Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergang von Sicherungsrechten auf den PSV

 

Leitsatz (amtlich)

  • Mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Arbeitgebers gehen Ansprüche eines Arbeitnehmers auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf den PSV über, soweit der Arbeitnehmer den PSV in Anspruch nehmen kann (§ 9 Abs 2 Satz 1 BetrAVG).
  • Mit dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Betriebsrente gehen auch die zur Sicherung der Betriebsrente eingeräumten Rechte auf den neuen Gläubiger, den PSV, über. Die durch den Schuldbeitritt eines Dritten entstandene Forderung ist ein solches zur Sicherung der Betriebsrente eingeräumtes Recht.
  • Nach § 7 Abs 1 Satz 1 BetrAVG hat der PSV bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer die Betriebsrente so zu zahlen, wie sie dem Arbeitnehmer zugesagt worden ist. Der Anspruch des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers gegen den PSV vermindert sich nicht um die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Schuldbeitritt. Die Ansprüche eines Arbeitnehmers mindern sich im Fall des Konkurses des ursprünglichen Versorgungsschuldners nur um die Leistungen, die ein sonstiger Träger der Versorgung tatsächlich erbringt (§ 7 Abs 4 BetrAVG).
  • Der Arbeitnehmer erhält mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers mit dem PSV einen neuen, zahlungsfähigen Schuldner. Dieser Schuldner (PSV) kann sich nach dem Übergang der Forderungen aus dem Versorgungsversprechen und dem Schuldbeitritt an den Versorgungsschuldner und an den dieser Schuld beitretenden Dritten halten.
 

Normenkette

BetrAVG § 9 Abs. 2 S. 1, § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 4, § 17; BGB §§ 242, 399, 401, 412; WährG § 3; ZPO §§ 68, 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG München (Urteil vom 04.08.1988; Aktenzeichen 2 Sa 798/87)

ArbG Augsburg (Urteil vom 11.06.1987; Aktenzeichen 6 Ca 3772/86)

 

Tatbestand

Am 1. Januar 1972 wurde eine Versorgungsvereinbarung zwischen der S…-GmbH, der “R.… H… KG” und der Klägerin getroffen, in der es heißt:

  • Altersversorgung

    Die Firma S… GmbH, A…, gewährt Frau A… W… eine Anwartschaft auf eine monatliche Rente in Höhe von DM 1.200,--.

  • Unübertragbarkeit

    Um den Zweck der Versorgung sicherzustellen, sind Abtretung, Verpfändung, Bevorschußung, Beleihung oder jede andere Verfügung über den Versorgungsanspruch ausgeschlossen.

  • Wertsicherung der Rente

    Die Versorgungsrente verändert sich jeweils automatisch prozentual und zeitpunktmäßig nach oben und unten im gleichen Verhältnis, in dem sich im Durchschnitt die Renten der Angestelltenversicherung aufgrund des Rentenanpassungsgesetzes jeweils in Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse nach oben oder nach unten verändern, und zwar erstmals mit Eintritt des Rentenfalls nach 1. oder 2. dieser Vereinbarung.

    Ausgangspunkt ist eine Rente von DM 1.200,-- am 1.1.1972.

  • Mithaftung der Firma R.… H… KG, F…

    Sollte die Firma S… GmbH der Erfüllung der sich aus vorstehender Rentenvereinbarung ergebenden Pflichten aus irgendwelchen Gründen nicht oder nicht in vollem Umfange nachkommen bzw. nachkommen können, so tritt innerhalb einer Frist von 3 Monaten die Firma R.… H… KG, F…, in die Rentenverpflichtung ein.

    Die Haftung der R.… H… KG umfaßt auch Rückstände aus der Rentenverpflichtung der Firma S… GmbH innerhalb der letzten 12 Monate, soweit deren Ursprung nicht in der Person der Rentenempfängerin begründet liegt.

  • Sonstiges:

    Die bisherige Rentenzusage erlischt mit Abschluß dieses Vertrages. Die bereits laufende Witwenrente erlischt mit Eintritt des Versorgungsfalles aufgrund dieses Vertrages. Die Rente stellt sich somit als Versorgungsrente von Frau W… aus eigener Tätigkeit und aus der Tätigkeit ihres verstorbenen Gatten dar.

Die Klägerin war bei der S…-GmbH bis zum 4. August 1982 beschäftigt. Sie bezog ab 1. Dezember 1981 jedoch kein Gehalt mehr, sondern eine Betriebsrente in Höhe von 2.175,-- DM brutto.

Gegen Ende 1981 oder Anfang 1982 verlangte die Klägerin die Zahlung einer höheren Rente. Sie bezog sich auf ein Schreiben des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters M…, der ihre Rentenhöhe auf 2.492,-- DM bezifferte. Inhaltlich wurde dieses Schreiben von der Beklagten nicht angegriffen. Herr B… sen. lehnte eine höhere Zahlung ab; die Einzelheiten des Gespräches mit ihm sind streitig.

Im Januar 1985 zahlte die S…-GmbH nur noch einen Teilbetrag. Seit dem 1. Februar hat sie ihre Zahlungen eingestellt. Am 30. April 1985 wurde über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet.

Zunächst ist die Beklagte eingetreten. Sie hat für Januar 1985 die Differenz bis zu den genannten 2.175,-- DM und für die Zeit vom 1. Februar 1985 bis zum 31. Mai 1986 monatlich jeweils 2.175,-- DM brutto gezahlt. Die Beklagte behielt sich die Rückforderung für den Fall vor, daß der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) rückwirkend für die betriebliche Altersversorgung eintrete. Seit dem 1. Juni 1986 lehnte sie weitere Zahlungen ab. Auch der PSV weigerte sich, der Klägerin eine Rente zu zahlen. Nach seiner Auffassung ist die Beklagte vorrangig verpflichtet.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Mai 1986 die jeweiligen monatlichen Differenzbeträge zwischen 2.492,-- DM und den gezahlten 2.175,-- DM und für die Zeit vom 1. Juni 1986 bis einschließlich November 1986 die Rückstände in Höhe von monatlich 2.492,-- DM. Für die Zeit ab dem 1. Dezember 1986 fordert sie eine monatliche Rente von 2.492,-- DM. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach der Vereinbarung vom 1. Januar 1972 zur Zahlung verpflichtet: die Beklagte habe die Verbindlichkeit mitübernommen. Dafür habe sie auf ihre Witwenrentenansprüche gegen die H… -alt verzichtet. Etwaige Ansprüche gegen den PSV könne sie wegen den Versicherungsbedingungen für die Insolvenzsicherung (AIB) nicht an die Beklagte abtreten. Der PSV verweigere seine Zustimmung zur Abtretung.

Hilfsweise will die Klägerin die Beklagte insoweit in Anspruch nehmen, wie der PSV seine Zahlungspflicht nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) begrenze oder aus sonstigen Gründen zur Zahlung nicht in der Lage sei. Zur Höhe der begehrten Rente verweist die Klägerin auf Nr. 5 der Vereinbarung und das Schreiben des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters M….

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, 20.341,-- DM nebst 4 % Zinsen aus 5.389,-- DM vom 31. Mai 1986 bis 30. November 1986 sowie 4 % Zinsen aus 20.341,-- DM seit 1. Dezember 1986 an die Klägerin zu bezahlen,
  • die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Dezember 1986 eine im voraus zu bezahlende monatliche Rente in Höhe von 2.492,-- DM brutto zu bezahlen,
  • hilfsweise,
  • festzustellen, daß die Beklagte aus Nr. 6 der Rentenvereinbarung vom 1. Januar 1972 insoweit zahlungsverpflichtet ist, als der Streitverkündete seine Zahlungsverpflichtung aufgrund des BetrAVG der Höhe nach unter den geltend gemachten Anspruch – einschließlich Wertsicherung – begrenzt oder überhaupt zur Zahlung nicht in der Lage ist,
  • weiter hilfsweise,
  • die Beklagte zu verurteilen entsprechend den Berufungsanträgen einschließlich des Hilfsantrages Zug-um-Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen den Streitverkündeten gemäß BetrAVG an die Beklagte.

Der PSV ist dem Rechtsstreit nach Streitverkündung durch die Klägerin auf deren Seite beigetreten. Er hat sich die Auffassung der Klägerin zu eigen gemacht, daß die Beklagte weiterhin für die Rentenzahlungen hafte. Ferner macht er geltend, daß er als “Ausfallversicherer” nicht zur Zahlung verpflichtet sei, weil die Klägerin sich an die Beklagte als “sonstigen Träger der Versorgung” nach § 7 Abs. 4 BetrAVG halten könne. Die Klage sei außerdem aus einem anderen Gesichtspunkt zumindest teilweise begründet. Insolvenzschutz bestehe nur in Höhe von 350,-- DM monatlich, weil anderen Prokuristen im Betrieb der S…-GmbH bzw. der H… alt einheitlich nur Betriebsrenten in dieser Höhe zugesagt worden seien. Die Klägerin erhalte die höhere Rente allein aus verwandtschaftlicher Rücksichtnahme, nämlich wegen der Schwägerschaft zu Herrn M… B… sen., und nicht aus Anlaß eines ernstlich gemeinten Arbeitsverhältnisses. Deshalb sei das BetrAVG auf ihre Zusage nur begrenzt anwendbar (§ 17 BetrAVG).

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, durch das Inkrafttreten des BetrAVG sei die Geschäftsgrundlage für die Mithaftungsvereinbarung für den Insolvenzfall weggefallen; seither könne der Arbeitnehmer sich an den PSV halten. Schließlich habe die S…-GmbH seit 1974 Beiträge an den PSV für den Fall ihrer Insolvenz gezahlt. Die Klägerin könne allenfalls an sie, die Beklagte, herantreten, wenn sie zum Ausgleich ihre Ansprüche gegen den PSV abtrete. Im übrigen treffe es nicht zu, daß die S…-GmbH nur aus familiärer Rücksichtnahme die Rentenzusage in Höhe von damals 1.200,-- DM erteilt habe. Zur Höhe des Rentenanspruchs hat die Beklagte behauptet, bei einer Besprechung gegen Ende 1981 oder Anfang 1982 hätten sich die Klägerin und Herr Max Buchard sen. auf eine Rente von monatlich 2.175,-- DM geeinigt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, der Rentenanspruch sei auf 2.175,-- DM beschränkt worden. Daraufhin hat es die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Rente in voller Höhe zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen den PSV. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Mit der Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung. Die Anschlußrevision der Klägerin richtet sich gegen die Verpflichtung zur Abtretung von Ansprüchen. Der Streithelfer beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin kann die Beklagte nicht mehr nach Nr. 6 der Rentenvereinbarung in Anspruch nehmen.

I. Die Zahlungsklage (Anträge Nr. 1 und 2) ist unbegründet. Die Klägerin ist nicht mehr Inhaberin der Forderungen aus Nr. 1 und 6 der Rentenvereinbarung vom 1. Januar 1972. Diese Ansprüche sind auf den PSV übergegangen.

1. Die Klägerin war bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung berechtigt, von der S…-GmbH eine Betriebsrente in Höhe von 2.492,-- DM brutto aufgrund der Rentenvereinbarung zu verlangen.

a) Nach Nr. 1 und 5 der Vereinbarung betrug der Anspruch 1972 zunächst 1.200,-- DM. Aufgrund der in Nr. 5 enthaltenen Anpassungsklausel, die eine nach § 3 WährG zulässige Spannenklausel darstellt, war die Rentenhöhe 1981 auf 2.492,-- DM monatlich angestiegen.

b) Auf die vereinbarte Anpassung hatte die Klägerin nicht verzichtet. Dies hat das Landesarbeitsgericht aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt. Es hat die Aussage des vernommenen Zeugen gewürdigt. Die hiergegen erhobene Verfahrensrüge der Beklagten ist unbegründet. Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Eine eigene Würdigung ist dem Revisionsgericht verwehrt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 46. Aufl., Einf. § 284 Anm. 8).

c) Die Klägerin hat die Ansprüche auf eine höhere Rente auch nicht verwirkt. Verwirkung setzt neben dem Ablauf einer längeren Zeit auch das auf ein früheres Verhalten des Gläubigers gegründetes Vertrauen voraus, dieser werde seine Ansprüche nicht mehr geltend machen (ständige Rechtsprechung seit BAG Urteil vom 10. Januar 1956 – 3 AZR 245/54 – AP Nr. 3 zu § 242 BGB Verwirkung; Urteil vom 23. Dezember 1957 – 1 AZR 565/56 – AP Nr. 4 zu § 242 BGB Verwirkung; BAGE 6, 165 = AP Nr. 9 zu § 242 BGB Verwirkung; Beschluß vom 14. November 1978 – 6 ABR 11/77 – AP Nr. 39 zu § 242 BGB Verwirkung; vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Aufl., § 73 III 2; Palandt/Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 242 Anm. 9d) bb). Zu einem solchen Vertrauen bestand keine Veranlassung. An eine Verwirkung von Ruhegeldansprüchen für die Zukunft sind strenge Anforderungen zu stellen (BAGE 31, 67 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung, unter IV 1 der Gründe). Die Annahme der Beklagten, die Klägerin werde von einem einzelvertraglich eingeräumten Anpassungsrecht keinen Gebrauch mehr machen wollen, hätte näherer Anhaltspunkte bedurft. Im Zweifel ist davon auszugehen, daß ein Arbeitnehmer jedenfalls für die Zukunft sein Recht auf Anpassung geltend machen will.

2. Die Klägerin war vor Konkurseröffnung berechtigt, sich nach Nr. 6 der Vereinbarung an die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der in der Vereinbarung genannten R.… H… KG zu halten, wenn die S…-GmbH als ihr Arbeitgeber – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr zahlte. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Beklagte sei der Schuld der S…-GmbH zur Sicherung der Rentenforderung der Klägerin beigetreten. Die Klägerin sollte einen zusätzlichen, für Ausfälle haftenden weiteren Schuldner haben. Die Beklagte hatte ein eigenes Interesse am Schuldbeitritt. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde von ihrer Verpflichtung, der Klägerin eine Witwenrente zahlen zu müssen, nach Nr. 7 der Rentenvereinbarung frei. Durch dieses Eigeninteresse unterscheidet sich der Schuldbeitritt von der Bürgschaft (Palandt/Heinrichs, BGB, 47. Aufl., vor § 414 Anm. 2b; MünchKomm-Möschel, BGB, 2. Aufl., vor § 414 Rz 17).

Der Schuldbeitritt ist nach dem Betriebsrentengesetz rechtlich unbedenklich. Unzulässig können nach § 4 Abs. 1 BetrAVG nur befreiende Schuldübernahmeverträge sein.

3. Mit der Konkurseröffnung am 30. April 1985 gingen die Ansprüche der Klägerin gegen die S…-GmbH und gegen die Beklagte kraft Gesetzes auf den PSV über. Der Übergang der Rechte folgt aus § 9 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative BetrAVG, §§ 412, 401 (analog) BGB. Der PSV hat die Ansprüche der Klägerin nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zu erfüllen.

a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG hat der PSV im Insolvenzfall dem Versorgungsberechtigten die Betriebsrente zu zahlen, wie sie dem Arbeitnehmer zugesagt worden ist. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers ist ein Insolvenzfall.

Die Forderungen der Klägerin wurden insolvenzbedingt nicht mehr erfüllt. Die Ursächlichkeit des Konkurses für den Zahlungsausfall wird nicht schon dadurch verhindert, daß Ansprüche gegen Dritte bestehen; sonst wäre die Vorschrift des § 7 Abs. 4 BetrAVG über die Anrechnung von Leistungen Dritter überflüssig. Zu den insolvenzbedingt nicht erfüllten Ansprüchen gehören auch die Rückstände für Januar bis April 1985 (§ 59 Abs. 1 Nr. 3d KO analog – vgl. BAGE 42, 188 = AP Nr. 2 zu § 9 BetrAVG; BGH Urteil vom 14. Juli 1980 – II ZR 106/79 – DB 1980, 1992; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 9 Rz 44; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung, 3. Aufl., § 7 Rz 20 m.w.N.).

b) Der Anspruch der Klägerin gegen den PSV vermindert sich hier nicht um die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte. Eine Minderung sieht das Gesetz nur nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 BetrAVG vor. Diese Vorschrift unterscheidet zwei Arten von Sicherungsfällen: Liegt ein Fall des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3 und 5 BetrAVG vor (Eröffnung des Vergleichsverfahrens; außergerichtlicher Vergleich; Kürzung von Leistungen wegen wirtschaftlicher Notlage), so verringert sich die Leistung in dem Umfang, in dem ein sonstiger Träger der Versorgung die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung “zu erbringen hat”. In den anderen Fällen- und hiermit ist insbesondere die Eröffnung des Konkursverfahrens gemeint – sind die Leistungen des PSV nur zu mindern um die Leistungen, die ein sonstiger Träger der Versorgung tatsächlich “erbringt”. Diese unterschiedliche Regelung hat ihren Sinn. In den erstgenannten Fällen, z.B. im Sicherungsfall des Vergleichs (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 und 3 BetrAVG), kann sich der Arbeitnehmer mit einem Teil seiner Forderung noch an seinen ursprünglichen Arbeitgeber und Schuldner halten. Der PSV hat die Restforderung zu erfüllen. In den anderen Fällen, insbesondere im Konkurs, hat der Arbeitnehmer im wirtschaftlichen Ergebnis seinen ursprünglichen Schuldner verloren. Von ihm kann er allenfalls eine ungewisse Quote erhoffen. Deshalb mindert sich hier die Leistungspflicht des PSV nur um tatsächlich an den Arbeitnehmer ausgezahlte Beträge.

Die tatsächlich von der Beklagten (unter Vorbehalt) geleisteten Beträge hat die Klägerin von ihrer Gesamtforderung abgesetzt. Das Bestehen weiterer Ansprüche gegen die Beklagte kann der PSV der Klägerin nicht entgegenhalten (vgl. Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung, 3. Aufl., § 7 Rz 353, § 9 Rz 13). Ob die Beklagte als Schuldbeitretende daneben auch als “sonstiger Träger der Versorgung” anzusehen gewesen wäre, wofür gute Argumente sprechen (vgl. Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 7 Rz 274; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung, 3. Aufl., § 7 Rz 349), kann der Senat unentschieden lassen.

c) Der Anspruch der Klägerin gegen die S…-GmbH aus Nr. 1 der Vereinbarung, der im Konkursfall den Anspruch der Klägerin auf Insolvenzsicherung durch den PSV begründet, geht mit Konkurseröffnung auf den PSV über (§ 9 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative BetrAVG). Dieser kann die Rentenansprüche der Klägerin gegen die S…-GmbH zur Konkurstabelle anmelden.

Mit dem Übergang des Anspruchs auf Betriebsrente gehen auch die zur Sicherung der Betriebsrente eingeräumten Rechte mit auf den neuen Gläubiger, den PSV, über (§ 9 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative BetrAVG i.V. mit § 401 Abs. 1 analog, § 412 BGB; vgl. BGH Urteil vom 9. März 1981 – II ZR 171/79 – ZIP 1981, 898, 900, unter II 2c der Gründe; Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., § 7 Rz 132, 136 und § 9 Rz 17 speziell zum Schuldbeitritt, § 4 Rz 28, § 9 Rz 36, vgl. auch § 7 Rz 94; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 7 Rz 277 zum Schuldbeitritt, § 9 Rz 43 allgemein zu akzessorischen Sicherungsrechten, § 7 Rz 273 zur Anrechenbarkeit von nichtakzessorischen Sicherungsrechten; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung, 3. Aufl., § 9 Rz 13; Paulsdorff in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., § 9 Rz 6). Bürgschaften, die bisweilen einem Arbeitnehmer vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes zur Absicherung eingeräumt worden waren, gehen daher auf den PSV über. Dies gilt auch für alle anderen akzessorischen Sicherungsrechte, die nur der Verstärkung einer Forderung dienen (Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., § 9 Rz 17; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 7 Rz 277, § 9 Rz 43). Bei diesen Rechten, insbesondere beim Schuldbeitritt, ist eine analoge Anwendung von § 401 BGB geboten (BGH Urteil vom 24. November 1971 – IV ZR 71/70 – NJW 1972, 437, 438 f.; RGZ 65, 164, 170; Palandt/Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 401 Anm. 2b) aa); Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., § 7 Rz 136). Dies hat bereits die gesetzgeberische Begründung zu § 401 BGB (im Entwurf § 297) anerkannt (vgl. Motive zu dem Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. 2, S. 124; Protokolle in dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. 1, S. 386). Hat ein Dritter – wie hier der PSV – für eine Verbindlichkeit einzustehen, so kann er die eingeräumten Sicherungsrechte verwerten.

d) Der Forderungsübergang konnte nicht durch Nr. 3 der Rentenvereinbarung wirksam ausgeschlossen werden. Zwar sind nach dieser Abrede Abtretungen ausgeschlossen. Das könnte einen gesetzlichen Forderungsübergang hindern (§§ 399, 412, 401 BGB). Das BetrAVG enthält demgegenüber aber eine Sonderregelung, die Vereinbarungen zu Lasten des PSV nicht zuläßt (Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., § 9 Rz 32).

e) Der Forderungsübergang tritt bereits mit Konkurseröffnung ein und ist nicht abhängig von einer Vorleistung des PSV (BAGE 42, 188, 190 = AP Nr. 2 zu § 9 BetrAVG, zu 2 der Gründe; Blomeyer, Anm. hierzu in AP Nr. 2 zu § 9 BetrAVG, zu II 4. Abs.; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung, 3. Aufl., § 9 Rz 12).

Der Forderungsübergang ist auch in der vollen von der Klägerin geltend gemachten Höhe eingetreten. Ihr Rentenanspruch ist nach § 9 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative BetrAVG insoweit übergegangen, wie ihre Forderung vom PSV zu befriedigen ist (vgl. Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 9 Rz 45). Dieser hat sowohl für den Grundanspruch in Höhe von 1.200,-- DM monatlich einzutreten wie auch für die Anpassung der Rente nach Nr. 5 der Vereinbarung. Die hierin enthaltene Anpassungsklausel genießt ebenfalls Insolvenzschutz (BAGE 42, 117 = AP Nr. 14 zu § 16 BetrAVG; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung, 3. Aufl., § 7 Rz 72). Das gleiche gilt für die Rückstände von Januar 1985 bis zur Konkurseröffnung.

f) Der Forderungsübergang auf den PSV ist wirtschaftlich für den Versorgungsberechtigten kein Nachteil. Er erhält anstelle des Schuldbeitretenden mit dem PSV einen anderen, zahlungsfähigen Schuldner. Der PSV kann sich nach dem Übergang der Forderung aus dem Schuldbeitritt an die Beklagte halten. Die Beklagte schuldet die Betriebsrente dem PSV in demselben Umfang, in dem sie diese Rente der Klägerin vor dem Forderungsübergang schuldete. Für etwaige Erlöschenstatbestände der Forderung bestehen keine Anhaltspunkte.

4. Der Insolvenzschutz für die hier geltend gemachten Forderungen – einschließlich der Folgewirkungen wie Übergang der Forderung und der Sicherungsrechte auf den PSV – ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Rente – wie der PSV behauptet – nicht aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses zugesagt worden sei. Von Zusagen ohne Rücksicht auf ein Arbeitsverhältnis kann nach den hilfsweise vorgebrachten Behauptungen des PSV und der Klägerin nicht die Rede sein. Die Zusage einer Betriebsrente von 1.200,-- DM ist für eine Prokuristin nicht außergewöhnlich hoch (vgl. BGH Urteil vom 28. September 1981 – II ZR 181/80 – AP Nr. 12 zu § 7 BetrAVG, zu III 1 – 6 der Gründe). Zudem hat die Klägerin seit 1942 in den Diensten der H… alt gestanden. Ihr Ehemann war dort als Prokurist tätig. Seit 1962 war die Klägerin selbst Prokuristin. Damit hatte sie schon bei Abschluß der Rentenvereinbarung eine 30-jährige Betriebstreue bewiesen. Als sie 1981/82 zu arbeiten aufhörte, hatte sie insgesamt 40 Jahre für die H… alt bzw. die aus dieser hervorgegangene S…-GmbH gearbeitet. Die Ruhegeldzusage wurde zudem erkauft mit dem Verzicht der Klägerin auf die ihr seit 1962 zustehende Witwenrente für die Mitarbeit ihres verstorbenen Ehemannes bei der H… alt. Die Betriebsrente aus Nr. 1 der Vereinbarung stellt sich mithin als Gegenleistung für langjährige Mitarbeit und den Wegfall der Witwenrente dar. Allein die Schwägerschaft zum Geschäftsführer M… B… sen. führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es mag auch zutreffen, daß anderen Prokuristen üblicherweise nur 350,-- DM pro Monat als Rente zugesagt wurden. Andere Prokuristen sind aus den dargelegten Gründen nicht mit der Klägerin vergleichbar.

5. Der PSV hat der Klägerin weder seine Ansprüche zurückabgetreten, was zulässig gewesen wäre (vgl. BAGE 42, 188 = AP Nr. 2 zu § 9 BetrAVG; BGH Urteil vom 8. März 1982 – II ZR 86/81 – AP Nr. 1 zu § 9 BetrAVG; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 9 Rz 64), noch hat er die Klägerin ermächtigt, im eigenen Namen für den PSV Klage zu erheben (Prozeßstandschaft). Aus § 9 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG folgt keine solche Ermächtigung. Zwar kann nach dieser Bestimmung der Forderungsübergang nicht zum Nachteil des berechtigten Versorgungsempfängers geltend gemacht werden. Diese Vorschrift sichert dem Versorgungsberechtigten das vorrangige Zugriffsrecht auf das Vermögen des Arbeitgebers bzw. des Sicherungsgebers jedoch nur für den Fall, daß die Ansprüche vom PSV nicht voll befriedigt werden können (Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 9 Rz 59 – 62, 64; Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., § 9 Rz 36; a.A. LAG Baden-Württemberg Urteil vom 27. April 1982 – 1 Sa 7/82 – BB 1983, 126 f. = DB 1982, 1623). Im vorliegenden Fall hat der PSV für die mit der Klage geltend gemachten Rentenansprüche in voller Höhe einzustehen.

6. Die Beklagte haftet der Klägerin aus Nr. 6 der Vereinbarung nicht mehr für die geltend gemachten Zinsen aus der Hauptforderung. Es kann dahinstehen, ob der PSV für diese nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG einzustehen hat oder sie als Verzugszinsen schuldet (vgl. § 2 Abs. 4 AIB; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung, 3. Aufl., § 7 Rz 65; vgl. auch OLG Köln Urteil vom 24. April 1985 – 17 U 32/84 – DB 1985, 2403). Die Beklagte jedenfalls ist nicht in Verzug geraten. Ab Konkurseröffnung war die Klägerin nicht mehr Gläubigerin der Forderung. Für die Rückstände vor Konkurseröffnung (Januar bis April 1985) entfiel die Leistungspflicht; der PSV war Schuldner dieser ausgefallenen Hauptforderungen geworden (§ 59 Abs. 1 Nr. 3d KO analog – BAGE 42, 188 = AP Nr. 2 zu § 9 BetrAVG; BGH Urteil vom 14. Juli 1980 – II ZR 106/79 – DB 1980, 1992; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 9 Rz 44).

II. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist unzulässig. Dem Antrag zu 3) fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

Mit diesem Antrag will die Klägerin erreichen, daß die mit den Hauptanträgen geltend gemachten Beträge dann von der Beklagten gezahlt werden, wenn der PSV als Streitverkündeter nur einen Teilbetrag zu zahlen hätte. Auf diese Feststellung ist die Klägerin aber nicht angewiesen, weil bereits mit der Abweisung der Hauptanträge zu 1) und 2) gegenüber dem streitverkündeten PSV bindend feststeht, daß der PSV ihr die begehrte Betriebsrente in der geltend gemachten Höhe seit dem 1. Januar 1985 einschließlich der Rentenanpassung nach Nr. 5 der Vereinbarung zu zahlen hat (§ 68 ZPO, vgl. dazu BGHZ 85, 252, 255; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 46. Aufl., § 68 Anm. 2).

III. Der Senat braucht über den weiteren von der Klägerin so bezeichneten Hilfsantrag (Antrag zu 4) nicht zu entscheiden. Der Antrag auf Verurteilung zu einer Leistung Zug-um-Zug gegen Abtretung von Ansprüchen ist kein eigenständiger Sachantrag, sondern nur eine Präzisierung des Klagebegehrens. Die Beklagte soll zu einer Zug-um-Zug-Leistung verurteilt werden. Dies hätte das Berufungsgericht nur aussprechen können, wenn die Klägerin Anspruchsberechtigte geblieben wäre (vgl. BGH Urteil vom 2. Februar 1951 – V ZR 15/50 – NJW 1951, 517; Palandt/Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 274 Anm. 1b).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO; zu den Kosten der Revision zählen auch die Kosten der unselbständigen Anschlußrevision.

 

Unterschriften

Schaub, Griebeling, Dr. Freitag, Halberstadt, Dr. Krems

 

Fundstellen

Haufe-Index 873902

BAGE, 393

BB 1990, 857

RdA 1990, 189

ZIP 1990, 735

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