Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangsversorgung für Bordpersonal. Tarifrecht
Orientierungssatz
- Nach § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 TV-ÜV Cockpit 1989 iVm. der Protokollnotiz II Ziff. 1a Satz 1 endet der Anspruch auf Übergangsversorgung mit Vollendung des 63. Lebensjahres. Das gilt für alle Mitarbeiter, deren Übergangsversorgung während der Geltung des TV-ÜV Cockpit 1989 begonnen hat. Die längere Bezugsdauer bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nach den TV-ÜV Cockpit 1982 und 2000 findet auf diese Mitarbeiter keine Anwendung. Der TV-ÜV Cockpit 1982 wurde durch den TV-ÜV Cockpit 1989 abgelöst. Es steht den Tarifvertragsparteien frei, tarifliche Regelungen durch neue abzulösen, auch wenn sie für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Dem stehen keine Grundsätze des Vertrauensschutzes entgegen. Ein Vertrauen darauf, dass die Tarifvertragsparteien die Bezugsdauer der Übergangsversorgung unverändert lassen würden, konnte objektiv nicht begründet werden. Das folgt schon aus dem Zweck der Leistung. Danach sollen die ehemaligen Arbeitnehmer für Zeiten abgesichert werden, während derer sie einerseits nicht mehr bei ihrem Arbeitgeber tätig sein konnten, weil der Tarifvertrag ihr Ausscheiden erzwang, andererseits eine soziale Absicherung durch das System der Altersversorgung noch nicht gegeben war. Diesem Zweck widersprach es von vornherein, in einer tariflichen Regelung auf den tatsächlichen Bezug von Altersversorgung und nicht auf einen dahingehenden Anspruch abzustellen.
- Diese Besserstellung der Arbeitnehmer, die nach den Regelungen der TV-ÜV Cockpit 1982 und 2000 Übergangsversorgung erhalten, ist nicht gleichheitswidrig. Es handelt sich um eine zulässige Stichtagsregelung.
- Der TV-ÜV Cockpit 1989 greift auch nicht gem. § 1b BetrAVG unzulässigerweise in unverfallbare Anwartschaften aus dem TV-ÜV Cockpit 1982 ein. Bei der Übergangsversorgung handelt es sich nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Sie hat den Charakter einer sozialen Absicherung bis zum Erreichen des Alters, in dem Altersversorgungsleistungen erbracht werden. Leistungen zur Überbrückung einer erwarteten Arbeitslosigkeit dienen nicht der betrieblichen Altersversorgung.
Normenkette
GG Art. 3, 9 Abs. 3; SGB VI § 41; BetrAVG § 1 Abs. 1, § 1b; Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa i.d.F. vom 1. Januar 1997 § 19; Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal i.d.F. vom 1. Januar 1982, i.d.F. vom 1. Oktober 1989 § 5; Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal i.d.F. vom 1. Januar 1982, i.d.F. vom 1. Juli 2000 §§ 5, 9
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 21.08.2002; Aktenzeichen 8 Sa 1810/01) |
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.07.2001; Aktenzeichen 7/3 Ca 4821/01) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 21. August 2002 – 8 Sa 1810/01 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten dem Kläger eine tarifliche Übergangsversorgung bis zum 63. oder bis zum 65. Lebensjahr zahlen müssen.
Der am 23. Juni 1941 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. Mai 1968 bis 26. Dezember 1984 bei der Beklagten zu 2) als Flugingenieur beschäftigt. Ab dem 27. Dezember 1984 begann das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1), der Deutschen Lufthansa AG. Im Arbeitsvertrag vom 20. Dezember 1984 heißt es ua.:
“3. Die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters ergeben sich aus den jeweils gültigen Tarifverträgen für das Bordpersonal sowie Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften.
…
4. Aufgrund seiner Vordienstzeiten ergeben sich für den Mitarbeiter folgende technische Eintrittsdaten:
…
Eintritt Konzern |
a) |
Ausbildungsverhältnis: |
01.07.1967 |
|
b) |
Arbeitsverhältnis: |
01.05.1965 |
…”
In der Zeit vom 1. April 1994 bis 30. Juni 1996 befand sich der Kläger auf Grund einer Vereinbarung mit der Beklagten zu 1) im Übergangsurlaub. In der Vereinbarung heißt es ua.:
“ 1. Übergangsurlaub
(1) Herr Funken erhält ab dem 01.04.1994 bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze (55. Lebensjahr) unter Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf die VBL-Gesamtversorgung einen unbezahlten Übergangsurlaub, an dessen Vereinbarung Lufthansa ausdrücklich ein betriebliches Interesse anerkennt.
…
2. Rechtsstellung
(1) Mit Beginn des in Ziff. 1 Abs. 1 genannten Tages endet das Beschäftigungsverhältnis bei Lufthansa. Das Arbeitsverhältnis besteht dagegen, ohne daß Herr F… während des Übergangsurlaubs die Beschäftigung bei Lufthansa wieder aufnimmt, formal bis zum Tag vor Beginn der Übergangsversorgung gemäß dem bei Unterzeichnung dieses Vertrages geltenden Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit fort.
(2) Mit Beginn des Übergangsurlaubs erhält Herr F… den Status eines Lufthansa-Pensionärs und wird dementsprechend von FRA PN 3 betreut.
…”
Mit Vollendung seines 55. Lebensjahres schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) auf Grund § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 1 für das Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa idF vom 1. Januar 1997 (MTV) aus.
Er erhielt ab dem 1. Juli 1997 als Übergangsversorgung eine Zusatzrente auf der Basis des Tarifvertrages Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal vom 1. Oktober 1989 (TV-ÜV Cockpit 1989). Diese betrug zuletzt 9.112,87 DM. Die Beklagte zu 1) hat die Absicht, die Zahlung der Zusatzrente mit Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers einzustellen. Zu diesem Zeitpunkt kann der Kläger eine Altersrente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beziehen.
Im TV-ÜV Cockpit vom 1. Juli 1972 idF vom 1. Januar 1982 (TV-ÜV Cockpit 1982) hieß es noch zur Bezugsdauer der Zusatzrente:
Ҥ 5
…
(2)
a) Die Zusatzrente wird vom vollendeten 55. Lebensjahr bis zum Beginn der Altersrente aus der Angestellten-Versicherung bzw. VBL, längstens bis zum vollendeten 65. Lebensjahr gezahlt, wenn der Arbeitnehmer bei Vollendung des 55. Lebensjahres noch im Dienste der DLH/CFG steht.
…”
Der TV-ÜV Cockpit 1989 trat nach seinem § 9 Abs. 1 am 1. Oktober 1989 in Kraft und lautet auszugsweise:
Zusatzrente und Flugdienstuntauglichkeitsleistungen
§ 5
…
(2) Die Zahlung der Zusatzrente beginnt in dem Monat nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gemäß Abs. 1 und endet im Zeitpunkt der frühest möglichen Inanspruchnahme der Altersrente aus der Angestellten-Versicherung (AV) bzw. der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres.
Für Mitarbeiter, die nicht in der VBL oder AV versichert sind, treten etwaige sonstige Versorgungsleistungen (ausgenommen Ruhegehälter von Beamten und Berufssoldaten (**)) ) an die Stelle der VBL/AV-Leistungen.
…
(**)) siehe Protokollnotiz II, Ziffer 1 …
…
Protokollnotiz
…
II. Zusatzrente und Flugdienstuntauglichkeitsleistungen
1. a) Die Zahlung der Zusatzrente (§ 5) endet regelmäßig mit Vollendung des 63. Lebensjahres. Sofern bei befreiender Lebensversicherung Ansprüche auf Altersversorgung aus dieser Versicherung nach dem am 1.1.1989 gültigen Versicherungsvertrag erst ab Alter 65 bestehen, wird die Übergangsversorgung solange fortgeführt. Entsprechendes gilt, soweit und solange Anspruch auf VBL-/AV-Gesamtversorgung noch nicht besteht, weil der Mitarbeiter die Wartezeit von 35 Jahren noch nicht erfüllt hat.
…”
Der TV-ÜV Cockpit 2000 trat am 1. Juli 2000 in Kraft. Dort heißt es zur Zusatzrente in § 5:
“…
(2) Die Zahlung der Zusatzrente beginnt mit dem Monat nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gemäß Absatz (1) und endet mit Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird. …
Der Mitarbeiter ist grundsätzlich verpflichtet, zum frühestmöglichen Zeitpunkt seine Altersrente für langjährig versicherte (nach derzeitiger Rechtslage mit Vollendung des 63. bzw. 62. Lebensjahres) aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) bzw. der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sowie daran anknüpfende VBL-gleiche Betriebsrenten in Anspruch zu nehmen, …
Inkrafttreten und Vertragsdauer
§ 9
(1) Diese Neufassung des Tarifvertrages Übergangsversorgung Cockpitpersonal tritt am 01. Juli 2000 in Kraft; sie ersetzt ab diesem Zeitpunkt die bis dahin geltende Fassung des Tarifvertrags vom 01. Oktober 1989.
…
Protokollnotiz
…
6. a) Mitarbeiter der Geburtsjahrgänge Juni 1940 bis Dezember 1946 (einschließlich), deren Arbeitsverhältnis am 30.06.2000 noch bestanden hat, können vor Eintritt in die Übergangsversorgung wählen, ob sie Zusatzrente nach § 5 in Verbindung mit Protokollnotiz II Ziffer 5. dieses neu gefaßten Tarifvertrags oder nach § 5 in Verbindung mit Protokollnotiz II Ziffer 1. a) Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit vom 01.10.1989 in der Fassung des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrages vom 01.08.1995 erhalten wollen.
6. b) Für Mitarbeiter, die am 30.06.2000 bereits in Übergangsversorgung waren, gilt statt § 5 in Verbindung mit Protokollnotiz II Ziffer 5. dieses Tarifvertrags § 5 in Verbindung mit Protokollnotiz II. Ziffer 1. a) des Tarifvertrags Übergangsversorgung Cockpit vom 01.10.1989 in der Fassung des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom 01.08.1994 mit der Maßgabe, daß Grundlage der Berechnung der Zusatzrente – abweichend von dessen § 5 Absatz (3) – der fiktiv volldynamisch fortgeschriebene VTV Bord Nr. 26 vom 01.10.1991 ist. …”
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe die Zusatzversorgung auch nach Vollendung des 63. Lebensjahres bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres zu. Dies folge entweder aus der für ihn weiter gültigen tarifvertraglichen Regelung von 1982 oder mindestens ab dem 1. Juli 2000 aus der tarifvertraglichen Regelung vom 1. Juli 2000. Zudem habe der TV-ÜV Cockpit 1989 seinen bereits bestehenden Anspruch aus dem TV-ÜV Cockpit 1972 nicht beschränken können. Die Zusatzrente sei eine Altersversorgungsleistung iSd. BetrAVG. Sie sei für ihn bereits vor Inkrafttreten des TV-ÜV Cockpit 1989 unverfallbar gewesen. Die späteren tarifvertraglichen Regelungen hätten daher seinen unverfallbar gewordenen Anspruch nicht wirksam beseitigen können. Die Beschränkung der Bezugsdauer der Zusatzrente auf die Vollendung des 63. Lebensjahres im TV-ÜV Cockpit 1989 sei nach § 41 SGB VI unwirksam. Zudem ergebe sich sein Anspruch zumindest ab dem 1. Juli 2000 unmittelbar aus dem TV-ÜV Cockpit 2000, da dieser ab diesem Zeitpunkt auf sein Rechtsverhältnis mit den Beklagten anzuwenden sei. II Ziff. 1. a) der Protokollnotiz zum TV-ÜV Cockpit 1989 verstoße auch gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG. Es gebe keinen sachlichen Grund, bei Mitarbeitern mit Anspruch auf Altersrente aus der Angestelltenversicherung die Anspruchsdauer auf die Vollendung des 63. Lebensjahres zu beschränken, während Mitarbeiter mit befreiender Lebensversicherung nach II Ziff. 1. a) der Protokollnotiz zum TV-ÜV Cockpit 1989 einen Anspruch zur Vollendung des 65. Lebensjahres hätten.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, an den Kläger auch nach dem 1. Juli 2004 bis einschließlich den 1. Juli 2006 monatlich den sich aus DM 9.112,87 ergebenden Nettobetrag abzüglich der von der BfA ausgezahlten Rente sowie abzüglich der von der VBL ausgezahlten Zusatzrente zuzüglich in Zukunft etwaig eintretender tariflicher Gehaltserhöhungen zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 2) sei nicht passiv legitimiert. Auch gegenüber der Beklagten zu 1) bestehe kein Anspruch. Die Verpflichtung zur Zahlung der Zusatzrente an den Kläger ende gem. § 5 Abs. 2 TV-ÜV Cockpit 1989 iVm. der Protokollnotiz II Ziff. 1. a) im Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der Altersrente aus der Angestelltenversicherung und damit mit Vollendung des 63. Lebensjahres. Eine Besserstellung der Mitarbeiter mit befreiender Lebensversicherung verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz. Bei der Zusatzrente handele es sich auch nicht um eine betriebliche Altersversorgung iSd. BetrAVG.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortzahlung der Übergangsversorgung nach Vollendung des 63. Lebensjahres.
I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Dem Feststellungsinteresse steht nicht entgegen, dass Klage auf künftige Leistung erhoben werden könnte. Die Möglichkeit der Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO beseitigt das Feststellungsinteresse nicht (BGH 7. Februar 1986 – V ZR 201/84 – NJW 1986, 2507).
II. Die Klage ist mangels Anspruchsgrundlage unbegründet. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagte zu 2) überhaupt passiv legitimiert ist. Nach § 5 Abs. 1 des TV-ÜV Cockpit 1989 setzt der Anspruch voraus, dass der Mitarbeiter wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze mit dem 55. Lebensjahr aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) war aber bereits vor diesem Zeitpunkt beendet und bestand beim Ausscheiden ausschließlich mit der Beklagten zu 1).
1. § 5 Abs. 2 TV-ÜV Cockpit 1989 räumt dem Kläger keinen Anspruch auf Zusatzrente über das 63. Lebensjahr hinaus ein.
a) Der TV-ÜV Cockpit ist auf das Rechtsverhältnis der Parteien anzuwenden. Die Beklagte zu 1) und der Kläger haben in Ziff. 3 des Arbeitsvertrages die Anwendung der jeweils gültigen Tarifverträge für das Bordpersonal vereinbart. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) unterfällt auch dem zeitlichen Geltungsbereich des TV-ÜV Cockpit 1989. Gem. § 9 Abs. 1 TV-ÜV Cockpit 1989 trat dieser Tarifvertrag am 1. Oktober 1989 in Kraft und ersetzt ab diesem Zeitpunkt die bis dahin geltende Fassung des TV-ÜV Cockpit vom 1. Juli 1972. Der Kläger schied wegen Erreichens der Altersgrenze gem. § 19 MTV mit Vollendung seines 55. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) aus. Der Übergangsurlaub endete am 30. Juni 1996. Der Zeitraum des Anspruchs auf Zusatzrente begann damit unter Geltung des TV-ÜV Cockpit 1989 am 1. Juli 1996.
b) Gem. § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 TV-ÜV Cockpit 1989 iVm. seiner Protokollnotiz II Ziff. 1. a) endet die Zahlung der Zusatzrente für Mitarbeiter, die keinen Anspruch aus befreiender Lebensversicherung oder auf VBL-/AV-Gesamtversorgung wegen Nichterfüllung der Wartezeit von 35 Jahren haben, mit Vollendung des 63. Lebensjahres. Dies ist beim Kläger der Fall. Die Protokollnotiz ist auch Teil des Tarifvertrages. Sie steht im Zusammenhang mit § 5 Abs. 2 TV-ÜV Cockpit 1989 und enthält detaillierte Regelungen (Senat 20. August 2002 – 9 AZR 235/01 – AP TVG Tarifverträge: Lufthansa § 1 Nr. 28 = EzA TVG Luftfahrt § 4 Nr. 6).
2. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 5 Abs. 2 TV-ÜV Cockpit 2000. Danach endet die Zahlung der Zusatzrente mit Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird. Der TV-ÜV Cockpit 2000 trat aber erst gem. seinem § 9 Abs. 1 am 1. Juli 2000 in Kraft. Er gilt damit nicht für das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1). Der TV-ÜV Cockpit 2000 hat auch keine rückwirkende Regelung hinsichtlich der Bezugsdauer der Zusatzrente getroffen.
Ebenso wenig findet er für die Zeit ab dem 1. Juli 2000 Anwendung. Dies folgt schon aus der Überleitungsregelung in der Protokollnotiz II Ziff. 6. b) des TV-ÜV Cockpit 2000. Danach gilt für Mitarbeiter, die am 30. Juni 2000 bereits in Übergangsversorgung waren § 5 iVm. der Protokollnotiz II Ziff. 1. a) des TV-ÜV Cockpit 1989 mit Ausnahme der Berechnung der Zusatzrente. Der Kläger befand sich am 30. Juni 2000 entsprechend dieser Regelung bereits in der Übergangsversorgung. Entgegen der Revision findet diese Protokollnotiz auch auf das Rechtsverhältnis der Parteien Anwendung. Dies folgt schon aus dem Wortlaut, wonach sie Mitarbeiter betrifft, die am 30. Juni 2000 bereits in Übergangsversorgung waren. Der Hinweis auf die Berechnungsgrundlage der Zusatzrente abweichend von § 5 Abs. 3 schränkt nur den Umfang der Bezugnahme auf der Rechtsfolgenseite ein, nicht aber dessen Geltungsbereich.
3. Der Anspruch folgt auch nicht aus § 5 Abs. 2 TV-ÜV Cockpit 1982 (TV-ÜV Cockpit vom 1. Juli 1972 idF vom 1. Januar 1982).
a) Diese tarifliche Regelung galt zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in die Übergangsversorgung nicht mehr. Der TV-ÜV Cockpit 1989 hat den TV-ÜV Cockpit 1982 wirksam abgelöst. Es steht den Tarifvertragsparteien frei, tarifliche Regelungen durch neue abzulösen, auch wenn sie für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Das Verhältnis zwischen dem früheren und dem späteren Tarifvertrag richtet sich nach dem Ablösungsprinzip. Allerdings dürfen vorhandene Besitzstände nicht völlig unberücksichtigt gelassen werden. Dies folgt aus dem allgemeinen Vertrauensprinzip (BAG 14. Dezember 1982 – 3 AZR 251/80 – BAGE 41, 163). Soweit Änderungen der Tarifnorm Sachverhalte berühren, die in der Vergangenheit liegen, haben die Tarifvertragsparteien dieselben Grenzen der zulässigen Rückwirkung einzuhalten, wie sie vom Gesetzgeber zu beachten sind (BAG 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – BAGE 78, 309). Eine Rückwirkung in Form der unechten Rückwirkung ist gegeben, wenn der Normsetzer an Rechtssetzungen und Lebenssachverhalte anknüpft, die in der Vergangenheit begründet wurden, auf Dauer angelegt waren und noch nicht abgeschlossen sind (BVerfG 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256). Eingriffe durch Neuregelungen sind nur zulässig, wenn entweder die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung nicht geeignet war, ein Vertrauen der Betroffenen in ihren Fortbestand zu begründen oder die für die Änderung sprechenden Gründe bei Abwägung dem Vertrauensschutz vorgehen (BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 39/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3).
b) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, es liege ein unzulässiger Eingriff vor, weil der TV-ÜV Cockpit 1982 einen Anspruch auf Zahlung der Zusatzrente bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt habe. Das ist schon deshalb zweifelhaft, weil nach dem Wortlaut der Norm die Zusatzrente “längstens bis zum vollendeten 65. Lebensjahr” gezahlt wird. Es war also nicht ausgeschlossen, dass eine Beendigung vor Vollendung des 65. Lebensjahres eintrat. Wird dennoch zu Gunsten des Klägers diese Auslegung zu Grunde gelegt, führt das zu keinem anderen Ergebnis.
Der Kläger konnte nämlich nicht darauf vertrauen, dass auch künftig für das Ende der Zusatzrente auf Vollendung des 65. Lebensjahres den Zeitpunkt der tatsächlichen Rentengewährung und nicht auf den Zeitpunkt einer früheren Rentenberechtigung abgestellt wird. Dies ergibt sich schon aus dem Zweck der tariflichen Leistung. Danach sollen die ehemaligen Arbeitnehmer für Zeiten abgesichert werden, während derer sie einerseits nicht mehr bei ihrem Arbeitgeber tätig sein konnten, weil der Tarifvertrag ihr Ausscheiden erzwang, andererseits eine soziale Absicherung durch das System der Altersversorgung noch nicht gegeben war. Diesem Zweck entsprach es von vornherein, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem eine Altersrente in Anspruch genommen werden konnte. Damit konnte ein Vertrauen darauf, dass die Tarifvertragsparteien die Ausgestaltung der tarifvertraglichen Regelung unverändert lassen würden, objektiv nicht begründet werden (Senat 20. August 2002 – 9 AZR 235/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 28 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 6).
4. Entgegen der Revision verstößt die Schlechterstellung im TV-ÜV Cockpit 1989 gegenüber dem TV-ÜV Cockpit 2000 und gegebenenfalls gegenüber dem TV-ÜV Cockpit 1982 nicht gegen den Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Die kürzere Bezugsdauer der Zusatzrente nach dem TV-ÜV Cockpit 1989 gegenüber dem TV-ÜV Cockpit 1982 und dem TV-ÜV Cockpit 2000 ist nicht gleichheitswidrig. Das hat der Senat bereits entschieden (Senat 20. August 2002 – 9 AZR 235/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 28 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 6). Es handelt sich um eine zulässige Stichtagsregelung (vgl. BAG 29. November 2001 – 4 AZR 762/00 – AP GG Art. 3 Nr. 296 = EzA GG Art. 3 Nr. 94). Dabei kann dahingestellt bleiben, in welchem Maße die Tarifvertragsparteien unmittelbar an den Gleichheitssatz gebunden sind. Zum Teil wird angenommen, der allgemeine Gleichheitssatz sei Teil der objektiven Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung beanspruche. Sie sei damit auch von den Tarifvertragsparteien zu beachten (BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236). Nach anderer Auffassung unterliegen die Tarifvertragsparteien keiner unmittelbaren Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG. Wegen ihres vorrangigen Grundrechts der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG seien sie bis zur Grenze der Willkür frei (BAG 30. August 2000 – 4 AZR 563/99 – BAGE 95, 277, 289). Diese Rechtsfrage muss hier nicht entschieden werden. Selbst bei einer Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG haben die Tarifvertragsparteien hier den ihnen zukommenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
b) Es verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Zusatzrenten für Arbeitnehmer mit Anspruch auf befreiende Lebensversicherung bis zum 65. Lebensjahr gezahlt werden. Für diese unterschiedliche Behandlung besteht ein sachlicher Grund.
Die Revision meint, die Protokollnotiz zum TV-ÜV Cockpit 1982 hätte aus Gleichbehandlungsgründen auch für die Arbeitnehmer mit Anspruch auf befreiende Lebensversicherung eine Begrenzung des Zeitraums der Zahlung der Zusatzrente auf das 63. Lebensjahr regeln sollen. Arbeitnehmer, die befreiende Lebensversicherungen abgeschlossen haben, können soweit sie überhaupt die Möglichkeit haben, die vorzeitige Fälligkeit der befreienden Lebensversicherung nur mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen herbeiführen. Die Tarifvertragsparteien haben nicht den ihnen zukommenden Gestaltungsspielraum überschritten, wenn sie deshalb für die Arbeitnehmer mit befreiender Lebensversicherung ab dem 63. bis zum 65. Lebensjahr eine Versorgungslücke ausschließen wollten.
5. Der TV-ÜV Cockpit 1989 greift auch nicht unzulässigerweise in unverfallbare Anwartschaften des Klägers gem. § 1b BetrAVG ein. Bei der Übergangsversorgung handelt es sich nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Eine betriebliche Altersversorgung setzt voraus: Sie muss den Zweck einer Versorgung erfüllen, die durch ein biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod, ausgelöst werden soll und aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses versprochen worden sein. Sie muss weiter dazu dienen, die Altersversorgung des Arbeitnehmers nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbs- oder Berufsleben zu sichern (BAG 26. April 1988 – 3 AZR 411/86 – AP BetrAVG § 7 Nr. 45 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 25; 29. Oktober 1998 – 3 AZR 454/97 – BAGE 90, 120, 122, 123). Diese Voraussetzungen sind bei der tariflichen Übergangsversorgung nicht erfüllt. Sie dient dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die aus dem tarifvertraglich vorgesehenen vorzeitigen Ausscheiden von Cockpit-Personal aus dem Arbeitsverhältnis entstehen. Die Arbeitnehmer sollen sozial abgesichert werden, weil ihnen durch die Einführung der Altersgrenze nach § 19 MTV die Weiterarbeit versagt wird (Senat 20. August 2002 – 9 AZR 235/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 28 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 6). Das Cockpit-Personal scheidet damit aber nicht aus dem Erwerbs- oder Berufsleben aus. Deshalb stehen ihnen auch noch keine Leistungen aus der Altersversorgung zu. Die Übergangsversorgung hat damit den Charakter einer sozialen Absicherung bis zum Erreichen des Alters, in dem Altersversorgungsleistungen erbracht werden. Leistungen zur Überbrückung einer erwarteten Arbeitslosigkeit gehören nicht zur betrieblichen Altersversorgung (BAG 18. März 2002 – 3 AZR 315/02 –).
6. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 41 SGB VI.
Diese Vorschrift betrifft Vereinbarungen, die das Ausscheiden auf einen Zeitpunkt des vorzeitigen Rentenbezugs bestimmen. Derartige Vereinbarungen werden, wenn nicht die in der Regelung benannten Ausnahmefälle vorliegen, kraft Gesetz auf das 65. Lebensjahr bezogen. Die Bestimmung regelt nicht die mit dem Ausscheiden verbundenen Leistungen (Senat 18. Februar 2003 – 9 AZR 136/02 – AP SGB VI § 41 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 313 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), sondern verlängert die Dauer des Arbeitsverhältnisses auf die Vollendung des 65. Lebensjahres. Dies wird vom Kläger gerade nicht geltend gemacht.
B. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Reinecke, Krasshöfer, B. Lang, Bruse
Fundstellen
FA 2004, 246 |
NZA 2004, 679 |
ZTR 2004, 538 |
AP, 0 |
NJOZ 2004, 2303 |