Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenanpassung im Konzern
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber kann die Anpassung der Betriebsrenten an die gestiegenen Lebenshaltungskosten nach § 16 BetrAVG verweigern, soweit dadurch das Unternehmen übermäßig belastet würde. Die Substanz des Unternehmens muß erhalten bleiben, seine gesunde wirtschaftliche Entwicklung darf nicht verhindert und die Arbeitsplätze dürfen nicht durch eine langfristige Auszehrung in Gefahr gebracht werden (Bestätigung von BAG Urteil vom 23.4.1985 - 3 AZR 156/83 = BAGE 48, 272 = AP Nr 17 zu § 16 BetrAVG).
2. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens kommt es auf seine Ertragskraft im ganzen an. Der Arbeitgeber ist nicht schon dann zu einer Anpassung der Betriebsrenten verpflichtet, wenn einzelne positive Bilanzposten den Umfang der Anpassungslast übersteigen.
3. Wegen der wirtschaftlichen Verflechtung von Konzerngesellschaften kann es bei der Beurteilung der Ertragskraft auf die wirtschaftliche Lage des Konzerns ankommen. Voraussetzung ist eine enge wirtschaftliche Verknüpfung der Unternehmen.
4. Besteht zwischen der Konzernobergesellschaft und dem in Anspruch genommenen Unternehmen ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag, kommt es in der Regel auf die wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft an.
5. Das ist ausnahmsweise dann nicht der Fall, wenn das in Anspruch genommene Unternehmen entweder wirtschaftlich unbeeinflußt handeln konnte oder trotz der wirtschaftlichen Einbindung in den Konzern so gehandelt hat, wie es unter Wahrung der eigenen Interessen als selbständige Gesellschaft gehandelt hätte.
Normenkette
BGB § 315; AktG §§ 302, 291; BetrAVG § 16
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Anpassung seiner Betriebsrente an die gestiegenen Lebenshaltungskosten gemäß § 16 BetrAVG.
Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Versandleiter mit einem Bruttogehalt von 4.000,-- DM monatlich. Er trat am 31. März 1975 in den Ruhestand. Seit dem 1. April 1975 bezieht er von der Beklagten ein betriebliches Ruhegeld. Dieses betrug anfangs 1.887,-- DM und wurde zum 1. Januar 1980 um 150,-- DM auf 2.037,-- DM erhöht. Seither wurde es nicht mehr angepaßt.
Die Beklagte produziert und vertreibt chemische Stoffe, vorwiegend Klebe-, Dichtungs- und Schutzstoffe. Etwa ein Drittel der Produktion exportiert sie ins Ausland. Die Inlandsumsätze erzielt sie hauptsächlich in der Bauindustrie, daneben in der Automobilindustrie, bei Konsummärkten und in der Elektroindustrie. Die Beklagte erzielte letztmals im Jahre 1980 ein positives Jahresergebnis (ca. 0,5 Mio. DM). Seit 1981 erwirtschaftete sie nur noch Verluste, und zwar in Höhe von ca. 0,8 bis ca. 3,5 Mio. DM jährlich. Die Summe der Verluste übersteigt das bilanzierte Eigenkapital. Allerdings wurden Gewinne aus einer Beteiligung an einer Forschungsgesellschaft nicht abgezogen. Für die Jahre nach 1985 wurden Verluste prognostiziert.
Seit 1981 gehört die Beklagte zum Konzern der "E " mit Sitz in den USA, die 95 % der Geschäftsanteile hält. Es besteht ein Gewinn- und Verlustabführungsvertrag, dessen Einzelheiten nicht festgestellt sind.
Der Kläger hat die Anpassung seiner Betriebsrente ab 1. Januar 1984 um 16,6 % oder 334,-- DM monatlich verlangt. Er hat vorgetragen: Seit dem 1. Januar 1977 habe die Teuerungsrate 16,6 % betragen. Diesen Wertverlust müsse die Beklagte ausgleichen. Dazu sei sie auch wirtschaftlich in der Lage. Jedenfalls verfüge die Konzernobergesellschaft über ausreichende Gewinne. Das müsse berücksichtigt werden, da sie die Beklagte wirtschaftlich beherrsche.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 30. September 1986 11.022,-- DM brutto und für die Zeit ab 1. Oktober 1986 334,-- DM brutto monatlich zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe keinen Anpassungsbedarf, er sei ohnehin überversorgt. Zudem seien die Nettolöhne der aktiven Arbeitnehmer geringer gestiegen als die Lebenshaltungskosten. Vor allem aber schließe ihre wirtschaftliche Lage jede Erhöhung aus. Eine Anpassung der laufenden Ruhegelder könne nur aus zusätzlichen Schulden finanziert werden. Für die absehbare Zukunft seien keine Gewinne zu erwarten. Die Anpassung führe zu einer jährlichen Mehrbelastung von 60.000,-- DM sowie einem einmaligen Rückstellungsbedarf von 480.000,-- DM.
Die wirtschaftliche Lage des Konzerns müsse unberücksichtigt bleiben. Der Ergebnisabführungsvertrag bewirke nicht, daß sie von der Konzernmutter beherrscht werde, sondern habe nur steuerrechtliche Gründe. Sie handle eigenverantwortlich und bestimme insbesondere ihre Produktpalette sowie die Preise selbständig. Aus ihrer Beteiligung an der Forschungsgesellschaft seien keine verdeckten Gewinne entstanden; zum einen habe sie an den Forschungsergebnissen teil, zum anderen seien die Gewinngutschriften bilanziert worden, ohne ihre insgesamt negativen Ergebnisse nachhaltig verbessern zu können.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu einer Anpassung in Höhe von monatlich 334,-- DM ab 1. Januar 1984 verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter teilweiser Abweisung der Klage die Beklagte zur Zahlung von 8.436,59 DM und einer laufenden zusätzlichen Zahlung von monatlich 255,65 DM ab 1. Oktober 1986 verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage in vollem Umfang erstrebt. Seine zunächst eingelegte Anschlußrevision hat der Kläger wieder zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz. Die Beklagte ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - aufgrund ihrer eigenen Ertragslage nicht verpflichtet, die laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen. Es muß aber noch aufgeklärt werden, ob die wirtschaftliche Lage der Beklagten bei Berücksichtigung ihrer konzernrechtlichen Verbindung mit der E-Gruppe eine Anpassung zuläßt.
I. Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob die Beklagte aus eigener Kraft wirtschaftlich in der Lage ist, die Betriebsrente des Klägers entsprechend der vom Berufungsgericht geschätzten Effektivlohnsteigerung bei den aktiven Arbeitnehmern in Höhe von 12,4 % ab 1. Januar 1984 zu erhöhen oder, sofern dies nicht der Fall ist, ob die Zugehörigkeit der Beklagten zu der E-Gruppe es gebietet, die wirtschaftliche Lage des Konzerns in die Betrachtung einzubeziehen.
II. Aus eigener Kraft ist die Beklagte - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht in der Lage, die Renten anzupassen.
1. Gemäß § 16 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und darüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind einerseits die Belange des Versorgungsempfängers und andererseits die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Entscheidung des Arbeitgebers unterliegt der gerichtlichen Überprüfung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (BAGE 48, 272, 276 = AP Nr. 17 zu § 16 BetrAVG, zu II 1 a der Gründe).
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die wirtschaftliche Lage der Beklagten lasse eine Anpassung der Renten in Höhe von 12,4 % zu. Die Begründung des Berufungsgerichts überzeugt nicht. Der Senat hat in den Urteilen vom 23. April 1985 (BAGE 48, 272 und 284 = AP Nr. 17 und 16 zu § 16 BetrAVG) entschieden und näher dargestellt, daß der Arbeitgeber dann nicht zur Anpassung der Betriebsrenten verpflichtet ist, wenn durch die Anpassung das Unternehmen "übermäßig belastet" wird, d.h. das Unternehmen mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein wird, die Anpassungslast aus seinen Erträgen und eventuellen Wertzuwächsen zu finanzieren. Mit Rücksicht auf den Abfluß der Mittel in der Zukunft hat der Senat eine Prognose der Unternehmensentwicklung gefordert. Ob hieran angesichts der Kritik in der wissenschaftlichen Literatur (statt aller: Blomeyer in Anmerkung zu AP Nr. 16 und 17 zu § 16 BetrAVG, zu C I) festzuhalten ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, da das Berufungsgericht insoweit hinreichende Feststellungen getroffen hat. Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden, soweit es angenommen hat, die Ertragskraft der Beklagten reiche aus, den Anpassungsbedarf der Rentner aufzubringen.
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Beklagte letztmals im Jahre 1980 einen Gewinn erwirtschaftet und seit 1981 Verluste in einer Höhe erlitten hat, die ihr Eigenkapital übersteigen. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, daß in absehbarer Zeit eine grundlegende Verbesserung der Unternehmenssituation nicht zu erwarten ist. Es sei zwar damit zu rechnen, daß sich die Verluste der Beklagten verringern, aber in überschaubarer Zukunft anhalten würden. Trotz der ausgewiesenen anhaltenden Verlustlage, so meint das Berufungsgericht, sei der Beklagten die Anpassung billigerweise zuzumuten. Die laufende Anpassungslast sei niedriger als der Wertzuwachs, den die Beklagte aus ihrer Beteiligung an der Forschungsgesellschaft erziele. Die nicht in Anspruch genommenen Gutschriften der Gewinnanteile aus der Beteiligung an dieser Gesellschaft seien seit 1982 etwa dreimal so hoch wie der jährliche Anpassungsbedarf. Diese verdeckten Gewinne könnten den Rentnern zum Teuerungsausgleich gutgebracht werden.
b) Diese Argumentation überzeugt nicht. Die Beklagte war weder aufgrund ihrer Erträge noch infolge von Wertzuwächsen in der Lage, die Renten anzupassen.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts hat der Senat in seinen Urteilen vom 23. April 1985 (BAGE 48, 272 und 284 = AP Nr. 17 und 16 zu § 16 BetrAVG) nicht die Auffassung vertreten, bei einer anhaltenden Verlustlage eines Unternehmens könnten bilanzierte Einzelpositionen losgelöst von der gesamtwirtschaftlichen Situation des Unternehmens zur Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit herangezogen werden. Maßgebend muß nach Berücksichtigung aller aussagekräftigen Kriterien sein, ob das Unternehmen die Kraft hat, die Anpassungsbelastung zu tragen. Der Senat hat wiederholt, auch in den Urteilen vom 23. April 1985, darauf hingewiesen, daß es nicht genügt, wenn es dem Unternehmen gelingt, die zu erwartenden Mehrkosten irgendwie aufzubringen. Die Substanz des Unternehmens muß erhalten bleiben, seine gesunde wirtschaftliche Entwicklung darf nicht verhindert und die Arbeitsplätze dürfen nicht durch eine langfristige Auszehrung in Gefahr gebracht werden (vgl. BAGE 48, 272 = AP Nr. 17 zu § 16 BetrAVG, zu II 3 a der Gründe, mit Nachweisen der früheren Rechtsprechung). Eine dahingehende Prüfung kann sich nicht darauf beschränken, einzelne positive Positionen zu bewerten und das isolierte Einzelergebnis mit der Anpassungslast zu vergleichen. Eine billige Entscheidung verlangt die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens im ganzen, darf also nicht die negativen Positionen außer Betracht lassen.
Eine Anpassungsverpflichtung der Beklagten läßt sich auch nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, auf verdeckte Wertzuwächse des Unternehmens stützen. Zu der besonderen Betonung möglicher Wertzuwächse hatte der Senat in seinen Urteilen vom 23. April 1985 besonderen Anlaß, weil in jenen Verfahren bei teils positiven, teils negativen Jahresabschlüssen mit dem erheblichen Abbau von Arbeitsplätzen gewichtige Unternehmensinvestitionen einhergingen. Diese Investitionen führten zu einem Anstieg der Produktivität und erheblichen Umsatzsteigerungen. Es war daher zu prüfen, ob trotz vorübergehend bilanzierter Verluste die Wirtschaftskraft der Unternehmen ausreichte, um die Anpassungslast aufzubringen, die Substanz also gerade nicht gefährdet erschien. Es geht auch hierbei nicht, wie das Landesarbeitsgericht meint, darum, die erforderlichen Geldmittel aufzubringen, sondern um die langfristige Tragbarkeit der erhöhten Versorgungsaufwendungen unter Gewährleistung einer gesunden wirtschaftlichen Weiterentwicklung des Unternehmens. Zur Darstellung dieses Regelungsziels des § 16 BetrAVG hat der Senat u.a. auf die Aussagekraft von Pensionsrückstellungen und die Notwendigkeit einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung hingewiesen.
Das Berufungsgericht hat im Streitfall keine Anhaltspunkte festgestellt, aus denen trotz anhaltender Verluste auf Wertzuwächse geschlossen werden könnte. Solche Wertzuwächse ergeben sich insbesondere nicht aus der Beteiligungen an der Forschungsgesellschaft. Die Wertsteigerung der Beteiligung ist in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Beklagten als Ertrag angesetzt. Die Beklagte war, jedenfalls bis 1986, überschuldet. Das hat das Berufungsgericht selbst erkannt.
III. Damit läßt sich aber noch nicht abschließend beurteilen, ob die Beklagte billigerweise die Anpassung der laufenden Ruhegelder verweigern darf. Es muß entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts geprüft werden, ob die Einbindung der Beklagten in die E-Corporation die wirtschaftliche Situation der Beklagten in einem anderen Licht erscheinen läßt.
1. Die wirtschaftliche Verflechtung von Konzerngesellschaften kann dazu führen, daß nicht die wirtschaftliche Lage des Einzelunternehmens, sondern die des Konzerns maßgeblich ist. Dies ist im Grundsatz unumstritten (statt aller: Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 16 Rz 214). Anerkannt ist ferner, daß Voraussetzung dafür eine enge wirtschaftliche Verknüpfung der Unternehmen ist (vgl. Blomeyer/Otto, aa0, sowie Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., § 16 Rz 198). Der Senat hat hierzu bisher nicht umfassend und grundsätzlich Stellung genommen, aber in seinem Urteil vom 19. Mai 1981 (BAGE 35, 301 = AP Nr. 13 zu § 16 BetrAVG) zum Ausdruck gebracht, daß die wirtschaftliche Lage der Konzernmutter von Bedeutung ist, wenn ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag besteht (zu III 2 der Gründe). Ist danach die wirtschaftliche Abhängigkeit des beherrschten Unternehmens so vollständig, "daß dessen wirtschaftliche Lage für den Rechtsverkehr überhaupt nicht zählt", so ist die wirtschaftliche Lage des herrschenden Unternehmens entscheidend. Blomeyer/Otto (aa0, § 16 Rz 218 f.) und Forsbach (Anpassungsprüfung im Konzern in: Betriebliche Altersversorgung im Umbruch, Berlin 1980, S. 188 ff., S. 194) gehen weiter. Sie vertreten die Auffassung, daß bei Vorliegen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags auf die wirtschaftliche Lage des Konzern abzustellen sei. Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen: Beim Beherrschungs- sowie beim Gewinnabführungsvertrag (vgl. §§ 291, 302 AktG) haftet die Muttergesellschaft für die Schulden der Tochtergesellschaft. Wer die Gewinne für sich verlangt und die Verluste trägt, tut dies nach aller Erfahrung nicht ohne entsprechende Einflußnahme auf das verbundene Unternehmen. Ein selbständiges Wirtschaften auf das Risiko eines Dritten bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Entscheidungsfreiheit ist im Wirtschaftsleben nur schwer vorstellbar. Daher spricht bei einem Gewinn- und Verlustabführungsvertrag schon die tatsächliche Vermutung für eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Konzerntochter. Bei einer solchen Vertragsgestaltung deutet alles darauf hin, daß das wirtschaftliche Handeln der Tochter durch die Konzernobergesellschaft bestimmt wird. Ist das der Fall, dann muß der Konzern als letztlich Verpflichteter auch für die Anpassungsschulden der Tochter haften (ebenso Blomeyer und Forsbach, aa0).
Dennoch ist nicht auszuschließen, daß es Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt. Es sind Formen der Zusammenarbeit denkbar, die trotz Ertragsausgleichsverträgen die wirtschaftliche Selbständigkeit einer konzernangehörigen Gesellschaft gewährleisten. Mit Forsbach (aa0, S. 195) ist darauf abzustellen, wie im Einzelfall die rechtliche Stellung der Konzernunternehmen zueinander ausgestaltet ist. Je stärker ein Einzelunternehmen vom Konzern bestimmt wird, um so eher wird eine wirtschaftliche Einheit anzunehmen sein. Ob die Konzernmutter ihren Sitz im Ausland hat, ist dafür unerheblich. Es geht nur darum, die wirtschaftliche Lage des inländischen Arbeitgebers bei der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG zutreffend zu erfassen und nicht darum, die ausländische Gesellschaft unmittelbar zu Verpflichtungen heranzuziehen. Der bestimmende Einfluß einer ausländischen Gesellschaft bewirkt nur, daß die Ertragskraft der inländischen Tochter zutreffend nur unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Konzerns ermittelt werden kann.
Das Berufungsgericht hat demgegenüber die Auffassung vertreten, § 16 BetrAVG könne die Beklagte als Arbeitgeberin nicht verpflichten, Anpassungslasten aus Erträgen anderer Konzerngesellschaften zu bestreiten; deshalb komme es auf eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Beklagten von der Konzernobergesellschaft und die Gewinnverhältnisse im Konzern nicht an.
2. Der Senat kann nicht selbst entscheiden, ob bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Beklagten eine konzerneinheitliche Betrachtung erforderlich ist und ob die wirtschaftliche Lage des Konzerns die Anpassung der Betriebsrenten durch die deutsche Tochtergesellschaft gebietet. Hierzu sind weitere Feststellungen erforderlich.
a) Das Vorbringen der Parteien hierzu ist widersprüchlich. Unstreitig ist nur die Existenz eines Gewinn- und Verlustabführungsvertrags. Der Kläger hat darauf hingewiesen, daß die Verlustperiode der Beklagten mit ihrem Eintritt in den Konzern beginnt; das sei ein Indiz für die wirtschaftliche Einbindung der Beklagten und deren Abhängigkeit. Als wirtschaftlich selbständiges Unternehmen hätte die Beklagte längst Konkurs anmelden müssen. Die Beklagte stellt jede Abhängigkeit in Abrede; die konzernrechtliche Verbindung habe nur steuerliche Gründe. Der Ergebnisabführungsvertrag sage über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten nichts aus; ungeachtet ihrer Konzernzugehörigkeit habe sie eigenverantwortlich handeln können, insbesondere ihre preis- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen unbeeinflußt getroffen.
Der Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Beklagten vom Konzern läßt sich hiernach nicht zuverlässig beurteilen; Aussagen über den Zweck des Verlust- und Gewinnabführungsvertrags und dessen Auswirkungen auf das wirtschaftliche Handeln der Beklagten sind nicht möglich.
b) Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird das Berufungsgericht davon auszugehen haben, daß schon die bloße Existenz des Vertrags für die Abhängigkeit der Beklagten spricht. Die Beklagte muß aber Gelegenheit erhalten, diese Vermutung zu widerlegen. Sie muß darlegen können, daß sie entweder wirtschaftlich unbeeinflußt handeln konnte oder daß sie trotz ihrer wirtschaftlichen Einbindung in den Konzern so gehandelt hat, wie sie unter Wahrung ihrer eigenen Interessen als selbständige Gesellschaft gehandelt hätte, daß sie also bei ausschließlicher Berücksichtigung ihrer eigenen Belange ihre Geschäfte nicht anders als geschehen geführt hätte (vgl. hierzu BGH Urteil vom 16. September 1985 - II ZR 275/84 - NJW 1986, 188, 191, im Zusammenhang mit Fragen der Haftung für Verbindlichkeiten einer beherrschten GmbH).
Dr. Heither Schaub Griebeling
Kunze Dr. Hromadka
Fundstellen
BAGE 61, 94-101 (LT1-5) |
BAGE, 94 |
BB 1989, 1902-1904 (LT1-5) |
DB 1989, 1471-1472 (LT1-5) |
AuB 1989, 409 (KT) |
Stbg 1990, 274-275 (T) |
EWiR 1989, 951 (L1-5) |
JR 1990, 88 |
JR 1990, 88 (S) |
NZA 1989, 844-845 (LT1-5) |
RdA 1989, 198 |
SAE 1990, 57-60 (LT1-5) |
ZAP Fach 17 R, 3-4 (LT) |
ZIP 1989, 934 |
ZIP 1989, 934-937 (LT1-5) |
AG 1991, 274-276 (ST1) |
AP § 16 BetrAVG (LT1-5), Nr 22 |
AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung Entsch 219 (LT1-5) |
AR-Blattei, ES 460 Nr 219 (LT1-5) |
EzAÜG, Nr 321 (LT1-5) |
EzA § 16 BetrAVG, Nr 21 (LT1-5) |
VersR 1989, 867-869 (LT1-5) |