür (Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, 6. Aufl., Art. 101 Rz 6). Ein Verfahrensfehler, der im Einzelfall zu einer unrichtigen Zuweisung führt, begründet nicht schon einen Verstoß gegen Art. 101 GG (BVerfGE 4, 412, 416; 15, 245 = AP Nr. 12 zu Art. 101 GG). Im Streitfall bestehen gegen die Annahme der Parallelität der vom Landesarbeitsgericht zusammengefaßten Sachen keine Bedenken.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch ihr Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt (Art. 103 GG). Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts ihre Einwendungen vorgebracht. Die Fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts hat sie geprüft und im Urteil ihre Zuständigkeit bejaht.
C. Die Revisionen der Kläger haben in der Sache keinen Erfolg. Die Revision der Beklagten führt zur Abweisung der Klagen. Grundlage für die Berechnung der Betriebsrenten der Kläger im Versorgungsfall ist die DV 1985.
I. Die den Klägern ursprünglich erteilten Versorgungszusagen, die auf die Richtlinien des WDR vom 23. März 1970 verwiesen, beruhten auf vertraglicher Grundlage. Diese vertraglichen Zusagen sind durch die DV 1979 abgelöst worden.
1. Die Beklagte konnte mit ihrem Personalrat eine Dienstvereinbarung abschließen. Die Beklagte ist durch die Verwaltungsvereinbarung “Gebühreneinzugszentrale” vom 14. Mai/16. Juni 1975 von den Rundfunkanstalten der ARD und des ZDF mit Wirkung vom 1. Januar 1974 errichtet worden. Die GEZ ist eine öffentlich-rechtliche nicht-rechtsfähige Verwaltungsgemeinschaft (§ 1 Nr. 2 der Vereinbarung). § 1 Nr. 4 der Vereinbarung sieht vor, daß das Landespersonalvertretungsrecht von Nordrhein-Westfalen anzuwenden ist. Der Abschluß von Dienstvereinbarungen ist demnach gemäß § 70 LPVG-NW möglich.
2. Die DV 1979 ist wirksam. Zwar läßt sich nicht feststellen, daß die Einzelzusagen dienstvereinbarungsoffen waren, wie die Beklagte meint; dies läßt sich weder dem Hinweis auf die damals geltenden Versorgungsrichtlinien entnehmen, noch folgt dies aus dem Hinweis, der Personalrat werde, soweit erforderlich, beteiligt. Die Versorgungszusagen waren jedoch solche mit kollektivem Bezug; sie waren nicht individuell ausgehandelt, sondern galten nur nach Maßgabe der allgemeinen Versorgungsrichtlinien. Sie konnten daher wirksam durch eine Dienstvereinbarung abgelöst werden (BAG, Großer Senat, Beschluß vom 16. September 1986, BAGE 53, 42, 47 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972, zu C der Gründe). Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die DV 1979 das bisher geltende Versorgungswerk nur umstrukturierte oder insgesamt verschlechterte. Denn zur Zeit der Ablösung im Jahre 1979 durften die Beklagte und ihr Personalrat darauf vertrauen, vertragliche Regelungen mit kollektivem Bezug seien durch eine Kollektivvereinbarung mit dem Personalvertretungsorgan ablösbar. Vorausgesetzt wurde jedoch auch damals, daß die Neuregelung insgesamt der Billigkeit entsprach und Eingriffe in individuelle Rechtspositionen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes wahrten. Das hat der Senat durch Urteil vom 20. November 1990 – 3 AZR 573/89 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, entschieden und näher begründet (DB 1991, 915 = BB 1991, 914, 1126). Auf diese Entscheidung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug genommen.
Im Streitfall waren die Eingriffe der DV 1979 in die bisher geltenden vertraglichen Regelungen, soweit sie überhaupt eintraten und das bisherige Versorgungswerk verschlechterten, maßvoll: Die Gesamtversorgung wurde auf 100 % der letzten Bruttobezüge begrenzt und den Mitarbeitern wurde zudem das Wahlrecht eingeräumt, ihre Versorgungsbezüge weiterhin nach den Richtlinien zu verlangen (§ 9 DV 1979). Demgegenüber enthielt die DV 1979 auch Verbesserungen der bisherigen Regelung. Das Eintrittsalter wurde von 28 auf 27 Jahre herabgesetzt, der erreichbare Höchstbetrag von 50 % auf 60 % des ruhegeldfähigen Einkommens angehoben.
3. Die Auffassung der Kläger, die DV 1979 habe die vertraglichen Richtlinien hinsichtlich des Personenkreises, der die Voraussetzungen für eine Ruhegeldzusage schon erfüllte, nicht abgelöst (§ 9), trifft nicht zu. Zwar könnte der Wortlaut der Vorschrift für eine solche Auslegung sprechen. Die Neuregelung verfolgte aber erkennbar das Ziel, die alte Versorgungsregelung in eine kollektive Regelung zu überführen und lediglich dem schon begünstigten Personenkreis eine großzügige Besitzstandswahrung zu gewährleisten. Denn auch hinsichtlich dieses Personenkreises wurde die Gesamtversorgungsobergrenze von 100 % des letzten Bruttoeinkommens eingeführt und damit in die alte Regelung eingegriffen (§ 9 Abs. 2 Buchst. c) DV 1979). Damit wurde jedenfalls ausgeschlossen, daß die alte Versorgungsregelung hinsichtlich der Gesamtversorgungsobergrenze weitergalt.
II. Die DV 1979 ist wirksam durch die DV 1985 geändert worden.
1. Hinsichtlich des Ablösungsmittels bestehen keine Bedenken. Es gilt die Zeitkollisionsregel. Eine Dienstvereinbarung kann durch eine nachfolgende Dienstvereinbarung aufgehoben und inhaltlich verändert werden (BAG Urteil vom 17. März 1987, BAGE 54, 261 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung).
2. Auch eine nachfolgende Dienstvereinbarung darf nicht schrankenlos in die Rechte der bisher begünstigten Mitarbeiter eingreifen. Die Neuregelung muß einer abstrakten Billigkeitskontrolle anhand der Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes genügen; auch im Einzelfall auftretende unbeabsichtigte besondere Härten sind auszugleichen (BAG Urteil vom 17. März 1987, aaO). In welchem Ausmaß die Neuregelung die Rechte der Mitarbeiter einschränken darf, richtet sich auf deren Seite nach der Stärke der erreichten Besitzstände und auf der Seite des Arbeitgebers nach dem Gewicht der geltend gemachten Eingriffsgründe (Urteil vom 17. März 1987, aaO, sowie BAGE 48, 337, 342 f. = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B II 1 der Gründe): Je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen werden soll, desto gewichtiger muß der Grund sein, der den Eingriff rechtfertigen soll.
a) Die Auffassung der Beklagten, die Prüfung einer ablösenden Dienstvereinbarung anhand der Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes scheide im öffentlichen Dienst im Hinblick auf § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BetrAVG aus, trifft nicht zu. Nach dieser Vorschrift sind die §§ 2 bis 5, 16, 27 und 28 BetrAVG nicht anzuwenden, wenn Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nach einer Ruhelohnordnung eine Anwartschaft auf Ruhegeld haben und eine Hinterbliebenenversorgung gewährleistet ist. Dies hindert jedoch nicht die Prüfung der ablösenden Dienstvereinbarung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes. § 2 BetrAVG bestimmt nur, in welcher Höhe die unverfallbare Anwartschaft eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Mitarbeiters aufrechterhalten wird. Diese Vorschrift ist bei der Ablösung von Versorgungswerken nur heranzuziehen, um erkennen zu können, in welchem Umfang Ansprüche bereits erdient sind und deshalb nachträglich nur ausnahmsweise, aus zwingenden Gründen, eingeschränkt oder entzogen werden dürfen. Im übrigen bewirkt § 18 BetrAVG nur, daß an die Stelle der sonst aufrechtzuerhaltenden unverfallbaren Anwartschaft eine Nachversicherung tritt (§ 18 Abs. 6 BetrAVG).
b) In den nach § 2 Abs. 1 BetrAVG erdienten und nach § 7 Abs. 2 BetrAVG bei konkursfähigen Arbeitgebern insolvenzgeschützten Teilbetrag greift die DV 1985 nicht ein. Keiner der Kläger hat dargelegt, daß seine Versorgung selbst dann durch die Neuregelung geschmälert würde, wenn er am Tage der Ablösung (28. Mai 1985) aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden wäre, die weitere Betriebstreue mithin nur Nachteile gebracht hätte. Die DV 1985 schmälert jedoch die von den Klägern im Versorgungsfall erreichbare Gesamtversorgung aus Betriebsrente und Bezügen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Gesamtversorgung soll nicht mehr, wie nach der DV 1979, 100 % der letzten Bruttobezüge der aktiven Arbeitnehmer erreichen können, sondern nur noch 90 % des letzten Nettovergleichseinkommens. Durch die Übergangsregelungen in § 25 Abs. 2 DV 1985 kann sich dieser Satz bei den Klägern bis auf 93,5 % der letzten Nettobezüge erhöhen.
Allerdings war auch diese dienstzeitunabhängige Dynamik zur Zeit der Ablösung von den Klägern bereits teilweise erdient. In diese Dynamik darf nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur aus “triftigen” Gründen eingegriffen werden (zuletzt Urteil vom 9. April 1991 – 3 AZR 598/89 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Triftige Gründe können wirtschaftlicher Art sein. Sie setzen dann voraus, daß die ungekürzte Versorgungslast langfristig die Substanz des Unternehmens gefährdet (BAGE 46, 80 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen). Triftige Gründe können aber auch nichtwirtschaftlicher Art sein. Im Urteil vom 11. September 1990 (– 3 AZR 380/90 – AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Besitzstand, auch zur Veröffentlichung in der Amtl. Sammlung vorgesehen) hat der Senat dringende betriebliche Bedürfnisse nichtwirtschaftlicher Art für einen Eingriff in die erdiente Dynamik ausreichen lassen, wenn ohne Schmälerung des Gesamtaufwands für die Versorgung Leistungskürzungen durch Verbesserungen des Versicherungsschutzes aufgewogen werden.
c) Im Streitfall beruft sich die Beklagte weder auf eine Substanzgefährdung noch sollen den Leistungskürzungen durch Absenkung der Gesamtversorgungsobergrenze Verbesserungen gegenüberstehen. Die Änderung der Versorgungsordnung Verbesserungen gegenüberstehen, Die Änderung der Versorgungsordnung soll vielmehr dazu dienen, Überversorgungen der Mitarbeiter zu verhindern, die sowohl nach den Richtlinien vom 23. März 1970 als auch nach der DV 1979 eintreten konnten. Erklärter Zweck der Neuregelung war es, auf diesem Weg Einsparungen bei den Personalkosten zu erzielen. Diese Begründung ist als triftiger Grund anzuerkennen, der es rechtfertigt, die Absenkung der Gesamtversorgungsobergrenze von 100 % des letzten Bruttoeinkommens auf 90 % des letzten Nettoeinkommens zu rechtfertigen.
Der Abbau einer Überversorgung ist ein gewichtiger Grund, Versorgungszusagen zu schmälern. Ist die Überversorgung eingetreten, weil durch die Änderung der Rahmenbedingungen der mit der Zusage verfolgte Versorgungszweck verfehlt wird, so kann sogar der erdiente Teilbetrag, aber auch die erdiente Dynamik geschmälert werden (ständige Rechtsprechung des Senats seit 1981, zuletzt Urteil vom 9. April 1991 – 3 AZR 598/89 –, aaO). Im Streitfall sind jedoch die bei den Arbeitnehmern eingetretenen Überversorgungen nicht planwidrig eingetreten. Die Entwicklung der Abgabenbelastung der Löhne mit Steuern und Sozialbeiträgen hat – wegen der relativ geringeren Belastung der Versorgungsbezüge – lediglich zu einem weiteren Ansteigen der Überversorgung beigetragen. Der Anstieg der Lohnbelastung hat zu effektiven Versorgungsbezügen geführt, die die letzten effektiven Bezüge der aktiven Arbeitnehmer übersteigen. Diese Überversorgung war zugesagt: Noch in der DV 1979 war den Arbeitnehmern der Beklagten eine erreichbare Gesamtversorgung von 100 % der letzten Bruttobezüge versprochen. Dabei betrug schon 1979 die durchschnittliche Abgabenbelastung der Löhne mit Sozialbeiträgen 13,1 % und mit Lohnsteuer 15,3 %, zusammen 28,4 %. Den Arbeitnehmern stand mithin schon 1979 ein durchschnittlicher Nettolohn nur in Höhe von 71,6 % des Bruttolohns zur Verfügung (vgl. hierzu Dornbusch, Die Sozialversicherung, 1983, 169, fortgeschrieben von Essig/Strohm, Wirtschaft und Statistik, 1991, 592).
Die Zusage einer Überversorgung kann nicht schon deshalb zurückgenommen werden, weil sie allgemein als sozial unerwünscht gilt oder weil sich die Vorstellungen über die Verteilungsgerechtigkeit eines betrieblichen Entgeltsystems geändert haben (Urteil vom 9. April 1991 – 3 AZR 598/89 –, aaO). Dies kann jedoch dann nicht uneingeschränkt gelten, wenn es sich um Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes oder der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten handelt. Die Beklagte ist eine Verwaltungseinrichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland und des Zweiten Deutschen Fernsehens. Sie hat gemäß § 1 der Vereinbarung vom 14. Mai/16. Juni 1975 die Aufgabe, den Gebühreneinzug für die Rundfunk- und Fernsehanstalten abzuwickeln. Die GEZ hat einen Verwaltungsrat, der sich aus den Mitgliedern der Landesrundfunkanstalten und des Zweiten Deutschen Fernsehens zusammensetzt und die Arbeit der GEZ überwacht (§ 2 der Vereinbarung). Der Verwaltungsrat stellt auch den Haushaltsplan fest (§ 4 Nr. 2 der Vereinbarung). Die Finanzwirtschaft der GEZ ist gemäß ausdrücklicher Weisung in § 4 Nr. 1 Satz 1 der Vereinbarung an die Ansätze des Haushaltsplans gebunden und den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichtet (§ 4 Nr. 1 Satz 2). Das Gebot wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltens gilt auch für die Rundfunkanstalten selbst. In Art. 3 Abs. 1 des Staatsvertrags zur Neuordnung des Rundfunkwesens (Rundfunkstaatsvertrag) vom 3. April 1987 (GVBl NW S. 405) ist bestimmt:
“Für die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF ist die Rundfunkgebühr weiterhin die vorrangige Finanzierungsquelle. Der Finanzausgleich unter den Landesrundfunkanstalten bleibt Bestandteil des Finanzierungssystems der ARD; er hat insbesondere eine funktionsgerechte Aufgabenerfüllung der Anstalten … sicherzustellen …”
Art. 4 Abs. 1 des Staatsvertrags schreibt vor:
“Der Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird regelmäßig entsprechend den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geprüft und mindestens alle zwei Jahre festgestellt.”
An diese Grundsätze hat sich die Beklagte in der Vergangenheit nicht gehalten. Der Landesrechnungshof hat für die gleichlautenden Versorgungsregelungen beim Westdeutschen Rundfunk die den Mitarbeitern zugesagte Überversorgung deshalb zu Recht beanstandet und als übermäßig bezeichnet. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat anläßlich der Beratungen über den “Staatsvertrag über die Höhe der Rundfunkgebühr und zur Änderung des Staatsvertrags über einen Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstalten vom 6. Juli/26. Oktober 1982” die Anstalten u.a. aufgefordert, “die Überversorgung von Mitarbeitern von Rundfunk- und Fernsehanstalten abzubauen und sicherzustellen, daß für künftige Versorgungsfälle die Überversorgung ausgeschlossen bleibt, wobei sich die Neuregelungen an den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes orientieren müssen …” (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 9/2673).
Hiernach war es der Beklagten nicht gestattet, ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu versprechen, die außerhalb des Angemessenen stehen und dem Gebot sparsamen und wirtschaftlichen Handelns zuwiderlaufen. Anders als einem privaten Arbeitgeber ist es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sich über Gebühren finanzieren, nicht gestattet, Versorgungsleistungen in beliebiger Höhe zuzusagen. Eine Versorgung durch eine öffentlich-rechtliche Anstalt, die über das im öffentlichen Dienst üblicherweise erreichbare Niveau weit hinausgeht und dazu die Rentner deutlich besserstellt als die aktiven Arbeitnehmer, ist übermäßig und bedarf der Korrektur (zur Arbeitszeitverkürzung der Mitarbeiter einer bundesunmittelbaren Rundfunkanstalt vgl. BAG Urteil vom 28. November 1984, BAGE 47, 238 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht und zum Abbau der Überversorgung im öffentlichen Dienst Urteil des Senats vom 24. April 1990 – 3 AZR 259/88 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Eingriff in die erdiente Dynamik durch die Absenkung der Gesamtversorgungsobergrenze gehe zu weit. Das Vertrauen der durch die DV 1979 begünstigten Arbeitnehmer in den Fortbestand der Obergrenze von 100 % der letzten Bruttobezüge müsse zeitanteilig jedenfalls insoweit geschützt werden, wie die Arbeitnehmer unter der Geltung der DV 1979 Betriebstreue geleistet hätten. Die im Versorgungsfall zu erbringende Leistung müsse für die Zeit bis zur Ablösung nach der DV 1979 und für die Zeit danach aufgrund der DV 1985 berechnet werden. Das Berufungsgericht hat dabei übersehen, daß der auch von ihm angenommene triftige Kürzungsgrund zu Eingriffen in die erdiente Dynamik berechtigt, der Arbeitgeber also insoweit schon erdiente Teile der Versorgung kürzen darf.
4. Der im Streitfall vorgenommene Eingriff ist nicht unverhältnismäßig. Eine Nettoversorgung, die mindestens 90 % der letzten Nettobezüge der aktiven Arbeitnehmer erreicht, stellt nach wie vor eine gute Versorgung dar, die es den Ruheständlern durchaus ermöglicht, ihren bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Schwerer wiegt der Einwand der Kläger, dem das Berufungsgericht gefolgt ist, daß ihr Vertrauen in die Fortgeltung der bisherigen Regelung enttäuscht wird. Es trifft zu, daß die DV 1979 bei den Steigerungsbeträgen Verbesserungen vorsah, das letzte Bruttoeinkommen als Gesamtversorgungsobergrenze ansah und eine Umstellung auf das Nettoprinzip erst für die Zukunft in Aussicht nahm. Dennoch müssen die Kläger hinnehmen, daß ihr Arbeitgeber bei der finanziellen Ausstattung von Versorgungswerken nicht in gleicher Weise frei ist wie ein privater Unternehmer. Auch die Kläger müssen sich entgegenhalten lassen, daß ihr Arbeitgeber den Grundsätzen sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung verpflichtet ist. Sie müssen hinnehmen, daß ihrem Arbeitgeber die rechtliche Möglichkeit eingeräumt wird, Verstöße gegen diese Prinzipien zu korrigieren und in maßvoller Weise die seinen Mitarbeitern erteilten Versorgungszusagen zurückzunehmen. Die Kläger konnten daher angesichts der allgemeinen Kritik an dem Finanzgebaren der Rundfunkanstalten und der massiven Beanstandungen des Rechnungshofs und des Landtags nicht darauf vertrauen, daß ihr Arbeitgeber seine rechtswidrige Praxis aufrechterhalten oder gar in der Zukunft fortsetzen werde. Sie mußten davon ausgehen, daß selbst die ihnen durch die DV 1979 eingeräumten Vorrechte auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden konnten. Ihre Klagen, mit denen sie eine Aufrechterhaltung ihrer rechtswidrigen und unangemessenen Begünstigung fordern, können daher keinen Erfolg haben.
Unterschriften
Dr. Heither, Griebeling, Dr. Wittek, Matthiessen, Dr. Schmidt
Fundstellen
Haufe-Index 838568 |
BAGE, 248 |
BB 1991, 1868 |
NZA 1992, 515 |