Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablöse bei Vereinswechsel eines Eishockeyberufsspielers
Leitsatz (amtlich)
- Nach Art 59 Nr. 2 der Spielordnung des Deutschen Eishockey-Bundes ist ein Verein nur dann zur Freigabe eines Spielers mit Empfehlung verpflichtet, wenn er sich mit dem aufnehmenden Verein über die Zahlung einer “Aus- und Weiterbildungsentschädigung” geeinigt hat. Es bestehen aufgrund der Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Zahlungspflichten des Arbeitnehmers für ihm gewährte Ausbildung generelle Bedenken gegen die Wirksamkeit der vorgenannten Klausel.
- Über die Wirksamkeit braucht nicht entschieden zu werden, weil in einem Fall, in dem – wie vorliegend – das Arbeitsverhältnis gelöst und der Arbeitgeber in Konkurs gefallen ist, die Klausel nicht ohne Verstoß gegen Art 12 GG dahin ausgelegt werden kann, daß die Aufnahme der Berufstätigkeit bei einem anderen Verein von der Zahlung einer Entschädigung abhängig gemacht werden kann.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3c, §§ 4, 101 Abs. 2-3; BGB §§ 133, 157, 611; GG Art. 12 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1; Satzung des DEB §§ 2-3; Spielordnung des DEB Art. 1, 49, 55, 59
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 07.09.1988; Aktenzeichen 6 Sa 968/88) |
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 20.05.1988; Aktenzeichen 4 Ca 1448/88) |
Tenor
- Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 1988 – 6 Sa 968/88 – wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als ehemaliger Eishockeyspieler des Gemeinschuldners, des E… I… Hauptverein e. V., die nach der Spielordnung (SpO) des Deutschen Eishockey-Bundes e. V. (DEB) als Voraussetzung für einen Vereinswechsel vorgeschriebene “Freigabe des abgebenden Vereins” seitens des Beklagten als Konkursverwalter braucht, um eine Spielberechtigung für die Teilnahme an dem Eishockey-Spielbetrieb des DEB bei einem anderen Eishockeyverein zu erlangen.
Der am 30. Dezember 1965 geborene Kläger gehörte seit 1983 als aktiver Spieler dem Eishockey-Club E… I… Senioren e. V. an. In der Folgezeit wurde dem E… I… Hauptverein e. V. (dem jetzigen Gemeinschuldner) als Mitglied des DEB von diesem die Spielberechtigung für den Kläger gemäß der SpO erteilt. Der Eishockey-Spielbetrieb ist eine Verbandseinrichtung des DEB, er wird insbesondere in der SpO geregelt.
Die Satzung des DEB lautet auszugsweise wie folgt:
Ҥ 2
Mitgliedschaft
§ 3
Ausscheiden von Mitgliedern/Wiederaufnahme
”
Die Spielordnung des DEB lautet in Auszügen:
“Art. 59
Freigabe mit Empfehlung
- …
Ein Verein, der einen Spieler an einen anderen Verein abgibt, kann für diesen eine Entschädigung für Aus- und Weiterbildung verlangen ….
Ein Verein ist verpflichtet, sofern er sich mit dem aufnehmenden Verein privatvertraglich über eine Aus- und Weiterbildungsentschädigung geeinigt hat, eine Empfehlung (Formblatt) zu erteilen ….
Erfolgt keine Einigung, unterwerfen sich die Beteiligten – vorbehaltlich Ziff. 2, letzter Satz – dem Spruch des Gutachterausschusses, der von jedem der Beteiligten bzw. von einem betroffenen Ligenspieler angerufen werden kann ….
”
Der Kläger war beim DEB als Stammspieler des E… I… Hauptverein e. V. (künftig auch E… ) registriert und wird weiterhin als solcher behandelt. Den Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem E… lag zuletzt die Vereinbarung vom 30. Juli 1987 zugrunde. Darin heißt es:
“
- …
- Der Spieler unterwirft sich auch gegenüber dem Verein aus den im Eingang der Vereinbarung (Anlage 1 zu Art. 49 Ziff. 2 SpO) genannten Gründen dem Satzungswerk des DEB – in seiner jeweiligen Fassung – und den Entscheidungen der Organe des DEB und erkennt auch gegenüber dem Verein aus den im Eingang der Schiedsgerichtsvereinbarung (Anlage 2 zu Art. 49 Ziff. 2 SpO) genannten Gründen den in der Satzung des DEB geregelten Sportrechtsweges nebst Schiedgerichtsordnung – in seinen jeweiligen Fassungen – unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges bei allen evtl. Streitigkeiten zwischen ihm und dem DEB als verbindlich an.
- …
- Der Spieler unterwirft sich – unbeschadet der sich aus seiner Stellung als Mitglied des Vereins bereits ergebenden Unterwerfung – dem Satzungswerk des Vereins – in seiner jeweiligen Fassung – und den Entscheidungen der Organe des Vereins und erkennt einen in der Satzung des Vereins evtl. geregelten Sportrechtsweg – in seiner jeweiligen Fassung – unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges bei allen evtl. Streitigkeiten zwischen ihm und dem Verein – sofern keine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichtes bestimmt ist – als vebindlich an ….
”
Über das Vermögen des E… wurde im November 1987 das Konkursverfahren eröffnet. Am 4. Dezember 1987 wurde der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt. Der Gemeinschuldner führte sein letztes Meisterschaftsspiel in der 1. Bundesliga am 6. Dezember 1987 durch. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete spätestens am 11. Mai 1988 durch übereinstimmende Erklärung der Parteien.
Am 31. Juli 1987 schlossen der Gemeinschuldner und der D… -Verein 1987 e. V. einen Vertrag, in dem es u. a. heißt:
“Kauf-Leihvertrag
Der D… verein 1987 e. V. kauft oder leiht den Spieler … P… zum Preis von 15.000,-- DM zuzügl….”
Am 28. Juli 1988 erteilte der Beklagte dem Kläger die Freigabe für den E… E… 1983 e. V. Die Parteien einigten sich mit dem E… E… 1983 e. V. darauf, daß eine Leihgebühr in Höhe von 5.000,-- DM treuhänderisch hinterlegt werden und derjenigen Partei ausgezahlt werden soll, die in diesem Rechtsstreit obsiegt.
Der Kläger will bei einem anderen Eishockey-Verein tätig werden. Dazu vertritt der Beklagte die Ansicht, der Kläger brauche hierfür die nach Art. 54, 55 SpO vorgeschriebene “Freigabe des abgebenden Vereines”, die er als Konkursverwalter des E… mit einer “Empfehlung” nach Art. 59 SpO nur zu erteilen brauche, wenn er sich mit dem aufnehmenden Verein über die Zahlung einer “Aus- und Weiterbildungsentschädigung” geeinigt habe. Demgegenüber ist der Kläger der Auffassung, der Beklagte könne wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wegen der Einstellung des Spielbetriebes bei dem Gemeinschuldner im Zusammenhang mit einem Vereinswechsel keine Ansprüche gegen ihn oder seinen künftigen Vertragspartner erheben; vor allem könne ein Vereinswechsel nicht mehr von der Freigabe des Beklagten abhängig gemacht werden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß er keine Freigabe des Beklagten benötigt, um seine aktive Tätigkeit als Eishockeyspieler bei einem anderen Verein auszuüben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, der bezahlte Eishockey-Spielbetrieb sei nur aufrechtzuerhalten, wenn bei einem Vereinswechsel Entschädigungsansprüche des abgebenden Vereins aktiviert werden könnten. Sämtliche Vereine der 1. und 2. Bundesliga glichen ihren Etat auf diese Weise aus. Ohne Entschädigungszahlungen an den abgebenden Verein bestehe die Gefahr, daß die Stars und Leistungsträger von den finanziell Schwächeren zu den finanziell besser stehenden Vereinen abwandern.
Der Beklagte hat dem DEB den Streit verkündet. Dieser ist Streit auf Seiten des Beklagten beigetreten. In der Berufungsinstanz ist zudem der D… -Verein 1987 e. V. dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetreten und hat sich als Nebenintervenient dem vom Beklagten gestellten Antrag angeschlossen. In der Revisionsinstanz sind beide Streithelfer nicht mehr aufgetreten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Der Kläger bedarf für eine weitere Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Eishockeyspieler im Rahmen des Spielbetriebs des DEB keiner Freigabe durch den Beklagten.
Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits die Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3c ArbGG ausschließlich zuständig sind, denn die Parteien streiten über Nachwirkungen aus einem früheren Arbeitsverhältnis.
Dem steht weder die Schiedsgerichtsordnung des Streitverkündeten noch die Erklärung des Klägers im Arbeitsvertrag vom 30. Juli 1987 entgegen, wonach er verpflichtet ist, “einen in der Satzung des Vereins evtl. geregelten Sportrechtsweg unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges bei allen evtl. Streitigkeiten zwischen ihm und den Verein – sofern keine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichtes bestimmt ist – als verbindlich anzuerkennen”. Allerdings, eröffnet § 4 ArbGG die Möglichkeit, die Arbeitsgerichtsbarkeit in den Fällen des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG nach Maßgabe der §§ 101 bis 110 ArbGG auszuschließen. Diese Voraussetzungen liegen aber schon deshalb nicht vor, weil der Kläger nicht zu dem Arbeitnehmerkreis der Bühnenkünstler, Filmschaffenden, Artisten oder Kapitäne und Besetzungsmitglieder von Seeschiffen (§ 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) zählt. Zudem sind die Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3c ArbGG auch im Sinne der Vereinbarung vom 30. Juli 1987 ausschließlich zuständig für Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus den Nachwirkungen eines Arbeitsverhältnisses. Schließlich bestimmt § 101 Abs. 3 ArbGG, daß die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das schiedsrichterliche Verfahren in Arbeitssachen keine Anwendung finden.
2. Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO). Der Kläger erstrebt die Feststellung, des er keine Freigabe des Beklagten brauche, um seine aktive Tätigkeit als Eishockeyspieler bei einem anderen Verein auszüben. Zwar kann nach § 256 ZPO nur auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden; bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses werden nicht als zulässiger Streitgegenstand eines Feststellungsbegehrens angesehen (BGHZ 22, 43, 48; 68, 331, 332). Eine Feststellungsklage muß sich aber nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken, sie kann vielmehr auch einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht (vgl. statt vieler BAGE 47, 238, 245 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A I der gründe, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).
Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ob und in welchem Umfang der Beklagte aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis des Klägers berechtigt oder nicht berechtigt ist, eine "Freigabe" für seine weitere Tätigkeit als Berufseishockeyspieler zu erklären. Bei dieser Frage handelt es sich um den Umfang einer rechtlichen Befugnis aus einem nachwirkenden Arbeitsverhältnis.
3. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger Feststellung der von ihm begehrten Rechtsfolge, weil die zwischen den Parteien bestehende Unsicherheit über den Umfang der Nachwirkungen aus dem früheren Arbeitsverhältnis des Klägers den Kläger in seiner Berufsausübung fortgesetzt und nachhaltig behindert.
II. Das Feststellungsverlangen des Klägers ist begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Beklagte berühme sich zu Unrecht der Rechtsposition, wonach eine Spielberechtigung für den Kläger im Falle eines Vereinswechsels nur mit seiner, des Beklagten, Freigabe und Empfehlung erteilt werden dürfe. Der Kläger bedarf einer solchen Freigabeerklärung nicht.
a) Unstreitig ist das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem E… I… beendet. Dieser Verein ist, nachdem über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde und er nicht mehr am Meisterschaftsspielbetrieb des DEB teilnimmt, nicht mehr Mitglied des DEB. Das folgt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, aus § 3 Nr. 1 Buchst. c der Satzung des DEB. Soweit die Revision dem Landesarbeitsgericht vorwirft, es habe insoweit eine Rechtsfrage entschieden, für die es überhaupt nicht zuständig sei, übersieht sie, daß jedes Gericht über alle entscheidungserheblichen Vorfragen selbständig zu befinden hat, soweit nicht eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO (oder einer entsprechenden anderen Verfahrensvorschrift) in Betracht kommt (BAGE 5, 81, 83 = AP Nr. 1 zu § 3 AVG; BAG Urteil vom 5. März 1968 – 1 AZR 229/67 – AP Nr. 6 zu § 611 BGB Treupflicht, zu II 3 (vor a) der Gründe; BAG Urteil vom 8. Dezember 1981 – 3 AZR 71/79 – AP Nr. 5 zu §§ 394, 395 RVO, zu I der Gründe, m. w. N.). Ist aber der Gemeinschuldner nicht mehr Mitglied des DEB, so kann er sich dem Kläger gegenüber auch nicht mehr auf die Satzungsbestimmungen des DEB berufen. Denn mit dem Ende der Vereinszugehörigkeit erlöschen auch die Mitgliederrechte und -pflichten (vgl. Stöber, Vereinsrecht, 4. Aufl., S. 218). Da die Spielordnung des DEB nur für Mitglieder gilt (vgl. Art. 1 in Verbindung mit Art. 49 SpO), kann der Beklagte aus ihr keine den Vereinswechsel berührenden Rechte herleiten.
b) Selbst wenn man davon ausgeht, der Kläger sei auch nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit dem E… I… und nach der Konkurseröffnung über dessen Vermögen noch an die in seinem Vertrag vom 30. Juli 1987 enthaltene Unterwerfungsklausel gebunden – wonach für seine Rechtsbeziehungen zum E… I… auch das Satzungswerk des DEB und damit auch die Spielordnung verbindlich sein soll – so kann sich der Beklagte unter den besonderen Umständen des Streitfalles doch nicht darauf berufen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
2.a) Nach Art. 59 Nr. 2 SpO des DEB kann ein Verein, der einen Spieler an einen anderen Verein abgibt, für diesen eine Entschädigung für Aus- und Weiterbildung verlangen. Diese in den Vertrag vom 30. Juli 1987 inhaltlich aufgenommene Regelung schafft für den Kläger die gleiche Situation, wie wenn nicht der aufnehmende Verein, sondern er selbst zur Zahlung der “Weiterbildungsentschädigung” verpflichtet wäre. Für den Beklagten und die von ihm zu befriedigenden Gläubiger des E… I… bliebe es nämlich im wirtschaftlichen Ergebnis gleich, ob der übernehmende Verein oder der Kläger unmittelbar Zahlung leistete. Damit ergibt sich jedoch eine Fallkonstellation, deren Interessenlage wesentlich mit dem Sachverhalt übereinstimmt, den der Senat im Urteil vom 18. August 1976 (BAGE 28, 159 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe) zu entscheiden hatte. Dieser Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, daß der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer, der vor Ablauf einer bestimmten Frist aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, die Erstattung von Ausbildungskosten aufgrund entsprechender Vereinbarung verlangte. Dazu hat der Senat auf seine bisherige Rechtsprechung zur Rückzahlung von Ausbildungsbeihilfen verwiesen, wonach diese Verpflichtung nur dann zulässig ist, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles dem Arbeitnehmer zuzumuten ist und einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entspricht.
Für diese Interessenabwägung kommt es vorrangig darauf an, ob und inwieweit der Arbeitnehmer mit der Aus- oder Weiterbildung einen geldwerten Vorteil erlangt. So soll eine Beteiligung an Ausbildungskosten in der Regel dann ausscheiden, wenn die Interessen des Arbeitnehmers an der Ausbildung im Vergleich zu denen des Arbeitgebers gering sind, z. B. bei betriebsbezogenen Fortbildungsmaßnahmen, die nur den Zweck haben, vorhandene Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern oder aufzufrischen. Dann ist nach Auffassung des Senats eine Rückzahlungsverpflichtung mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren (vgl. BAGE 28, 159, 163, 165 f. = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 1a und 4 der Gründe, mit besonderem Hinweis auf BAGE 13, 168, 177 = AP Nr. 25 zu Art. 12 GG, zu II 2a der Gründe).
b) Es kann indessen dahinstehen, ob die wegen der Aus- und Weiterbildung vorgesehene Entschädigung schon generell gegen die eben aufgeführten arbeitsrechtlichen Grundsätze über die Erstattung von Ausbildungskosten verstößt. Denn zumindest im vorliegenden Falle, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gelöst war und der Beklagte den Kläger nicht mehr beschäftigen konnte, durfte der Beklagte nicht den Standpunkt einnehmen, er brauche den Kläger nur gegen Zahlung einer Entschädigung für einen anderen Verein freizugeben. Damit behinderte er den Kläger in einer gegen das Grundrecht der freien Arbeitsplatzwahl (Art. 12 Abs. 1 GG) verstoßenden Weise an der Aufnahme einer anderweitigen beruflichen Tätigkeit. Bei einer nach den Maßstäben der §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung des Art. 59 Nr. 2 SpO muß die in Art. 12 GG sich äußernde Wertordnung des Grundgesetzes berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 73, 261, 268 f.). Das muß um so mehr gelten, als nach Art. 55 Nr. 2.1 SpO bei Vorliegen einer Freigabe mit Empfehlung eine Spielberechtigung sofort erteilt werden kann, während nach Nr. 1 selbst bei Vorliegen der Freigabe (ohne Empfehlung) eine solche Berechtigung für Meisterschaftsspiele erst nach 18 Monaten erteilt zu werden braucht. Daraus ergibt sich, daß der Kläger bei einem Vereinswechsel ohne Freigabe mit einer 18-monatigen Sperrzeit rechnen müßte. Eine Sperrfrist von 18 Monaten hat aber für einen Berufsspieler so weitreichende Konsequenzen, daß von einer freien Arbeitsplatzwahl nicht mehr gesprochen werden kann.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Olderog, Dr. Koffka, Blank-Abel
Fundstellen
Haufe-Index 873912 |
BAGE, 232 |
RdA 1990, 127 |
Wüterich / Breucker 2006 2006, 317 |