Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Arbeitnehmers. Gesamtschuld
Leitsatz (amtlich)
- Bei einer vorsätzlichen Vertrags- oder Eigentumsverletzung haftet der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden jedenfalls dann, wenn sich sein Vorsatz außer auf die Verletzungshandlung auch auf den Schadenseintritt bezog. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die Verletzungshandlung für den Schaden adäquat ursächlich war.
- § 426 Abs 2 Satz 1 BGB, wonach die Forderung des Gläubigers auf einen Gesamtschuldner nur insoweit übergeht, als dieser von den übrigen Gesamtschuldnern Ausgleichung verlangen kann, kann nicht dadurch umgangen werden, daß der Gläubiger seinen Anspruch gegen die übrigen Gesamtschuldner an einen ihn befriedigenden Gesamtschuldner abtritt.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, §§ 254-255, 280, 286, 421, 823 Abs. 1-2, §§ 839, 932 Abs. 1, § 935 Abs. 2; StGB § 242; StPO § 52 Abs. 3, § 55 Abs. 2, §§ 63, 111k, 115 Abs. 3-4, § 115a Abs. 3, §§ 136, 163a, 201 Abs. 1, § 235 S. 2, § 265 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 15.02.1989; Aktenzeichen 2 Sa 1286/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 19.08.1988; Aktenzeichen 12 Ca 8612/87) |
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Februar 1989 – 2 Sa 1286/88 – teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19. August 1988 – 12 Ca 8612/87 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,-- DM nebst 7 % Zinsen ab 10. August 1987 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die weitergehende Revision und die weitergehende Berufung werden zurückgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3; die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts entstandenen Kosten trägt der Kläger.
Von den übrigen Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Beklagte war bei den Eheleuten E… in K… als Hausgehilfin beschäftigt. Sie entwendete der Ehefrau Schmuckstücke im Wert von 7.300,-- DM und verpfändete sie bei einem Pfandleiher als Sicherheit für ein Darlehen, das dieser ihr gewährte. Die Beklagte hatte nicht die Absicht, den Schmuck nach Fälligkeit des Darlehens auszulösen. Während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Beklagte wurde der Schmuck im Oktober 1980 beschlagnahmt. Im Januar 1981 wurde die Beklagte wegen Diebstahls verurteilt. Nach Abschluß des Strafverfahrens bat der Pfandleiher, ihm den Schmuck zurückzugeben. Die zuständige Dezernentin der Staatsanwaltschaft verfügte im Februar 1981 die Herausgabe an den Pfandleiher. Dieser versteigerte am 2. April 1981 den Schmuck öffentlich und erzielte dafür einen Erlös von 1.105,-- DM.
Die Eheleute E… erfuhren erst nach der Versteigerung, daß der Schmuck wieder an den Pfandleiher herausgegeben worden war. Sie verlangten von diesem Schadenersatz. Der Pfandleiher gab ihnen jedoch nur den Versteigerungserlös heraus. Darauf erhoben die Eheleute gegen den Pfandleiher Klage auf Zahlung weiterer 6.195,-- DM. Das Oberlandesgericht Köln erkannte rechtskräftig auf Klageabweisung. Die den Eheleuten dadurch entstandenen Prozeßkosten betrugen 6.316,71 DM.
Die Eheleute verklagten sodann das im vorliegenden Rechtsstreit klagende Land auf Ersatz des Schadens, der ihnen durch den Verlust der Schmuckstücke und dadurch entstanden war, daß sie im Rechtsstreit gegen den Pfandleiher die Prozeßkosten tragen mußten. Nachdem der Ehemann E… die Klage zurückgenommen hatte, entschied das Landgericht Köln durch Grundurteil vom 4. März 1986 zugunsten der Ehefrau. Am 25. November 1986 schlossen die Ehefrau E… und das Land einen Teilvergleich. Darin verpflichtete sich das Land, an die Ehefrau als Ausgleich für den Verlust der Schmuckstücke 5.000,-- DM zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen die Beklagte. Durch Schlußurteil des Landgerichts Köln vom 23. Dezember 1986 wurde das Land verurteilt, an die Ehefrau weitere 6.316,71 DM nebst Zinsen zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen die Beklagte. Nach der Abtretungserklärung vom 20. Februar 1987 zahlte das Land insgesamt 11.698,52 DM an die Ehefrau E….
Das klagende Land hat die Beklagte in Höhe dieses Betrags in Anspruch genommen. Es hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse für alle Schäden einstehen, die der Ehefrau E… durch Diebstahl und Verpfändung der Schmuckstücke entstanden seien.
Nachdem das Landgericht Köln den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das Arbeitsgericht verwiesen hat, hat dieses die Klage als unbegründet abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat das klagende Land nur noch die Erstattung des Betrags verlangt, den es als Ersatz für den Verlust der Schmuckstücke an die Ehefrau E… gezahlt hat. Es hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an das klagende Land 5.000,-- DM zuzüglich 7 % Zinsen seit dem 10. August 1987 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Schaden sei allein durch das fehlerhafte Handeln der Staatsanwältin entstanden. Zum Verlust des Schmucks sei es nur gekommen, weil diese die Schmuckstücke nach Beendigung des Strafverfahrens pflichtwidrig an den Pfandleiher herausgegeben habe.
Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat teilweise Erfolg. Die Klage ist, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens war, in Höhe von 1.000,-- DM unbegründet. Das klagende Land kann von der Beklagten die Zahlung von 4.000,-- DM verlangen. Nur in dieser Höhe ist die Beklagte als Gesamtschuldnerin dem klagenden Land zur Ausgleichung verpflichtet.
I. Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zur Ausgleichung verpflichtet.
1. Die Parteien sind Gesamtschuldner der Ehefrau E…. Sie schulden dieser Ersatz des Schadens, der dadurch entstanden ist, daß der Schmuck durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten (§ 932 Abs. 1, § 935 Abs. 2 BGB) verloren ging. Die Ehefrau ist jedoch nur einmal berechtigt, die Leistung zu fordern (§ 421 BGB).
a) Das klagende Land war der Ehefrau E… zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihr durch die öffentliche Versteigerung des Schmucks entstanden war, weil die Staatsanwältin bei Beendigung der Beschlagnahme den Schmuck unter schuldhafter Verletzung des öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnisses, das zwischen dem klagenden Land und der Ehefrau E… begründet worden war, nicht an diese als Eigentümerin, sondern an den Pfandleiher herausgegeben hat. Dies hat das Landgericht Köln im Grundurteil vom 4. März 1986 – 5 0 540/85 – rechtskräftig entschieden.
b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß auch die Beklagte wegen Verletzung des Arbeitsvertrags (§§ 280, 286 BGB analog) und des Eigentums (§ 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verb. mit § 242 StGB) der Ehefrau E… für den Schaden haftet, der durch den Verlust der Schmuckstücke entstanden ist.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Beklagte den Schaden durch ihr Verhalten verursacht hat. Die Angriffe, die die Revision dagegen richtet, sind nicht begründet.
Die Revision meint, durch die Beschlagnahme sei die Gefahr, daß es zu einem Totalverlust des Schmucks kommen würde, entfallen gewesen. Die Staatsanwältin habe durch die fehlerhafte Herausgabe an den Pfandleiher in ungewöhnlicher Weise in den Kausalverlauf eingegriffen. Werde nach einem Diebstahl die Beute vor dem endgültigen Schadenseintritt durch staatliche Organe gesichert, sei es völlig untypisch und daher nach der Lebenserfahrung nicht vorhersehbar, daß der vom Täter ursprünglich in Kauf genommene Deliktserfolg dennoch eintrete. Diese Überlegung verhilft der Beklagten nicht zum Erfolg.
Die Beklagte ist im Sinne der Bedingungstheorie (Äquivalenztheorie) für den Schaden ursächlich geworden. Hätte sie die Schmuckstücke nicht im Haushalt der Eheleute E… weggenommen und zu dem Pfandleiher gebracht, wäre es nicht zur Versteigerung und damit zum gutgläubigen Erwerb der gestohlenen Gegenstände durch Dritte gekommen. Daß der Schmuck nach Beendigung der Beschlagnahme wieder an den Pfandleiher und nicht an die Eigentümerin zurückgelangte, ist ebenfalls ursächlich auf das Handeln der Beklagten zurückzuführen. Denn nur dadurch, daß die Beklagte den Schmuck dem Pfandleiher übergeben hatte, konnte die Staatsanwältin zu dem Irrtum veranlaßt werden, entgegen § 111k StPO sei der Pfandleiher als letzter Gewahrsamsinhaber der richtige Herausgabeadressat.
Es spricht auch viel für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe trotz des dazwischengetretenen fehlerhaften Verhaltens der Staatsanwältin den Verlust der Schmuckstücke adäquat ursächlich herbeigeführt. Durch Diebstahlshandlungen wird die Amtstätigkeit der Ermittlungsbehörden veranlaßt. Die Möglichkeit einer fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage durch Bedienstete dieser Behörden liegt nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit. Die Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Die Beklagte haftet der Ehefrau E… unabhängig davon, ob ihr Verhalten für den Verlust der Schmuckstücke adäquat ursächlich geworden ist. Dies folgt daraus, daß der Vorsatz der Beklagten sich auf den Eintritt des Schadens durch Versteigerung der Schmuckstücke bezog. Darauf hat die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen.
Die Adäquanztheorie schließt tatsächliche Entwicklungen, mit denen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht zu rechnen ist, aus dem Verantwortungsbereich des Ersatzpflichtigen aus, weil eine Haftung für rein zufällige Folgen der Rechtsüberzeugung widerspräche, das Erfordernis der Beherrschbarkeit einer Schadensgefahr außer acht ließe und keine generalpräventive Wirkung entfalten könnte (vgl. dazu Hermann Lange, Schadensersatz, 1979, S. 61). Der Ersatzpflichtige soll in der Regel für die äußerst unwahrscheinliche Folge deshalb nicht einstehen müssen, weil sie außerhalb des vorhersehbaren und beherrschbaren Geschehens liegt. Diese Begründung entfällt, wenn der Ersatzpflichtige die eingetretene Folge gerade gewollt hat, auch wenn sie äußerst unwahrscheinlich war (H. Lange, aaO, S. 70). Unanwendbar ist die Adäquanztheorie deshalb, soweit der Vorsatz des Täters reicht. Denn für die gewollten Folgen bedarf es keines Schutzes vor der Zurechnung, mag der Erfolgseintritt auch noch so unwahrscheinlich gewesen sein (vgl. auch Staudinger/Medicus, BGB, 12. Aufl., § 249 Anm. 49).
Nach den nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen bezog der Vorsatz der Beklagten sich nicht nur auf die sogenannte haftungsbegründende Kausalität, die Wegnahme des Schmucks und seine Übergabe an den Pfandleiher, sondern auch auf die Verwertung durch öffentliche Versteigerung, also die sogenannte haftungsausfüllende Kausalität. Die Beklagte wollte von vornherein den Schmuck nicht auslösen. Der Schmuck sollte nach ihrem Plan zum Nachteil der Ehefrau E… veräußert werden, wobei unerheblich ist, welche Vorstellungen die Beklagte in bezug auf die Voraussetzungen und die rechtlichen Folgen der öffentlichen Versteigerung durch den Pfandleiher hatte.
2. Das klagende Land kann von der Beklagten in Höhe von 4/5 Ausgleichung verlangen.
a) Im Verhältnis zueinander sind Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Ausgleichshaftung der Parteien richtet sich nicht nach Kopfteilen. Aus § 254 BGB ergibt sich eine anderweitige Bestimmung.
aa) Bei Schadenersatzansprüchen richtet sich die Verteilung des Schadens auf mehrere Ersatzpflichtige nach § 254 BGB (ständige Rechtsprechung, BGHZ 59, 97, 103, mit weiteren Nachweisen). Es hängt somit von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die Ausgleichspflicht eines Gesamtschuldners eintritt und zu welchem Anteil sie eintritt. Dabei kommt es darauf an, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder von dem anderen der Gesamtschuldner verursacht worden ist. Ins Gewicht fallen kann dabei vor allem, wenn der eine Gesamtschuldner gegenüber dem anderen eine besondere Vertragspflicht oder eine vorvertragliche Sorgfaltspflicht verletzt hat (vgl. RGRK-Weber, BGB, 12. Aufl., § 426 Rz 47, mit weiteren Nachweisen).
Bei der Abwägung fällt zu Lasten der Beklagten ins Gewicht, daß sie vorsätzlich den Schmuck weggenommen und verwertet hat. Zwar war durch die Beschlagnahme zwischenzeitlich eine Lage entstanden, in der ohne den Fehler der Staatsanwältin der Verlust des Schmucks vermieden worden wäre. Dies entlastet die Beklagte jedoch nicht. Sie hat diese tatsächliche Entwicklung weder gefördert noch gewollt. Sie war im Gegenteil daran interessiert, daß ihre Straftat unentdeckt blieb, um sich die Früchte derselben sichern zu können. Andererseits erscheint es gerechtfertigt, das klagende Land wegen des fahrlässigen Verhaltens der Staatsanwältin mit einem Teil des Schadens zu belasten. Unter Beachtung aller Umstände sind der Beklagten 4/5 und dem klagenden Land 1/5 des Schadens zuzuweisen. Da der Tatbestand geklärt ist, bedarf es keiner Zurückverweisung des Rechtsstreits an den Tatrichter. Der Senat ist als Revisionsgericht vielmehr selbst in der Lage, diese Verteilung vorzunehmen (vgl. BGHZ 3, 46, 52, mit weiteren Nachweisen).
bb) Das klagende Land hat gegenüber der Beklagten keine Rechtspflicht verletzt, weder eine vertragliche oder vertragsähnliche noch eine öffentlich-rechtliche. Es muß deshalb den Schaden nicht voll oder zu einem höheren als dem vorbezeichneten Anteil tragen.
Die Verletzung des öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnisses, das durch die Beschlagnahme entstanden war, führte zwar zu einer Haftung des Landes gegenüber der Ehefrau E…, nicht jedoch gegenüber der Beklagten. Die Beklagte war an diesem Rechtsverhältnis nicht beteiligt. Ihr gehörte der Schmuck nicht und sie besaß auch sonst keine Rechte an ihm.
Auch aus dem durch die Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens begründeten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis war das klagende Land der Beklagten nicht verpflichtet. Dem Beschuldigten gegenüber besteht eine Fürsorgepflicht des Staates. Sie läßt sich aus Einzelvorschriften ableiten, in denen unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge Verhaltenspflichten als Rechtspflichten begründet sind, insbesondere aus solchen, die eine Belehrung über die Rechtslage, über Antrags- und Aussageverweigerungsrechte usw. vorschreiben (vgl. z. B. §§ 52 Abs. 3, 55 Abs. 2, 63, 115 Abs. 3 und 4, 115a Abs. 3, 136, 163a, 201 Abs. 1, 235 Satz 2, 265 Abs. 1 StPO). Eine über solche Einzelregelungen hinausgehende Fürsorgepflicht ist Rechtspflicht, wenn sie sich aus dem durch erweiternde Auslegung zu gewinnenden Sinn von Einzelvorschriften ergibt, die Rechtspflichten begründen (vgl. Löwe/Rosenberg, StPO, 23. Aufl., Einl. Kap. 6 Rz 24). Die hier in Betracht kommenden Regelungen über die Rückgabe beschlagnahmter Sachen lassen jedoch nicht erkennen, daß dem Staat eine als Rechtspflicht anzusehende Fürsorgepflicht gegenüber einem Beschuldigten obliegt, der an der Sache kein Recht besitzt. Beschlagnahmte Sachen sind grundsätzlich dem letzten Gewahrsamsinhaber zurückzugeben (vgl. Kleinknecht/Meyer, StPO, 39. Aufl., § 94 Rz 22). Sie sollen nach § 111k StPO dem Verletzten, dem sie durch die Straftat entzogen worden sind, herausgegeben werden, wenn er bekannt ist und Ansprüche Dritter nicht entgegenstehen. Diese Regelung zeigt, daß der Gesetzgeber außer den Interessen des Verletzten durchaus auch Ansprüche Dritter als schutzwürdig im Auge hat, wobei Dritter auch der Beschuldigte sein kann. Hat ein Beschuldigter aber – wie die Beklagte – kein Recht an der Sache, so besteht ihm gegenüber auch keine Rechtspflicht aus dem öffentlich-rechtlichen Verhältnis, das durch die Aufnahme der Ermittlungen zwischen ihm und dem Staat begründet wurde.
Aus den gleichen Erwägungen scheidet auch ein Anspruch der Beklagten aus Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB) aus. Die Staatsanwältin hat keine ihr der Beklagten als einer “Dritten” gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt.
b) Die anteilige Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem klagenden Land berechnet sich von dem Betrag in Höhe von … 5.000,-- DM, den das klagende Land als Ersatz für den Schmuck an die Ehefrau E… gezahlt hat. Grundlage der Berechnung ist nicht der gesamte durch den Verlust der Schmuckstücke enstandene Schaden in Höhe von 6.195,-- DM, der der Ehefrau nach Abzug des Versteigerungserlöses von 1.105,-- DM verblieben ist. Soweit dieser Restschaden die vom klagenden Land gezahlten 5.000,-- DM übersteigt, steht dem klagenden Land als Ausgleichsanspruch zwar ein Befreiungsanspruch zu (BGHZ 35, 317, 325). Das klagende Land hat diesen Anspruch jedoch mit der vorliegenden Klage, die nur auf Zahlung gerichtet ist, nicht erhoben.
II. Das klagende Land hat auch aus übergegangenem Recht keinen Anspruch auf Zahlung der weiteren 1.000,-- DM.
1. Nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB geht die Forderung des Gläubigers auf einen Gesamtschuldner über, soweit dieser den Gläubiger befriedigt und von den anderen Gesamtschuldnern Ausgleichung verlangen kann. Die Forderung der Ehefrau E… ist somit in Höhe von 4.000,-- DM auf das klagende Land übergegangen, weil dieses in dieser Höhe von der Beklagten Ausgleichung verlangen kann.
2. Darauf, daß die Ehefrau E… in dem gerichtlichen Vergleich ihren Anspruch gegen die Beklagte an das klagende Land abgetreten hat, kann dieses sich nicht berufen. Der den Gläubiger befriedigende Gesamtschuldner kann die übrigen Gesamtschuldner jeweils nur in Höhe ihres Ausgleichspflichtanteils in Anspruch nehmen. Diese gesetzliche Regelung kann nicht dadurch umgangen werden, daß der Gläubiger seinen eigenen Schadenersatzanspruch gegen einen anderen Gesamtschuldner an den ihn befriedigenden Gesamtschuldner durch Rechtsgeschäft überträgt. Hierdurch würde in die durch Gesetz geordneten Rechtsverhältnisse der an dem Rechtsgeschäft nicht beteiligten Gesamtschuldner eingegriffen (vgl. BGHZ 17, 214, 222). Daran ändert nichts, daß hier zugunsten des klagenden Landes die Tatbestandsvoraussetzungen des § 255 BGB vorliegen könnten. § 426 BGB geht als die speziellere Regelung vor (vgl. BGHZ 59, 97, 102).
Unterschriften
Michels-Holl, Dr. Peifer, Dr. Wittek, Dr. Weiss, Brückmann
Fundstellen
Haufe-Index 841074 |
BAGE, 128 |
RdA 1990, 317 |