Entscheidungsstichwort (Thema)
Abwicklung nach Einigungsvertrag. RVK-Treuezulage
Normenkette
Einigungsvertrag Art. 13, 20 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 13.05.1992; Aktenzeichen 8 Sa 29/92) |
ArbG Berlin (Urteil vom 15.11.1991; Aktenzeichen 66 A Ca 15748/91) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 13. Mai 1992 – 8 Sa 29/92 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß Art. 20 Abs. 1 Einigungsvertrag in Verbindung mit Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 und 5 (im folgenden Nr. 1 Abs. 2 EV) mit Ablauf des 30. Juni 1991 geendet hat und die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für den Zeitraum von Januar bis März 1991 eine anteilige Treuezulage nach den Bestimmungen des Rahmenkollektivvertrages (RKV) für die Zivilbeschäftigten des Ministeriums des Innern der DDR (MdI) zu zahlen.
Die am 8. Mai 1951 geborene Klägerin war ab September 1977 als Zivilbeschäftigte des MdI der DDR tätig. Zum MdI gehörte unter anderem die Dienststelle Bau-Investitionen und Rekonstruktionen. Aufgabe dieser Dienststelle war die Planung und Durchführung von Bauarbeiten aller Art an Dienststellen des Ministeriums, an Wohnungen, die an Angehörige des Ministeriums vermietet waren, an Ferienheimen, an Gästehäusern und an Versorgungslagern. Es wurden Arbeitnehmer für alle Gewerke beschäftigt. Zum 30. Juni 1990 wurde die Dienststelle Bau-Investitionen und Rekonstruktionen aufgespalten in den Bau-Instandsetzungsbereich Halle, der auf das spätere Bundesland Sachsen-Anhalt übertragen wurde, und den Bau-Instandsetzungsbereich Berlin, der als Teil der Versorgungseinrichtung Berlin in der Zuständigkeit des Ministeriums des Innern der DDR verblieb. Die Versorgungseinrichtung Berlin hatte die Aufgabe, die materielle, technische, medizinische, bauliche und finanzielle Sicherstellung von nachgeordneten Einrichtungen des Ministeriums des Innern zu gewährleisten, Aufträge zur volkswirtschaftlichen Verwertung ausgesonderter materiell-technischer Mittel auszuführen und die erforderlichen Transport-, Umschlags- und Lagerprozesse zu realisieren.
Die Klägerin wurde aufgrund eines Überleitungsvertrages ab dem 1. Juli 1990 als Bereichsleiterin Ökonomie beim Bau-Instandsetzungsbereich Berlin beschäftigt.
Der Minister des Innern der DDR ordnete mit Befehl Nr. 1/90 vom 10. September 1990 unter anderem an, daß für die in den Anlagen 1 und 2 zu diesem Befehl aufgeführten Strukturbereiche, zu denen auch der Bau-Instandsetzungsbereich Berlin gehörte, die Auflösung bis zum 31. Dezember 1990 abzuschließen bzw. erforderliche Entscheidungen über die weitere Verwendung vorzuschlagen seien.
Der Bundesminister des Innern entschied mit Erlaß vom 27. September 1990, hinsichtlich der Versorgungseinrichtung Berlin (509 Mitarbeiter) mit Ausnahme des Dienstobjekts Schöneiche die endgültige Entscheidung über die Überführung oder Abwicklung bis zum 31. Dezember 1990 hinauszuschieben. Mit Erlaß vom 7. Dezember 1990 entschied der Bundesminister des Innern, die Versorgungseinrichtung Berlin nicht fortzuführen. Zur Abwicklung des „Bau- und Instandsetzungsbetriebes Berlin” sollten 45 Mitarbeiter bis zum 30. Juni 1991 befristete Arbeitsverträge erhalten.
Am 18. Dezember 1990 wurde mit der Klägerin ein für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1991 befristeter Arbeitsvertrag zur „Abwicklung bei der Versorgungseinrichtung Berlin” geschlossen. § 3 dieses Arbeitsvertrages lautet:
„§ 3
Die am 31.12.1990 maßgebenden Arbeitsbedingungen einschl. der bisherigen monatlichen Bruttovergütung gelten mit den Maßgaben des Einigungsvertrages für die Laufzeit dieses Vertrages fort.
Für das Arbeitsverhältnis gelten die jeweils für Angestellte und Arbeiter des Bundes im Beitrittsgebiet geltenden tarifvertraglichen und sonstigen Regelungen.”
Das Bruttomonatsentgelt der Klägerin betrug zuletzt 2.280,00 DM.
Mit ihrer am 24. Juni 1991 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis bestehe über den 30. Juni 1991 hinaus unbefristet fort. Ihr sei die behauptete Abwicklung der Einrichtung zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden. Sie habe bis zum 30. Juni 1991 ihre frühere vertragliche Arbeitsaufgabe ausgeübt. Danach sei die Tätigkeit von anderen Arbeitnehmern übernommen worden. Sie hat die Ansicht vertreten, das Lager, in dem sie gearbeitet habe, könne als selbständige Teileinrichtung angesehen werden. Zum Lager hätten Baumaterialien, Baumaschinen, ein Ersatzteillager und ein Fuhrpark gehört. Insgesamt seien dort ursprünglich etwa 25 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Im ersten Halbjahr 1991 seien vom Lager einerseits Materialien für die Renovierung von Einrichtungen des früheren MdI geliefert worden, zum anderen Ersatzteile für Fahrzeuge und auch Elektroteile. Das Lager bestehe nach wie vor. Geplante Materialverkäufe zum Abbau der Lagerbestände seien nach anfänglichen Bemühungen im September bzw. Oktober 1990 bereits wieder gestoppt worden.
Des weiteren hat die Klägerin unter Hinweis auf ihre mehr als zehnjährige Beschäftigungsdauer als Zivilbeschäftigte des MdI für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1991 die Zahlung einer Treuezulage in Höhe von 10 % des Bruttogehaltes nach Maßgabe von § 16 des Rahmenkollektivvertrages für die Zivilbeschäftigen des Ministeriums des Innern, der Deutschen Volkspolizei und der Organe Feuerwehr und Strafvollzug des Ministeriums des Innern geltend gemacht. Hierzu hat sie die Auffassung vertreten, ihr gebühre neben der tatsächlich gezahlten anteiligen Zuwendung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 1991 die anteilige Treuezulage für die ersten drei Monate des Kalenderjahres 1991, weil der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 10. Dezember 1990 – TV Zuw Ang-O –, der am 1. April 1991 in Kraft getreten ist, in § 5 bisherige Regelungen über jährlich oder mehrmals jährlich zu zahlende Treuezulagen erst mit Ablauf des 31. März 1991 außer Kraft gesetzt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 1991 hinaus fortbesteht;
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die Treueprämie für den Zeitraum von Januar bis März 1991 in Höhe von DM 684,00 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, aus dem Bau-Instandsetzungsbereich Berlin seien die Arbeitsverhältnisse von 59 Arbeitnehmern ab dem 1. Januar 1991 zum Ruhen gekommen, während 45 Arbeitnehmer einschließlich der Klägerin befristet bis zum 30. Juni 1991 mit Abwicklungsarbeiten weiterbeschäftigt worden seien. Über den 30. Juni 1991 hinaus seien nur noch zwei Kranführer beschäftigt worden.
Sie hat geltend gemacht, die Klägerin könne keine Doppelzahlung beanspruchen. Der Rahmenkollektivvertrag habe keine anteilige Zahlung der Treuezulage per 31. März 1991 vorgesehen. Danach sei er durch den TV Zuw Ang-O abgelöst worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
1. Die Teileinrichtung, in der die Klägerin im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts beschäftigt war, sei abgewickelt worden. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei für eine logische Sekunde zum Ruhen gekommen und infolge befristeter Weiterverwendung mit Ablauf des 30. Juni 1991 beendet worden. Maßgebliche Teileinrichtung sei der Bau-Instandsetzungsbereich Berlin gewesen. Diese vormalige Dienststelle des MdI habe einen abgegrenzten Aufgabenbereich besessen, den sie mit den ihr zur Verfügung stehenden sachlichen und personellen Mitteln im Rahmen des damaligen Verwaltungsgefüges der DDR selbständig erledigte. Diese Teileinrichtung sei für Bauarbeiten aller Art an allen zum vormaligen MdI gehörigen Objekten zuständig gewesen und tatsächlich abgewickelt worden. Alle Arbeiten an laufenden Bauvorhaben seien eingestellt worden. Lediglich Konservierungsarbeiten seien hiervon ausgenommen gewesen. Die Baustellen seien von Material und Maschinen geräumt worden. Verträge über Baumaßnahmen seien storniert und die Finanzkonten abgerechnet worden. Damit seien die Tätigkeit und die Funktion der Teileinrichtung Bau-Instandsetzungsbereich Berlin tatsächlich zum Erliegen gekommen. Das Lager, in dem die Klägerin beschäftigt war, könne nicht als Teileinrichtung qualifiziert werden, denn diesem habe die Fähigkeit zu einer weitgehend selbständigen Aufgabenerledigung und Existenzfähigkeit gefehlt. Ein Lager habe eine typische Hilfsfunktion im Rahmen des Aufgabenbereiches einer (Teil-)Einrichtung. Ebensowenig könne die Überführung der dem Bau-Instandsetzungsbereich Berlin übergeordneten Einrichtung „Versorgungseinrichtung Berlin” angenommen werden. Insofern habe die Klägerin keine Tatsachen dargelegt, die für eine Überführung dieser Einrichtung sprächen.
2. Der Arbeitsvertrag vom 18. Dezember 1990 sei wirksam befristet gewesen.
3. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Treuezulage, denn der Rahmenkollektivvertrag sei gemäß § 5 TV Zuw Ang-O vom 10. Dezember 1990 abgelöst worden. Eine anteilige Zahlung sei gemäß § 16 Abs. 6 RKV nur bei vorzeitigem Ausscheiden des Zivilbeschäftigten oder im Falle seines Todes vorgesehen gewesen. Insofern habe es sich um eine zweimal jährlich zu zahlende Treuezulage gehandelt, die grundsätzlich die volle Ableistung des Anspruchs Zeitraumes im Beschäftigungsverhältnis vorausgesetzt habe. Der Wegfall der Rechtsgrundlage sei für die Zahlung der Treuezulage im Rahmenkollektivvertrag nicht geregelt gewesen. Diese Regelungslücke sei durch § 5 TV Zuw Ang-O durch ausnahmslose Aufhebung per 31. März 1991 geschlossen worden.
B. Das angefochtene Urteil ist im wesentlichen rechtsfehlerfrei.
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV mit Ablauf des 30. Juni 1991 geendet, denn die Klägerin gehörte zu den übrigen Arbeitnehmern der öffentlichen Verwaltung der DDR im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 EV, deren Arbeitsverhältnisse wegen unterbliebener Überführung der Beschäftigungseinrichtung kraft Gesetzes ruhten und endeten.
a) Wurde bis zum 3. Oktober 1990 keine positive Überführungsentscheidung getroffen, trat kraft Gesetzes die Auflösung der Einrichtung bzw. der nicht überführten Teile ein. Wurde ein überführungsfähiger Teil überführt, erfaßte die Abwicklung den Rest der früheren Gesamteinrichtung. Die Abwicklung diente der Umsetzung dieser Auflösung und war auf die Liquidation der Einrichtung oder der nicht überführten Teile gerichtet. In diesem Falle ruhten die Arbeitsverhältnisse der in der abzuwickelnden (Teil-)Einrichtung Beschäftigten gemäß Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 EV grundsätzlich ab dem 3. Oktober 1990. Dieser Ruhensbeginn konnte um bis zu drei Monate hinausgeschoben werden. Die Kündigungsvorschriften des Mutterschutzrechts durften allerdings nicht durchbrochen werden.
Die Überführung einer Einrichtung gemäß Art. 13 EV bedurfte einer auf den verwaltungsinternen Bereich zielenden Organisationsentscheidung der zuständigen Stelle. Diese Überführungsentscheidung konnte eine Einrichtung als ganze oder als eine Teileinrichtung betreffen, die ihre Aufgabe selbständig erfüllen konnte (BAG Urteil vom 3. September 1992 – 8 AZR 45/92 – AP Nr. 1 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Überführungsentscheidung war mangels außenwirksamer Regelung kein Verwaltungsakt (BAG, aaO; BVerwG Urteil vom 12. Juni 1992 – 7 C 5/92 – ZIP 1992, 1275).
Eine Einrichtung oder Teileinrichtung wurde im Sinne von Art. 13 EV überführt, wenn der Träger öffentlicher Verwaltung die (Teil-)Einrichtung unverändert fortführte oder er sie unter Erhaltung der Aufgaben, der bisherigen Strukturen sowie des Bestandes an sachlichen Mitteln in die neue Verwaltung eingliederte (BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Überführung im Sinne von Art. 13 EV erforderte nicht nur die vorübergehende, sondern eine auf Dauer angelegte Fortsetzung der Verwaltungstätigkeit. Wurde die (Teil-)Einrichtung nur vorläufig mit dem Ziele der Auflösung fortgeführt, lag hierin keine Überführung im Sinne von Art. 13 EV (BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – aaO).
Weil die gesetzliche Folge der Abwicklung immer dann eintrat, wenn es an einer positiven, gegebenenfalls auch konkludenten Überführungsentscheidung fehlte, war nur durch sie die Abwicklung der Einrichtung zu verhindern.
Die ruhenden Arbeitsverhältnisse endeten kraft Gesetzes nach Ablauf von sechs bzw. neun Monaten Wartezeit, wenn nicht der einzelne Arbeitnehmer weiter verwendet wurde. Macht ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der ehemaligen DDR geltend, sein Arbeitsverhältnis sei gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 EV auf die Bundesrepublik Deutschland oder nach Nr. 1 Abs. 3 auf ein Bundesland übergegangen und bestehe als aktives fort, hat er die Überführung seiner Beschäftigungs(teil-)einrichtung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (BAG Urteil vom 15. Oktober 1992 – 8 AZR 145/92 – AP Nr. 2 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
b) Die Beklagte hat weder die Versorgungseinrichtung Berlin noch eine etwaige Teileinrichtung der Versorgungseinrichtung wie den Bau-Instandsetzungsbereich Berlin im Sinne von Art. 13 EV in ihre Trägerschaft überführt. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit zutreffender Begründung erkannt. Die hiergegen erhobenen Rügen der Revision greifen nicht durch.
aa) Das Berufungsgericht ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe die eine Einrichtung im Sinne von Art. 13 EV darstellende Organisation aufgelöst und deren Aufgaben geordnet „abgewickelt”. Revisionsrechtlich erhebliche Rügen enthält die Revisionsbegründung diesbezüglich nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigt der Fortbestand einzelner Aufgaben der Versorgungseinrichtung Berlin und deren Erledigung durch Behörden der Beklagten nicht die Annahme einer Überführung der Versorgungseinrichtung Berlin. Vielmehr ist, wie oben unter B 1 a ausgeführt, nach Art. 13 Abs. 2 EV die Überführung der Organisation einschließlich ihrer wesentlichen Aufgaben entscheidungserheblich. Insofern hat aber das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß es zu keiner 12f-Dauer angelegten Fortführung bestehender Organisationseinheiten gekommen ist. Jedenfalls begründete die vorläufige, auf Abwicklung gerichtete Tätigkeit einzelner Bereiche keine Überführung im Rechtssinne.
bb) Des weiteren hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß die Klägerin die Voraussetzungen einer Teileinrichtung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Einigungsvertrag hinsichtlich des „Lagers” nicht dargelegt hat. Nach der Entscheidung des Senats vom 3. September 1992 (– 8 AZR 45/92 – AP, aaO, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) setzt das Vorliegen einer überführungsfähigen Teileinrichtung die Existenz einer organisatorisch abgrenzbaren Funktionseinheit mit eigener Aufgabenstellung und der Fähigkeit zu einer aufgabenbezogenen Eigensteuerung voraus. Bei der Feststellung einer organisatorischen Abgrenzbarkeit der Teileinrichtung ist nicht abzustellen auf die für jede öffentliche Einrichtung typischen internen Untergliederungen wie Abteilung, Referat oder Dezernat, die lediglich zu Zwecken der Geschäftsverteilung gebildet werden. Entscheidend ist vielmehr, daß der betroffene Teil als organisatorisch abgrenzbare Punktionseinheit auch nach außen mit einem gewissen Grad an Selbständigkeit erscheint, ohne daß ihm damit zugleich eine eigene Rechtspersönlichkeit oder ein Behördencharakter zukommen müßte (vgl. BVerfGE 84, 133, 151). Auf eine organisatorische Eigenständigkeit lassen eine eigene interne Geschäftsverteilung sowie eine zumindest teilweise selbständige Wahrnehmung von Dienst- und Organisationsangelegenheiten innerhalb des der betroffenen Einheit zugewiesenen Aufgabenbereichs schließen. Hiervon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen. Die Revision bezeichnet keinen Tatsachenvortrag, den das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung übergangen habe. Das Ergebnis des Berufungsgerichts ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
C. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete mit Ablauf des 30. Juni 1991, denn sie wurde nicht innerhalb von sechs Monaten weiter verwendet. Eine Weiterverwendung im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV setzte zumindest voraus, daß das Arbeitsverhältnis über das Ende des gesetzlichen Ruhenszeitraumes hinaus einverständlich fortgesetzt wurde. Eine Weiterverwendung erforderte bereits nach dem Wortsinn eine über den gesetzlichen Auflösungszeitpunkt hinaus währende Beschäftigung des Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst. Ob hierfür auch jede befristete Fortsetzung genügte, bedarf im Streitfalle keiner Entscheidung, denn der am 18. Dezember 1990 vereinbarte befristete Arbeitsvertrag endete gleichfalls mit Ablauf des 30. Juni 1991. Wurde das kraft Gesetzes ruhende Arbeitsverhältnis lediglich innerhalb des Ruhenszeitraumes durch Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages aktualisiert, lag hierin keine Weiterverwendung im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV.
D. Das Berufungsgericht hat weiter zutreffend erkannt, daß zwischen den Parteien durch den am 18. Dezember 1990 geschlossenen Arbeitsvertrag kein neues unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden ist. Die in diesem Vertrag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. Juni 1991 war wirksam. Sie bedurfte insbesondere keines sachlich rechtfertigenden Grundes, denn durch die befristete Beschäftigung eines „übrigen Arbeitnehmers” im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 EV während der Dauer des gesetzlichen Ruhens seines Arbeitsverhältnisses konnte – mit Ausnahme des im vorliegenden Falle nicht einschlägigen Mutterschutzes – keine Bestimmung des Kündigungsschutzrechts umgangen werden, weil das Arbeitsverhältnis in jedem Falle mit Ablauf des gesetzlichen Ruhenszeitraumes endete. Ob die Beschäftigung mit Abwicklungsarbeiten eine Befristung über einen längeren als den gesetzlichen Ruhenszeitraum rechtfertigen konnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Daß der befristete Arbeitsvertrag bereits vor Beginn des Ruhenszeitraumes geschlossen wurde, begründet nicht die Notwendigkeit eines die Befristung sachlich rechtfertigenden Grundes, denn der Bestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien war bereits aufgrund der Auflösungsentscheidung der Beklagten vom 7. Dezember 1990 gefährdet.
E. Das Berufungsgericht hat weiterhin den Zahlungsantrag der Klägerin zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Klägerin steht der erhobene Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Treuezulage für die Monate Januar bis März 1991 nicht zu. Insofern fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Der Rahmenkollektivvertrag für die Zivilbeschäftigten des Ministeriums des Innern der DDR sah in § 16, der die Zahlung der Treuezulage regelte, eine monatliche, vierteljährliche oder sonstige anteilige Zahlung bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis außerhalb der Fälligkeitstermine 1. Juli und 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres weder ausdrücklich noch dem Sinnzusammenhang nach vor. Vielmehr ist aus der Regelung anteiliger Zahlungen „bei vorzeitigem Ausscheiden” in § 16 Abs. 6 RKV zu schließen, daß in anderen Fällen keine anteiligen Zahlungen beansprucht werden konnten.
Die „außertarifliche” Zahlung einer Treuezulage zum Termin der Ablösung des Rahmenkollektivvertrages ist weder im RKV selbst vorgesehen gewesen noch durch den ablösenden TV Zuw Ang-O per 31. März/1. April 1991 eingeführt worden. Insofern besteht, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, auch keine Regelungslücke, denn für den Fall der Ablösung des Rahmenkollektivvertrages durch einen Tarifvertrag bedurfte der RKV keiner ausdrücklichen Regelung, um vollständig zu sein. Der kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbare TV Zuw Ang-O hat den RKV mit Ablauf des 31. März 1991 außer Kraft gesetzt. Eine besondere Zahlung anläßlich dieser Ablösung des RKV hat der TV Zuw Ang-O nicht vorgesehen. Bedenken ergeben sich gegen diese Regelung nicht, denn die Anwartschaften der betroffenen Arbeitnehmer wurden durch den TV Zuw Ang-O angemessen gewahrt, weil bei der Bemessung der neu eingeführten Zuwendung des Jahres 1991 auch der Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1991 anspruchserhöhend berücksichtigt wurde.
F. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Dr. Ascheid, Dr. Müller-Glöge, Dr. Mikosch, Morsch, Rosendahl
Fundstellen