Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung vor Dienstantritt
Leitsatz (redaktionell)
1. Haben die Parteien für den Fall einer vor Vertragsbeginn ausgesprochenen ordentlichen Kündigung keine Vereinbarung über den Beginn der Kündigungsfrist getroffen, so liegt eine Vertragslücke vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Für die Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens und die hierfür maßgebende Würdigung der beiderseitigen Interessen ist grundsätzlich auf die konkreten Umstände des Falles abzustellen.
2a.Typische Vertragsgestaltungen können jedoch für oder gegen die Annahme sprechen, die Parteien hätten eine auf die Dauer der vereinbarten Kündigungsfrist beschränkte Realisierung des Vertrages gewollt. Dies gilt insbesondere für die Länge der Kündigungsfrist und den Zweck der vorgesehenen Beschäftigung (zB Probezeit).
b.Vereinbaren die Parteien die kürzeste zulässige Kündigungsfrist, so spricht dies gegen die mutmaßliche Vereinbarung einer Realisierung des Arbeitsverhältnisses für diesen Zeitraum (Bestätigung und Fortführung von BAG 6.3.1974 - 4 AZR 72/73 = BAGE 26, 71 = AP Nr 2 zu § 620 BGB).
Normenkette
BGB §§ 130, 133, 157, 620
Verfahrensgang
LAG München (Entscheidung vom 16.05.1984; Aktenzeichen 9 Sa 881/83) |
ArbG München (Entscheidung vom 13.10.1983; Aktenzeichen 25 Ca 2348/83) |
Tatbestand
Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 7. August 1982 auf eine Zeitungsannonce der Beklagten. Darin hatte die Beklagte eine Dame oder einen Herrn zur selbständigen Bearbeitung eines Teilbereichs ihrer Bauelementebeschaffung gesucht. Nachdem die Klägerin der Beklagten ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen übersandt hatte, bot der Geschäftsführer der Beklagten ihr in dem folgenden Einstellungsgespräch stattdessen eine Stelle als "Produktingenieur" an. Mit Schreiben vom 25. Oktober 1982 übersandte die Beklagte der Klägerin den Entwurf eines Arbeitsvertrages, den sie ebenfalls unterzeichnete. Das Anschreiben vom 25. Oktober 1982 sowie eine Zusatzvereinbarung über Nebenleistungen der Beklagten und Überstunden waren Teil des Anstellungsvertrages. Dieser lautete u.a. wie folgt:
1. Beginn des Arbeitsverhältnisses und Tätigkeit
------------------------------------------------
Die Firma U stellt Herrn/Frau/Fräulein
Karin K ab 01.01.1983 als Produkt-
ingenieur ein. ...
2. Vertragsdauer/Kündigung
--------------------------
Der Arbeitsvertrag wird auf Probe geschlossen
und endet am 30.06.1983, ohne daß es einer be-
sonderen Kündigung bedarf.
Innerhalb der Dauer des Probearbeitsverhält-
nisses gilt eine Kündigungsfrist von 2 Wochen
für beide Seiten als vereinbart.
Der Abschluß eines endgültigen unbefristeten
Arbeitsvertrages bedarf der ausdrücklichen
schriftlichen Vereinbarung.
4. Bezüge
---------
Als Vergütung für seine/ihre Tätigkeit erhält
Herr/Frau/Fräulein K ein monatliches
Bruttogehalt in Höhe von DM 6.000,--, ....
11. Schlußbestimmungen
----------------------
Im übrigen gelten die firmeninternen Richtlinien,
Regelungen und Organisationsanweisungen ...
In dem Anschreiben heißt es unter Nr. 2:
Sie sind als Produktingenieur tätig. Ihr Aufgaben-
und Verantwortungsbereich umfaßt vorerst das Pro-
duktionsprogramm A . Es ist vorgesehen,
nach Einarbeitung und Klärung der technischen Einzel-
fragen das Vertriebsprogramm zusammenzufassen, so
daß dann die Betreuung des U -Programms eben-
falls zu Ihrem Aufgabenbereich gehört.
Entsprechend Nr. 3 des Anschreibens war die Klägerin während der "Electronica" - einer Fachmesse für elektronische Bauteile - vom 9. bis 13. November 1982 auf dem Stand der Beklagten in streitig gebliebener Funktion tätig. Am 23. und 24. November 1982 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mündlich zum 31. Dezember 1982 und wiederholte diese Kündigung mit Schreiben vom 25. November 1982. Die Klägerin widersprach mit der Begründung, die Kündigung könne frühestens zum 31. Januar 1983 wirksam werden. Sie forderte das Gehalt für den Monat Januar 1983 und bot ihre Arbeitskraft an. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1982 lehnte die Beklagte diese Forderungen ab.
Die Klägerin hat daraufhin die Beklagte auf Zahlung des Gehaltes für Januar 1983 verklagt und vorgetragen, die Kündigungsfrist habe nicht vor dem 1. Januar 1983 zu laufen begonnen. Dies ergebe sich aus der beiderseitigen Interessenlage. Sie habe ihr früheres, sieben Jahre währendes Arbeitsverhältnis mit einer in T ansässigen Firma gekündigt, weil sie nach St umgezogen sei. Die Beklagte habe sich verpflichtet, ihr ab dem 1. Januar 1983 eine Arbeitsmöglichkeit zu bieten. An diese Zusage sei die Beklagte gebunden. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten habe sie davon ausgehen müssen, daß es zu einem längerfristigen Arbeitsverhältnis kommen werde. Das habe sie auch in Gesprächen gegenüber der Beklagten deutlich gemacht. Wie sich auch aus dem Arbeitsvertrag und dem Anschreiben vom 25. Oktober 1982 ergebe, sei das Beschäftigungsverhältnis als Dauerarbeitsverhältnis für einen langen Zeitraum angelegt gewesen. Sie habe es deshalb unterlassen, sich anderweitig zu bewerben. Während der Messe sei sie mehrfach auf ihre nunmehrige Tätigkeit für die Beklagte angesprochen worden. In der Branche sei sie bekannt. Bei einer frühzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses würden deshalb ihre Bewerbungsaussichten erheblich gemindert.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 6.000,-- brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 1. Februar 1983 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, eine ordentliche Kündigung sei vor Dienstaufnahme zulässig. Es widerspräche den Interessen der Parteien, die Klägerin zu einer kurzfristigen Dienstaufnahme zu zwingen. Sie wäre dann außerstande gewesen, zum üblichen Quartalstermin eine andere Stelle zu suchen. Bei der Vereinbarung einer Probezeit sei davon auszugehen, daß die Kündigungsfrist sofort zu laufen beginne. Die Parteien hätten weder das Recht zur Kündigung vor Dienstantritt ausdrücklich ausgeschlossen, noch sei ein dahingehender beiderseitiger Wille erkennbar. Dann sei aber eine Kündigung vor Dienstantritt möglich, bei der auch die Kündigungsfrist mit Zugang der Kündigung zu laufen beginne. Im Hinblick auf die Befristung des Probearbeitsverhältnisses habe die Klägerin nicht von der langfristigen Dauer des Arbeitsverhältnisses ausgehen können. Sie hätte im Betrieb keine wichtige und auf Dauer angelegte Schlüsselposition erhalten. Das Gegenteil ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag und dem Schreiben vom 25. Oktober 1982. Danach hätten noch Gespräche wegen der späteren Tätigkeit stattfinden sollen. Der zunächst vorgesehene Eintrittstermin 1. Dezember 1982 sei auf den 1. Januar 1983 verschoben worden, da die Klägerin noch ihrem Mann habe helfen wollen, bei dem sie zu dieser Zeit gearbeitet habe.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Klägerin könnte den geltend gemachten Gehaltsanspruch für den Monat Januar 1983 nur aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§§ 615, 293 ff. BGB) herleiten. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen des Arbeitsverhältnisses in diesem Zeitraum. Das Berufungsgericht hat jedoch im Ergebnis und auch in wesentlichen Teilen der Begründung zu Recht angenommen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits zum 31. Dezember 1982 beendet worden ist.
A. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vor Antritt des Dienstvertrages sei zulässig und im vorliegenden Fall von den Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend ausgeschlossen worden. Die Kündigungsfrist habe bereits mit Zugang der Kündigung zu laufen begonnen. Eine entgegenstehende Vereinbarung sei nicht getroffen worden. Eine bestimmte Interessenlage, die Rückschlüsse auf den Beginn des Laufs der Kündigungsfrist zulasse, könne dem Parteivortrag nicht entnommen werden. Die Vereinbarung einer kurzen Kündigungsfrist und einer Probezeit lasse keine Rückschlüsse auf die Interessen der Parteien bezüglich des Laufs der Kündigungsfrist zu. Dann beginne aber die Frist bereits mit dem Zugang der Kündigungserklärung.
Die der Klägerin im November 1982 zugegangene Kündigung vom 25. November 1982 habe das Arbeitsverhältnis somit zum 31. Dezember 1982 beendet. Zwar sei die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über eine Kündigungsfrist von zwei Wochen wegen Verstoßes gegen § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. An die Stelle dieser nichtigen Vereinbarung sei jedoch die gesetzliche Mindestkündigungsfrist für Angestellte von einem Monat zum Monatsende getreten, die die Beklagte auch eingehalten habe.
B. Diese Würdigung beruht nicht auf einem Rechtsfehler.
I. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages durch die Beklagte bereits vor dem vorgesehenen Dienstantritt zulässig war.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 16, 204; 31, 121 = AP Nr. 1 und 3 zu § 620 BGB) kann die Kündigung eines Arbeitsvertrages, dessen Verwirklichung erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen ist, schon vor dem Dienstantritt erklärt werden, sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben. Das gilt auch für die ausdrücklich vereinbarte Kündigung im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages (vgl. zu dieser Vertragsgestaltung BAG 33, 220, 222). Diese Ansicht entspricht auch der einhelligen Meinung im Schrifttum (vgl. neben dem in BAG 31, 121 - zu II 1 a der Gründe - zitierten Schrifttum: Soergel/Kraft, BGB, 11. Aufl., Rz 40 vor § 620; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu § 620 Rz 62; M. Wolf, Anm. zu AP Nr. 3 zu § 620 BGB, unter 1; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 622 BGB Rz 52). Hiervon gehen im vorliegenden Fall auch beide Parteien aus.
2. Das Berufungsgericht hat ferner ohne Rechtsfehler angenommen, daß die Parteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Zeit vor dem 1. Januar 1983 nicht abbedungen haben.
a) Wie der erkennende Senat in dem Urteil BAG 31, 121 (= AP Nr. 3 zu § 620 BGB, zu II 2 der Gründe, mit insoweit zustimmender Anm. von M. Wolf, unter 1) im einzelnen ausgeführt hat, setzt der vertragliche Ausschluß der Kündigung vor Dienstantritt voraus, daß die Parteien dieses Kündigungsrecht entweder ausdrücklich ausgeschlossen haben oder daß ein dahingehender beiderseitiger Wille aus den Umständen eindeutig erkennbar ist. Dabei ist nicht von einer Erfahrungsregel auszugehen, die Parteien seien sich darüber einig gewesen, der Vertrag dürfe erst nach Arbeitsantritt gekündigt werden. Der vertragliche Ausschluß eines solchen Kündigungsrechts folgt auch nicht schon daraus, daß der Arbeitnehmer wegen der künftigen Verdienstmöglichkeiten seine bisherige Arbeitsstelle aufgegeben und sich auf die Zusage eingestellt hat, die Tätigkeit werde zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen. Hierfür müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, die einen gesteigerten Vertrauensschutz für den Kündigungsempfänger erforderlich machen. Das kann z. B. zutreffen, wenn der Arbeitnehmer für einen Dauerarbeitsplatz oder eine Lebensaufgabe eingestellt wird oder wenn ein Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer herantritt und ihn durch ein günstiges Angebot veranlaßt, eine sichere Stellung bei einem anderen Arbeitgeber aufzugeben.
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Auslegung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten eine Kündigung des Arbeitsvertrages vor dem 1. Januar 1983 nicht ausgeschlossen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Vertragsurkunden enthalten die zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbarten Bedingungen und unter Nr. 11 nur eine Verweisung auf die für das Unternehmen der Beklagten geltenden allgemeinen Regelungen. Es handelt sich somit um einen atypischen Vertrag, dessen Auslegung in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden kann, ob sie gegen allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt läßt (BAG 4, 354 = AP Nr. 13 zu § 242 BGB Ruhegehalt). Solche Auslegungsfehler sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
Eine ausdrückliche Vereinbarung über den Ausschluß einer Kündigung vor Dienstantritt enthält der Vertrag nicht. Es liegen aber auch keine besonderen Umstände vor, die für eine stillschweigende Abrede dieses Inhalts sprechen könnten. Die Klägerin ist, wie sich aus dem Probecharakter und der auf sechs Monate begrenzten Befristung des Arbeitsvertrages ergibt, nicht bereits durch diesen Vertrag auf einen Dauerarbeitsplatz eingestellt worden. Die Klägerin ist auch nicht von der Beklagten zur Aufgabe einer gesicherten Stellung veranlaßt worden. Sie hat vielmehr wegen Umzugs und damit aus privaten Gründen ihr früheres langjähriges Arbeitsverhältnis gekündigt und sich auf eine Zeitungsanzeige bei der Beklagten beworben. Die Auslegung des Vertrages durch das Berufungsgericht ist somit für den Senat bindend. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
II. Dem Berufungsgericht ist im Ergebnis ferner darin zuzustimmen, daß durch die der Klägerin im November zugegangenen Kündigungen der Beklagten das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 1982 beendet worden ist.
1. Diese Kündigungen sind vor Dienstantritt erklärt worden, der in Nr. 1 des Anstellungsvertrages auf den 1. Januar 1983 festgelegt worden war. Durch die Teilnahme der Klägerin an der Fachmesse vom 9. bis 13. November 1982 ist der Vertragsbeginn nicht vorverlegt und das Arbeitsverhältnis nicht bereits zu diesem Termin aktualisiert worden.
Das Berufungsgericht ist zwar auf diese Besonderheit des Sachverhalts nicht eingegangen. Der Senat kann die Vertragsgestaltung aber auch insoweit selbst auslegen, obwohl es sich, wie ausgeführt, um einen atypischen Vertrag handelt, weil besondere Umstände, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, eindeutig ausscheiden (BAG Urteil vom 4. März 1961 - 5 AZR 169/60 - AP Nr. 21 zu § 611 BGB Gratifikation). In Nr. 1 des Anstellungsvertrages ist unter der Überschrift "Beginn des Arbeitsvertrages und Tätigkeit" der Dienstbeginn für die Klägerin auf den 1. Januar 1983 festgelegt worden. In dem Anschreiben vom 25. Oktober 1982, das Bestandteil des Vertrages ist, heißt es unter Nr. 3, die Klägerin werde während der Ausstellung mit auf dem Stand tätig sein und dadurch viele Informationen für ihre künftige Tätigkeit erhalten. Man werde sicher noch vor Messebeginn miteinander sprechen. Vorsichtshalber erhalte sie aber eine Gästekarte, damit sie ohne Schwierigkeiten zum Stand gelangen könne. Danach sollte die Klägerin mit der Teilnahme an der Messe nicht bereits ihre arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit beginnen. Vielmehr handelte es sich eindeutig um eine dem Arbeitsverhältnis vorgeschaltete Art der Hospitation mit dem ausdrücklich hervorgehobenen Zweck, Informationen zu sammeln. Hierauf deutet auch der Umstand hin, daß der Klägerin ein Ausweis übersandt wurde, der sie lediglich als Gast der Beklagten auswies.
2. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine bereits vor dem vereinbarten Dienstantritt ausgesprochene ordentliche Kündigung eines Arbeitsvertrages die Kündigungsfrist in Lauf setzt, ist umstritten.
a) Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem Urteil vom 22. August 1964 (BAG 16, 204 = AP Nr. 1 zu § 620 BGB, zu I 4 der Gründe) die Ansicht vertreten, es könne zwar vereinbart werden, daß die Frist für eine solche Kündigung schon vor dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses mit Zugang an den Kündigungsempfänger beginnen solle. Fehle es an einer eindeutigen Vereinbarung dieses Inhalts, so beginne die Kündigungsfrist erst in dem Zeitpunkt, in dem die Arbeit vertragsgemäß aufgenommen werden sollte. Dies ergebe sich aus der beiderseitigen Interessenlage und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes.
In einem Vertrag, in dem die Arbeitsaufnahme für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt vereinbart werde, hätten sich die Parteien im Zweifel zur Aktualisierung des Vertrages verpflichtet. Könnte sich eine Partei einseitig von einer solchen Verpflichtung lösen, würden dadurch die Interessen der anderen Partei verletzt. Wer sich verpflichte, in einem bestimmten Zeitpunkt eine Arbeitsmöglichkeit zu bieten (als Arbeitgeber) oder eine Arbeitsstelle anzutreten (als Arbeitnehmer), sei an eine solche Zusage grundsätzlich gebunden, es sei denn, daß etwas anderes eindeutig vereinbart sei. Der Arbeitnehmer habe sich in einem solchen Fall in aller Regel auf die kommende Verdienstmöglichkeit eingerichtet, vielleicht schon seine bisherige Arbeitsstelle gekündigt und andere Angebote ausgeschlagen oder doch die Suche nach einem Arbeitsplatz abgebrochen. Auch der Arbeitgeber habe, wenn er eine passende Arbeitskraft gefunden habe, im allgemeinen entsprechend disponiert, indem er etwa weiteren Bewerbern abgeschrieben und seine Bemühungen eingestellt habe, eine andere Arbeitskraft zu finden. Beide Arbeitsvertragsparteien hätten somit ihre Dispositionen getroffen im Vertrauen darauf, daß das gegebene Wort, die Tätigkeit solle zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aufgenommen werden, gehalten werde.
b) Diese Rechtsprechung hat der Vierte Senat in dem Urteil vom 6. März 1974 (BAG 26, 71 = AP Nr. 2 zu § 620 BGB, zu III der Gründe) im Anschluß an einen auf seine Anfrage ergangenen Beschluß des erkennenden Senats (mitgeteilt in dem vorbezeichneten Urteil) aufgegeben.
Nach der in diesen Entscheidungen vertretenen Ansicht hängt es nicht von rechtsdogmatischen Erwägungen, sondern in erster Linie von den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen ab, von welchem Zeitpunkt an die Frist für eine vor Dienstantritt ausgesprochene Kündigung beginnt. Haben die Parteien keine eindeutige Vereinbarung getroffen, so ist die jeweilige beiderseitige Interessenlage maßgebend. Bei ihrer Würdigung ist entscheidend auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen und nicht von allgemeinen Erfahrungsregeln oder von einem verallgemeinernd angewandten Grundsatz des Vertrauensschutzes auszugehen. Die Kündigungsfrist beginnt auch nicht im Zweifel bereits mit dem Zugang der Kündigung. Eine solche allgemeine Erfahrungsregel, die die Beendigung eines Arbeitsvertrages schon vor Dienstantritt grundsätzlich erleichtern würde, kann ebensowenig anerkannt werden, wie der bisher vertretene gegenteilige Grundsatz, der die Rechtsfolgen einer vor Dienstantritt erklärten Kündigung ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Interessenlage zu sehr einschränkt.
c) Wegen des Meinungsstandes im Schrifttum bis zum Urteil des Ersten Senats vom 22. August 1964 (aaO) wird auf die Darstellungen von Feller (JZ 1964, 210) und Haberkorn (RdA 1964, 246) verwiesen. Auch in der Folgezeit sowie nach dem Urteil des Vierten Senats vom 6. März 1974 (aaO) ist diese Rechtsfrage umstritten geblieben.
aa) Die Auffassung, die Kündigungsfrist beginne zumindest im Zweifel erst in dem für den Arbeitsantritt vereinbarten Zeitpunkt, vertreten, bei unterschiedlicher Bewertung der Interessenlage, Beitzke (SAE 1965, 77, unter 2), Ermann/Küchenhoff (BGB, 7. Aufl., § 620 Rz 21), Herschel (Anm. zu EzA § 620 BGB Nr. 20, unter II 2), MünchKomm-Schwerdtner (Vorbem. zu § 620 BGB Rz 103), Söllner (Grundriß des Arbeitsrechts, 8. Aufl., S. 282), M. Wolf (JuS 1968, 65 und Anm. zu AP Nr. 3 zu § 620 BGB, unter 2 sowie KR-Wolf, 2. Aufl., Grunds. Rz 154) und Zöllner (Arbeitsrecht, 3. Aufl., S. 228).
bb) Für einen jedenfalls im Zweifel anzunehmenden Beginn der Kündigungsfrist mit dem Zugang der Kündigung haben sich folgende Autoren ausgesprochen: Feller (JZ 1965, 364), Haberkorn (NJW 1965, 988), G. Schmidt (NJW 1975, 678), Soergel/Kraft (BGB, 11. Aufl., Vorbem. zu § 620 Rz 46), Stahlhacke (Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Aufl., Rz 91) und Staudinger/Neumann (BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu § 620 Rz 62). Für die ordentliche Kündigung eines Mietvertrages vor dem vereinbarten Vertragsbeginn vertritt der Bundesgerichtshof (BGHZ 73, 350) dieselbe Ansicht.
cc) Ausschließlich nach der Interessenlage und damit im Grundsatz in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestimmen den Beginn der Kündigungsfrist A. Hueck (Anm. zu AP Nr. 1 zu § 620 BGB, unter 2 e), G. Hueck (Anm. zu AP Nr. 2 zu § 620 BGB, unter 3), Schaub (Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 123 VI 1, S. 740) und Hillebrecht (KR, 2. Aufl., § 620 BGB Rz 53). Allerdings werden zum Teil in besonderen Umständen wie der Länge der Kündigungsfrist oder dem Charakter des Arbeitsverhältnisses (Probearbeitsverhältnis) Anhaltspunkte für ein bestehendes oder fehlendes Interesse an einer, wenn auch auf die Dauer der ab Vertragsbeginn berechneten Kündigungsfrist beschränkten, Realisierung des Arbeitsverhältnisses gesehen.
3. Der erkennende Senat hält im Grundsatz an der in seiner Stellungnahme zur Anfrage des Vierten Senat vertretenen und von diesem in dem Urteil vom 6. März 1974 (aaO) übernommenen Ansicht fest. Es hängt in erster Linie von den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen ab, ob für eine vor dem vereinbarten Vertragsbeginn ausgesprochene ordentliche Kündigung die Frist bereits mit Zugang der Kündigung oder erst mit dem vereinbarten Tag des Beginns des Arbeitsverhältnisses anläuft. Läßt sich eine eindeutige Vereinbarung nicht feststellen, so liegt eine Vertragslücke vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Der mutmaßliche Parteiwille ist unter Würdigung der beiderseitigen Interessenlage zu ermitteln, die grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen ist. Zu ergänzen ist diese Auffassung dahin, daß allerdings bestimmte Umstände, insbesondere die Länge der Kündigungsfrist und die Art der vorgesehenen Beschäftigung, Anhaltspunkte für den Willen und die Vorstellung der Parteien sein können, das Arbeitsverhältnis zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist durchzuführen. Im einzelnen gilt folgendes:
a) Seit dem Urteil des Ersten Senats vom 22. August 1964 (aaO) besteht im neueren Schrifttum Einigkeit darüber, daß die Parteien nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit vereinbaren können, eine vor dem vorgesehenen Vertragsbeginn ausgesprochene Kündigung solle die Kündigungsfrist mit ihrem Zugang an den Kündigungsempfänger in Lauf setzen. Die in diesem Urteil vertretene Ansicht, bei Fehlen einer dahingehenden eindeutigen Parteivereinbarung sei der Arbeitsvertrag stets dahin auszulegen, daß das Arbeitsverhältnis jedenfalls für die Dauer der Kündigungsfrist zu verwirklichen sei, vermag der Senat jedoch auch nach nochmaliger Überprüfung nicht zu teilen. Weder die beiderseitige Interessenlage noch der Grundsatz des Vertrauensschutzes rechtfertigen eine solche Einschränkung der Rechtsfolgen einer vor Dienstantritt erklärten Kündigung.
aa) Wie insbesondere A. Hueck (aaO) überzeugend ausgeführt hat, kann nicht generell ein Interesse der Vertragsparteien an der Durchführung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Kündigungsfrist angenommen werden, ohne bei dieser Wertung zumindest die Länge der Kündigungsfrist zu berücksichtigen. Je kürzer die vertragliche Bindung ist, die durch ein Beharren auf der Erfüllung des Vertrages für die Dauer der Kündigungsfrist erzwungen werden könnte, desto geringer kann das Interesse beider Parteien an einer solchen Bindung sein. Der Arbeitnehmer muß sich auch dann kurzfristig wieder eine neue Stelle suchen, wenn der Arbeitgeber ihm sofort nach seinem Eintritt kündigt. Er ist zur Arbeitsaufnahme und damit in vielen Fällen zur Einarbeitung verpflichtet, obwohl er weiß, daß seine Tätigkeit am neuen Arbeitsplatz nur kurze Zeit dauern wird. Auf der anderen Seite ist in solchen Fällen auch die von dem nur kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung für den Arbeitgeber weniger wertvoll. Würde das Arbeitsverhältnis vor Vertragsbeginn gelöst, kann der Arbeitnehmer bessere Aussichten haben, bei seinem früheren Arbeitgeber wieder eingestellt zu werden, eine zunächst abgelehnte Stelle doch noch zu erhalten oder weiteren noch bestehenden Angeboten nachzugehen. Eine Verpflichtung, das eingegangene Arbeitsverhältnis kurzfristig durchzuführen, könnte ihm eine solche Gelegenheit nehmen.
bb) Wie der Erste Senat bei seiner Würdigung der Interessenlage ferner nicht berücksichtigt hat, kann auch die Art der vorgesehenen Tätigkeit, zumindest in Verbindung mit einer verhältnismäßig kurzen Kündigungsfrist, gegen eine von den Parteien gewollte Mindestbindung an den Vertrag sprechen. So steht bei einem Probearbeitsverhältnis jedenfalls dann, wenn es, wie auch im Streitfall, als befristetes mit Kündigungsmöglichkeit ausgestaltet ist, im Vordergrund die Erprobung und Einarbeitung des Arbeitnehmers als Grundlage für die Entscheidung, ein Dauerarbeitsverhältnis einzugehen. Erweist sich durch die vorzeitig erklärte Kündigung, daß dieser Vertragszweck von vornherein nicht erreicht werden kann, so spricht dies dafür, in einem solchen Fall an einer kurzfristigen Vertragserfüllung für beide Parteien kein Interesse anzunehmen (so Neumann, DB 1966, 1607, unter II 1).
cc) Schließlich vermag auch das weitere vom Ersten Senat angeführte Argument nicht zu überzeugen, die Parteien verpflichteten sich grundsätzlich zur Aktualisierung des Arbeitsverhältnisses. Die durch den Arbeitsvertrag begründeten Hauptpflichten bestehen nur für die Dauer des Vertragsverhältnisses und entfallen mit seiner durch die Kündigung herbeigeführten Beendigung. Hält man deshalb mit der nunmehr einhelligen Meinung eine Kündigung vor Vertragsbeginn für zulässig, so kann der Beginn der Kündigungsfrist ab Vertragsbeginn nicht damit begründet werden, die Frist bestimme auch den Mindestumfang der vertraglich versprochenen Leistung (so M. Wolf, aaO). Die vertraglichen Pflichten bestehen nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses und enden mit dessen Auflösung durch die Kündigung. Deshalb kann aus der Verpflichtung, für die Kündigung eine Frist einzuhalten, nichts für die Bestimmung des Fristbeginns und für eine Mindestdauer der Durchführung des vor seinem Beginn kündbaren Arbeitsverhältnisses hergeleitet werden. Die Konstruktion einer durch ordentliche Kündigung nicht beeinträchtigende Aktualisierungspflicht stellt deshalb eine petitio principii dar (so zutreffend A. Hueck, aaO).
b) Abzulehnen ist jedoch auch die Ansicht, bei Fehlen einer eindeutigen Parteivereinbarung beginne die Kündigungsfrist stets mit dem Zugang der Kündigung zu laufen.
Sie kann nicht mit dem Zweck der Kündigungsfrist begründet werden, dem Kündigungsgegner ausreichende Zeit für die Suche nach einem neuen Vertragspartner zu lassen. Dieser Grund trifft für die vor wie für die nach Vertragsbeginn erklärte Kündigung zu. Soweit der Bundesgerichtshof (aaO) für das Mietverhältnis daraus folgert, die Kündigungsfrist beginne bei Fehlen einer Parteivereinbarung mit dem Zugang der Kündigung, kann dies jedenfalls für die vorzeitige Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht angenommen werden; der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich unentschieden gelassen, ob für das Arbeitsverhältnis dieselben Grundsätze wie für das Mietverhältnis zu gelten haben. Für die hier abgelehnte Ansicht kann auch nicht angeführt werden, daß die Kündigung gemäß § 130 BGB mit dem Zugang an den Kündigungsgegner wirksam wird. Diese Vorschrift regelt nur die Wirksamkeit der Kündigungserklärung, besagt aber nichts über die Wirkung der Kündigung. Mit der zulässigen Vereinbarung, die Wirkung solle zu einem späteren Zeitpunkt eintreten, wird deshalb auch nicht von § 130 BGB abgewichen (BAG 31, 121, zu II 3 b, aa der Gründe; insoweit zutreffend auch M. Wolf, Anm. zu AP Nr. 3 zu § 620 BGB, unter 1 c).
In Anbetracht der Verschiedenartigkeit der Arbeitsverhältnisse und ihrer Ausgestaltung kann auch bei Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung ein beiderseitiges Interesse der Parteien an der Durchführung des Vertrages für die Dauer der festgelegten Kündigungsfrist bestehen. Dies gilt insbesondere bei Vereinbarung langer Kündigungsfristen (vgl. A. Hueck, aaO). Der Arbeitnehmer leistet in diesem Falle zunächst in einem nicht nur unerheblichen Zeitraum die vertraglich geschuldete Arbeit, erzielt ein entsprechendes Einkommen und kann sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis um eine neue Stelle bewerben. Der Arbeitgeber erhält eine dem Arbeitsentgelt entsprechende Leistung. Dieser möglichen Interessenlage wird die Ansicht, die Kündigungsfrist beginne grundsätzlich mit dem Zugang der Kündigung zu laufen, nicht gerecht, weil sie die Beendigung des Arbeitsvertrages grundsätzlich erleichtert, wie der Senat bereits in seiner Antwort auf die Anfrage des Vierten Senats (aaO) betont hat.
c) Fehlt es für den Fall einer vorzeitigen Kündigung des Arbeitsvertrages an einer Parteivereinbarung über den Beginn der Kündigungsfrist, so liegt eine Vertragslücke vor, die nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (so zutreffend G. Hueck, aaO, sowie im methodischen Ansatz für das Mietverhältnis auch BGH, aaO).
aa) Hierbei ist darauf abzustellen, welche Regelung die Parteien getroffen hätten, wenn sie sich dieses Umstandes bewußt gewesen wären. Dieser mutmaßliche Parteiwille ist aufgrund der Interessenlage und grundsätzlich unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Falles zu ermitteln. Nur diese differenzierende Betrachtung ist dem im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der Arbeitsverhältnisse bestehenden Interesse an einer verfeinerten Einzelfallgerechtigkeit angemessen (G. Hueck; KR-Hillebrecht, jeweils aaO).
bb) Wenn auch für die ergänzende Vertragsauslegung jede schematisierende Betrachtungsweise abzulehnen ist, so weist das Arbeitsleben doch Vertragsgestaltungen auf, die von typischen Interessenlagen ausgehen und deshalb auch eine entsprechende Ergänzung des Arbeitsvertrages rechtfertigen, sofern sich nicht aus den konkreten Umständen des Einzelfalles etwas Gegenteiliges ergibt (vgl. G. Hueck, aaO). So können, wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, insbesondere die Länge der Kündigungsfrist oder die Art der vorgesehenen Beschäftigung Anhaltspunkte dafür sein, ob ein Interesse an einer zumindest vorübergehenden Realisierung des Arbeitsvertrages besteht und deshalb anzunehmen ist, daß die Parteien auch durch eine vorzeitige Kündigung die Kündigungsfrist nicht vor Vertragsbeginn hätten in Lauf setzen wollen, wenn sie diese Frage geregelt hätten. Ein solches Interesse fehlt in der Regel, wenn die Parteien die kürzeste zulässige Kündigungsfrist vereinbart haben, und insbesondere dann, wenn das Arbeitsverhältnis zunächst nur der Erprobung dienen soll (KR-Hillebrecht, aaO; für das Probearbeitsverhältnis Neumann, DB 1966, 1607).
4. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen ist das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Die Parteien haben im vorliegenden Fall eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart. Diese Abrede ist zwar unwirksam, weil für Angestellte die Mindestkündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Monat zum Monatsende beträgt und nach § 622 Abs. 3 BGB nur durch Tarifvertrag oder die vertragliche Vereinbarung der tariflichen Regelung verkürzt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Vereinbarung ist deshalb nichtig. An ihre Stelle tritt jedoch die zulässige Mindestfrist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat (BAG Urteil vom 10. Juli 1973 - 2 AZR 209/73 - AP Nr. 13 zu § 622 BGB). Die Vereinbarung einer für Angestellte ungewöhnlichen, sogar die gesetzliche Mindestfrist unterschreitenden Kündigungsfrist kann jedoch für die Würdigung der Interessenlage und die Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens herangezogen werden. Sie deutet darauf hin, daß sich die Parteien nur in geringem Umfang rechtlich binden wollten. Es handelt sich bei der vertraglichen Bindung der Parteien zudem noch um ein befristetes Probearbeitsverhältnis, das, anders als die einem Dauerarbeitsverhältnis vorgeschaltete Probezeit, ausschließlich der Erprobung dienen und nur ein Vorstadium des eigentlichen Arbeitsverhältnisses darstellen sollte (Neumann, DB 1966, 1607).
Besondere Umstände, die bei einer solchen Vertragsgestaltung dennoch für einen auf Durchführung des Vertrages für die Dauer der Kündigungsfrist gerichteten Willen der Parteien sprechen könnten, liegen nicht vor, wie auch das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Die Klägerin hatte ihr früheres Arbeitsverhältnis aus privaten Gründen und nicht wegen des Anstellungsvertrages mit der Beklagten gekündigt. Da der Arbeitsvertrag mit der Beklagten zunächst befristet war und zudem kurzfristig gekündigt werden konnte, durfte sie nicht darauf vertrauen, ein längerfristiges Arbeitsverhältnis in einer Schlüsselposition einzugehen. Der im Vertrag geäußerte Wunsch nach guter und langdauernder Zusammenarbeit stellt eine unverbindliche Höflichkeitsformel dar, aus der angesichts der rechtlichen Ausgestaltung des Vertrages kein Vertrauen auf eine vertragliche Bindung für eine gewisse Mindestfrist erwachsen konnte. Daß die Klägerin nach dem Vertragsabschluß weitere Bewerbungen zunächst unterlassen hat, ist die gewöhnliche Folge eines Vertragsabschlusses.
Hillebrecht Dr. Röhsler Triebfürst
Wellhausen Nipperdey
Fundstellen
BB 1986, 1919-1920 (LT1-2) |
DB 1986, 1781-1782 (LT1-2) |
NJW 1987, 148 |
NJW 1987, 148-150 (LT1-2) |
NZA 1986, 671-673 (LT1-2) |
RdA 1986, 267 |
RzK, I 8a Nr 2 (LT1-2) |
AP § 620 BGB (LT1-2), Nr 4 |
Arbeitgeber 1987, 233-233 (LT1-2) |
EzA § 620 BGB, Nr 75 (LT1-2) |