Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung wissenschaftliche Hilfskraft
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 14.2.1990 4 AZR 562/89.
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 22.08.1989; Aktenzeichen 14 Sa 56/89) |
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 02.12.1988; Aktenzeichen 10 Ca 272/87 H) |
Tatbestand
Der am 29. Mai 1955 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1985 gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 12. April 1985 als wissenschaftliche Hilfskraft zunächst befristet bis zum 30. September 1985 beschäftigt gewesen. Er hatte am 10. Dezember 1984 sein Studium der Biologie mit dem Diplom abgeschlossen und wollte bei der Beklagten am Institut für Zell- und Tumorbiologie eine Doktorarbeit anfertigen. Durch Nachtrag vom 12. September 1985 wurde das Vertragsverhältnis bis zum 31. März 1988 verlängert. In dem zwischen den Parteien nach einem Musterarbeitsvertrag als Dienstvertrag für eine wissenschaftliche Hilfskraft mit abgeschlossener Hochschulausbildung bezeichneten Vertrag ist bestimmt, daß auf das Vertragsverhältnis gemäß § 3 Buchst. g und q des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 23. Februar 1961 das Tarifrecht für Angestellte des Landes keine Anwendung finde, soweit nichts anderes vereinbart ist. Für die auf 86 Stunden monatlich vertraglich festgelegte Arbeitszeit erhielt der Kläger eine Vergütung, die sich pro monatlicher Arbeitsstunde auf 1/92 von 50 v. H. des Grundgehaltes der 1. Dienstaltersstufe der BesGr. A 13 und des Ortszuschlages nach Tarifklasse I b, Stufe 1, gerundet auf volle DM belaufen sollte. Die monatliche Vergütung belief sich damit auf 1.686,-- DM brutto.
Der Kläger wurde mit Untersuchungen betraut, die auch Gegenstand seiner Doktorarbeit waren. 80 bis 90 % der von ihm bis zu der am 24. Juni 1987 erlangten Promotion erbrachten Tätigkeiten standen mit dem zugewiesenen Forschungsthema und der Dissertation im Zusammenhang. Der Kläger forschte weitgehend selbständig und sorgte im Rahmen seiner Kompetenzen für die Beschaffung der dazu notwendigen Materialien und Geräte. Die Ergebnisse seiner Arbeiten wurden bereits vor seiner Promotion in verschiedenen Fachzeitschriften publiziert. Experimentelle Arbeiten, die allein auf die Initiative des Klägers zurückgingen und mit denen er seine Dissertation um einen weiteren Aspekt bereichern wollte, fanden schließlich keinen Eingang in die Dissertation. Daneben fielen etwa 1 1/2 Stunden wöchentlich für die Literaturseminare und Arbeitsberichte der Abteilung an, an denen der Kläger teilnehmen mußte. Soweit er selbst in einem der Literaturseminare eine Übersicht über die Literatur zu geben hatte bzw. in den Arbeitsberichten über die Ergebnisse seiner Tätigkeit referierte, wandte er etwa vier bis sechs Wochenstunden auf. Der Kläger hatte Gelegenheit, an drei Kongressen und drei Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Er wirkte selbst an der Ausbildung von Biologielaboranten mit. Nach Abschluß des Promotionsverfahrens arbeitete der Kläger auf eigenen Wunsch mit dem Abteilungsleiter zusammen an einer wissenschaftlichen Abhandlung. Während der Kläger in der Zeit bis zur Vorlage der Dissertation mit Kenntnis der Beklagten regelmäßig mindestens wöchentlich 40 Stunden aufwandte, arbeitete er nach seinem eigenen Vortrag ab Juli 1987 zum Ausgleich der vielen unbezahlten Überstunden und des wenigen Urlaubs, den er erhalten habe, nur noch 20 bis 30 Stunden. Auf eigenen Wunsch schied der Kläger vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zeit zum 31. Dezember 1987 bei der Beklagten aus. Er stand danach ein halbes Jahr in den Diensten der Universität Heidelberg und ist seit dem 18. Juli 1988 in der Industrie tätig.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 1986 verlangte der Kläger, wie auch andere Doktoranden, die Anwendung des BAT und Eingruppierung nach VergGr. II a BAT. Mit seiner Klage vom 31. Dezember 1987 verlangt der Kläger Vergütung nach VergGr. II a BAT ab 1. Mai 1986, da ein in § 3 BAT geregelter Ausnahmetatbestand nicht vorliege. Er sei als vollwertiger wissenschaftlicher Angestellter und nicht als wissenschaftliche Hilfskraft tätig gewesen und könne auch nicht als Verwalter einer Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten angesehen werden, da die Beklagte über solche Stellen nicht verfüge. Da von ihm ein über 40 Stunden in der Woche hinausgehender Einsatz erwartet worden sei, sei die Ausnahmevorschrift des § 3 Buchst. q BAT nicht anzuwenden. Er übe dieselben Tätigkeiten wie alle anderen bei der beklagten Stiftung beschäftigten Wissenschaftler aus, auf die der BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge angewandt würden. Im Termin vom 16. September 1988 ermäßigte der Kläger seinen Klageantrag auf Vergütung nach VergGr. III BAT ab 1. Mai 1986 und nahm im Termin vom 2. Dezember 1988 den weitergehenden Klageantrag zurück.
Demgemäß hat der Kläger beantragt:
1. Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien
der Bundes-Angestelltentarifvertrag mit allen
Nebenvereinbarungen gilt.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger ab
dem 1. Mai 1986 nach BAT III zu vergüten.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, daß der Kläger einem Praktikanten vergleichbar sei. Er sei befristet beschäftigt. Im Vordergrund des Arbeitsverhältnisses der Parteien stünde nicht die Erbringung von Arbeitsleistungen, sondern die im Interesse des Klägers liegende Anfertigung einer Dissertation. Er habe einen Freiraum für eigene Forschungstätigkeiten gehabt und sei nicht für allgemeine Aufgaben herangezogen worden. Wenn er über das vertraglich geschuldete Maß hinaus Zeit aufgewandt habe und dies mit ihrem Wissen geschehen sei, sei dies jedoch nicht gefordert worden. Ausschlaggebend dafür sei allein das Interesse des Klägers an einem schnellen Abschluß seiner Dissertation gewesen. Als Doktorand sei der Kläger auch nicht mit anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern vergleichbar, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem BAT richte. Solche Angestellte könnten zu den unterschiedlichsten Arbeiten herangezogen werden, während der Zweck des Beschäftigungsverhältnisses eines Doktoranden ausschließlich in der Anfertigung der Dissertation bestehe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger seinen Antrag hinsichtlich der Vergütung nach VergGr. III BAT auf die Zeit vom 1. Mai 1986 bis 31. Dezember 1987 und hinsichtlich der Zeit vom 1. Juli 1987 bis 31. Dezember 1987 auf die Hälfte der Vergütung nach VergGr. III BAT beschränkt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Feststellungsantrag über die Geltung des BAT als unzulässig abgewiesen wurde. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision war zurückzuweisen. Zutreffend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß es für die Klage keine Rechtsgrundlage gibt.
Soweit der Antrag des Klägers auf Feststellung, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis dem Bundes-Angestelltentarifvertrag mit allen Nebenvereinbarungen galt, als unzulässig abgewiesen worden ist, wendet der Kläger in der Revision demgegenüber nur ein, daß ihm bei einem späteren Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes Dienstzeiten angerechnet werden könnten und müßten, die er bei der Beklagten verbracht habe. Er sei zwar derzeit in der Industrie beschäftigt, habe aber durchaus Perspektiven, wieder in die öffentliche Forschung zurückzukehren. Wenn demgegenüber das Landesarbeitsgericht ein rechtliches Interesse an einer solchen alsbaldigen Feststellung als nicht gegeben ansieht, weil der Kläger zur Zeit bei einem privaten Arbeitgeber tätig sei und ein späterer Eintritt wieder in den öffentlichen Dienst eine rein theoretische Möglichkeit wäre, ist es eine berechtigte Annahme, daß zur Zeit die Klage wegen fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig ist. Eine nur theoretische Möglichkeit eines späteren Übertritts wieder in den öffentlichen Dienst läßt das Feststellungsinteresse noch nicht als alsbaldiges Interesse erwachsen. Darüber hinaus reicht es aus, die Anwendung des BAT dann zu bejahen, wenn eine entsprechende Vergütung nach dem weiteren Klageantrag des Klägers zugesprochen würde. Eines eigenen besonderen Feststellungsantrages bedurfte es daher für die Dienstzeit nicht.
Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht dann weiter davon aus, daß auf das Rechtsverhältnis der Parteien der BAT nicht kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung findet, da die Beklagte nicht tarifgebunden ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besteht jedoch Einigkeit darüber, daß auf das Vertragsverhältnis der Parteien der BAT Anwendung finden würde, wenn die sonstigen Voraussetzungen für den BAT vorlägen. Daraus ist zu entnehmen, daß sich die Beklagte arbeitsvertragsrechtlich wie eine tarifgebundene Partei behandeln lassen will. Sie würde danach mit dem Kläger eine Vereinbarung entsprechend dem BAT abschließen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. Damit wendet aber die Beklagte den BAT so an, wie er auch sonst mit tarifgebundenen Arbeitnehmern angewendet würde, so daß insoweit die Vertragsverhältnisse nur das widerspiegeln sollen, was unter tarifgebundenen Parteien Geltung hat (vgl. BAGE 27, 22 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung). Dies folgt insbesondere daraus, daß nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien nicht besser und nicht schlechter gestellt werden sollen als tarifgebundene.
Damit fehlt es aber, was von den Parteien und dem Landesarbeitsgericht bisher übersehen worden ist, schon deshalb für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT an einer Rechtsgrundlage, weil die Vergütungsordnung des BAT, aus der allein ein Mindestvergütungsanspruch des Klägers folgen könnte, zum 31. Dezember 1983 wirksam gekündigt worden ist (vgl. BAGE 50, 258 = AP Nr. 2 zu § 74 BAT). Im Zeitraum der Nachwirkung konnten demgemäß nach § 4 Abs. 5 TVG bei allen neu begründeten Arbeitsverhältnissen abweichende und andere, auch ungünstigere Abmachungen getroffen werden. Eine solche Vereinbarung enthält der Vertrag des Klägers vom 12. April 1985 hinsichtlich der Vereinbarung einer Vergütung. Gegen deren Rechtswirksamkeit bestehen deshalb keine Bedenken. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach der Vergütungsordnung des BAT besteht danach nicht.
Darüber hinaus geht das Landesarbeitsgericht aber auch zutreffend davon aus, daß der Kläger bei Anwendung des BAT und seiner Vergütungsordnung hiervon nach § 3 Buchst. g BAT ausgenommen wäre, da sein Vertragsverhältnis nach Ausgestaltung, Aufgabenstellung und Zielsetzung nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dem entsprach, was früher für den Verwalter einer Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten gegolten hat. Wie der Senat in seiner den Parteien bekannten Entscheidung vom 14. Juni 1989 (- 4 AZR 139/89 -) im einzelnen ausgeführt hat, ist in Übereinstimmung mit dem Urteil des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Januar 1979 (- 3 AZR 363/77 - AP Nr. 9 zu § 242 BGB Ruhegehalt-VBL) davon auszugehen, daß diejenigen wissenschaftlichen Mitarbeiter aus dem Geltungsbereich des BAT ausgenommen sind, bei denen Stellung, Aufgaben und Zielsetzung der Beschäftigung materiell dem entsprechen, was früher für die Verwalter von Stellen wissenschaftlicher Assistenten gegolten hat. Das hat aber das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich bindend festgestellt. Gegen die Subsumtion des Landesarbeitsgerichts bestehen keine Bedenken, da feststeht, daß der Kläger die Forschungsarbeiten für seine Dissertation betrieben hat und die notwendigen Forschungsarbeiten zur Erfüllung des übertragenen Forschungsthemas Gegenstand der Doktorarbeit waren. Mit anderen Forschungsaufgaben wurde der Kläger nicht befaßt. Für die Zeit nach Abschluß des Promotionsverfahrens geht das Landesarbeitsgericht im übrigen davon aus, daß sich das Vertragsverhältnis inhaltlich nicht geändert habe. Es stellt fest, daß eine Willensübereinstimmung mit dem Inhalt einer Änderung des Rechtsverhältnisses weder ersichtlich noch behauptet worden ist. Die ursprüngliche Vergütungsvereinbarung habe deshalb auch für das halbe Jahr nach Abschluß des Promotionsverfahrens gegolten, da dies darauf beruhe, daß der Kläger vor dem in Aussicht genommenen Zeitpunkt seine Dissertation fertigstellen konnte.
Stellt sich aber danach das Urteil des Landesarbeitsgerichts als zutreffend dar, war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag
Schmalz Dr. W. Knapp
Fundstellen