Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsrechtlicher Status einer Fernsehmitarbeiterin
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.05.1993; Aktenzeichen 3 Sa 29/93) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 02.12.1992; Aktenzeichen 18 Ca 1898/92) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. Mai 1993 – 3 Sa 29/93 – aufgehoben.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 2. Dezember 1992 – 18 Ca 1898/92 – wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Klägerin – nach ihrer Behauptung Mitglied der IG-Medien – arbeitet mindestens seit dem 1. Januar 1991 für die Redaktion „Nachrichten Baden-Württemberg” der Beklagten. Diese Redaktion ist eine von vier Redaktionen, die der im Jahr 1991 geschaffenen Hauptabteilung „Landesprogramm Baden-Württemberg” zugeordnet wurden. Für sie sind fünf Angestellte und etwa 26 nach Ansicht der Beklagten freie Mitarbeiter tätig. Sie ist zuständig für die Nachrichtensendungen „Landesschau”, „Abendschau-News”, „Südwest aktuell” und „Schlagzeilen”.
Nach einer Zusammenstellung der Beklagten wurde die Klägerin 1991 wie folgt eingesetzt:
Redaktion |
18 Wochen |
EURO-B |
7 Wochen |
EURO-A |
4 Wochen |
Fotoarchiv/EURO-Archiv |
4 Wochen |
Wort/SWA/ASN |
4 Wochen |
Wort/SWA |
2 Wochen |
Red./ASN/SWA |
1 Woche |
Red./Wetter/LS |
2 Wochen |
Rep(orter) d(er) Wo(che) |
1 Woche |
Nach einer weiteren Aufstellung der Beklagten arbeitete die Klägerin 1991 monatlich einschließlich der Urlaubstage 17–26 Tage.
Für die verschiedenen Dienste der Nachrichtenredaktion werden – meist für sechs Wochen – im voraus Dienstpläne erstellt.
Ein „an die Kolleginnen und Kollegen der FS-Nachrichten-Redaktion” gerichtetes Schreiben vom 9. Januar 1991 lautet:
„…
hier nun einige Änderungen im organisatorischen Ablauf innerhalb unserer Redaktion:
Die Funktionen „Abnahme Land” und „Abnahme Welt” entfallen künftig, die ABENDSCHAU-Nachrichten, die LANDESSCHAU und SÜDWEST AKTUELL bekommen ab sofort jeweils einen eigenen Abnahme-Redakteur.
Der Abnahme-Redakteur der ABENDSCHAU-Nachrichten hilft nach der Sendung bei Bedarf noch dem Abnahme-Redakteur der LANDESSCHAU aus. Zusätzlich gibt es neben dem CvD-AS'Nachrichten noch einen Redakteur für diese Sendung, der dem CvD zuarbeitet.
Aus guten Gründen nochmals ausdrücklich der Hinweis, daß der Dienstplan verbindlich ist und Änderungen erst mit mir und im Falle meiner Abwesenheit mit Herrn B. abgesprochen werden müssen. Selbstverständlich ist, daß jeder der Tätigkeit nachgeht, wie sie im Dienstplan fixiert ist. Auch die Kompetenzen sind eindeutig geregelt und Dauerdiskussionen von den CvD's rechtzeitig vor der Sendung zu beenden.”
Eine „Anlage zum Dienstplan” vom 19. April 1991 lautet auszugsweise:
„Neu im Dienstplan ist die Position Redakteur vom Dienst bei Südwest Aktuell. Dieser Dienst soll wie besprochen in erster Linie der längerfristigen Planung von Südwest Aktuell dienen und über den Tag hinaus Beiträge vorbereiten (sowohl eigene Beiträge als auch von Korrespondenten). Gestrichen ist dagegen die Position Redaktion Abendschau News/Südwest Aktuell. Dieser Dienst ist momentan nicht mehr notwendig, die CvD's der einzelnen Sendungen können jedoch Kollegen dazu verpflichten, bei ihnen mitzuhelfen, falls Bedarf besteht.”
In einem Schreiben „an alle Mitarbeiter der Landesschau” vom 22. August 1991 heißt es:
„…
ich möchte Ihnen auf diesem Weg schriftlich zur Kenntnis bringen, was die Planungsgruppe in der Landesschau über die weitere Arbeit in dieser Redaktion beschlossen hat: Die Themen-Konferenz für den laufenden Tag, sowie die Kritik vom Tag zuvor wird künftig (d.h. ab 02. September 91) um 11.30 Uhr stattfinden. Die Teilnahme für alle, die unter Redaktion oder Moderation und Abnahme eingetragen sind, ist verbindlich.
…
Um es noch einmal festzuhalten: die Teilnahme ist für alle, die nicht bereits auf Dreh sind, verbindlich. Nach der Sitzung, die normalerweise nicht über 30 Minuten gehen sollte, kann dann ja eine längere Mittagspause genommen werden.”
Ein weiteres Schreiben vom 4. Oktober 1991 lautet auszugsweise:
„…
bei den Wochenendsendungen ändert sich einiges:
1. Die Schlagzeilen um 18.30 Uhr enthalten künftig auch samstags die Wetterkarte Baden-Württemberg und werden deshalb auf 3'30 verlängert (wie sonntags).
Das AS-Wetter nach „EBBES” gibt es nicht mehr. Stattdessen kommt nach „EBBES” ein Treffpunkt-Trailer, um den sich die Nachrichtenredaktion nicht zu kümmern braucht, (wird vom Treffpunkt nach Baden-Baden überspielt).”
In einem „an die Kolleginnen und Kollegen der FS-Nachrichten-Redaktion” gerichteten Schreiben vom 24. Januar 1992 heißt es:
„Als Ergänzung zum Dienstplan möchte ich die neue Wochenend-Regelung noch einmal festhalten.
Samstags macht das LANDES SCHAU-TEAM, verstärkt durch die beiden Euro-Dienste, die SCHLAGZEILEN um 18.30 Uhr, die LANDESSCHAU und – wenn der SDR dran ist – auch die Sendung AKTUELL um 21.45/22.00 Uhr. In der Anfangsphase (bis Ende Februar) kommt auch noch der CvD von SÜDWEST AKTUELL dazu.
Dienstbeginn ist für das Redaktions-Team (ohne Reporter): …”
Die Beklagte behandelt die Klägerin als sogenannte feste freie Mitarbeiterin gemäß den mit ihr abgeschlossenen Tarifverträgen für arbeitnehmerähnliche Personen. Die Klägerin erhält „Honorare”, die nach Art und Anzahl der geleisteten Dienste errechnet werden. Sie hat Anspruch auf Urlaub und auf Zahlungen im Krankheitsfall.
Ein „an alle Kolleginnen und Kollegen der Fernseh-Nachrichtenredaktion” gerichtetes Schreiben vom 5. Mai 1992 lautet auszugsweise:
„…
um mögliche Engpässe bei der Dienstplanung vermeiden zu können, bitte ich noch einmal, mir die Urlaubswünsche für Sommer und Herbst bis zum 15. Mai mitzuteilen.
Ich gehe davon aus, daß alle, die sich bis dahin nicht gemeldet haben, für Dienste eingeteilt werden können.
Außerdem bitte ich künftig auch bei kürzerer Abwesenheit (verlängertes Wochenende, Fortbildung) und bei kurzfristigen Terminen um schriftliche Mitteilung.”
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei Arbeitnehmerin der Beklagten. Sie erbringe ihre Arbeitsleistung nach festen Arbeitszeiten im Team, in den Räumen und mit den Arbeitsmitteln der Beklagten. Deren Weisungsrecht ergebe sich aus der Erstellung der Dienstpläne und einer Vielzahl von Schreiben, die als Dienstanweisungen anzusehen seien. Bei der Erstellung der Dienstpläne werde zwar im allgemeinen auf Urlaubswünsche Rücksicht genommen, im übrigen habe sie auf deren Ausgestaltung aber keinen Einfluß. Nur theoretisch bestehe die Möglichkeit, Dienste, zu denen sie eingeteilt worden sei, abzulehnen. Das hätte aber zwangsläufig zur Folge, daß die Beklagte sie nicht weiterbeschäftigen würde.
Die Klägerin hat – soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse – beantragt
festzustellen, daß sie sich bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis befindet.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei freie Mitarbeiterin. Dazu hat sie vorgetragen: Die Klägerin könne Art und Umfang ihrer Tätigkeit selbst bestimmen. Eine rechtliche Verpflichtung, ihr in bestimmtem zeitlichen Umfang zur Verfügung zu stehen, bestehe nicht. Insbesondere könne die Klägerin frei darüber entscheiden, welche der ihr im Dienstplanentwurf angebotenen Dienste sie annehmen wolle. Ein Direktionsrecht gebe es in diesem Zusammenhang nicht; vielmehr würden die Dienstpläne nach den Wünschen und Vorstellungen der Mitarbeiter erstellt. Die Mitarbeiter tauschten in großem Umfang Dienste untereinander und vereinbarten noch nachträglich mit ihr. der Beklagten, neue und andere Dienste. Die Klägerin entscheide frei, welche Tätigkeit sie übernehmen wolle. Habe sie sich aber einmal zu einer bestimmten Tätigkeit entschlossen, müsse sie sich auch an die durch die Herstellung der Sendung vorgegebenen Zwangspunkte halten. Die Beklagte hat sich weiter auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Rundfunkfreiheit berufen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer durch Beschluß vom 15. Dezember 1993 zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
A. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag der Klägerin dahin ausgelegt, daß er die Zeit ab 1. Januar 1992 und alle seither für die Beklagte geleisteten Dienste umfaßt. Dieser Auslegung, die in der Revisionsinstanz nicht angegriffen worden ist, schließt sich der Senat an.
Der Feststellungsantrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Für das Feststellungsinteresse ist unschädlich, daß die Klägerin ihre Klage auf die Statusbeurteilung beschränkt und weitere Umstände, etwa den zeitlichen Umfang, in dem sie zu beschäftigen ist, nicht zum Streitgegenstand gemacht hat (BAG Urteil vom 20. Juli 1994 – 5 AZR 169/93 – AP Nr. 26 zu § 256 ZPO 1977 = EzA § 256 ZPO Nr. 43).
B. Zwischen den Parteien besteht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ein Arbeitsverhältnis.
I. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis einer freien Mitarbeiterin durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich die zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils befindet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, der auch das Landesarbeitsgericht gefolgt ist, sind die dazu entwickelten Grundsätze auch im Bereich Funk und Fernsehen maßgebend (vgl. das ebenfalls einen Mitarbeiter der Beklagten betreffende Urteil vom 20. Juli 1994 – 5 AZR 627/93 – AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit = EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 54 und Urteil vom 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
1. Programmgestaltende Mitarbeit wie die der Klägerin kann sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, als auch im Rahmen von freien Mitarbeiterverhältnissen erbracht werden.
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern ein Arbeitsverhältnis zu bejahen, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann (BAG, a.a.O.). Das ist dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluß gesonderter Vereinbarungen zur Arbeit herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich „zugewiesen” werden. Die ständige Dienstbereitschaft kann sich sowohl aus den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen der Parteien als auch aus der praktischen Durchführung der Vertragsbeziehungen ergeben. Äußere Umstände, wie ein „eigener” Schreibtisch, ein „eigenes” Arbeitszimmer oder die Aufnahme in ein internes Telefonverzeichnis sind für sich genommen nicht entscheidend. Wird der Mitarbeiter dagegen in Dienstplänen aufgeführt, ohne daß die einzelnen Einsätze im voraus abgesprochen werden, so ist dies ein starkes Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
2. Die einseitige Aufstellung von Dienstplänen ist regelmäßig nur dann sinnvoll, wenn Dienstbereitschaft der darin aufgenommenen Beschäftigten erwartet werden kann (BAG, a.a.O.). Vielfach wird den Mitarbeitern erklärt, sie seien nicht verpflichtet, die vorgesehenen Einsätze wahrzunehmen, die Dienstpläne seien also unverbindlich oder träten erst dann in Kraft, wenn ihnen die eingesetzten Mitarbeiter nicht widersprächen. Diese Auffassung läuft darauf hinaus, vertragliche Vereinbarungen über die im Dienstplan vorgesehenen Einsätze kämen erst zustande, wenn die Mitarbeiter nicht widersprächen. Das ist lebensfremd. Die Mitarbeiter leisten die vorgesehenen Einsätze, weil sie im Dienstplan vorgesehen sind und nicht, weil sie in jedem Einzelfall vertragliche Vereinbarungen abschließen. Bereits in seinem Urteil vom 3. Oktober 1975 (– 5 AZR 427/74 – AP Nr. 16 zu § 611 BGB Abhängigkeit) hat der Senat ausgeführt, daß die Aufstellung von Dienstplänen auch dann ein Indiz für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist, wenn die Betreffenden ihr Erscheinen zu den vorgesehenen Terminen jeweils durch ein Kreuz hinter ihrem Namen zu bestätigen haben.
Das den Mitarbeitern eingeräumte Recht, einzelne Einsätze abzulehnen oder zu tauschen, ändert daran nichts. In vielen Bereichen ist es üblich, daß der Arbeitgeber auf derartige Wünsche seiner Arbeitnehmer eingeht. Wer einseitig Dienstpläne aufstellt, die tatsächlich im wesentlichen eingehalten werden, und gleichzeitig erklärt, diese seien unverbindlich, verhält sich im Regelfall widersprüchlich. Entscheidend ist dann das tatsächliche Verhalten, also die Verfügung über die Arbeitskraft der Mitarbeiter nach Maßgabe der Dienstpläne.
II. Hieran gemessen ist die Klägerin Arbeitnehmerin. Das zeigt vor allem die Handhabung der Dienstpläne.
1. Der Vortrag der Beklagten, sie berücksichtige die Wünsche der freien Mitarbeiter, vielfach würden Dienste getauscht und neue Dienste vereinbart, kann zu ihren Gunsten als wahr unterstellt werden.
Die Dienstpläne werden einseitig aufgestellt. Auch die Beklagte hält sie – wie das Schreiben vom 9. Januar 1991 zeigt – für verbindlich. Wünscht die Klägerin, an einzelnen Kalendertagen oder an bestimmten Wochentagen oder zu bestimmten Tageszeiten nicht eingesetzt zu werden und berücksichtigt die Beklagte dies, so verfügt sie dennoch in dem dadurch vorgegebenen zeitlichen Rahmen ständig über die Arbeitsleistung der Klägerin. Denn die Beklagte behauptet selbst nicht, daß jeder einzelne Einsatz nach Tätigkeitsart und -zeitpunkt vorher abgestimmt wird.
Die Beklagte verfügt durch die Aufstellung von Dienstplänen in zweifacher Hinsicht über die Arbeitsleistung der Klägerin. Zum einen bestimmt sie darüber, wann sie zu arbeiten hat. Zum anderen legt sie die Art der zu verrichtenden Tätigkeit fest. So wird die Klägerin für verschiedene Dienste eingeteilt.
2. Die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin wird dadurch bestätigt, daß die Beklagte auch im übrigen das Recht für sich in Anspruch nimmt, über die Durchführung des Vertragsverhältnisses einseitig zu bestimmen. Das zeigen insbesondere die Schreiben vom 22. August 1991 und vom 24. Januar 1992. Die Klägerin sieht darin zu Recht „Dienstanweisungen”. Im erstgenannten Schreiben wird die Teilnahme an einer täglich stattfindenden Konferenz für verbindlich erklärt, im zweiten ist von einer „Regelung” die Rede. Aus der Wortwahl ergibt sich, daß die Beklagte ihr Weisungsrecht ausübt. Maßgebend ist, daß die Beklagte ohne vorherige Vereinbarungen mit der Klägerin und anderen Mitarbeitern einseitig bis ins einzelne gehende Bestimmungen erläßt. Die Inanspruchnahme eines derartigen Weisungsrechts ist aber mit einem freien Mitarbeiterverhältnis nicht vereinbar (BAG Urteil vom 24. Juni 1992 – 5 AZR 384/91 – AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit und Urteil vom 20. Juli 1994 – 5 AZR 627/93 –, a.a.O.).
III. Die Annahme eines Arbeitsverhältnisses scheitert nicht an fehlender Vertretungsmacht der das Vertragsverhältnis auf seiten der Beklagten durchführenden Personen. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf das ebenfalls einen Mitarbeiter der Beklagten betreffende Senatsurteil vom 20. Juli 1994 (– 5 AZR 627/93 –, a.a.O.) verwiesen.
Es ist auch unschädlich, daß die Schriftform der Ziffer 211.2 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Süddeutschen Rundfunks nicht gewahrt ist. Diese Vorschrift lautet:
„Eine schriftliche Fassung des Arbeitsvertrages wird dem Arbeitnehmer zusammen mit diesem Manteltarifvertrag spätestens bei Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt. …”
Tarifbestimmungen, nach denen Arbeitsverträge schriftlich abgeschlossen werden müssen, können einer gesetzlichen Formvorschrift im Sinne der §§ 125 Satz 1 und 126 Abs. 1 BGB gleichstehen (BAG Urteil vom 9. Februar 1972 – 4 AZR 149/71 – AP Nr. 1 zu § 4 BAT; Urteil vom 24. Juni 1981 – 7 AZR 198/79 – AP Nr. 2 zu § 4 TVG Formvorschriften). Durch Auslegung der Tarifnorm ist zu ermitteln, ob sie ein konstitutives oder lediglich ein deklaratorisches Schriftformerfordernis aufstellt, d.h. ob die Rechtsfolge seiner Nichtbeachtung in der Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes besteht oder nicht (BAG Urteil vom 6. September 1972 – 4 AZR 422/71 – AP Nr. 2 zu § 4 BAT; Urteil vom 24. Juni 1981, a.a.O.). Bei einem globalen, sich auf den ganzen Vertrag erstreckenden Formgebot liegt im Zweifel nur eine deklaratorische Formvorschrift vor, weil die Tarifverträge letztlich den Arbeitnehmer schützen sollen und diesem ein schlechter Dienst erwiesen wäre, wenn sein Arbeitsvertrag wegen Formmangels unwirksam wäre. Bezieht sich eine Formvorschrift dagegen auf einzelne gefährliche Arbeitsbedingungen oder auf Kündigungen, spricht dies für eine konstitutive Schriftform (Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 204; Corts, Anm. zu LAG Berlin, AP Nr. 1 zu § 4 TVG Formvorschriften).
Ziffer 211.2 MTV enthält nur eine deklaratorische Formvorschrift. Gegen eine konstitutive Schriftform spricht hier schon der Umstand, daß die Form nicht notwendig vor Arbeitsaufnahme erfüllt werden muß (Birk, Anm. II zu EzA § 397 BGB Nr. 3; offen gelassen im Urteil des BAG vom 24. Juni 1981, a.a.O.). Im übrigen handelt es sich um eine globale Formvorschrift.
IV. Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit steht der Annahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Auch insoweit wird auf das vorgenannte Urteil des Senats vom 20. Juli 1994 (a.a.O.) bezug genommen.
Unterschriften
Griebeling, Schliemann, Reinecke, Glaubitz, Buschmann
Fundstellen