Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrfache grob fahrlässige Pflichtverletzung als wichtiger Grund
Orientierungssatz
1. Aus § 78 Abs 4 PersVG NW folgt, daß die "entsprechende" Geltung des Absatzes 1 Satz 1 dazu führt, daß anstelle des Wortes "Stufenvertretung" in Abs 1 Satz 1 das Wort "Gesamtpersonalrat" einzufügen ist, daß sich aber an dem Abgrenzungskriterium "Entscheidungsbefugnis der Dienststelle" nichts ändern soll.
2. Eine außerordentliche Kündigung kann ausnahmsweise bei bereits einmaligem fahrlässigen Versagen ohne vorausgegangene Abmahnung zulässig sein, wenn das Versehen eines gehobenen Angestellten, der eine besondere Verantwortung übernommen hat, geeignet war, einen besonders schweren Schaden herbeizuführen und der Arbeitgeber das Seine getan hat, die Möglichkeiten für ein solches Verhalten und seine Folgen einzuschränken (BAG Senatsurteil vom 14. Oktober 1965 - 2 AZR 466/64 = AP Nr 27 zu § 66 BetrVG; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Januar 1987 - 8 U 239/85 = DB 1987, 1099)
3. Ein Angestellter, der innerhalb seines Aufgabenbereichs in finanzieller Hinsicht eine nicht unerhebliche Verantwortung übernommen hat, kann durch wiederholtes fahrlässiges Versagen das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unheilbar zerstören, wenn die Fehlleistung insgesamt einen schweren Schaden (hier über 40.000 DM) herbeigeführt hat (Vergleiche BAG, Urteil vom 9.2.1960, 2 AZR 585/57 = BAGE 9, 44).
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 12.12.1990; Aktenzeichen 7 Sa 751/90) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 15.05.1990; Aktenzeichen 16 Ca 1250/90) |
Tatbestand
Die Klägerin war seit dem 1. Oktober 1988 als Verwaltungsangestellte der VergGr. V b BAT bei dem Bezirksamt K der beklagten Stadt beschäftigt. Sie war dort u.a. für die Bewilligung von Sozialleistungen zuständig.
In der Zeit von Anfang September 1989 bis Ende Januar 1990 beantragte der Sozialhilfeempfänger St. mehrfach, und zwar jeweils unter Vorlage gefälschter Unterlagen, Vorschüsse für angebliche Reisen im Zusammenhang mit der vorgespiegelten Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses. Die Klägerin bewilligte dem St. ca. 30 Einzelbeträge zwischen 166,-- DM und ca. 2.000,-- DM, obwohl es ihr nach der verwaltungsinternen Regelung über die Unterschriftsbefugnis nur erlaubt war, derartige einmalige Leistungen an Hilfeempfänger bis höchstens 400,-- DM je Person zu gewähren. Nach der Bearbeitung legte die Klägerin die Vorgänge jeweils einem weiteren Sachbearbeiter vor, der sie überprüfte, gegengezeichnete und in keinem Fall beanstandete. Insgesamt wies die Klägerin dem inzwischen flüchtigen St. mehr als 40.000,-- DM zur Zahlung an. Als die Beklagte hiervon erfuhr, suspendierte sie die Klägerin am 30. Januar 1990 vom Dienst und gab ihr am 31. Januar 1990 Gelegenheit zu Stellungnahme. Alsdann hörte die Beklagte den Gesamtpersonalrat zu der von ihr beabsichtigten fristlosen Kündigung der Klägerin an.
Bei der Beklagten bilden einzelne Teile der Gesamtverwaltung selbständige Dienststellen, die jeweils eigene Personalräte besitzen. Darüber hinaus existiert ein Gesamtpersonalrat.
Das Bezirksamt K , in welchem die Klägerin beschäftigt war, bildet zusammen mit der Kämmerei, dem Kassen- und Steueramt, der Pfandkreditanstalt und dem Dezernat IV die selbständige Dienststelle "Finanzverwaltung". Bei dieser existiert ein Personalrat, den die Beklagte im Fall der Klägerin jedoch deshalb nicht anhörte, weil der Stadtkämmerer als Dienststellenleiter keine Befugnis zu personalrechtlichen Maßnahmen besitzt.
Nach Anhörung des Gesamtpersonalrates kündigte die Beklagte der Klägerin durch Schreiben vom 12. Februar 1990, der Klägerin zugegangen am 14. Februar 1990, fristlos.
Die Klägerin hält die außerordentliche Kündigung für unwirksam. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte hätte vor der Kündigung den Personalrat und nicht den Gesamtpersonalrat anhören müssen.
Darüber hinaus habe die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten, denn sie sei bereits am 29. Januar 1990 über den im Kündigungsschreiben aufgeführten Sachverhalt vollständig informiert gewesen. Schließlich liege kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vor. Sie sei aufgrund der von dem Sozialhilfeempfänger St. vorgelegten Unterlagen gutgläubig gewesen. Eine sorgfältige Prüfung habe sie infolge ihrer Arbeitsüberlastung nicht vornehmen können. Auch seien einzelne Bewilligungen an St. - unstreitig - von Vorgesetzten vorgenommen worden, ohne daß deren Arbeitsverhältnis gekündigt worden wäre. Die Regelung über die Unterschriftsbefugnis sei ihr nie vorgelegt worden. Sie habe auch nichts davon gewußt.
Schließlich seien bei der Beklagten, auch im Sozialamt, eine Vielzahl gegebenenfalls auch minderwertiger Arbeitsplätze vorhanden, auf denen sie ohne besondere Verantwortung zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist weiter beschäftigt werden könne.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien be-
stehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungs-
erklärung der Beklagten vom 12. Februar 1990
nicht beendet worden sei und ungekündigt fortbe-
steht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, aufgrund von § 78 Abs. 4 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 LPVG NW habe sie den Gesamtpersonalrat beteiligen müssen und nicht den Personalrat der Dienststelle "Finanzverwaltung". Wenn der Leiter der einzelnen Dienststelle keine Kündigungsbefugnis habe, sondern diese beim zentralen Personalamt liege, sei der Gesamtpersonalrat zu beteiligen, auch wenn die Maßnahme nicht alle Beschäftigten der Gesamtdienststelle betreffe.
Ein wichtiger Grund für die Kündigung liege vor. Die Tätigkeit der Klägerin, die die Angestelltenprüfung II abgelegt habe, entspreche der Beschäftigung im gehobenen Dienst. Bei einigermaßen sorgfältiger Bearbeitung hätte sie erkennen müssen, daß die bewilligten Leistungen schon vom Bundessozialhilfegesetz nicht vorgesehen seien. Ferner seien die von St. vorgelegten Anträge unschwer als Fälschungen erkennbar gewesen. Als Mitarbeiterin im gehobenen Dienst gehöre es zudem zu den Grundpflichten der Klägerin, sich über den Umfang der Unterschriftsbefugnis kundig zu machen.
Schließlich sei der Vorgesetzte der Klägerin, der ebenfalls einzelne Bewilligungen an St. vorgenommen habe, Beamter. Gegen ihn laufe ebenso ein disziplinarrechtliches Ermittlungsverfahren, wie gegen die Mitarbeiter der Klägerin, welche deren Bewilligungen gegengezeichnet hätten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12. Februar 1990 nicht aufgelöst worden sei und fortbestehe. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung allein deshalb für unwirksam erklärt, weil die Beklagte statt des Personalrates der verselbständigten Dienststelle "Finanzverwaltung" den Gesamtpersonalrat angehört hat. Dem kann nicht gefolgt werden.
I. Die Beklagte hat zu Recht nicht den Personalrat der Dienststelle der Klägerin, sondern den Gesamtpersonalrat angehört.
1. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat ergibt sich aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 1. Halbs., Abs. 3, § 52, § 78 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 LPVG NW. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt aus § 78 Abs. 4 LPVG NW, daß die "entsprechende" Geltung des Absatzes 1 Satz 1 dazu führt, daß anstelle des Wortes "Stufenvertretung" in Abs. 1 Satz 1 das Wort "Gesamtpersonalrat" einzufügen ist, daß sich aber an dem Abgrenzungskriterium "Entscheidungsbefugnis der Dienststelle" nichts ändern soll. Diese Auslegung ist naheliegend, denn sie verändert den Regelungsgehalt von § 78 Abs. 1 LPVG NW nicht. Wenn der Gesetzgeber bei der Zuständigkeitsverteilung zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat (§ 78 Abs. 4) - anders als bei der Zuständigkeitsverteilung zwischen Personalrat und Stufenvertretung (§ 78 Abs. 1 Satz 1) - statt der Entscheidungsbefugnis des Dienststellenleiters nunmehr die Betroffenheit aller Beschäftigten der Gesamtdienststelle zum maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Beteiligung des Gesamtpersonalrats hätte machen wollen, wäre eine andere Fassung des Gesetzes zu erwarten gewesen. Für die vorliegende Auslegung spricht auch, daß § 78 Abs. 4 LPVG NW auf Abs. 2 verweist. Danach ist vor einem Beschluß in Angelegenheiten, die einzelne Beschäftigte oder Dienststellen betreffen, den Personalräten durch den Gesamtpersonalrat Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Auf diese Weise soll erkennbar der größeren Sachnähe des Personalrates einer verselbständigten Dienststelle Rechnung getragen werden. Diese Regelung stünde im Widerspruch zu § 78 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1, wenn man letztgenannte Vorschrift im Sinne der Klägerin interpretiert. Nach Abs. 1 bliebe es dann bei der Zuständigkeit des Personalrates der verselbständigten Dienststelle, während nach Abs. 2 Satz 1 der Gesamtpersonalrat auch dann stets zuständig ist, wenn die (verselbständigte) Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist und die Angelegenheiten nicht alle Bediensteten der Gesamtdienststelle betreffen (so auch Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 7. Juni 1990 - CL 86/88 - PersR 1991, 94).
2. Diesem Auslegungsergebnis widersprechen die von der Klägerin angeführten Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 1984 (- 6 P 8.82 -) und vom 27. Februar 1986 (-6 P 32.82-Buchholz 238.37 § 79 PersVG NW Nr. 3), sowie das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Februar 1982 - 7 AZR 791/79 - AP Nr. 1 zu Art. 77 LPVG Bayern) nicht. Sämtliche Entscheidungen betrafen eine Fallgestaltung, die mit der vorliegenden nicht vergleichbar ist.
a) Der zitierte Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 1984 betraf einen Fall, in dem derjenige, der die personelle Maßnahme verfügt hatte, sowohl Leiter der Gesamtdienststelle war, als auch Leiter der von der personellen Maßnahme ausschließlich betroffenen ( Rest-) Stammdienststelle. Nur in diesem Fall der "Doppelzuständigkeit" hat das Bundesverwaltungsgericht die Anhörung des Gesamtpersonalrates als fehlerhaft erachtet und insoweit auf seine Entscheidung vom 15. August 1983 zu § 83 Satz 1 PersVG Nds. (- 6 P 18.81 - BVerwGE 67, 353) verwiesen, auf die auch die Klägerin in ihrer Revisionserwiderung verweist.
b) Eine "Doppelzuständigkeit" betrafen auch der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 1986 (aa0) und das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Februar 1982 (aa0). Auch in diesen Fällen war der Leiter der Dienststelle, welche von der Maßnahme allein betroffen war, zugleich Gesamtdienststellenleiter.
3. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits, was das Berufungsgericht nicht beachtet hat, in seinem - auch von dem Berufungsgericht zur Grundlage seiner Entscheidung gemachten - Urteil vom 3. Februar 1982 (aa0) zu Art. 77 LPVG Bayern ausdrücklich offengelassen, ob seine Rechtsprechung auch dann Geltung zu beanspruchen habe, wenn die Entscheidungsbefugnis nicht bei dem Leiter der verselbständigten Dienststelle liege, in welcher der betroffene Arbeitnehmer gearbeitet habe.
Sowohl das Bundesarbeitsgericht als auch das Bundesverwaltungsgericht sind zu der Zuständigkeit des Personalrates der verselbständigten Dienststelle in Fällen der Doppelzuständigkeit aufgrund einer an Sinn und Zweck orientierten Interpretation der im Wortlaut nicht so eindeutigen Parallelvorschriften des § 78 Abs. 1 Satz 1 LPVG NW gelangt, nämlich der ihren Entscheidungen jeweils zugrundeliegenden Regelungen des § 83 Abs. 1 PersVG Nds. und des Art. 80 LPVG Bayern.
II. Das Landesarbeitsgericht wird daher in der Sache darüber zu befinden haben, ob die von der Beklagten als Kündigungsgrund angegebenen "gravierenden Leistungsmängel und Versäumnisse" der Klägerin die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für die Beklagte unzumutbar gemacht haben.
Da das Landesarbeitsgericht sich mit der materiellen Rechtslage noch nicht befaßt und keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat, konnte der Senat insoweit nur prüfen, ob die von der Beklagten behaupteten Tatsachen an sich geeignet sind, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen zu können. Dies ist der Fall.
1. Wie sich aus dem schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag der Beklagten in der Verhandlung vor dem Senat ergibt, wirft sie der Klägerin keine vorsätzliche Schlechtleistung, etwa ein böswilliges Zusammenwirken der Klägerin mit dem Antragsteller St. vor. Sie stützt die Kündigung vielmehr auf ein fortgesetztes leichtfertiges und damit grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin.
Nach dem Vortrag der Beklagten ist eine Schlechtleistung der Klägerin zum einen darin zu sehen, daß sie Leistungen an St. bewilligte, die das Bundessozialhilfegesetz gar nicht vorsieht. Außerdem beruft sich die Beklagte auf eine Schlechtleistung des Inhalts, daß die Klägerin die Leistungen im Einzelfall aufgrund der von St. vorgelegten und erkennbar gefälschten Unterlagen ausgezahlt hat. Zudem soll die Klägerin zumindest bei einem Teil der an St. bewilligten Einzelbeträge gegen die hausinterne Regelung über die Unterschriftsberechtigung verstoßen haben. Der unter Zugrundelegung der Behauptung der Beklagten dadurch eingetretene Schaden in Höhe von ca. 41.000,-- DM ist auch als schwerwiegend anzusehen.
2. Liegen die von der Beklagten behaupteten Tatsachen vor, so scheitert eine außerordentliche Kündigung nicht daran, daß die Klägerin bisher nicht abgemahnt worden ist.
a) Schlechtleistungen und unzureichende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers rechtfertigen zwar in der Regel nicht dessen außerordentliche Kündigung. Hier werden die Interessen des Arbeitgebers und des Betriebes im allgemeinen durch den Ausspruch der ordentlichen Kündigung nach vorausgegangener Abmahnung genügend gewahrt, und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer fahrlässig großen Schaden verursacht (LAG Köln Urteil vom 2. Juli 1987 - 3/7 Sa 113/87 - LAGE § 626 BGB Nr. 32; KR-Hillebrecht , 3. Aufl., § 626 BGB Rz 331; Rohlfing/Rewolle/Bader, KSchG, Stand Juni 1991, Anhang 1, BGB § 626 Erl. 3 f aa; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 5. Aufl., Rz 559; Becker-Schaffner in DB 1981, 1775, 1778). Denn grundsätzlich liegt das Risiko der richtigen Auswahl des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber (BAGE 9, 44 = AP Nr. 39 zu § 626 BGB).
b) Dies gilt aber nicht uneingeschränkt für alle möglichen Fallkonstellationen. So kann die außerordentliche Kündigung ausnahmsweise bei bereits einmaligem fahrlässigen Versagen ohne vorausgegangene Abmahnung z.B. zulässig sein, wenn das Versehen eines gehobenen Angestellten, der eine besondere Verantwortung übernommen hat, geeignet war, einen besonders schweren Schaden herbeizuführen und der Arbeitgeber das Seine getan hat, die Möglichkeiten für ein solches Versehen und seine Folgen einzuschränken (BAG Senatsurteil vom 14. Oktober 1965 - 2 AZR 466/64 - AP Nr. 27 zu § 66 BetrVG; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Januar 1987 - 8 U 239/85 - DB 1987, 1099; KR-Hillebrecht, aa0; Stahlhacke/ Preis, aa0; Becker-Schaffner, aa0).
c) Für den vorliegenden Fall ist es beachtlich, daß der Klägerin nicht ein einmaliges, sondern ein fortgesetztes grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird. Nach dem Vortrag der Beklagten soll sie in einem Zeitraum von nahezu fünf Monaten ca. 30 mal, und zwar durchweg in mehrfacher Hinsicht leichtfertig gehandelt und dabei einen Schaden von ca. 41.000,-- DM verursacht haben. Diese nach der Behauptung der Beklagten vorliegende Intensität der fahrlässigen Schlechtleistung könnte die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Ein Angestellter, der innerhalb seines Aufgabenbereiches in finanzieller Hinsicht eine nicht unerhebliche Verantwortung übernommen hat, kann durch wiederholtes fahrlässiges Versagen das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unheilbar zerstören, wenn die Fehlleistung insgesamt einen schweren Schaden herbeigeführt hat (vgl. dazu auch BAGE 9,44 = AP Nr. 39 zu § 626 BGB). Auch diese Voraussetzung ist vorliegend an sich erfüllt.
3. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt. Wußte die Beklagte am 29. Januar 1990 von Tatsachen, die einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ergeben, so ist die vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung zur vollständigen Sachverhaltsaufklärung in der Regel erforderliche Anhörung (BAGE 24, 99 = AP Nr. 2 zu § 626 BGB Ausschlußfrist) am 31. Januar 1990 noch in der gebotenen Eile erfolgt, so daß die Frist des § 626 Abs. 2 BGB erst mit dem Ablauf dieses Tages zu laufen begann. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Anhörung rückblickend keine neuen Tatsachen ergibt (vgl. BAGE 47, 179 = AP Nr. 89 zu § 626 BGB). Aus diesem Grund ist die von der Klägerin behauptete vollständige Kenntnis der Beklagten von den im Kündigungsschreiben genannten Tatsachen am 29. Januar 1990 unerheblich. Die Klägerin behauptet selbst nicht, die Beklagte habe schon vor ihrer Befragung gewußt, daß diese keine neuen Erkenntnisse bringen würde.
Hillebrecht Triebfürst Dr. Ascheid
N. Holst Wisskirchen
Fundstellen