Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeiter im Werkdienst einer Justizvollzugsanstalt
Leitsatz (redaktionell)
Einzelfall:
Gilt für einen Arbeiter im Justizvollzugsdienst des Landes Bremen die Regelung der SR 2 m zum MTL II, so daß er wie ein „entsprechender vergleichbarer Beamter” (vgl. § 181 a BG BR) vorzeitig in den Ruhestand tritt?
Normenkette
MTL II SR 2 m Nrn. 1, 3; Bremisches Beamtengesetz (BG BR) § 181a Abs. 1; DSVollz Nr. 13
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 18. Januar 1988 – 1 Sa 156/87 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten gemäß den Bestimmungen der Sonderregelungen 2 m (SR 2 m) zum Manteltarifvertrag für die Arbeiter der Länder vom 27. Februar 1964 (MTL II) infolge der Vollendung seines 60. Lebensjahres geendet habe, weil er im Werkdienst eingesetzt sei und entsprechende vergleichbare Beamte des Landes Bremen mit dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand treten.
Der am 10. März 1927 geborene Kläger ist seit 1960 bei der Beklagten im landwirtschaftlichen Betrieb der Justizvollzugsanstalt B, der sogenannten Meierei, beschäftigt. Nachdem der Kläger seine Prüfung als Landwirtschaftsgehilfe bestanden hatte, haben die Parteien unter dem 17. April 1967 einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen, wonach der Kläger als Landwirtschaftsgehilfe unter Einreihung in die Lohngruppe VII weiterbeschäftigt wird, er für die Dauer der Tätigkeit als Vorarbeiter eine Zulage erhält und sich das Arbeitsverhältnis nach dem MTL II und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen richtet.
Bis 1980 waren in der sogenannten Meierei zwei Beamte des Werkdienstes, zwei Hilfsaufsichtsbeamte sowie der Kläger als „Staatsarbeiter” tätig. Zu dieser Zeit war dort auch der geprüfte Landwirtschaftsgehilfe R als Betreuungsbeamter im Werkdienst beschäftigt. Sodann wurde der Betrieb auf eine reine Viehhaltung, nämlich Färsenzucht,umgestellt. Seitdem sind hierfür als Bedienstete der Beklagten nur noch der Kläger und als Betriebsleiter der Beamte des Werkdienstes D eingesetzt. D ist als Hauptwerkmeister im Justizvollzugsdienst in die Besoldungsgruppe A 8 eingereiht. Ihm obliegt nach dem Geschäftsverteilungsplan für 1987 die Leitung und Überwachung der Landwirtschaft entsprechend der Aufgabenbeschreibung des Leiters der Schlosserei der Justizvollzugsanstalt. Der früher in der Meierei eingesetzte Herr R, ein Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst, ist als Betreuungsbeamter Leiter des werkdienstlichen Bereichs „Hofkolonne”, die für die Pflege der Innen- und Außenanlagen, darunter auch die Reinigung der Straßen, zuständig ist. Dem Kläger obliegen in der Meierei nach dem Geschäftsverteilungsplan für 1987 folgende Aufgaben: „Ausführen von sämtlichen praktischen Arbeiten (mit Gefangenen), die in einem Landwirtschaftsbetrieb anfallen”. Er arbeitet häufig mit zwei Gefangenen als Hilfskräften zusammen, ansonsten arbeitet er allein. Die Gefangenen haben zum Teil selbst eine Ausbildung zum geprüften Landwirtschaftsgehilfen durchlaufen. Der Kläger ist zum Vorarbeiter bestellt und erhält für die Dauer dieser Tätigkeit eine je nach Vorbildung der Hilfskräfte gestaffelte Vorarbeiterzulage. Die ihm zur Außenbeschäftigung zugewiesenen Gefangenen sind überwiegend Inhaber eines sogenannten „grünen Ausweises” und bedürfen nicht der ständigen Aufsicht. Sie unterliegen zwar dem geschlossenen Vollzug, können sich aber auf dem Anstaltsgelände und auch außerhalb in begrenzter Weise frei bewegen. Der Kläger führt die Gefangenen in die Tätigkeit ein und leitet sie, z. B. zur Maschinenbedienung und Viehfütterung, soweit erforderlich fachlich an. Im übrigen prüft er die Vollzähligkeit der Gefangenen. Sein typischer Arbeitsablauf besteht darin, die Gefangenen abzuholen und zur Meierei zu führen, mit den Gefangenen zu arbeiten, sie anzuleiten und zu beaufsichtigen sowie die Gefangenen in die Justizvollzugsanstalt zurückzubringen.
Seit 1982 obliegt dem Kläger grundsätzlich eigenverantwortlich die Abwesenheitsvertretung des Betriebsleiters D. Hierfür erhält er gem. § 9 Abs. 4 MTL II eine Vertretungszulage. Außerdem vertritt der Kläger den Leiter der Hofkolonne, R .
Im April 1986 bat der Kläger die Beklagte um Prüfung und einen beschwerdefähigen Bescheid, ob er im März 1987 mit Vollendung seines 60. Lebensjahres gemäß den Bestimmungen der Sonderregelungen 2 m MTL II in den Ruhestand trete. Die SR 2 m MTL II lauten auszugsweise:
„Nr. 1
Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich
Diese Sonderregelungen gelten für die Arbeiter im Justizvollzugsdienst, die im Werkdienst tätig sind.
Nr. 2
…
Nr. 3
Zu § 63 – Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Erreichen der Altersgrenze, Weiterbeschäftigung
Das Arbeitsverhältnis des Arbeiters endet, ohne daß es einer Kündigung bedarf, in demselben Zeitpunkt, in dem ein entsprechender vergleichbarer Beamter im Justizvollzugsdienst aufgrund der Vorschriften des jeweiligen Landesbeamtengesetzes über die besondere Altersgrenze für Beamte im Justizvollzugsdienst in den Ruhestand tritt. Eine für Beamte im Justizvollzugsdienst vorgesehene Möglichkeit der Verlängerung des Dienstverhältnisses gilt für das Arbeitsverhältnis des Arbeiters entsprechend.
Nr. 4
…” Das Bremische Beamtengesetz (BG BR) i. d. F. vom 3. März 1978 (Brem.GBl. S. 107 ff.) lautet auszugsweise:
„Beamte bei den Justizvollzugsanstalten
§ 181 a
(1) Die Altersgrenze für die Beamten des Aufsichts- und Werkdienstes sowie des gehobenen Justizvollzugsdienstes bei den Justizvollzugsanstalten ist das vollendete sechzigste Lebensjahr. Sie treten mit dem Ende des Monats in den Ruhestand, in dem sie die Altersgrenze erreichen.”
§ 42 Abs. 3 BG BR regelt die Möglichkeit, den Eintritt eines Beamten in den Ruhestand aus dringenden Gründen um eine bestimmte Frist bis zu einem Jahr hinauszuschieben.
Die Beklagte lehnte das Begehren des Klägers, mit Vollendung seines 60. Lebensjahres in den Ruhestand zu treten, mit der Begründung ab, die Bestimmungen träfen auf den Kläger nicht zu.
Nach weiterer fruchtloser vorgerichtlicher Korrespondenz hierüber verfolgt der Kläger mit seiner am 12. Januar 1987 eingereichten Klage sein Begehren weiter.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei mit einem Aufsichtsbeamten im Werkdienst vergleichbar, und zwar sowohl hinsichtlich seiner Vorbildung als auch hinsichtlich der Aufgaben. Sein Aufgabenfeld sei mit dem des Herrn R vergleichbar. Infolge seiner Arbeit mit Gefangenen nehme er überwiegend Aufsichtsfunktionen wahr. Die Anleitung anzulernender Gefangener mache 50 % seiner gesamten Tätigkeit aus. Bis auf die Frage der Verantwortlichkeit sei seine Tätigkeit auch mit der des Betriebsleiters D identisch. Er spreche mit D gemeinsam täglich die Arbeitseinteilung durch; die Arbeit werde unter D und ihm gleichmäßig verteilt. Er, der Kläger, führe beispielsweise an Verwaltungsarbeiten aus: Bearbeitung von Urlaubs- und Ausgangsanträgen der Gefangenen, Führung der Lagerkartei, Anforderungen für Material, Werkzeuge, Maschinen sowie Futter- und Düngemittel, Bearbeitung von Tierarztrechnungen etc., Bearbeitung der Beurteilungsbögen der Gefangenen wegen vorzeitiger Haftentlassung oder wegen Gnadengesuchen. Zudem vertrete er eigenverantwortlich Herrn D, und zwar an etwa 75 von insgesamt 220 Arbeitstagen im Jahr. Unstreitig vertrete er an etwa 50 Arbeitstagen den Leiter der Hofkolonne, R. Da er, der Kläger, ebenfalls besonders stark dem Umgang mit Gefangenen und deren eventuellen Angriffen ausgesetzt sei, träfen Sinn und Zweck der in Nr. 3 der SR 2 m MTL II geregelten vorgezogenen Altersgrenze auch auf ihn zu.
Der Kläger, der zunächst die Feststellung begehrt hatte, sein Arbeitsverhältnis habe an seinem 60. Geburtstag am 10. März 1987 geendet, hat unter Klagerücknahme im übrigen zuletzt beantragt
festzustellen,
daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten durch Erreichen der Altersgrenze gemäß Anlage 2 m Nr. 3 zu § 63 MTL II mit dem 31. März 1987 geendet hat.
Das beklagte Land hat sich mit der teilweisen Klagerücknahme einverstanden erklärt. Es hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat entgegnet: Der Kläger vertrete D nicht in dem vom Kläger behaupteten Umfang. Das Begehren des Klägers sei unbegründet. Im Justizvollzugsdienst gebe es keinen mit dem Kläger vergleichbaren Beamten. Die im Werkdienst tätigen Beamten sollten an der Erreichung des Vollzugzieles im Sinne der Resozialisierung mitwirken und neben den erforderlichen Sicherheits- und Ordnungsaufgaben gerade auch Tätigkeiten im Bereich der Arbeitsverwaltung und der beruflichen Bildung wahrnehmen. Solche Aufgaben nehme der Kläger nicht wahr. Der Kläger sei mit Beamten des Werkdienstes auch nicht vergleichbar, weil er nicht die notwendige Vorbildung durchlaufen und eine Meisterprüfung bestanden habe. Mit den Beamten des sogenannten unechten Werkdienstes sei er nicht vergleichbar, weil er nicht über eine entsprechende Ausbildung verfüge und deshalb nicht wie diese Beamten ähnlich vielfältig einsetzbar sei. Allein auf die tatsächliche Tätigkeit dürfe nicht abgestellt werden. Die dem Kläger zugewiesenen Gefangenen bedürften auch praktisch keiner Aufsicht. Vielmehr sei der Kläger Staatsarbeiter. Bei Staatsarbeitern stehe die Arbeitsleistung – gegebenenfalls zusammen mit Gefangenen – im Vordergrund und nicht die Beaufsichtigung oder Anleitung von Gefangenen. Weil nach der Umstellung des landwirtschaftlichen Betriebes die Aufsichtsarbeiten den größeren Umfang eingenommen hätten, erhalte der Kläger die Vorarbeiterzulage. Über die dem Kläger zur Verfügung gestellten Gefangenen, die er abzuholen und denen er Arbeit zuzuweisen habe, habe er keine direkte Aufsicht auszuüben. Er sammele lediglich nach Beendigung der Arbeit die Gefangenen wieder ein und geleite sie zur Justizvollzugsanstalt. Die Verantwortung für die Gefangenen trage aber nicht der Kläger, sondern D. Soweit Gefangene nicht zugewiesen seien, habe der Kläger die Arbeiten selbst auszuführen. Die Aufsicht über den Arbeitsablauf obliege allein D. D erledige auch die schriftlichen Arbeiten wie Bestellungen und Beurteilung der Gefangenen. Für Vertretungszeiten stelle D für den Kläger einen Arbeitsplan auf, nach dem der Kläger zu verfahren habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht unter Zulassung der Revision zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Feststellungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteiles und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Als „entsprechender vergleichbarer Beamter” im Sinne der Nr. 3 der SR 2 m zu § 63 MTL II sei derjenige anzusehen, der über dieselbe Vorbildung verfüge und eine ähnliche Tätigkeit ausführe. Der Kläger weise eine solche Vorbildung nicht auf. Die tarifvertragliche Regelung, die eine besondere Vorbildung in einer Tarifnorm nicht ausklammere, stelle keinen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz des Art. 3 GG dar. Es liege auch kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn dem Kläger die gemäß § 181 a BG BR für Beamte des Aufsichts- und Werkdienstes in den Justizvollzugsanstalten geltende Altersgrenze versagt werde. Zudem habe der Kläger nur Teile der Aufgaben wahrzunehmen, die an sich kraft ihrer Ausbildung den Beamten im Werkdienst zukämen. Dies gelte nicht nur, soweit der Kläger Herrn D vertrete, sondern auch, soweit er Herrn R vertrete. Die Aufsichtsfunktionen, die der Kläger wahrnehme, entsprächen nicht denen eines Beamten im Aufsichtsdienst.
2. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, einem entsprechenden Beamten sei nur der Arbeiter vergleichbar, der über dieselbe Vorbildung wie ein Beamter verfüge und eine ähnliche Tätigkeit wie ein Beamter ausführe. Auf diesem Rechtsfehler beruht die angefochtene Entscheidung.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß durch Auslegung zu ermitteln ist, was die Tarifvertragsparteien mit den Begriffen „entsprechender vergleichbarer Beamter” in Nr. 3 Satz 1 der SR 2 m zum MTL II gemeint haben. Es hat auch die für die Tarifauslegung maßgebenden Grundsätze richtig dargestellt. Hiernach ist zunächst vom Wortlaut des Tarifvertrags auszugehen. Über den reinen Wortlaut hinaus ist desweiteren der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Für die mögliche Heranziehung weiterer Auslegungskriterien wie der Tarifgeschichte, der praktischen Tarifübung und der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages gibt es keinen Zwang zu einer bestimmten Reihenfolge (BAGE 46, 308, 313 f. = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Ebenso hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, daß der Begriff „entsprechender vergleichbarer Beamter” im Sinne der Nr. 3 Satz 1 der SR 2 m zum MTL II der Auslegung bedarf, weil er nicht eindeutig ist.
b) Im übrigen hält jedoch die Auslegung dieses tariflichen Begriffes durch das Landesarbeitsgericht der Prüfung in der Revision nicht stand.
Das Landesarbeitsgericht hat zunächst eine Wortinterpretation der Begriffe „entsprechender” und „vergleichbarer” vorgenommen und hierzu auf höchstrichterliche Entscheidungen aus dem Bereich der Eingruppierung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst abgestellt. Bereits dies begegnet Bedenken. Bei dem hier in Rede stehenden Tarifbegriff „entsprechender vergleichbarer Beamter” handelt es sich um einen komplexen Begriff, der zu seiner Interpretation nicht primär in seine einzelnen Wortbestandteile zerlegt werden darf. Das Landesarbeitsgericht hat ferner die Regelung zum Geltungsbereich der SR 2 m MTL II nicht hinreichend beachtet. Nach ihrer Nr. 1 gelten diese Sonderregelungen „für die Arbeiter im Justizvollzugsdienst, die im Werkdienst tätig sind”. In ihrem Anwendungsbereich stellen die Sonderregelungen damit nicht darauf ab, welche berufliche Vorbildung oder Ausbildung der Arbeiter erhalten hat, sondern auf seinen Tätigkeitsbereich. Bereits dies steht dem Verständnis des Landesarbeitsgerichts zu dem tariflichen Begriff in Nr. 3 Satz 1 SR 2 m MTL II entgegen. In dieser Bestimmung wird der Geltungsbereich nicht ausdrücklich wiederholt. Um dem Zweck der Sonderregelungen zu genügen, der darin besteht, nur begrenzt Arbeiter mit Beamten im Justizvollzugsdienst hinsichtlich der Altersgrenze in bestimmtem Umfang gleichzustellen, mußten die Tarifvertragsparteien bestimmen, daß nur dann das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters vorzeitig endet, wenn für einen ihm vergleichbar eingesetzten Beamten, der in dem selben Dienstbereich tätig ist, eine solche Regelung besteht. Denn nach Nr. 3 SR 2 m MTL II soll die vorgezogene Altersgrenze nur für solche Arbeiter gelten, wenn es sie für entsprechende Beamte, also für Beamte, die in dem entsprechenden Dienstbereich tätig sind, ebenfalls gibt (vgl. Scheuring/Steingen, Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder, Stand: 1. Januar 1989, Nr. 3 SR 2 m MTL II Rz 1). Nach Nr. 1 SR 2 m MTL II kann dies zwar nur der Werkdienst sein, weil der gesamte Geltungsbereich in den Sonderregelungen für Arbeiter auf Arbeiter im Justizvollzugsdienst eingeschränkt ist, die im Werkdienst tätig sind. Indessen ist zu beachten, daß der Wortlaut der Nr. 3 SR 2 m MTL II offensichtlich der Nr. 7 der Sonderregelungen 2 n zum BAT nachgebildet worden ist. Dort hat die Formulierung „entsprechender vergleichbarer Beamter” indessen eine weitergehende Bedeutung. Nach der Nr. 1 gelten die SR 2 n zum BAT für Angestellte, die im Aufsichtsdienst, im Werkdienst oder im Sanitätsdienst tätig sind. Insoweit war zusätzlich zu regeln, daß die vorgezogene Altersgrenze nur dann für einen Angestellten gilt, wenn er im entsprechenden Dienst eingesetzt ist und für einen mit ihm vergleichbaren Beamten in demselben Dienst, also einem entsprechenden vergleichbaren Beamten, eine vorgezogene Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand nach landesrechtlichem Beamtenrecht gilt.
Die zusätzliche Verwendung des Begriffes „vergleichbar” spricht die Vergleichbarkeit der Tätigkeit des Arbeiters und des Beamten innerhalb des entsprechenden Dienstbereiches an. Eine Gleichstellung von Arbeitern und Beamten ist, wenn die Zuordnung zum entsprechenden Dienstbereich als Kriterium nicht ausreicht, nur anhand der ausgeübten Tätigkeit möglich. Es ist durchaus möglich, daß ein Arbeiter im Werkdienst eingesetzt ist, er jedoch nicht die Aufgaben eines Werkdienstbeamten zu vollziehen hat, sondern er selbst die anfallenden Arbeiten zu erledigen hat. Andererseits ist auch möglich, daß ein Arbeiter im Werkdienst eingesetzt ist und er wie ein Werkdienstbeamter eingesetzt wird. Nur dann ist er einem entsprechenden Beamten nach § 181 a BG BR vergleichbar. Denn die vorgezogene Altersgrenze dieser Bestimmung gilt nicht für Beamte, wenn sie nur im Aufsichts- und Werkdienst eingesetzt sind, sondern für Beamte des Aufsichts- und Werkdienstes. Insoweit knüpft die beamtenrechtliche gesetzliche Regelung nicht an die Tätigkeit, sondern an die jeweilige Beamtenlaufbahn an. Daher wird erst durch die Verwendung des Begriffes „vergleichbar” sichergestellt, daß nur die Arbeiter und Beamten gleich behandelt werden, die im entsprechenden Dienstbereich eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Das von ihm gefundene Ergebnis ist darüber hinaus in sich widersprüchlich: Wenn es, wie das Landesarbeitsgericht meint, entscheidend darauf ankäme, daß ein Arbeiter dieselbe Ausbildung haben müßte wie ein Werkdienstbeamter, so würde von einem Arbeiter in der Regel Unmögliches verlangt. Denn die Ausbildung, wie sie ein Werkdienstbeamter erhalten hat, kann einem Arbeiter in diesem Status nicht zuteil werden. Sie wird nach den Regelungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den allgemeinen Vollzugs- und Werkdienst des Landes Bremen vom 23. März 1981 (Brem.GBl. S. 79) nur im Rahmen einer Laufbahnausbildung angeboten. Eine solche Ausbildung kann ein Bediensteter im Status eines Arbeiters folglich nicht erhalten. Eine Tarifauslegung, die aber zu einem Ergebnis führt, das von dem durch die Tarifnorm Begünstigten nie erreichbar ist, kann nicht richtig sein.
3. Auf diesem Rechtsfehler beruht das angefochtene Urteil. Seine weitergehenden Erwägungen zur Frage der Verletzung des grundrechtlichen Gleichheitssatzes oder des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes können dahingestellt bleiben. Vielmehr ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Nr. 1 und 3 der SR 2 m zum MTL II beim Kläger gegeben sind. Der Senat kann dies nicht selbst entscheiden, weil es insoweit an ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen durch das Landesarbeitsgericht fehlt. Das Landesarbeitsgericht wird diese Sachverhaltsfeststellungen, gegebenenfalls auch nach weiterem Vortrag der Parteien, nachzuholen haben.
In seinem weiteren Verfahren wird das Landesarbeitsgericht folgendes zu beachten haben: a) Zunächst ist zu klären, ob die Sonderregelungen 2 m zum MTL II überhaupt auf den Kläger Anwendung finden, d. h., ob die Voraussetzungen der Nr. 1 der SR 2 m MTL II vorliegen. Hierzu muß der Kläger nicht nur – was unstreitig erfolgt ist – im Vollzugsdienst eingestellt sein, sondern er muß im „Werkdienst” tätig sein. Der Begriff „Werkdienst” ist in den tarifvertraglichen Bestimmungen des MTL II einschließlich seiner Sonderregelungen nicht definiert. Ebenso fehlt eine gesetzliche Definition dessen, was inhaltlich unter „Werkdienst” zu verstehen ist. Ein Anhaltspunkt dafür, was gegenständlich unter „Werkdienst” zu verstehen ist, ergibt sich jedoch aus Nr. 13 der Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug (DSVollz), einer Vereinbarung der Landesjustizverwaltungen, die am 1. Januar 1977 in Kraft getreten ist. Die Nr. 13 der DSVollz ist mit „Werkdienst” überschrieben und bestimmt in ihrem Abs. 1, daß zur Leitung der „Betriebe der Arbeitsverwaltung und für die Anleitung der Gefangenen in diesen Betrieben sowie für die Überwachung und Wartung der technischen Anlagen der Anstalt” …”Bedienstete des Werkdienstes oder fachlich vorgebildete Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdienstes bestellt” werden. Das Landesarbeitsgericht wird zu klären haben, ob der landwirtschaftliche Betrieb der Justizvollzugsanstalt, in welchem der Kläger eingesetzt ist, als ein Betrieb anzusehen ist, der gegenständlich zum „Werkdienst” zählt. Die Parteien des Rechtsstreits scheinen übereinstimmend der Auffassung zu sein, daß es sich bei der sogenannten Meierei in der Justizvollzugsanstalt um einen Betrieb des „Werkdienstes” handelt. Eine gerichtliche Feststellung hierüber fehlt indessen.
b) Handelt es sich bei der Meierei um einen Betrieb des Werkdienstes, so wird das Landesarbeitsgericht weiter zu klären haben, ob der Kläger darin wie ein Beamter des Werkdienstes oder ein im Werkdienst eingesetzter Beamter des allgemeinen Vollzugsdienstes tätig ist. Für die insoweit vom Kläger zu erfüllenden Aufgaben hat sich das Landesarbeitsgericht an den Bestimmungen Nr. 13 Abs. 2 DSVollz zu orientieren. Dabei wird das Landesarbeitsgericht auch zu beachten haben, daß der Werkdienst nicht nur auf eine Berufsausbildung ausgerichtet ist, für die der Ausbilder regelmäßig eine Meisterprüfung absolviert haben muß, und daß Werkdienst auch nicht nur vorliegt, wenn derartige Betriebe geleitet werden. Werkdienstliche Aufgaben bestehen wesentlich in der Anleitung der Gefangenenarbeit selbst und in der Aufsicht über die Durchführung der Arbeit, ferner – aber nicht mit gleicher Intensität – in den übrigen in Nr. 13 Abs. 2 DSVollz genannten Aufgaben. Dabei brauchen nicht alle darin genannten Aufgaben vom Kläger erfüllt zu sein. Erforderlich ist jedoch, daß der Kläger überwiegend Aufgaben wahrnimmt, wie sie vorstehend skizziert worden sind. Dabei wird das Landesarbeitsgericht auch zu beachten haben, inwieweit dem Kläger selbst die Ausführung der Arbeit obliegt und inwieweit er Gefangene, soweit sie ihm beigestellt sind, tatsächlich zur Arbeit anleitet und nicht etwa deren Tätigkeit nur nach Art eines Vorarbeiters überwacht. Bei der Frage, inwieweit die Tätigkeit des Klägers insgesamt oder überwiegend der eines Beamten des Werkdienstes oder eines im Werkdienst eingesetzten Beamten des Aufsichtsdienstes vergleichbar ist, wird das Landesarbeitsgericht auch die dem Kläger obliegenden Abwesenheitsvertretungen für den Leiter des landwirtschaftlichen Betriebes, D, zu beachten haben. Ob auch die Vertretungstätigkeit für den Leiter der Hofkolonne, R, in Betracht kommt, hängt davon ab, inwieweit die Leitung der Hofkolonne eine Tätigkeit im Werkdienst ist.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Dr. Becker, Schliemann, Kleeschulte, Jubelgas
Fundstellen