Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortszuschlag. „halber Ehegattenbestandteil”
Leitsatz (redaktionell)
Bestätigung der Senatsrechtsprechung (Senatsurteil 26. Mai 1994 – 6 AZR 897/93 – AP BAT § 29 Nr. 11)
Normenkette
BAT § 29 Abschn. B Abs. 2, 5-7
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Februar 1999 – 7 Sa 1094/98 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Ortszuschlags der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 1. Juli 1977 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.
Die Klägerin ist verheiratet. Sie erhält gemäß § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT den Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 des für sie maßgeblichen Ortszuschlags zur Hälfte. Der Ehemann der Klägerin ist seit Oktober 1990 Mitarbeiter der kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands. Dieser Kasse ist als kirchliche Einrichtung durch Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Juli 1976 (GVBl. NW S 264) die Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts zuerkannt worden. Der Ehemann der Klägerin erhält nach deren Angaben Vergütung entsprechend den Bestimmungen des BAT. Den Ortszuschlag erhält er ebenfalls gekürzt nach § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe gegen die Beklagte Anspruch auf den ungekürzten Ortszuschlag. Die Tätigkeit ihres Ehemannes sei nicht als öffentlicher Dienst iSd. Kürzungsvorschrift des § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT anzusehen. Bei dem Arbeitgeber ihres Ehemannes handele es sich um einen Verband der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und demgemäß erfolge nach § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT keine Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst. Die kirchliche Zusatzversorgungskasse sei zwar eine Anstalt des öffentlichen Rechts; sie werde jedoch ausschließlich durch Zuschüsse der Erzbistümer in der Bundesrepublik Deutschland finanziert. Eine Bezuschussung durch den Staat erfolge nicht.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den ungekürzten Ortszuschlag gem. § 29 BAT seit dem 1. Juli 1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Tätigkeit des Ehemanns der Klägerin sei als öffentlicher Dienst iSd. Kürzungsvorschriften des § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT anzusehen. Dies ergebe sich aus § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 BAT, denn die kirchliche Zusatzversorgungskasse sei eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Ferner gelange man nach § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT zum gleichen Ergebnis, denn die Zusatzversorgungskasse erhalte Zuschüsse von einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft, die sich ihrerseits aus öffentlichen Mittelzuweisungen finanziere (zB Kirchensteuer). Der Anspruch der Klägerin scheitere auch daran, daß der zuständige kommunale Arbeitgeberverband es abgelehnt habe, für den Arbeitgeber des Ehemanns der Klägerin die Entscheidung nach § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 4 BAT zu treffen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nach § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 2 BAT gegen die Beklagte einen Anspruch auf den vollen Ortszuschlag der Stufe 2. Die Voraussetzungen für eine Kürzung nach § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT lägen nicht vor, da der Ehegatte der Klägerin nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt sei. Zwar sei die kirchliche Zusatzversorgungskasse eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Ihre Einbeziehung in den Kreis der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes iSd. § 29 Abschn. B Abs. 5 iVm. Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 BAT widerspräche jedoch dem Sinn der Regelung in § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 BAT, nach der Tätigkeiten bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften oder ihren Verbänden aus dieser Definition ausgenommen seien. Grund für diese Ausnahme sei, daß diese Tätigkeiten nicht vom Bund, einem Land oder einer Gemeinde finanziert würden. Die Tätigkeit des Ehegatten der Klägerin sei auch nicht auf Grund von § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT als öffentlicher Dienst anzusehen. Die Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften aus der Kirchensteuer seien keine Beteiligung des Bundes, der Länder oder Gemeinden.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis zu folgen.
II. Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf den vollen Ortszuschlag der Stufe 2 nach § 29 Abschn. B Abs. 2 BAT. Die Voraussetzungen einer Kürzung des Ortszuschlags auf den sog. halben Ehegattenbestandteil gem. § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 iVm. Abs. 7 Satz 1 und 3 BAT liegen nicht vor.
Nach § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT erhält ein Angestellter den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und 2 des für ihn maßgebenden Ortszuschlags nur zur Hälfte, wenn der Ehegatte des Angestellten als Angestellter, Beamter, Richter oder Soldat im öffentlichen Dienst steht. Der Ehegatte der Klägerin steht als Angestellter nicht im öffentlichen Dienst iSd. Tarifbestimmung. Dies ergibt sich aus § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 und 3 BAT.
1. Nach § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 BAT ist öffentlicher Dienst im Sinne des hier maßgebenden Absatzes 5 die Tätigkeit im Dienst des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts oder der Verbände von solchen; ausgenommen ist die Tätigkeit bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften oder ihren Verbänden, sofern nicht bei organisatorisch selbständigen Einrichtungen, insbesondere bei Schulen, Hochschulen, Krankenhäusern, Kindergärten, Altersheimen, die Voraussetzungen des Satz 3 erfüllt sind. Danach steht nämlich dem öffentlichen Dienst auch gleich die Tätigkeit im Dienst eines sonstigen Arbeitgebers, der die für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen Inhalts oder die darin oder in den Besoldungsgesetzen über Ortszuschläge oder Sozialzuschläge getroffenen Regelungen oder vergleichbare Regelungen anwendet, wenn der Bund oder eine der in § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 BAT bezeichneten Körperschaften oder Verbände durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist (§ 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT). Diese Voraussetzungen erfüllt die kirchliche Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands als Arbeitgeberin des Ehegatten der Klägerin nicht.
2. Die kirchliche Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands wird in der Rechtspersönlichkeit als eine Anstalt des öffentlichen Rechts geführt und ist somit als selbständige Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft anzusehen. Dabei ist unerheblich, in welcher Rechtsform der Verband organisiert ist. Auch eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann, wenn sie ausschließlich aus Zusammenschlüssen der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften besteht, ein Verband der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften sein, der grundsätzlich den Ausschluß gemäß § 29 Abs. 7 Satz 1 BAT nach sich zieht. Der Begriff „Verband” iSv. § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 BAT betrifft sämtliche kirchlichen Unternehmungen, die unmittelbar der Zwecksetzung der Religionsgemeinschaften und deren unmittelbaren Angestellten dienen. Grund für die Ausnahmevorschrift in § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 BAT ist es, daß diese Tätigkeit nicht vom Bund, einem Land oder einer Gemeinde finanziert wird. Bei der Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands handelt es sich um eine solche Einrichtung. Auch die Auskunft des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom Februar 1980 (– B 2020 – 40.7.3.1 – IV A 2–) bestätigt diese Rechtsauffassung. Nach zutreffender Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die auch mit der Revisionsbegründung nicht angegriffen wurde, wird die Arbeitgeberin des Ehemannes der Klägerin nicht vom Bund, Ländern oder Gemeinden finanziert. Die Einnahmen aus der Kirchensteuer sind keine solche Finanzierung. Sie beruhen auf Leistungen der Bürger. Nur der Einzug dieser Steuer wird durch staatliche Stellen besorgt.
3. Die Tätigkeit des Ehegatten der Klägerin ist auch nicht auf Grund von § 29 Abschn. B Abs. 7 Satz 3 BAT als öffentlicher Dienst anzusehen. An der kirchlichen Zusatzversorgungskasse, bei der der Ehegatte der Klägerin tätig ist, ist der Bund oder ein Land oder eine Gemeinde weder durch Beiträge noch durch Zuschüsse oder in anderer Weise beteiligt. Die Aufbringung der Mittel für die Pflichtversicherungen in der Zusatzversorgungskasse wird durch Umlagen und zusätzliche Umlagen der Mitglieder finanziert, wie sich aus §§ 61 und 62 der Mustersatzung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen und kirchlichen Zusatzversorgungskassen in der Fassung des Beschlusses der Mitgliederversammlung vom 9. Februar 1967, zuletzt mit Änderung vom 1. März 1996, ergibt. Das Kassenvermögen wird gemäß § 69 Abs. 2 der Satzung aus dem am 31. Dezember 1977 vorhandenen Versicherungsvermögen und dem am gleichen Tag vorhandenen Umlagevermögen sowie Umlagen, Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung und den sonstigen Einnahmen der Kasse gebildet. Somit wird die Zusatzversorgungskasse nicht durch öffentliche Mittelzuweisung finanziert. Die Leistungskraft der Kasse muß auf Dauer von den Erzbistümern in der Bundesrepublik Deutschland durch Vertrag mit dem Verband der Diözesen Deutschlands gewährleistet sein, wie das Landesarbeitsgericht unwidersprochen festgestellt hat.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, Peter, Stahlheber, Beus
Fundstellen
Haufe-Index 749381 |
ZTR 2001, 229 |