Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachversicherung bei Verlust beamtenähnlicher Versorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Arbeitnehmer, die mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden, sind gemäß § 18 BetrAVG nachzuversichern und erhalten auf die Weise eine Zusatzrente, die sich nach bestimmten Prozentsätzen ihres versorgungsfähigen Einkommens zur Zeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses richtet. Dadurch ergibt sich eine Minderung der Gesamtversorgung bei hochverdienenden Angestellten, weil deren Grundversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Beitragsbemessungsgrenze beschränkt wird.

2. Diese Versorgungslücke beruht nicht auf einer planwidrigen Unvollständigkeit mit der Folge einer Lücke des Gesetzes. Sie verletzt auch keine Verfassungsgrundsätze. Deshalb kommt eine ergänzende Rechtsprechung insoweit nicht in Betracht.

3. Es verstößt nicht gegen Art 3 GG, daß für die Berechnung unverfallbarer Versorgungsanwartschaften im öffentlichen Dienst andere Grundsätze gelten als in der Privatwirtschaft.

 

Normenkette

GG Art. 14; BG NW §§ 96, 30; GG Art. 3 Abs. 1; BetrAVG §§ 2, 1; GG Art. 12 Abs. 1; AVG § 8 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 112 Abs. 2; RVO § 1385 Abs. 2; BetrAVG § 18 Abs. 6, 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 11.01.1983; Aktenzeichen 6 Sa 1246/82)

ArbG Münster (Entscheidung vom 16.06.1982; Aktenzeichen 2 Ca 1930/81)

 

Tatbestand

Der im Jahre 1932 geborene Kläger trat am 15. Mai 1968 als stellvertretender Revisionsdirektor in die Dienste des beklagten Sparkassen- und Giroverbandes. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 30. April 1968 mit einer Änderung vom 14. April 1977. Nach diesem erhielt der Kläger Bezüge wie ein Beamter der Besoldungsgruppe B 3 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen. Der Arbeitsvertrag wurde für die Dauer von jeweils sechs Jahren geschlossen und sollte nur enden, sofern er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist durch den Beklagten gekündigt würde. In dem Vertrag war dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung zugesagt. Hierzu heißt es:

§ 7

Beim Ausscheiden aus den Diensten des Verban-

des nach den §§ 10 Abs. 1 und 11 erhält Herr

T Versorgung nach den geltenden beamten-

rechtlichen Bestimmungen.

§ 8

Die Ansprüche auf Versorgung gem. § 7 dieses

Vertrages entfallen nur unter den Vorausset-

zungen des nachstehenden § 11 Absätze 2 und 3.

.....

§ 11

Während der Vertragsdauer endet das Arbeits-

verhältnis durch Tod, Kündigung oder Verset-

zung in den Ruhestand.

Die Kündigung kann durch den Verband nur bei

Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgesprochen

werden. Als wichtiger Grund gilt lediglich eine

so grobe Verletzung der Dienstpflichten, die

für einen Beamten die Entlassung im Dienststraf-

verfahren zur Folge haben würde.

Herr T hat das Recht, das Dienstverhältnis

unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungs-

frist zum Schluß eines Kalenderjahres zu kün-

digen.

Der Kläger war von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Mit Schreiben vom 30. Juni 1980 kündigte er sein Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1980. Seit dieser Zeit ist er als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater selbständig tätig. Wegen der Vertragsbeendigung versicherte der Beklagte den Kläger bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für die Dauer der Beschäftigung nach; er entrichtete die vorgeschriebenen Pflichtbeiträge. Außerdem meldete er ihn bei der kommunalen Zusatzversorgungskasse Westfalen-Lippe (ZKW) an und führte für die Zeit vom 15. Mai 1968 bis zum 31. Dezember 1980 Beiträge und Umlagen entsprechend den Bezügen des Klägers ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß ihm wegen der Befristung seines Arbeitsverhältnisses auf jeweils sechs Jahre arbeitsvertraglich die Stellung eines Wahlbeamten zugekommen sei. Nach den Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes habe er eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 70 % seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erworben. Diese Versorgungsanwartschaft führe zu einer Rente von 4.736,20 DM monatlich. Dagegen ergäben die Rente aufgrund seiner Nachversicherung bei der BfA, die nur im Rahmen der Pflichtversicherungsgrenze erfolgt sei, und die Zusatzrente der ZKW insgesamt nur eine Gesamtversorgung von monatlich 1.226,07 DM. Dabei sei die Versorgungsanwartschaft bei der BfA noch weitgehend auf freiwillige Versicherungen zurückzuführen. Da auch im öffentlichen Dienst Versorgungsanwartschaften nach § 1 BetrAVG unverfallbar würden, müsse der Beklagte weitere Versorgungsanwartschaften in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Anwartschaften aus der Nachversicherung und aus der beamtenähnlichen Versorgungszusage begründen und auf ihn übertragen. Seinem Begehren stehe auch nicht die für den öffentlichen Dienst geltende Regelung des § 18 BetrAVG entgegen; diese Regelung sei lückenhaft, weil der Gesetzgeber nur an Angestellte mit Einkünften unterhalb der Pflichtversicherungsgrenze gedacht habe. Sollten aber auch Angestellte mit höheren Einnahmen berücksichtigt sein, erscheine die Benachteiligung der Hochbesoldeten willkürlich. In keinem Fall könnten ihm durch das Betriebsrentengesetz bereits erdiente Versorgungen entzogen werden. Das verstoße nicht nur gegen Art. 3 GG, sondern auch gegen Art. 12 und 14 GG. Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß ihm nach Beendigung

des Arbeitsverhältnisses zum 31. De-

zember 1980 aus dem Arbeitsvertrag vom

30. April 1968 in der Fassung vom 14.

April 1977 gegenüber dem Beklagten über

die durch zwischenzeitliche Nachversi-

cherung bei der BfA und der ZKW erwor-

benen Versorgungsanwartschaften ein An-

spruch auf Begründung und Übertragung

weiterer Versorgungsanwartschaften zu-

stehe.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, infolge der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger sei dessen Anspruch auf beamtenähnliche Versorgung untergegangen. Nach den Vorschriften des Angestellten-Versicherungsgesetzes habe er den Kläger zwar bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nachversichern müssen, aber nur für Bezüge in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze. Da dem Kläger eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft zugestanden habe, sei er darüber hinaus bei der ZKW nachzuversichern gewesen. Weitergehende Ansprüche ständen ihm nicht zu.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten die Übertragung weiterer Versorgungsanwartschaften nicht verlangen.

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Nach § 256 ZP0 kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn der Kläger an dessen alsbaldiger Feststellung ein rechtliches Interesse hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Feststellungsbegehren hinreichend bestimmt. Aus Feststellungsantrag und Sachvortrag ergibt sich das Verlangen des Klägers auf Übertragung von Versorgungsanwartschaften in Höhe des Wertunterschiedes zwischen einer beamtenähnlichen Versorgung und der Gesamtversorgung aufgrund von Nachversicherungen in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Zusatzversicherung bei der ZKW. An der Feststellung einer solchen Verpflichtung hat der Kläger ein rechtliches Interesse, da er seine Versorgungsplanung danach einrichten muß. Gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts kann eine Feststellungsklage selbst dann erhoben werden, wenn eine Leistungsklage möglich wäre.

B. Das Feststellungsbegehren ist jedoch unbegründet.

I. Der Arbeitsvertrag der Parteien begründet nur einen Anspruch auf Nachversicherung, den der Beklagte erfüllt hat.

1. Der Kläger erhält nach § 7 seines Arbeitsvertrages Versorgung nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen. Diese sehen jedoch für vorzeitig ausgeschiedene Beamte keine Versorgungsleistungen vor. Ebensowenig besteht ein Anspruch auf Aufrechterhaltung von Versorgungsanwartschaften gegen den Dienstherrn. Dies ergeben die Versorgungsvorschriften, die im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses galten (§§ 30, 96 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - Landesbeamtengesetz - LBG i. d.Änd. des Vierten Gesetzes zur Änderung des LBG vom 25. März 1980 i.V.m. § 4 Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern - Beamtenversorgungsgesetz-BeamtVG - vom 24. August 1976, BGBl I, 2485 ber. 3839). Nichts anderes galt für die landesrechtlichen Vorschriften, die im Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses in Kraft waren (§ 37 LBG i.d.F. vom 1. August 1966 - GVBl NRW 1966, 428; 1967, 13).

Der Arbeitsvertrag enthält darüber hinaus eine Verfallklausel. Nach § 8 des Arbeitsvertrages verfallen die Versorgungsansprüche des Klägers unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2, 3 des Arbeitsvertrages. Nach § 11 Abs. 3 des Arbeitsvertrages ist das der Fall, wenn der Kläger kündigt. Diese Voraussetzung ist erfüllt.

2. Die vom Kläger bei seinem Ausscheiden erdienten Versorgungsanwartschaften mußten durch Nachversicherung aufrecht erhalten werden. Das ergibt sich für die gesetzliche Rentenversicherung und für die Zusatzversicherung aus unterschiedlichen Gesetzen.

a) Nach § 9 Abs. 1 AVG sind Personen für die Zeit, in der sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten rentenversicherungspflichtig gewesen wären, bei der BfA nachzuversichern. Voraussetzung ist, daß sie aus einer Beschäftigung ausscheiden, während der sie nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AVG oder nach § 8 Abs. 1 AVG versicherungspflichtig gewesen wären und nur wegen ihres Anspruchs auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen von der Versicherungspflicht befreit wurden. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger, wie zwischen den Parteien zu Recht unstreitig ist.

Der Kläger war nach § 8 Abs. 1 AVG auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit worden, weil der Beklagte zum Kreis der dort genannten öffentlich-rechtlichen juristischen Personen gehört und dem Kläger eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften zugesagt hatte. Mit dem Ausscheiden aus diesem Rechtsverhältnis hat der Kläger seinen Versorgungsanspruch nach beamtenrechtlichen Grundsätzen verloren. Damit ist auch die Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht entfallen.

b) Der Kläger war ferner bei der ZKW nachzuversichern.

Nach § 18 Abs. 1 BetrAVG richtet sich auch für Angestellte des öffentlichen Dienstes die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften nach § 1 BetrAVG. Jeder Arbeitnehmer erwirbt eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft aufgrund einer ihm erteilten Ruhegeldzusage, wenn er das 35. Lebensjahr vollendet und die Versorgungszusage für ihn mindestens zehn Jahre bestanden hat; der dreijährige Bestand einer Versorgungszusage genügt, wenn eine 12-jährige Betriebszugehörigkeit hinzu kommt. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ihm war bereits in seinem Arbeitsvertrag vom 30. April 1968 eine unmittelbare Versorgungszusage erteilt. Diese hat vom 15. Mai 1968 bis zum 31. Dezember 1980 mehr als zwölf Jahre bestanden. Der Kläger war bei seinem Ausscheiden rd. 48 Jahre alt. Soweit der Arbeitsvertrag dennoch das Erlöschen der Versorgungsanwartschaft vorsieht, ist er gesetzwidrig und damit unwirksam (§ 134 BGB).

Versorgungsanwartschaften der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst werden jedoch nicht durch Aufrechterhaltung eines zeitanteilig gekürzten Rentenanspruchs gegen den Arbeitgeber gesichert, wie das § 2 BetrAVG für den Regelfall vorschreibt. Vielmehr muß der Dienstherr eine genau geregelte Versicherungsanwartschaft begründen. Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 BetrAVG sind die in § 18 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 BetrAVG bezeichneten Arbeitnehmer durch ihren Arbeitgeber bei derjenigen Zusatzversorgungseinrichtung nachzuversichern, bei der der Arbeitgeber Beteiligter ist oder, wenn eine solche Beteiligung nicht besteht, bei der er Beteiligter sein könnte.

Diese Regelung gilt auch für die Parteien. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 BetrAVG sind Personen, die - wie der Kläger - in der Rentenversicherung der Angestellten nach § 8 Abs. 1 AVG versicherungsfrei waren, von den Vorschriften der ratierlichen Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaft ausgenommen. Die Aufrechterhaltung ihrer Versorgungsanwartschaften erfolgt durch Begründung von Versicherungsanwartschaften im Wege der Nachversicherung (BAG 37, 198, 202 f. = AP Nr. 3 zu § 18 BetrAVG, zu I 3 der Gründe; BAG 40, 384, 390 = AP Nr. 5 zu § 18 BetrAVG, zu B der Gründe). Dabei geht das Gesetz erkennbar von einer Nachversicherung bei der gesetzlichen Rentenversicherung als Grundversorgung aus. Wegen der Zusatzversorgung fordert es die Versicherung bei der zuständigen Versorgungskasse. In § 18 Abs. 6 Satz 4 BetrAVG regelt es den Zeitpunkt der Fälligkeit der Prämien und Umlagen für die Nachversicherung bei der Zusatzversorgungseinrichtung in Anlehnung an die der gesetzlichen Rentenversicherung. Im vorliegenden Fall war für die Nachversicherung zuständig die ZKW. Die Nachversicherung betrifft den Zeitraum zwischen dem Erwerb der Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Grundsätzen und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für diesen Zeitraum hat der Beklagte unstreitig Beiträge an die ZKW entrichtet.

II. Das Nachversicherungssystem des Betriebsrentengesetzes enthält keine Regelungslücke.

1. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nachversicherung werde dem Wert einer beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft nicht gerecht. Die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung sei durch die Pflichtversicherungsgrenzen beschränkt (§ 1385 Abs. 2 RV0, § 112 Abs. 2 AVG), so daß Arbeitnehmer mit höheren Verdiensten benachteiligt würden. Die unzureichende Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung werde nicht durch die Nachversicherung bei einer Zusatzversorgungseinrichtung ausgeglichen. Es bedürfe daher der Erhaltung einer ergänzenden Versorgungsanwartschaft. Diese Begründung ist nicht überzeugend.

2. Das Gesetz besagt allerdings, daß Arbeitnehmer, die aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden und Bezüge oberhalb der Pflichtversicherungsgrenze bezogen haben, Versorgungseinbußen hinnehmen müssen.

Sowohl Arbeitnehmer, die von vornherein in der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Zusatzversorgungseinrichtung versichert waren (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG), als auch Arbeitnehmer, die nach dem Verlust einer beamtenähnlichen Versorgung nachzuversichern sind (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 BetrAVG), erhalten eine Grundversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die ihren bisherigen Lebensstandard nicht deckt, wenn ihre Bezüge die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen. Wenn sie bis zum Versorgungsfall im öffentlichen Dienst bleiben, wird die Versorgungslücke der gesetzlichen Rentenversicherung weitgehend durch die Zusatzversorgung ausgeglichen. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden jedoch ist die dann zu begründende Versicherungsrente hierzu nicht mehr in der Lage, weil sie sich nicht nach den Aktiven--Bezügen richtet, sondern nach dem Wert der Umlagen und Beiträge. Dem Gesetzgeber war diese Versorgungslücke durchaus geläufig. Wenn Beamte im staatsrechtlichen Sinne aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden, werden sie noch stärker benachteiligt; sie werden ebenfalls im Rahmen der Versicherungspflichtgrenze nachversichert, erhalten aber nicht einmal eine Zusatzversorgung. Zur Milderung der Versorgungseinbußen war im Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BR-Drucks. 590/73) auch für Beamte die Nachversicherung in einer Zusatzversorgungseinrichtung vorgesehen. Dieser Entwurf ist aber nicht Gesetz geworden.

Wenn für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine Sonderregelung zur Aufrechterhaltung von Versorgungsanwartschaften eingeführt worden ist, so beruht das darauf, daß der Gesetzgeber auf die gewachsenen Versorgungssysteme Rücksicht nehmen mußte, die durch Tarifverträge eingeführt worden waren. Diese Tarifverträge berücksichtigten die Bedeutung der Versicherungspflichtgrenzen. So wird z.B. für Angestellte, die die Versicherungspflichtgrenze überschreiten, eine besondere Beitragspflicht in § 8 Abs. 6 des Versorgungstarifvertrages i.d.F. vom 4. November 1966 begründet (ständig; vgl. i.d.Änd. des 6. Änderungstarifvertrages vom 29. November 1972).

Bei dieser Rechtslage ist es ausgeschlossen, eine im Wege des Richterrechtes zu füllende Regelungslücke anzunehmen. Deshalb kommt auch keine ergänzende Rechtsfortbildung in Betracht, wonach dem Kläger weitere Versorgungsanwartschaften übertragen werden müßten.

III. Die Begrenzung der Nachversicherung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die wegen ihres vorzeitigen Ausscheidens eine beamtenähnliche Versorgung verlieren, ist nicht verfassungswidrig.

1. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, wenn unverfallbare Versorgungsanwartschaften im öffentlichen Dienst geringer bewertet würden als in der privaten Wirtschaft, so sei dies willkürlich und verstoße gegen Art. 3 GG. Darüber hinaus werde er in rechtswidriger Weise am Wechsel des Arbeitsplatzes gehindert und damit in seiner Berufsfreiheit eingeschränkt (Art. 12 GG). Schließlich würden ihm rückwirkend bereits erdiente Versorgungsanwartschaften entzogen, die unter dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes (Art. 14 GG) ständen. Alles dies nötige zu einer Korrektur des § 18 BetrAVG mit dem Ergebnis, daß ihm weitere Anwartschaften übertragen werden müßten. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.

2. Die Sonderregelung des § 18 BetrAVG ist nicht willkürlich.

a) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG enthält für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfGE 3, 58, 135 f.). Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß (BVerfGE 1, 14, 52; 12, 341, 348; 14, 142, 150; 15, 313, 320; 18, 38, 46; 121, 124). Der Gleichheitssatz verlangt bei der Ordnung eines bestimmten Lebensgebietes weder, daß alle tatsächlichen Verschiedenheiten vernachlässigt, noch daß alle Ungleichheiten berücksichtigt werden.

Für Lösungen, die zwischen den Arbeitnehmern in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst unterscheiden, bestehen hinreichende Gründe. Der Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsermessens ist nicht verletzt. Im Bereich des öffentlichen Dienstes ist die betriebliche Altersversorgung als Zusatzversorgung regelmäßig versicherungsförmig ausgestaltet. Dies und die Notwendigkeit, alle Arbeitnehmer bei den verschiedenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gleichmäßig zu behandeln, legte eine Nachversicherung bei unverfallbaren Anwartschaften nahe (ähnlich wohl Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 18 Rz 23).

b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann dem Gesetzgeber nicht vorgeworfen werden, er habe die Anwartschaft willkürlich festgelegt. Zumindest für solche Arbeitnehmer, die aus einem Arbeitsverhältnis mit beamtenähnlicher Versorgung ausscheiden, lassen sich für den jährlichen Steigerungssatz von 0,4 % sachliche Gründe anführen. Der Rentensteigerungssatz ist so bemessen, daß die bei Eintritt eines Versorgungsfalles zu zahlende Versicherungsrente die auf die Dienstzeit entfallende Versorgungslücke der gesetzlichen Rentenversicherung im Durchschnittsfalle weitgehend abdeckt. Im Jahre 1983 betrug die gesetzliche Rente nach 40 Versicherungsjahren durchschnittlich 64,8 %, nach 45 Versicherungsjahren 72,9 % des Einkommens (Sozialpolitische Informationen vom 8. März 1984). Der Rentensteigerungssatz der zusätzlichen Versicherungsrente nach 40 Versicherungsjahren erreicht 16 %. Geht man von diesen sehr groben Durchschnittswerten aus, so wird immerhin eine Gesamtversorgung erreicht, die die Sicherung des Lebensstandards gewährleisten kann.

Dem Kläger ist nach dem Inhalt seines Arbeitsvertrages für jeweils sechs Jahre ein nahezu unkündbarer Arbeitsplatz und eine beamtenähnliche Versorgung zugesagt worden. Bei einem solchen Sachverhalt ist es nicht zu beanstanden, wenn die freiwillige und vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einer versorgungsrechtlichen Lage führt, die derjenigen eines Beamten stärker ähnelt als derjenigen eines Angestellten in der privaten Wirtschaft.

c) Der Kläger vermag den Vorwurf der Willkür auch nicht mit dem Hinweis zu begründen, daß gem. § 18 Abs. 1 BetrAVG die Versicherungsrente nach Eintritt eines Versorgungsfalles nicht mehr der Gehaltsentwicklung folgt. Mit seinem Klageantrag erstrebt der Kläger nur die Übertragung zusätzlicher Versorgungsanwartschaften. Selbst wenn der Ausschluß eines Teuerungsausgleichs bei Versicherungsrenten verfassungswidrig sein sollte, rechtfertigt dies nicht, dem Kläger weitere Versorgungsanwartschaften zuzusprechen. Allenfalls könnte sich dann die Frage einer Anpassungsprüfung im öffentlichen Dienst stellen, die aber für die Anwartschaftszeit keinesfalls in Betracht käme (BAG 29, 294, 310 = AP Nr. 5 zu § 16 BetrAVG, zu B II 2 der Gründe).

3. Der Kläger irrt mit seiner Auffassung, der Gesetzgeber habe in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eingegriffen. Wenn er die Erhaltung der Versorgungsanwartschaften und deren Bewertung anders als in der privaten Wirtschaft regele, behindere er den Arbeitsplatzwechsel in unzulässigem Maße.

Nach Art. 12 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz geregelt werden. Subjektive und objektive Zulassungsbeschränkungen sind nur wirksam, wenn sie verhältnismäßig sind oder zur Abwehr nachweisbarer und schwerer Gefahren für ein überragendes Gemeinschaftsgut notwendig erscheinen (BVerfGE 7, 374, 377 = NJW 1958, 1035). Auch die Freiheit den Arbeitsplatz zu wechseln, gehört zur Berufswahl. In diese Freiheit ist aber nicht eingegriffen worden. Allerdings kann auch durch den Aufbau wirtschaftlicher Schranken ein objektives Hemmnis geschaffen werden, das als Grundrechtsverletzung zu werten ist. Das läßt sich aber von der Unverfallbarkeitsregelung, die der Kläger beanstandet, nicht sagen. Der Kläger war in seiner beruflichen Entwicklung nicht wesentlich behindert; die mit seinem vorzeitigen Ausscheiden verbundenen Enttäuschungen wegen seiner Versorgungsanwartschaft sind nicht so schwerwiegend, daß sie einen Berufswechsel nennenswert erschweren könnten. Der Kläger behält seine gesetzliche Gesamtversorgung, die durch eine Versicherungsrente aufgestockt wird.

4. Dem Kläger kann auch nicht in der Ansicht gefolgt werden, er sei bei seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst um eigentumsähnliche Rechte gebracht worden, was gegen Art. 14 GG verstoße. Der Kläger übersieht, daß er für den Fall seines Ausscheidens aus dem öffentlichen Dienst von vornherein nur eine Anwartschaft auf Versicherungsrentenansprüche erworben hat.

Der Kläger argumentiert mit einer familienrechtlichen Vergleichsrechnung: Wenn er sich unmittelbar vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses hätte scheiden lassen, wäre im Wege des Quasi-Splittings eine Versorgungsanwartschaft zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau begründet worden (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB), die höher gewesen wäre als die Rentenanwartschaften, die im Wege der Nachversicherung ohne seine Scheidung tatsächlich entstanden sind. Daraus ergebe sich, daß § 18 BetrAVG in erworbene Rechte eingreife.

Der Kläger verkennt, daß die Behandlung seiner Versorgungsanwartschaften im Familienrecht der arbeitsrechtlichen Beurteilung folgen muß. Der Gesetzgeber mußte daher bei der Regelung der Unverfallbarkeit nicht die Folgen für den Fall der Scheidung eines Arbeitnehmers regeln. Wenn sich beim Versorgungsausgleich Ungereimtheiten ergeben sollten, müßte im Scheidungsrecht für Abhilfe gesorgt werden. Im familienrechtlichen Schrifttum ist im übrigen umstritten, ob dem Versorgungsausgleich der Wert der in der Ehezeit erworbenen Beamtenversorgung zugrunde zu legen ist (OLG Stuttgart FamRZ 1984, 801) oder die durch Nachversicherung begründete Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung (AG Ulm NJW 1982, 1163; für Soldaten: BGH NJW 1981, 2187, 2192).

Dr. Dieterich Schaub Dr. Peifer

Heimann Falkenstein

 

Fundstellen

Haufe-Index 438324

BAGE 49, 11-21 (LT1-3)

BAGE, 11

DB 1985, 2699-2700 (LT1-3)

BetrAV 1986, 172-174 (LT1-3)

BlStSozArbR 1985, 342-342 (T)

AP § 18 BetrAVG (LT1-3), Nr 12

AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung IV Entsch 1 (LT1-3)

AR-Blattei, ES 460.4 Nr 1 (LT1-3)

EzA § 18 BetrAVG, Nr 7 (LT1-3)

PersV 1991, 236 (K)

RiA 1986, 83-83 (LT1-3)

VersR 1986, 72-75 (LT1-3)

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