Entscheidungsstichwort (Thema)
Parteibezeichnung
Orientierungssatz
1. Unklarheiten der Parteibezeichnung können im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens jederzeit richtiggestellt werden.
2. Die Grenze für die klarstellende Berichtigung der Parteibezeichnung ist die Wahrung der Identität der Partei.
3. Vergleiche 1 AZR 375/81, Urteil vom 14.05.1985.
Normenkette
ZPO § 264 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.07.1981; Aktenzeichen 21 Sa 465/81) |
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 11.03.1981; Aktenzeichen 2 Ca 1926/80 ua) |
Tatbestand
Die Klägerin macht Lohnansprüche von 69 Mitgliedern geltend, die diese während des Arbeitskampfes in der Druckindustrie im Jahre 1978 an die Klägerin abgetreten haben.
Im Betrieb der Beklagten wurden die im technischen Bereich beschäftigten Arbeitnehmer vom 14. bis 19. März 1978 ausgesperrt, u.a. auch die 69 Mitglieder der Klägerin. Diese Arbeitnehmer haben ihre Ansprüche an die "Industriegewerkschaft Druck und Papier, Bezirk Niederrhein" abgetreten. Der Bezirk der Klägerin hat diese Forderungen mit Schreiben vom 16. Mai 1978 geltend gemacht. Die Beklagte weigerte sich zu zahlen.
Der vorliegende Rechtsstreit wurde durch eine Klageschrift vom 14. August 1978 eingeleitet, in der als Kläger aufgeführt war die
Industriegewerkschaft Druck und Papier Be-
zirk Niederrhein, vertreten durch den Be-
zirksleiter ....
Nachdem im Gütetermin das Ruhen des Rechtsstreits angeordnet worden war, beantragten die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Dezember 1980, die Bezeichnung ihrer Partei dahin zu berichtigen, daß Klägerin sei die
Industriegewerkschaft Druck und Papier, ver-
treten durch ihren Vorsitzenden ..., vertre-
ten durch deren Landesbezirk Nordrhein-West-
falen ..., dieser vertreten durch deren Bezirk
Niederrhein ..., dieser vertreten durch den
Bezirksleiter ...
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
aufgrund abgetretener Lohnforderungen der im
folgenden benannten Arbeitnehmer für die Zeit
vom 14. bis 19. März 1978 insgesamt 26.608,88
DM brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem
1. April 1978 zu zahlen, wobei sich die Haupt-
forderung wie folgt zusammensetzt:
R. A 406,80 DM
K. A 406,80 DM
J. B 373,44 DM
K. C 397,92 DM
H. C 360,-- DM
H. C 488,16 DM
P. D 373,44 DM
R. D 366,12 DM
R. G 397,92 DM
E. H 397,92 DM
H. H 397,92 DM
H. H 586,08 DM
M. K 432,-- DM
K. K 406,80 DM
L. K 373,44 DM
W. K 586,08 DM
M. K 488,16 DM
W. K 488,40 DM
D. M 373,44 DM
K. R 62,24 DM
H. T 432,-- DM
M. U 432,-- DM
D. H 298,44 DM
G. B 586,08 DM
T. D 406,80 DM
K. H 325,44 DM
M. E 325,44 DM
F. H 325,44 DM
W. J 528,84 DM
A. K 284,76 DM
C. K 488,16 DM
E. S 390,72 DM
H. S 406,80 DM
A. K 341,88 DM
H. F 162,72 DM
R. R 390,72 DM
G. M 488,16 DM
A. K 488,16 DM
F. R 488,16 DM
G. S 614,88 DM
N. B 324,-- DM
W. B 366,12 DM
K.H. L 366,12 DM
H. M 366,12 DM
A. H 298,44 DM
K.H. I 366,12 DM
W. J 432,-- DM
H. K 366,12 DM
G. S 324,-- DM
N. V 324,-- DM
H. M 280,08 DM
P. D 324,-- DM
L. W 324,-- DM
B. W 324,-- DM
A. C 162,72 DM
K.H. L 360,-- DM
B. B 432,-- DM
W. B 488,16 DM
K. G 488,16 DM
Dr. K 348,96 DM
W. L 144,-- DM
R. L 488,16 DM
W. D 488,16 DM
S. G 488,16 DM
B. H 488,16 DM
K. S 488,16 DM
H. S 488,16 DM
E. K 66,12 DM
P. B 36,-- DM
Die ursprünglich weitergehende Klage, die auch Lohnansprüche vor dem 14. März 1978 umfaßte, hat die Klägerin, nach einer Klageabweisung in der ersten Instanz, nicht mehr weiterverfolgt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig. Die Klage sei vom Bezirk Niederrhein, einer nicht parteifähigen Untergliederung der Klägerin erhoben worden. Eine Berichtigung der Parteibezeichnung komme nicht in Betracht. Es liege keine Identität der Partei vor und nach der Berichtigung vor.
Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat in der Änderung der Parteibezeichnung eine mangels Zustimmung der Beklagten unzulässige Klageänderung gesehen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit der gleichen Begründung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Sachantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht als unzulässig abweisen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat eine Berichtigung der Parteibezeichnung für unzulässig gehalten, weil eine Berichtigung nur in Betracht komme, wenn die Klageschrift zweifelsfrei einen falschen Namen, hier der klagenden Partei, angebe. Sie sei beschränkt auf den Fall, daß die Unklarheit der Parteibezeichnung oder ihre falsche rechtliche Bezeichnung zweifelsfrei feststehe. Die Parteibezeichnung müsse aus sich heraus erkennbar unrichtig oder unvollständig sein.
Dieser Auffassung kann der Senat nicht folgen.
Die Klage wurde von Anfang an von der Industriegewerkschaft Druck und Papier erhoben, nur die Bezeichnung der Partei war unklar. Bei der Bezeichnung der klagenden Partei wird zunächst die Gesamtorganisation "Industriegewerkschaft Druck und Papier" genannt; erst danach folgt die Angabe einer Untergliederung und die Bezeichnung der natürlichen Person, der die oder den Kläger in diesem Rechtsstreit vertreten soll. Diese Reihenfolge läßt den Schluß zu, daß die der Bezeichnung der Gesamtorganisation folgenden Angaben nur dem Nachweis der Vertretungsbefugnis dienen sollten. Im Klageantrag, der ebenfalls zur Auslegung zu der Frage herangezogen werden kann, wer im Einzelfall klagen will, ist von "Klägerin" die Rede. Das kann sich sprachlich nur auf "die" Gesamtorganisation, die Industriegewerkschaft Druck und Papier, beziehen und nicht auf "den" Bezirk. Weiteren Aufschluß gibt die Klagebegründung. Die einzelnen Arbeitnehmer wurden als "Mitglieder der IG Druck und Papier" bezeichnet, die ihre Ansprüche - insoweit allerdings unklar - an "den Kläger" abgetreten hätten. Doch war auch der Beklagten klar, daß der Arbeitskampf von der Industriegewerkschaft Druck und Papier geführt wurde, und daß es um die finanziellen Folgen dieses Arbeitskampfes ging.
Unklarheiten der Parteibezeichnung können im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens jederzeit richtiggestellt werden. Die Berichtigung darf allerdings nicht dazu benutzt werden, eine neue Partei in den Prozeß einzuführen (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 264 Nr. 1 ZPO). Grenze für eine klarstellende Berichtigung der Parteibezeichnung ist die Wahrung der Identität der Partei (BAG Urteil vom 22. Januar 1975 - 5 AZR 130/74 - AP Nr. 2 zu § 268 ZPO). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1981, 1453, 1454) und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum (Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl. 1981, § 42 III, S. 217; Thomas/Putzo, ZPO, 13. Aufl. 1985, Vorbem. III 1 vor § 50; vgl. auch Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO, 19. Aufl., § 268 Anm. VI 2; Zöller/Stephan, ZPO, 14. Aufl., § 264 Rz 2; Zöller/Vollkommer, aaO, § 319 Rz 14; ohne Stellungnahme zu der Rechtsprechung Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., Grundz. zu § 50 Anm. 2 A). Gerade bei der Nennung von nichtrechtsfähigen oder nichtparteifähigen Einrichtungen, Untergliederungen oder Teilorganisationen wird eine Berichtigung der Parteibezeichnung in Betracht kommen (vgl. Rosenberg/Schwab, aaO, § 41 III, S. 213 m.w.N.).
Danach muß die angefochtene Entscheidung aufgehoben werden (§ 564 Abs. 1 ZPO).
II. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden; der Sachverhalt ist zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Beklagte ist zur Zahlung der eingeklagten Lohnforderungen nach § 615 Satz 1 BGB verpflichtet. Die Aussperrung der Beklagten vom 14. bis 19. März 1978 war rechtswidrig (BAG 33, 140 = AP Nr. 64 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Urteil vom 10. Juni 1980 - 1 AZR 690/79 - AP Nr. 67 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Urteil vom 12. März 1985 - 1 AZR 636/82 - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts und in der Fachpresse bestimmt). Die Mitglieder der Klägerin haben an diesen Tagen einen Verdienstausfall in der im Antrag genannten Höhe erlitten. Sie haben ihre Lohnansprüche (§ 615 Satz 1 BGB) an die Klägerin abgetreten.
Die Klägerin hat diese Ansprüche rechtzeitig im Sinne von § 13 des Manteltarifvertrages für die Druckindustrie durch den Bezirk Niederrhein am 16. Mai 1978 schriftlich geltend gemacht und rechtzeitig am 16. August 1978 (Eingang der Klageschrift) Klage erhoben. Danach sind die Ansprüche der Klägerin nicht nach § 13 MTV Druckindustrie ausgeschlossen (vgl. dazu Urteil des Senats vom 12. März 1985 - 1 AZR 636/82 -, zu III 4 der Gründe).
Zinsen (§ 288 Abs. 1 Satz 1 BGB) kann die Klägerin nur aus den jeweils geschuldeten Nettobeträgen fordern (vgl. BAG Urteil vom 13. Februar 1985 - 4 AZR 295/83 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt).
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Gnade Dr. Menzel
Fundstellen