Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Unternehmerentscheidung
Orientierungssatz
- Entschließt sich der Arbeitgeber, bestimmte Arbeiten (hier: Malerarbeiten) nicht mehr von eigenen Arbeitnehmern ausführen zu lassen, so kann darin ein die Kündigung rechtfertigendes betriebliches Erfordernis auch dann liegen, wenn von dem Entschluß des Arbeitgebers nur ein einziger Arbeitnehmer betroffen ist.
- Grundsätzlich ist das Beschäftigungsbedürfnis für einen Arbeitnehmer im Sinne eines die Kündigung rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisses entfallen, wenn keine Möglichkeit der vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung besteht.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 22. September 2000 – 3 Sa 169/00 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.
Der am 22. Juli 1962 geborene, ledige und kinderlose Kläger trat am 4. Dezember 1989 auf Grund Arbeitsvertrages vom 1. Dezember 1989 als Maler mit der Arbeitsaufgabe “Durchführung von Maler- und Tapezierarbeiten gem. Arbeitsauftrag, Transportarbeiten” in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Der Kläger erhielt zuletzt einen Monatslohn iHv. 3.490,00 DM brutto.
Die Beklagte ist eine gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft (e.G.). Sie beschäftigte am 1. Januar 1999 noch 28 Arbeitnehmer, davon zwölf Handwerker im sogenannten “Regiebetrieb”. Die Gruppe der Handwerker setzte sich aus vier Maurern, drei Zimmerleuten sowie einem Meister, einem Hausmeister, einem Tischler, einem Klempner und dem Kläger als einzigem Maler zusammen. Neben den Malertätigkeiten wurden dem Kläger auch Abrißarbeiten aufgetragen.
Am 2. Februar 1999 traten Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten zusammen und beschlossen ein als tabellarische Aufstellung niedergelegtes und vom Vorstandsvorsitzenden unterschriebenes Konzept “Personalentwicklung vom 1. Januar 1998 bis 30. Juni 2000”. Darin ist der Abbau mehrerer Stellen vorgesehen. Die Stelle eines Malers ist für die Zeit nach dem 30. Juni 1999 als wegfallend gekennzeichnet.
Mit Schreiben vom 26. Februar 1999, das dem Kläger am selben Tage zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1999, weil die Stelle eines Malers entfallen sei.
Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig. Er hat – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – geltend gemacht, da im vorliegenden Fall die unternehmerische Entscheidung von der Kündigungsentscheidung nicht zu trennen sei, treffe die Beklagte eine vertiefte Darlegungs- und Beweislast zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit. Dem werde der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Der Wegfall der Malerstelle betreffe ihn nur mittelbar, weil er auch mit Abrißarbeiten beschäftigt worden sei. Daneben könne er auch die weiterhin anfallenden kleineren Malerarbeiten ausführen. Durch ihren Vorstandsbeschluß lege die Beklagte nahe, ohne betrieblichen Grund lediglich seine Kündigung angestrebt zu haben. Das sei sachwidrig und willkürlich, weil ihm damit jeglicher Kündigungsschutz entzogen werde.
Der Kläger hat zuletzt – soweit von Interesse – beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Februar 1999 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, die Stelle des Klägers sei auf Grund des Beschlusses vom 2. Februar 1999 ersatzlos weggefallen. Der Kläger sei vertragsgemäß überwiegend mit Maler- und Tapezierarbeiten betraut worden. Nur wenn solche nicht vorhanden gewesen seien, habe er Abrißtätigkeiten ausgeübt. Nach dem Ausscheiden eines weiteren Malers sei ihm die Bewältigung der Malerarbeiten nur schwer gelungen. Im Vergleich zur Leistung einer Malerfirma benötige der Kläger zur Renovierung einer Wohnung 25 Stunden mehr. Maßgebend für den Beschluß vom 2. Februar 1999 sei gewesen, daß in den Jahren bis 1998 ein großer Teil der 2393 Wohnungen (Stand Dezember 1998) saniert worden sei und der Abschluß der Modernisierung bis Ende 1999 bevorgestanden habe. Die verbleibenden Arbeiten rechtfertigten nicht die Weiterbeschäftigung eines Malers. Die turnusmäßige Renovierung von Treppenhäusern, Gemeinschafts- und Kellerräumen erfordere Gerüste und Werkzeuge, die eigens anzuschaffen unwirtschaftlich sei. Außerdem müßten diese Arbeiten zügig ausgeführt werden, um die Belastungen für die Mieter gering zu halten. Deshalb sei es unzweckmäßig, sie einem einzelnen Maler zu übertragen. Aus diesen Gründen habe die Beklagte beschlossen, noch anfallende Malerarbeiten in Zukunft von Fachfirmen erledigen zu lassen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig.
Daß – wie die Beklagte bemängelt – der Kläger in der Revisionsbegründung nicht mitgeteilt hat, welche Gesetzesvorschrift er für verletzt hält, ist unschädlich.
- Gem. § 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 2 Nr. 3a ZPO gehört zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm. Dem genügt aber die bestimmte Darlegung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Es reicht aus, wenn der Revisionsführer den von ihm beanstandeten Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzeigt. Er muß keinen Paragraphen zitieren (BAG 29. Oktober 1997 – 5 AZR 624/96 – BAGE 87, 41 mwN; 13. Dezember 2000 – 5 AZR 334/99 – AP BGB § 394 Nr. 31 = EzA TVG § 4 Friseurhandwerk Nr. 1).
- Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Der Kläger macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt. Damit rügt der Kläger ersichtlich die Verletzung von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. In der Revisionsbegründung geht der Kläger auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zu dieser Frage ein und versucht sie zu widerlegen. Das ist ausreichend.
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Schmitz-Scholemann, Engel, Bühler
Fundstellen
NZA 2002, 1175 |
SAE 2003, 84 |
ZTR 2003, 153 |
EzA-SD 2002, 15 |
EzA |
ArbRB 2002, 323 |
BAGReport 2003, 110 |
NJOZ 2003, 1498 |