Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkursrechtlicher Rang einer Bauleiterprämie

 

Leitsatz (amtlich)

Nur solche Bauleiterprämien unterfallen dem Konkursvorrecht des 1. Ranges (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 KO), die für im letzten Jahr vor Konkurseröffnung verrichtete Arbeiten gezahlt werden. Unerheblich ist, wann die Forderung fällig wird.

 

Normenkette

KO §§ 61, 59

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 25.11.1983; Aktenzeichen 5 Ca 514/82)

LAG Köln (Urteil vom 10.05.1983; Aktenzeichen 6 Sa 148/83)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Mai 1983 – 6 Sa 148/83 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Rang einer Konkursforderung.

Der Kläger war bei der G. GmbH & Co. KG als Bauleiter tätig. Ihm stand eine Prämie in Höhe von 2 % aus dem Gewinn der Bauvorhaben zu, die unter seiner Leitung durchgeführt wurden. Die Bauleiterprämie betrug für die Arbeiten an der „Jugendakademie W.” und die „Betonarbeiten Tiefgarage” 1.466,– DM und 579,– DM. Die Bauarbeiten wurden im Jahr 1973 fertiggestellt. Der Kläger mahnte am 18. Februar 1974 die Auszahlung an. Hierauf erhielt er mit Schreiben vom 17. Februar 1975 die Antwort, die Prämien könnten noch nicht ausgezahlt werden, weil die Schlußrechnungen bisher nicht bezahlt seien. Im August 1975 wurde über das Vermögen der G. GmbH & Co. KG das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger meldete die Forderungen zusammen mit einer weiteren Forderung in Höhe von 45.877,– DM, die ein anderes Bauvorhaben betraf, zur Konkurstabelle an. Sie wurden als Konkursforderungen mit dem Range von § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO vom Konkursverwalter anerkannt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Forderungen seien nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO bevorrechtigt. Sie seien in ihrer Entstehung davon abhängig gewesen, daß die Gemeinschuldnerin aus der betreffenden Baustelle einen Gewinn erzielt habe. Daher seien sie erst nach Schlußabrechnung fällig geworden. Die Bauherren hätten innerhalb der Jahresfrist von § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO gezahlt. Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß ihm nach § 61 Ziff. 1 KO eine bevorrechtigte Forderung in Höhe von 47.932,01 DM zusteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, er müsse zwar gegen sich gelten lassen, daß die Gemeinschuldnerin für die genannten Bauvorhaben eine Prämie ausgeworfen habe. Den Forderungen komme aber nur der Rang nach § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO zu, weil sie bereits 1973 entstanden seien. Die Schlußzahlungen der Bauherren seien noch nicht erfolgt, jedenfalls nicht bekannt.

Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil der Klage wegen der Prämien für die Vorhaben „Jugendakademie W.” und „Betonarbeiten Tiefgarage” entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründete. Den Ansprüchen des Klägers kommt der konkursrechtliche Rang nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO nicht zu. Dies hat das Landesarbeitsgericht richtig entschieden.

1. Nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO werden Vergütungsforderungen aus dem Arbeitsverhältnis nur dann als vorrangige Konkursforderungen berücksichtigt, wenn sie Rückstände „für” das letzte Jahr vor der Eröffnung des Verfahrens betreffen. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn innerhalb dieser Frist die zu entlohnenden Dienste geleistet worden sind oder, etwa in den Fällen der Krankheit, zu leisten waren (h. M.; vgl. RAG JW 1933, 1357, 1358; RGZ 102, 70, 74; BAG Urteil vom 12. Januar 1967 – 5 AZR 269/66 – AP Nr. 3 zu § 61 KO; Böhle-Stamschräder/Kilger, KO, 14. Aufl. 1983, § 61 Anm. 4; Jaeger, KO, 8. Aufl. 1958, § 61 Anm. 17; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruch, KO, 9. Aufl. 1979, § 61 Anm. 47). Die beiden Bauvorhaben wurden unstreitig im Jahr 1973 beendete. Der Konkurs wurde erst im August 1975 eröffnet. Die Arbeiten fallen somit nicht in das letzte Jahr vor Konkurseröffnung. Die Bauleiterprämien stellen daher nicht die Gegenleistung für Tätigkeiten dar, die der Kläger im letzten Jahr vor Konkurseröffnung erbracht hat.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es für den konkursrechtlichen Rang der Forderungen nicht darauf an, daß sie erst nach Schlußzahlung durch die Bauherren entstehen oder fällig werden. Auch in solchen Fällen hat die Lohnforderung nicht den Rang des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO, wenn die ihr zugrunde liegende Dienstleistung nicht in das bevorrechtigte Jahr fiel. Das Gesetz bevorrechtigt die Vergütung für Dienste und Leistungen aus dem letzten Jahr, weil es von der Annahme ausgeht, daß nur insoweit Arbeitsleistungen aus diesem Zeitraum noch als Wertsteigerung in der Konkursmasse enthalten sind (Weber in Anm. Zu AP Nr. 6 zu § 61 KO mit Nachweis der Gesetzesmaterialien).

3. Von diesem Prinzip ist auch der Fünfte Senat in seinen Urteilen vom 21. Mai 1980 ausgegangen (BAG 33, 113 = AP Nr. 9 zu § 59 KO; Urteil vom 21. Mai 1980 – 5 AZR 441/78 – AP Nr. 10 zu § 59 KO), in denen es um die konkursrechtliche Einordnung von Ansprüchen auf Tantieme und Urlaubsabgeltung ging. Die Entscheidung des erkennenden Senats vom 4. Juli 1969 steht dieser Rechtsprechung nicht entgegen (BAG 22, 105 = AP Nr. 6 zu § 61 KO). Der Senat hat für rückständige Versorgungsleistungen aus dem letzten Jahr vor der Konkurseröffnung den Rang von § 61 Nr. 1 KO für maßgeblich angesehen; Ruhegelder sind eine Gegenleistung für die Betriebstreue, die langfristig oder auf Lebenszeit erbracht wird. Dieser Auffassung ist der Gesetzgeber bei Neufassung des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO durch das Gesetz über Konkursausfallgeld (Drittes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 17. Juli 1974 – BGBl I. 1481) gefolgt. Er hat dort die Konkursforderungen der Berechtigten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gegen den Gemeinschuldner ausdrücklich aufgenommen. Wenn der Gesetzgeber an den Voraussetzungen für die konkursrechtliche Einordnung der Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 61 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 59 Abs. 1 Nr.

3 Buchst. a KO nichts geändert, sondern dieses Prinzip in die Regelung über das Konkursausfallgeld (§ 141 b AFG) aufgenommen hat, so ist hieraus die Schlußfolgerung zu ziehen, daß es wegen der Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis bei der bisherigen Regelung, so wie Rechtsprechung und h. M. sie verstanden haben, bleiben sollte.

 

Unterschriften

Schaub, Griebeling, Dr. Peifer, Zieglwalner, Halberstadt

 

Fundstellen

Haufe-Index 951808

RdA 1986, 132

ZIP 1986, 657

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge