Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme an Betriebsratsschulungen. mittelbare/unmittelbare Diskriminierung
Leitsatz (redaktionell)
vgl. Senatsurteil vom gleichen Tag – 7 AZR 581/92 – Lewark – zur Veröffentlichung bestimmt
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 2-3, 6; EGVtr Art. 119; EWGRL 117/75 des Rates der europäischen Gemeinschaften
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 3. Januar 1996 – 3 Ca 712/95 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ausgleichsansprüche aus Anlaß einer Betriebsratsschulung.
Der Kläger ist bei der Beklagten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 Stunden beschäftigt. Sein Stundenlohn beträgt 18,30 DM brutto. Er gehört dem aus neun Mitgliedern bestehenden Betriebsrat an.
Der Kläger nahm vom 10. bis 22. April 1994 nach einem entsprechenden Betriebsratsbeschluß an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG teil. Die Schulungszeit betrug insgesamt 94 Stunden. Für die Zeit der Schulungsteilnahme leistete die Beklagte die vereinbarte Arbeitsvergütung, wobei sie die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 16 Wochenstunden zugrunde legte.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch die Aufwendung seiner Freizeit aus Anlaß der Schulungsteilnahme habe er einen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch auf Ausgleich in Geld oder bezahlter Freizeit. Darüber hinaus verletze die Verweigerung von Ausgleichsansprüchen das gemeinschaftsrechtliche Lohngleichheitsgebot.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.134,60 DM brutto nebst 4 % Nettobetrags Zinsen seit 1. Mai 1994 zu zahlen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 62 Stunden Freistellung für die Schulungsveranstaltung in der Zeit vom 10. April bis 25. April 1994 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und den im Berufungsrechtszug erhobenen Hilfsantrag auf Gewährung von bezahltem Freizeitausgleich abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine zweitinstanzlichen Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat weder nach § 37 BetrVG noch nach Art. 119 EGV einen Anspruch auf Entgelt oder bezahlte Freistellung.
1. Der Anspruch des Klägers folgt nicht aus § 37 BetrVG.
a) Nach § 37 Abs. 6 i.V.m. § 37 Abs. 2 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied für die Zeit der Teilnahme an einer erforderlichen Schulungsveranstaltung Anspruch auf bezahlte Freistellung von seiner nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistung. Dieser Anspruch des Klägers ist durch Erfüllung erloschen (§ 362 BGB). Die Beklagte hat das Entgelt für insgesamt 32 Wochenstunden gezahlt.
b) Für die darüber hinaus geltend gemachten Wochenstunden, die der Kläger in seiner arbeitsfreien Zeit für den Schulungsbesuch aufgewendet hat, kann er auch nicht hilfsweise Freizeitausgleich nach § 37 Abs. 3 BetrVG verlangen (BAG Urteil vom 18. September 1973 – 1 AZR 102/73 – BAGE 25, 305 = AP Nr. 3 zu § 37 BetrVG 1972, zu 3 der Gründe, mit Anm. Weiss; Urteil vom 19. Juli 1977 – 1 AZR 302/74 – AP Nr. 31 zu § 37 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe; Urteil vom 27. Juli 1990 – 7 AZR 292/89 – BAGE 65, 238 = AP Nr. 76 zu § 37 BetrVG 1972, zu II 1 der Gründe). Diese Vorschrift sieht zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, einen Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts vor. Bei den betriebsbedingten Gründen muß es sich um solche handeln, die sich aus der Eigenart des Betriebs oder seinen Abläufen ergeben (BAG Urteil vom 15. Februar 1989 – 7 AZR 193/88 – AP Nr. 70 zu § 37 BetrVG 1972; Urteil vom 27. Juni 1990 – 7 AZR 292/89 – BAGE 65, 238 = AP Nr. 76 zu § 37 BetrVG 1972; Beschluß vom 20. Oktober 1993 – 7 AZR 581/92 (A) – BAGE 74, 351 = AP Nr. 90 zu § 37 BetrVG 1972). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltung wurde ausschließlich vom Schulungsträger festgelegt.
2. Der Kläger kann die geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf Art. 119 EGV und die Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der Grundsätze des gleichen Entgelts für Männer und Frauen vom 10. Februar 1975 (RL 75/117/EWG) stützen. Der Ausschluß von Ausgleichsansprüchen für teilzeitbeschäftigte Frauen, die als Betriebsratsmitglieder Zeiten außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit für die Teilnahme an erforderlichen Betriebsratsschulungen aufwenden, verletzt nicht das gemeinschaftsrechtliche Lohngleichheitsgebot (BAG Urteil vom 5. März 1997 – 7 AZR 581/92 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob sich die Rechtsfolgen einer nach Art. 119 EGV mittelbar diskriminierenden Versagung von Ausgleichsansprüchen auch zugunsten der männlichen teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieder auswirken können.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Schmidt, Stappert, Hökenschnieder
Fundstellen