Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplanabfindung bei Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zum Urteil des Senats vom 5. Februar 1997 – 10 AZR 553/96 – (zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Normenkette
BetrVG § 112; BGB § 613a
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 30. April 1996 – 8 Sa 166/96 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung.
Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 1. September 1964 als Maurer in der Sparte Bauwesen in Z. beschäftigt; er hat zuletzt wöchentlich 39 Stunden gearbeitet bei einem Stundenlohn von 22,35 DM brutto.
Die Beklagte wurde am 1. Juli 1992 nach einer Abspaltung von der S. gegründet; Alleingesellschafterin ist die Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte hat die Aufgabe, die zu ihr gehörenden Betriebe und Betriebsteile zu sanieren und dann – soweit möglich – zu veräußern; unveräußerliche Betriebe sollen von der Beklagten stillgelegt werden.
Die Unternehmenssparte Bauwesen der Beklagten hatte Standorte in G., Z., Z., R., B., D. und L.. Die Niederlassungen in B. und L. sowie die Hauptniederlassung in G. wurden Anfang 1995 stillgelegt.
Die Niederlassungen in G., R., B. und Z., die zum 1. April 1993 eingegliedert wurden, hatten zu diesem Zeitpunkt eigene Betriebsräte. Im übrigen gab es bei der Beklagten einen Betriebsrat, der von allen Arbeitnehmern der zur Beklagten gehörenden Niederlassungen gewählt worden war und seinen Sitz bei der Hauptniederlassung in G. hatte.
Mit Wirkung vom 1. März 1995 verkaufte die Beklagte das gesamte zur Niederlassung Z. gehörende Betriebsvermögen einschließlich der Immobilien an die Firma M. GmbH, Z.. Am 28. September 1994 unterrichtete die Beklagte die Belegschaft, darunter auch den Kläger, auf einer Betriebsversammlung über den beabsichtigten Betriebsübergang zum 1. Oktober 1994. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1994 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin. Die Beklagte kündigte sodann das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 25. Oktober 1994 zum 30. April 1995 aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger hat die Kündigung nicht gerichtlich angegriffen.
Die Geschäftsführung der Beklagten und die Betriebsräte der Sparte Bauwesen haben am 23. April 1993 für die Geschäftsbereiche der Sparte Bauwesen einen Sozialplan abgeschlossen, der u.a. folgende Regelungen enthält:
„Zum Ausgleich oder zur Milderung auftretender wirtschaftlicher Nachteile für die Belegschaft der Sparte Bauwesen durch die Betriebsänderung gemäß §§ 111 ff. Betriebsverfassungsgesetz wird folgender Sozialplan abgeschlossen, der zugunsten der betroffenen Mitarbeiter folgende Regelungen beinhaltet:
§ 1
Geltungsbereich
1. Der Sozialplan gilt für alle unter das Betriebsverfassungsgesetz fallenden Mitarbeiter der Sparte Bauwesen, insbesondere der Geschäftsbereiche Hoch- und Tiefbau, Industriemontage, Baumaschinen, Verkehrsbau, Baustoffe/Vorprodukte, SF-Bau, Bauträger, O. GmbH, denen aus Anlaß der genannten Betriebsänderung wirtschaftliche Nachteile entstehen.
…
3. Jeder Mitarbeiter, der das Arbeitsverhältnis durch einen vom Arbeitgeber angebotenen Aufhebungsvertrag beendet, erhält ebenfalls eine Abfindung nach den Regelungen des Sozialplanes.
Vom Geltungsbereich ausgenommen sind:
…
– Mitarbeiter, die einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz (§ 3 des Sozialplanes) ablehnen.
§ 2
Versetzung innerhalb der D. GmbH
Mitarbeiter, denen wegen des Wegfalls ihres Arbeitsplatzes eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betriebsteil, an einem anderen Ort, in einer anderen Struktureinheit der D GmbH, einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft bzw. Konzerngesellschaft angeboten wird, haben Anspruch auf folgende Leistungen:
…
9. Kündigung nach erfolgter Versetzung
Wird ein Mitarbeiter innerhalb von 6 Monaten nach erfolgter Versetzung betriebsbedingt gekündigt, so hat er Anspruch auf die Leistungen des Sozialplanes.
Mitarbeiter, die innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach der Versetzung aus Gründen, die in der nachweislich nicht mehr gegebenen Zumutbarkeit liegen, kündigen, haben Anspruch auf Leistungen des Sozialplanes.
Bereits erhaltene Leistungen aus dem Sozialplan werden angerechnet.
§ 3
Zumutbarkeit
Die Zumutbarkeit eines gemäß § 2 angebotenen Arbeitsplatzes muß in funktioneller, materieller, zeitlicher, räumlicher, gesundheitlicher und sozialer Hinsicht gegeben sein.
…
2. Materielle Zumutbarkeit
Die materielle Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die Verdienstmöglichkeiten am neuen Arbeitsplatz denen des bisherigen Verdienstes entsprechen.
Eine Versetzung, die mit einer Abgruppierung bzw. einer Lohnminderung verbunden ist, ist in Verbindung mit § 2 (2) zumutbar, wenn der Verdienst am neuen Arbeitsplatz mindestens 85 % des bisherigen Verdienstes entspricht.
…
6. Soziale Zumutbarkeit
…
Akzeptiert ein Mitarbeiter einen nach diesen Kriterien für ihn nicht zumutbaren Arbeitsplatz, so gelten für ihn die Bestimmungen des § 2. Innerhalb einer Frist von 3 Monaten kann der Mitarbeiter unter Zahlung einer Abfindung gemäß §§ 5 und 6 ausscheiden, wobei bereits erhaltene Leistungen aus dem Sozialplan angerechnet werden.
§ 4
Unterstützung bei einer beruflichen Qualifikation
Wenn die Versetzung eines Mitarbeiters auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb der D GmbH durch eine Qualifizierungsmaßnahme erreicht oder erleichtert werden kann, wird dem Mitarbeiter eine entsprechende Umschulung oder Fortbildung angeboten,
…
§ 5
Abfindungen
Mitarbeiter, die im Rahmen dieses Sozialplanes ausscheiden, erhalten – unter Beachtung von § 1 – eine Abfindung gemäß der nachstehenden Regelung:
…
§ 7
Inkrafttreten
Der Sozialplan einschließlich seiner Anlage (Zuordnung der Bereiche IMO) tritt am 01.04.1993 in Kraft. Er läuft bis zum 31.12.1994 und kann anschließend unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende gekündigt werden.
…”
Der Kläger verlangt die Abfindung nach § 5 des Sozialplans. Er ist der Auffassung, ihm sei im Rahmen einer Betriebsänderung betriebsbedingt gekündigt worden. Von den 120 Arbeitnehmern in der Niederlassung Z. hätten dem Betriebsübergang insgesamt 34 Arbeitnehmer widersprochen; die anschließenden betriebsbedingten Kündigungen dieser 34 Arbeitnehmer stellten eine Betriebsänderung dar, weil es sich dabei um Massenkündigungen im Sinne von § 17 KSchG handele. Der Kläger meint, er könne die Abfindung nach dem Sozialplan verlangen, da dieser solche Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang widersprechen, nicht von Abfindungszahlungen ausnehme. Außerdem habe der Kläger sachliche Gründe für seinen Widerspruch gehabt, da die bei der Beklagten geltenden Haustarife vom Betriebserwerber nicht angewandt worden wären und dieser die nach dem Haustarifvertrag vorgesehene Lohnerhöhung nicht zahlen wollte.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 47.607,35 DM netto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei nicht im Rahmen einer Betriebsänderung ausgeschieden; für sein Ausscheiden sei allein sein Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses als Folge des Betriebsübergangs ursächlich gewesen. Der Kläger habe auch keinen sachlichen Grund für seinen Widerspruch gehabt, insbesondere habe der Betriebserwerber sich nicht geweigert, die fällige Tariflohnerhöhung zu gewähren.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Abfindung aus dem Sozialplan vom 23. April 1993. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, zwar finde der Sozialplan vom 23. April 1993 für die Geschäftsbereiche der Sparte Bauwesen der Beklagten auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung; der Betriebsrat der Hauptniederlassung in G. sei auch für die in der Niederlassung Z. beschäftigten Arbeitnehmer zuständig gewesen, weil er auch von diesen Mitarbeitern gewählt worden sei. Der Sozialplan vom 23. April 1993 schließe aber Abfindungsansprüche des Klägers aus, weil dieser dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber ohne triftigen Grund widersprochen und damit einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz i.S.v. § 1 Nr. 3 6. Spiegelstrich des Sozialplans abgelehnt habe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob nach den massenhaften Widersprüchen der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse wegen des Betriebsübergangs eine Betriebsänderung in der Form einer Betriebsstillegung durchgeführt worden sei.
Die Auslegung des Sozialplans insbesondere unter Berücksichtigung von dessen Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck der Abfindungszahlung ergebe, daß Abfindungszahlungen nur für den Fall vorgesehen seien, daß die wirtschaftlichen Nachteile aufgrund der Betriebsänderung nicht in anderer Weise verhindert werden könnten. Dies entspreche auch § 112 Abs. 5 BetrVG, wonach solche Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ausgenommen werden sollen, die einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnen. Im Falle eines Betriebsübergangs werde regelmäßig ein neues zumutbares Arbeitsverhältnis zu dem Betriebserwerber geschaffen, da der Inhalt des Arbeitsverhältnisses durch § 613 a Abs. 1 BGB geschützt sei. Der Ausschlußtatbestand des § 112 Abs. 5 Nr. 2 BetrVG gelte daher auch dann, wenn ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Wege eines Betriebsübergangs ohne triftigen Grund widerspreche, weil auch in diesem Fall für den Arbeitnehmer eine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestehe. Dementsprechend habe auch das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 10. November 1993 – 4 AZR 184/93 – AP Nr. 43 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel) entschieden, daß die Tarifvertragsparteien befugt sind, Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber widersprochen haben und denen deshalb gekündigt werden muß, von Abfindungsansprüchen auszuschließen. Vom Sinn und Zweck der Sozialplanleistungen her, nämlich die wirtschaftlichen Nachteile infolge einer Betriebsänderung zu mildern, erscheine es geradezu unbillig, Arbeitnehmern, die ohne triftigen Grund dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprochen haben, eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen.
Da die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprechenden Arbeitnehmer somit bereits nach § 1 Nr. 3 6. Spiegelstrich des Sozialplans vom 23. April 1993 von dessen Geltungsbereich ausgenommen seien, sei es unschädlich, daß die Betriebspartner im Sozialplan keine ausdrückliche Regelung getroffen haben, wie Arbeitnehmer zu behandeln sind, die einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Wege des Betriebsübergangs widersprechen.
Da der Arbeitnehmer nach § 613 a Abs. 1 BGB beim Betriebserwerber zu den bisherigen Arbeitsbedingungen hätte weiterarbeiten können, wäre diese Weiterarbeit auch zumutbar i.S.v. § 3 des Sozialplans gewesen. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Arbeitnehmer einen triftigen Grund für seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gehabt hätte, also z.B. ein zumutbarer anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung gestanden hätte. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben; dabei seien objektive Kriterien zugrunde zu legen. Gründe für eine mangelnde Zahlungsfähigkeit des Betriebserwerbers oder ähnlich erhebliche Umstände seien nicht erkennbar.
Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung seiner Entscheidung.
II. Dem Kläger steht eine Abfindung aus dem Sozialplan vom 23. April 1993 nicht zu; der Sozialplan erfaßt den Kläger nicht. Der Sozialplan sieht eine Abfindung für solche Arbeitnehmer vor, denen aus Anlaß einer Betriebsänderung wirtschaftliche Nachteile entstehen; im Sozialplan sind aber solche Arbeitnehmer von seinem Geltungsbereich ausgenommen, die einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnen (§ 1 Nr. 3 6. Spiegelstrich).
1. Unabhängig davon, ob der Kläger aus Anlaß einer Betriebsänderung seinen Arbeitsplatz verloren hat und dadurch wirtschaftliche Nachteile erleidet oder nicht, ist er bereits dann aus dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 23. April 1993 ausgenommen, wenn er i.S.v. § 1 Nr. 3 6. Spiegelstrich des Sozialplans einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz abgelehnt hat. Diese Voraussetzung ist gegeben.
Durch seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses im Wege des Betriebsübergangs auf die Firma M. GmbH hat der Kläger einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz i.S.v. § 1 Nr. 3 6. Spiegelstrich abgelehnt. Aus der Auslegung des Sozialplans folgt, daß ein ohne triftigen Grund erklärter Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Wege des Betriebsübergangs dem Fall gleichzustellen ist, daß der Arbeitnehmer einen ihm angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnt.
Sozialpläne sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wie Tarifverträge auszulegen (BAG Urteile vom 31. Juli 1996 – 10 AZR 697/95 –, n.v.; vom 16. März 1994 – 10 AZR 606/93 – AP Nr. 75 zu § 112 BetrVG 1972). Maßgeblich ist dabei auf den im Wortlaut der Betriebsvereinbarung über den Sozialplan zum Ausdruck kommenden Willen der Betriebspartner abzustellen und auf den beabsichtigten Sinn und Zweck, soweit diese in den Regelungen der Betriebsvereinbarung ihren Niederschlag gefunden haben. Zu berücksichtigen ist weiter der Gesamtzusammenhang der Regelung, der häufig schon deswegen einzubeziehen ist, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen und nur so der Sinn und Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden kann (BAG Urteile vom 28. Oktober 1992 – 10 AZR 129/92 – AP Nr. 66 zu § 112 BetrVG 1972; vom 28. April 1993 – 10 AZR 222/92 – AP Nr. 67 zu § 112 BetrVG 1972).
Nach diesen Auslegungsgrundsätzen, insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang und dem Sinn und Zweck einer Sozialplanregelung zur Milderung der aus einer Betriebsänderung folgenden wirtschaftlichen Nachteile ergibt sich, daß derjenige Arbeitnehmer, der ohne triftigen Grund dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Wege des Betriebsübergangs auf einen Betriebserwerber widerspricht, nach § 1 Nr. 3 6. Spiegelstrich des Sozialplans vom 23. April 1993 von dessen Geltungsbereich ausgenommen ist. Ein Abfindungsanspruch kann daher aus dem Sozialplan nicht hergeleitet werden.
Im Falle eines Betriebsübergangs geht nach § 613 a BGB das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf den Betriebserwerber über. Werden die Arbeitsbedingungen bei dem neuen Betriebsinhaber nicht durch einen anderen Tarifvertrag geregelt, so wird der bisher angewandte Tarifvertrag Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber; die daraus folgenden Rechte des Arbeitnehmers dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Betriebsübergang zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB).
Im Falle eines Betriebsübergangs ist daher davon auszugehen, daß der betroffene Arbeitnehmer auf einem zumutbaren Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann; für die Zumutbarkeit spricht insbesondere, daß dem Arbeitnehmer sein bisher innegehabter Arbeitsplatz in dem identischen Betrieb erhalten bleibt. Zweifel an der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sind nicht angebracht (Schlachter, NZA 1995, 709, 710; Henssler, NZA 1994, 913, 922; Neef, NZA 1994, 97, 101; Bauer, DB 1994, 217, 220; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., §§ 112, 112 a Rz 105).
Der Umstand, daß der Betrieb durch den Übergang nunmehr einen anderen Inhaber, den Betriebserwerber, hat, rechtfertigt nicht die Annahme der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung auf diesem Arbeitsplatz. Der Betriebserwerber hat nach § 613 a BGB den Arbeitnehmern gegenüber die gleichen Verpflichtungen wie der bisherige Betriebsinhaber. Die bisherigen Arbeitsbedingungen werden Inhalt des Arbeitsverhältnisses und sind in der Regel für ein Jahr vor nachteiligen Veränderungen geschützt.
Aber auch dann, wenn die Arbeitsverhältnisse beim Betriebserwerber gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen anderen – ungünstigeren – Tarifvertrag geregelt werden, wird dadurch der Arbeitsplatz beim Betriebserwerber noch nicht unzumutbar. Einmal erreichte Arbeitsbedingungen sind nicht auf Dauer garantiert. Auch der bisherige Betriebsinhaber könnte durch Verbandsaustritt und Eintritt in einen anderen Arbeitgeberverband die Tarifbindung ändern und die Geltung anderer Tarifverträge herbeiführen bzw. durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat andere Rechtsgrundlagen für die Arbeitsbedingungen schaffen.
Die gesetzliche Regelung des Betriebsüberganges mutet dem Arbeitnehmer im Interesse des Erhalts des Arbeitsplatzes Nachteile aufgrund einer beim Betriebserwerber geltenden tariflichen Regelung zu. Diese gehören ebenso wie diejenigen Nachteile, die sich daraus ergeben können, daß der Betriebserwerber wirtschaftlich schwach oder in den ersten 4 Jahren nach seiner Gründung nach § 112 a Abs. 2 BetrVG von der Sozialplanpflicht ausgenommen ist (siehe dazu Beschluß des Ersten Senats vom 10. Dezember 1996 – 1 ABR 32/96 – zur Veröffentlichung vorgesehen), nicht zu den berücksichtigungsfähigen Nachteilen, zu deren Ausgleich oder Milderung der Sozialplan bestimmt ist.
§ 3 des Sozialplans geht von keinem anderen Begriff der Zumutbarkeit aus. Nach dieser Vorschrift muß die Zumutbarkeit des anderen Arbeitsplatzes in funktioneller, materieller, zeitlicher, räumlicher, gesundheitlicher und sozialer Hinsicht gegeben sein. Diese Voraussetzungen sind bei der Weiterbeschäftigung des Klägers auf seinem bisherigen Arbeitsplatz mit allen bisherigen Rechten und Pflichten (§ 613 a BGB) gegeben.
Der Arbeitsplatz beim Betriebserwerber war damit für den Kläger zumutbar.
Dieser Arbeitsplatz ist dem Kläger auch angeboten worden. Ihm ist mitgeteilt worden, daß der Betrieb auf einen neuen Inhaber übergeht und sein Arbeitsverhältnis daher erhalten bleibt. Daß § 1 Nr. 3 6. Spiegelstrich des Sozialplans von einem anderen angebotenen Arbeitsplatz spricht, steht dem nicht entgegen. Wenn schon die Weiterarbeit auf einem anderen Arbeitsplatz zumutbar sein kann, muß dies im Sinne des Sozialplans erst recht die Weiterarbeit auf demselben Arbeitsplatz sein.
2. Die Ausnahme von Arbeitnehmern aus dem Geltungsbereich des Sozialplans, die einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnen, ist zulässig. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist für die Tarifvertragsparteien anerkannt, daß diese Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber widersprochen haben und denen deshalb gekündigt werden muß, von Abfindungsansprüchen ausschließen können (BAG Urteil vom 10. November 1993 – 4 AZR 184/93 – AP Nr. 43 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dieser Entscheidung ausgeführt, daß ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz aufgrund eines Betriebsübergangs an sich erhalten werden konnte, mit seinem Widerspruch den Verlust des Arbeitsverhältnisses bewußt in Kauf nehme; es verstoße daher nicht gegen höherrangiges Recht, wenn der Arbeitnehmer, der freiwillig durch Widerspruch auf seinen bisherigen Arbeitsplatz verzichtet, von der tarifvertraglichen Abfindung ausgenommen werde. Unter den besonderen Bedingungen im Beitrittsgebiet sei es nicht zu beanstanden, solche Arbeitnehmer, die den ihnen an sich erhaltenen Arbeitsplatz nicht in Anspruch nehmen wollen, grundsätzlich von jedem Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile wegen des Arbeitsplatzverlustes auszunehmen. Zwar stehe es dem Arbeitnehmer bei einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang frei, sich für oder gegen die Beibehaltung des bisherigen Arbeitsplatzes zu entscheiden (BAG Urteil vom 7. April 1993 – 2 AZR 449/91 (B) – AP Nr. 22 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; EuGH Urteil vom 16. Dezember 1992 – Rs C-132/91 – AP Nr. 97 zu § 613 a BGB); daraus folge aber nicht, daß das aufgrund der freien Entscheidung des Arbeitnehmers erhalten gebliebene Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer ebenso behandelt werden müsse wie das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, der die Möglichkeit nicht hatte, sein Arbeitsverhältnis mit einem Betriebserwerber fortzusetzen.
Diese Grundsätze gelten auch für die Betriebspartner bei der Aufstellung eines Sozialplans.
3. Dem Kläger steht somit der mit der Klage geltend gemachte Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan vom 23. April 1993 bereits deswegen nicht zu, weil er einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz ausgeschlagen hat und damit vom Geltungsbereich des Sozialplans ausgeschlossen ist.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Veräußerung der Niederlassung Z. überhaupt eine „Betriebsänderung” im Sinne des Sozialplans ist und dieser auch für die Arbeitnehmer dieser Niederlassung gilt.
Nicht zu entscheiden war auch die Frage, was zu gelten hat, wenn eine Weiterarbeit beim Betriebserwerber aus besonderen Gründen unzumutbar ist und die Arbeitnehmer dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse gerade deswegen widersprechen.
Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Hromadka, N. Schuster
Fundstellen