Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Wechselschichtzulage im Pflegedienst
Leitsatz (amtlich)
Die für eine Wechselschichtzulage erforderlichen Nachtdienststunden müssen tatsächlich geleistet worden sein. Die durch Krankheit, Urlaub oder andere Umstände ausgefallenen Nachtdienststunden der dienstplanmäßigen Nachtschicht sind nicht mitzuzählen. Durch Tausch außerhalb der dienstplanmäßigen Nachtschicht geleistete Nachtdienststunden zählen mit. Der erforderlichen Durchschnittsberechnung sind betriebseinheitlich entweder die dem Monatsende vorausgehenden letzten 70 Kalendertage oder die letzten 10 vollen Kalenderwochen zugrunde zu legen.
Orientierungssatz
Die Zahl der für eine Wechselschichtzulage erforderlichen Nachtdienststunden ist nach folgender Formel zu ermitteln:
Dienstplanmäßige Nachtschichtstunden - durch Krankheit, Urlaub oder Tausch ausgefallene dienstplanmäßige Nachtschichtstunden + außerhalb des Dienstplanes tatsächlich geleistete Nachtschichtstunden.
Zu berücksichtigen ist dabei ein vor dem Monatsende - letzter Monatstag 24.00 Uhr - liegender Zeitraum von entweder 70 Kalendertagen oder 10 vollen Kalenderwochen.
Normenkette
BAT SR 2; BAT SR 2a Nr. 8; BAT §§ 33a, 15 Abs. 8, 8 Unterabs. 6
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 10.09.1993; Aktenzeichen 9 Sa 880/93) |
ArbG Wesel (Entscheidung vom 23.03.1993; Aktenzeichen 1 Ca 3416/92) |
Tatbestand
Der Kläger ist in der Rheinischen Landesklinik des Beklagten als Krankenpfleger beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Tarifbindung der BAT Anwendung.
Der Kläger arbeitet nach einem Dienstplan in sogenannten Wechselschichten. Das sind nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird.
Der Schichtplan sieht den Einsatz des Klägers auch in Nachtschichten vor. Ausweislich der für den Anspruchszeitraum zu den Akten gereichten Schichtplänen arbeitet der Kläger in einer Woche 40 Stunden in der Nachtschicht, drei Wochen in anderen Schichten, in der nächsten Woche 30 Stunden in der Nachtschicht und dann wieder drei Wochen in anderen Schichten, dann wieder 40 Stunden in der Nachtschicht usw.
Der Kläger hat ausweislich der Schichtpläne nicht ausschließlich nach diesem Schichtplan gearbeitet. Er war zum Teil während der vorgesehenen Nachtschichten arbeitsunfähig krank oder war in der Woche, in der er nach dem Dienstplan Nachtschicht hatte, in Urlaub. Er hat darüber hinaus häufig Nachtschichten mit Kollegen und Kolleginnen getauscht in der Weise, daß er nicht alle dienstplanmäßigen Nachtschichten leistete, dafür aber in anderen Wochen, in denen er nach dem Dienstplan keine Nachtschicht hatte, diese Nachtschichten vor- oder nacharbeitete. Wieviel und welche Nachtschichtstunden jeweils durch Tausch ausfielen und in anderen Wochen vor- bzw. nachgearbeitet wurden, ist aus den eingereichten Schichtplänen ersichtlich.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe mit Rücksicht auf die geleisteten Nachtarbeitsstunden die in § 33 a BAT - für die Zeit bis zum 31. März 1991 in der Sonderregelung 2 a zum BAT Nr. 8 - geregelte Wechselschichtzulage von 150,-- bzw. 200,-- DM monatlich zu.
§ 33 a BAT lautet - wortgleich mit SR 2 a BAT Nr. 8 -, soweit vorliegend von Interesse, wie folgt:
"Wechselschicht- und Schichtzulage
(1) Der Angestellte, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der tägli- chen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2) vorsieht, und der dabei in je fünf Wochen durchschnitt- lich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, erhält eine Wechsel- schichtzulage von 200,-- DM monatlich.
(2) Der Angestellte, der ständig Schichtarbeit (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7) zu leisten hat, erhält eine Schichtzulage, wenn
a) er nur deshalb die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht erfüllt,
aa) weil nach dem Schichtplan eine Unter- brechung der Arbeit am Wochenende von höchstens 48 Stunden vorgesehen ist oder
bb) weil er durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht nur in je sieben Wochen leistet,
...
Die Schichtzulage beträgt in den Fällen des
a) Unterabsatzes 1 Buchst. a 120,-- DM
...
monatlich."
Der Beklagte hat dem Kläger lediglich eine Schichtzulage in Höhe von 120,-- DM monatlich gezahlt. Der Kläger verlangt die Differenz zur tariflichen Wechselschichtzulage für die Monate von September 1990 bis Oktober 1992. Er ist der Ansicht, er erfülle die Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage. Betrachte man die Gesamtzahl der in diesem Zeitraum geleisteten Nachtarbeitsstunden, so ergebe sich ein auf fünf Wochen berechneter Durchschnitt von mehr als 40 Nachtarbeitsstunden. Er verlangt die Nachzahlung der Differenz und hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.880,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 17. November 1992 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, der Kläger arbeite nicht ständig in durchschnittlich je fünf Wochen 40 Stunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht. Eine Durchschnittsberechnung auf der Grundlage eines längeren Zeitraums sei unzulässig. Zu berücksichtigen seien nur die in der dienstplanmäßigen Nachtschicht tatsächlich geleisteten Nachtschichtstunden. Durch Urlaub, Krankheit oder Tausch ausgefallene Stunden seien nicht mitzuberücksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter, während der Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nur zum Teil begründet. Ihm steht nicht für alle Monate des Klagezeitraums die Wechselschichtzulage zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht in jeweils fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der Nachtschicht gearbeitet hat, die von ihm geleisteten Nachtarbeitsstunden vielmehr durchschnittlich nur in einem wiederkehrenden Rhythmus von acht Wochen anfielen. Eine Durchschnittsberechnung für den Zeitraum eines halben oder ganzen Jahres sei unzulässig.
Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.
II.1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß für die Beantwortung der Frage, ob ein Arbeitnehmer, der in Wechselschichten arbeitet, dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, nicht darauf abgestellt werden kann, ob in einem längeren Zeitraum - etwa einem halben oder einem ganzen Jahr - durchschnittlich in je fünf Wochen mindestens 40 Stunden in der Nachtschicht gearbeitet worden sind.
Bei der Wechselschichtzulage und der Schichtzulage nach § 33 a BAT handelt es sich um eine Zulage, die monatlich zu zahlen ist. Damit ist für jeden Monat festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Zahlung der Zulage auch in diesem Monat gegeben sind. Das aber ist bei einer Berechnung der Nachtarbeitsstunden auf der Grundlage eines längeren, ggf. noch in die Zukunft reichenden Zeitraums, nicht möglich.
2. Die Berechnung des Durchschnitts der Nachtschichtstunden innerhalb von je fünf - oder sieben - Wochen ist tariflich nicht geregelt. Die Tarifvertragsparteien gehen erkennbar davon aus, daß der Einsatz des Angestellten aufgrund eines ständigen Dienstplanes erfolgt. Ist das der Fall, läßt sich am Monatsende feststellen, wieviele Nachtarbeitsstunden im maßgeblichen Zeitraum geleistet worden sind.
a) Aus der tariflichen Regelung in § 33 a BAT ergibt sich allerdings auch nicht, welcher Zeitraum der Berechnung der Nachtschichtstunden zugrunde zu legen ist. Der Senat hat daher in seinen Entscheidungen vom 13. Oktober 1993 (- 10 AZR 294/92 - AP Nr. 2 zu § 33 a BAT), vom 18. Mai 1994 (- 10 AZR 391/93 - AP Nr. 4 zu § 33 a BAT) und vom 18. Oktober 1995 (- 10 AZR 853/94 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) ausgesprochen, die Berechnung eines Durchschnitts bedinge, daß mindestens zwei Zeiträume von fünf bzw. sieben Wochen, mithin zehn bzw. 14 Wochen, in die Berechnung einzubeziehen sind. Daraus folgt, daß ein Anspruch auf eine Wechselschichtzulage für einen bestimmten Monat immer dann begründet ist, wenn nach Ablauf des Monats feststeht, daß der Angestellte in den letzten zehn Wochen mindestens 80 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht geleistet hat.
b) Der Senat hat dies allerdings nur für die Fälle ausgesprochen, in denen der Einsatz eines Angestellten nicht nach einem Dienstplan erfolgt, aus dem sich eine regelmäßige Schichtfolge ergibt. Die dafür maßgebenden Überlegungen gelten aber in gleicher Weise auch dann, wenn der Einsatz des Angestellten in der dienstplanmäßigen Nachtschicht aufgrund eines für längere Zeit geltenden Dienstplanes erfolgt. Der Unterschied liegt lediglich darin, daß bei Vorliegen eines längerfristigen Dienstplanes die Zahl der dienstplanmäßig geleisteten Nachtdienststunden in der Regel aus diesem ablesbar ist und nicht abgewartet werden muß, welche Nachtdienste der Angestellte tatsächlich geleistet hat.
Das Vorhandensein eines längerfristigen Dienstplanes berechtigt jedoch nicht dazu, die erforderliche Zahl von Nachtdienststunden aus einem Durchschnitt der nach dem gesamten Dienstplan zu leistenden Nachtarbeitsstunden zu berechnen. Wäre eine solche Berechnung zulässig, könnte sie im Extremfall dazu führen, daß ein Angestellter, der lediglich in den letzten drei Monaten des Jahres ausschließlich in Nachtschicht gearbeitet hat, für alle Monate des Jahres Anspruch auf die Wechselschichtzulage hätte, obwohl er in neun Monaten keinerlei Nachtdienst zu leisten hatte.
Aber auch wenn man der Berechnung der erforderlichen Nachtschichtstunden lediglich den Durchschnitt der Nachtarbeitsstunden während des bis zum Monatsende abgelaufenen Teils des Dienstplanes zugrunde legen würde, könnte dies zu Ergebnissen führen, die mit dem Zweck der Regelung über die Zahlung von Wechselschicht- und Schichtzulagen in Widerspruch stehen.
Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 23. Juni 1993 (- 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT) ausgesprochen hat, handelt es sich bei der Wechselschicht- und Schichtzulage um eine Erschwerniszulage, die diejenige Erschwernis honoriert, die einmal aus der Arbeit in Wechselschicht überhaupt resultiert und zum anderen daraus folgt, daß in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Zahl von Nachtarbeitsstunden angefallen ist. Die monatlich zu zahlende Zulage muß daher noch in einem vernünftigen zeitlichen Bezug zu der zu vergütenden Erschwernis stehen. Das aber ist nur der Fall, wenn die in den letzten zehn bzw. 14 Wochen geleistete Arbeit in der dienstplanmäßigen Nachtschicht berücksichtigt wird. Da die tarifliche Regelung nicht auf die jeweilige Zahl der geleisteten Nachtarbeitsstunden abstellt, sondern nur eine bestimmte Mindestzahl von Nachtschichtstunden voraussetzt, macht es nach dieser Regelung keinen Sinn, beispielsweise noch für den Monat Juni eine Wechselschichtzulage zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer nur in den Monaten Januar bis März so viele Nachtarbeitsstunden geleistet hat, daß sich - bezogen auf die Zeit von Januar bis Juni - durchschnittlich 40 Stunden je fünf Wochen ergeben.
Der Anspruch auf eine Wechselschichtzulage für einen bestimmten Monat ist daher jeweils dann gegeben, wenn der Angestellte in den letzten zehn dem Monatsende vorausgehenden Wochen 80 Stunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht geleistet hat, unabhängig davon, ob sich diese Nachtarbeitsstunden aus einem längerfristigen Dienstplan oder aus kurzfristigen Regelungen des Einsatzes der Arbeitnehmer in den einzelnen Schichten ergeben.
3. Mit dem Abstellen auf die letzten zehn bzw. 14 Wochen vor dem Ende des jeweiligen Monats ist noch nichts darüber gesagt, ob konkret auf die letzten 70 bzw. 98 Kalendertage oder auf die letzten zehn bzw. 14 vollen Kalenderwochen abzustellen ist. Da die tarifliche Regelung darüber nichts besagt, hält es der Senat schon aus Praktikabilitätsgesichtspunkten für zulässig einheitlich im Betrieb entweder auf die letzten 70 bzw. 98 Kalendertage oder auf die letzten 10 bzw. 14 vollen Kalenderwochen abzustellen. Schichtpläne sehen in der Regel einen wöchentlichen Wechsel der Schichten vor. Für die jeweilige Kalenderwoche ist damit erkennbar, welche dienstplanmäßigen Arbeitszeiten für den einzelnen Arbeitnehmer anfallen. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der im Bezugszeitraum abzugeltenden Erschwernis einer bestimmten Zahl von Nachtarbeitsstunden und dem maßgebenden Zeitpunkt - Monatsende - ist auch bei einem Abstellen auf die letzten vollen Kalenderwochen noch gewahrt. Der Bezugszeitraum verschiebt sich dadurch maximal um sechs Kalendertage zurück.
III. Der Kläger hat nicht alle im Schichtplan für ihn festgelegten Nachtdienststunden abgeleistet. Ein Teil dieser Stunden ist durch Urlaub oder Krankheit des Klägers ausgefallen. Andere Stunden hat er mit Arbeitskollegen getauscht und daher zu Zeiten geleistet, für die der Dienstplan für ihn keine Nachtdienststunden vorsah.
1. Die durch Urlaub oder Krankheit ausgefallenen Nachtschichtstunden sind bei der Ermittlung der Zahl der für die Wechselschichtzulage erforderlichen Nachtdienststunden nicht mitzurechnen.
§ 33 a BAT und die bis zum 31. März 1991 geltende - wortgleiche - SR 2 a setzen voraus, daß der Angestellte mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht "leistete". Diese Regelung ist dahin zu verstehen, daß diese Nachtschichtstunden tatsächlich geleistet sein müssen. Die Wechselschichtzulage ist - wie oben dargelegt - eine Erschwerniszulage, die neben den Erschwernissen der Wechselschichtarbeit auch die Erschwernisse der Arbeit in der Nachtschicht abgelten soll und deswegen zunächst ein Mindestmaß an Nachtschichtstunden voraussetzt und weiter hinsichtlich ihrer Höhe nach dem Umfang der geleisteten Nachtschichtarbeit - 40 Stunden in fünf Wochen oder 40 Stunden in sieben Wochen - differenziert.
Leistet der Arbeitnehmer keine Nachtschichtstunden, weil er arbeitsunfähig erkrankt ist oder sich im Urlaub befindet oder auch aus anderen Gründen, so fällt für ihn die Erschwernis der Arbeit in Nachtschichten nicht an. Die durch diese Ereignisse ausgefallenen Nachtschichtstunden können daher bei der Ermittlung des geforderten Umfangs der Nachtarbeit nicht mitberücksichtigt werden.
Dem steht nicht entgegen, daß Nachtschichtzulagen, Schichtzulagen, Zuschläge für Nachtarbeit und ähnliche Zulagen nach § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) in der Regel zum Arbeitsentgelt zählen, das während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlen ist (vgl. MünchArbR/Schulin § 82 Rz 12; GK-EFZR/Birk § 2 Nr. 42). Von diesen Vorschriften kann einmal durch Tarifvertrag abgewichen werden, § 4 Abs. 4 EFZG. § 47 Abs. 2 und § 37 Abs. 5 BAT bestimmen daher insoweit auch, daß für die Zeit des Urlaubs oder der Arbeitsunfähigkeit nur Zulagen, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, weitergezahlt werden. Das ist bei der Schicht- und Wechselschichtzulage an sich der Fall, da die Zulage 120,-- DM bzw. 200,-- DM im Monat beträgt.
Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob überhaupt ein Anspruch auf diese Zulage gegeben ist. Wenn dafür der Tarifvertrag darauf abstellt, daß eine bestimmte Zahl von Nachtschichtstunden tatsächlich geleistet worden ist, kann aus der Berechnungsvorschrift für die Zahlung der Urlaubsvergütung und der Krankenbezüge nicht hergeleitet werden, daß die durch Urlaub oder Krankheit ausgefallenen dienstplanmäßigen Nachtstunden mitzurechnen sind. Von daher ist schon zweifelhaft, ob die Wechselschichtzulage, obwohl sie in Monatsbeträgen festgelegt ist, zu den im Urlaub und im Krankheitsfalle fortzuzahlenden Bezügen gehört. Es handelt sich bei ihr nicht um eine Zulage, die aufgrund eines einmal gegebenen Tatbestandes durchlaufend in jedem Monat gezahlt wird, sondern um eine Zulage, die je nach den tatsächlichen Verhältnissen in einem Monat zu zahlen ist, in einem anderen Monat wiederum nicht, und zwar unter Umständen auch dann, wenn Nachtschichtstunden nicht durch Urlaub oder Krankheit ausgefallen sind.
Infolge Krankheit oder Urlaub oder aus anderen Gründen ausgefallene dienstplanmäßige Nachtschichtstunden sind daher bei der Ermittlung der geforderten Nachtschichtstunden für eine Wechselschichtzulage nicht mitzuzählen.
2. Nachtschichtstunden, die infolge eines Tausches nicht innerhalb der dienstplanmäßigen Nachtschicht des Angestellten, sondern außerhalb derselben geleistet worden sind, sind hingegen mitzurechnen.
a) Tauscht der Angestellte, der beispielsweise in der einen Woche nach dem Dienstplan fünf Nachtschichten zu leisten hat, die letzte Nachtschicht mit seinem Kollegen, so daß er die in seiner dienstplanmäßigen Nachtschichtwoche ausgefallene Nachtschicht an einem anderen Tag, etwa der nächsten Woche, leistet, so ist auch diese Nachtschicht tatsächlich geleistet worden. Die Zahl der dienstplanmäßig zu leistenden Nachtschichtstunden bleibt daher gleich, da nach dem Gesagten die infolge des Tausches in der dienstplanmäßigen Nachtschichtwoche nicht geleisteten Nachtschichtstunden nicht mitzurechnen sind.
b) Dem steht nicht entgegen, daß § 33 a Abs. 1 BAT fordert, daß die Nachtschichtstunden in der "dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht" geleistet werden. Gemeint ist damit nicht die für den jeweiligen Angestellten dienstplanmäßig im voraus festgelegte Nachtschicht, sondern die für den Betrieb oder Betriebsteil dienstplanmäßig vorgesehene Nachtschicht, so daß nur Nachtschichtstunden unberücksichtigt bleiben, die etwa in der Spätschicht (vgl. Urteil des Senats vom 7. September 1994 - 10 AZR 766/93 - AP Nr. 5 zu § 33 a BAT) oder in außergewöhnlichen Fällen aufgrund einer ad hoc angeordneten Nachtschicht geleistet werden.
Wollte man nur die Nachtschichtstunden berücksichtigen, die der Angestellte in der für ihn dienstplanmäßig vorausbestimmten Nachtschicht leistet, würde einmal derjenige Fall unberücksichtigt bleiben, daß "Dienstpläne" mehr oder weniger ad hoc für nur kurze Zeit im voraus aufgestellt oder vereinbart werden, und zum anderen eine flexible Handhabung der oft lange Zeit im voraus aufgestellten Dienstpläne in hohem Maße erschwert werden.
Es ist weitgehend üblich und auch einem geordneten Dienstbetrieb nicht abträglich, daß in einem Dienstplan festgelegte Schichten aus persönlichen, mehr oder weniger dringenden Gründen getauscht werden und dies auch vom Arbeitgeber gebilligt wird, wie auch die hier vorgelegten Schichtpläne ausweisen. Von daher bestehen keine Bedenken, auch die aufgrund eines Tausches außerhalb der im Dienstplan vorgesehenen Zeiten geleisteten Nachtschichten zu berücksichtigen.
c) Die von der Beklagten gesehene Gefahr, daß durch "geschicktes Tauschen" Nachtschichten so verlegt werden, daß im maßgebenden Zehn-Wochen-Zeitraum jeweils die erforderliche Mindestzahl von Nachtschichtstunden erreicht wird, erscheint dem Senat gering. Einmal gehört zu einem Tausch das Einverständnis eines anderen Kollegen und zum anderen wird die getauschte Schicht regelmäßig in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der ausgefallenen Schicht stehen, so daß sich innerhalb des maßgebenden Zehn-Wochen-Zeitraums allenfalls nur dann Verschiebungen ergeben können, wenn die getauschten Schichten in zwei maßgebende Zehn-Wochen-Zeiträume fallen. Zum Tausch von Schichten ist regelmäßig die Zustimmung des Arbeitgebers in der Person eines Vorgesetzten erforderlich. Der zulässige Rahmen für den Tausch von Nachtdiensten kann im Dienstplan festgelegt werden. Die Gefahr einer Manipulation zur Erwirkung zusätzlicher Wechselschichtzulagen kann daher vernachlässigt werden.
Nach allem sind daher bei der Ermittlung der im jeweiligen Zehn-Wochen-Zeitraum geleisteten tatsächlichen Nachtschichtstunden auch diejenigen Nachtschichtstunden mitzuzählen, die infolge eines Tausches außerhalb der dienstplanmäßig für den betreffenden Angestellten festgelegten Nachtschichten geleistet worden sind, wobei die nicht geleisteten dienstplanmäßigen Nachtstunden - weil nicht tatsächlich geleistet - nicht mitzurechnen sind.
Die Zahl der für eine Wechselschichtzulage erforderlichen Nachtdienststunden ist daher nach folgender Formel zu ermitteln:
Dienstplanmäßige Nachtschichtstunden - durch Krankheit, Urlaub oder Tausch ausgefallene dienstplanmäßige Nachtschichtstunden + außerhalb des Dienstplanes tatsächlich geleistete Nachtschichtstunden.
Zu berücksichtigen ist dabei ein vor dem Monatsende - letzter Monatstag 24.00 Uhr - liegender Zeitraum von entweder 70 Kalendertagen oder 10 vollen Kalenderwochen.
IV. Die von den Parteien vorgelegten Schichtpläne weisen nur die jeweils in vollen Kalenderwochen geleisteten Nachtschichtstunden aus. Der Beklagte hat vorgetragen, auch für jeden Kalendertag stehe fest, ob und wieviele Nachtschichtstunden der Kläger geleistet hat. Er hat bislang - verständlicherweise - keine Bestimmung darüber getroffen, auf welchen Zeitraum - 70 Kalendertage oder 10 volle Kalenderwochen - in seinem Betrieb bei der Ermittlung der erforderlichen Nachtdienststunden abzustellen ist. Der Senat hat in Anwendung von § 287 ZPO für den vorliegenden Rechtsstreit auf volle Kalenderwochen abgestellt. Ein Abstellen auf Kalendertage mag zwar zu geringfügig anderen Ergebnissen führen, der dafür erforderliche Aufwand durch eine Zurückverweisung des Rechtsstreites an das Landesarbeitsgericht steht jedoch dazu in keinem angemessenen Verhältnis.
Nach den vorgelegten Schichtplänen für die einzelnen Monate des Anspruchszeitraums hat der Kläger (auf der Grundlage des Gesagten) Anspruch auf die Wechselschichtzulage nur für die Monate September 1990 bis Februar 1991 (= 6 x 30,-- DM) und für die Monate Mai, September, Oktober, November und Dezember 1991, Januar, Februar, April, Mai, August, September und Oktober 1992 (= 12 x 80,-- DM). Der Kläger kann daher eine Nachzahlung nur noch in Höhe von 1.140,-- DM verlangen. Die weitergehende Klage ist unbegründet.
Der Senat hat den Urteilstenor klarstellend entsprechend neu gefaßt. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Matthes Hauck Böck
Lindemann Paul
Fundstellen
EBE/BAG 1996, 86-88 (Leitsatz 1 und Gründe) |
ASP 1996, Nr 7/8, 60 (Kurzwiedergabe) |
NZA 1996, 885 |
NZA 1996, 885-888 (Leitsatz 1 und Gründe) |
RdA 1996, 263 (Leitsatz 1) |
AP § 33a BAT (Leitsatz 1 und Gründe), Nr 9 |
AR-Blattei, ES 1410 Nr 19 (Leitsatz 1 und Gründe) |
ArbuR 1996, 279 (Leitsatz 1) |
EzBAT § 33a BAT, Nr 10 (Leitsatz 1 und Gründe) |
MedR 1997, 27 (Leitsatz 1) |
ZMV 1997, 39 |
ZMV 1997, 39-40 (red. Leitsatz 1-3, Kurzwiedergabe) |
PflR 1997, 110 |