Entscheidungsstichwort (Thema)
Verrechnung von freiwilliger Zulage mit erhöhtem Tariflohn
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 16.10.1985 5 AZR 299/84 = nicht amtlich veröffentlicht.
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 28.11.1984; Aktenzeichen 3 Sa 37/84) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 04.11.1983; Aktenzeichen 7 Ca 200/83) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, eine freiwillig zum Tariflohn gezahlte Zulage mit einem erhöhten Tariflohn aufgrund einer rückwirkenden Höhergruppierung des Klägers zu verrechnen.
Der Kläger ist seit 1975 als Schlosser bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Organisationszugehörigkeit der TVAL II Anwendung. Der Kläger wurde nach Gewerbegruppe A 2 des Gewerbegruppenverzeichnisses des § 61 TVAL II vergütet. Daneben erhielt er eine außertarifliche Zulage, die sich anfangs auf 1,77 DM belief.
Der Kläger hat zunächst beim Arbeitsgericht auf Feststellung geklagt, daß ihm ab 1. Mai 1979 Vergütung nach Gewerbegruppe A 4 des § 61 TVAL II zustehe. Nachdem ein Arbeitskollege des Klägers in einem Musterprozeß bis zum Bundesarbeitsgericht die Feststellung erreicht hatte, daß er nach Gewerbegruppe A 4 zu vergüten ist, erkannte die Beklagte auch dem Kläger seit 1. Mai 1979 diese Vergütungsgruppe zu. Allerdings verrechnete sie die übertarifliche Zulage mit der nachgezahlten Vergütungsdifferenz zwischen den Gewerbegruppen A 2 und A 4. Hiernach erhöhte sich zwar der Tariflohn des Klägers durch Aufstieg in die VergGr. A 4, andererseits verringerte sich aber die übertarifliche Zulage entsprechend, so daß der Gesamtlohn des Klägers unverändert geblieben ist.
Die Beklagte hält sich zu dieser Verrechnung nach Ziffer 5 des Arbeitsvertrages mit dem folgenden Wortlaut für berechtigt:
"Die außertarifliche Zulage (10 c) ist eine
freiwillige Leistung und kann anläßlich einer
allgemeinen Lohn-, Gehaltserhöhung, einer Höher-,
Herab- oder Umgruppierung oder einer Stufen-
steigerung neu festgesetzt bzw. dagegen auf-
gerechnet werden. Im übrigen kann die außer-
tarifliche Zulage mit einer Ankündigungsfrist
von vier Wochen gekürzt oder entzogen werden."
Der Kläger wendet sich gegen die Anwendung dieser Verrechnungsklausel auf die ihm zugebilligte Höhergruppierung und hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger
die jeweilige Differenz zwischen der Ge-
werbegruppe A 2 und der Gewerbegruppe A 4
seit dem 1. Mai 1979 ohne Anrechnung der
außertariflichen Zulage zu zahlen.
Die Beklagte hat demgegenüber beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält sich schon nach dem Wortlaut der Klausel zu dieser Verrechnung mit der freiwilligen Zulage für berechtigt. Außerdem macht sie geltend, daß sich der Gesamtlohn des Klägers durch die Verrechnung nicht verringert habe und sie damit nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen habe.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Klägers als Feststellungsklage angesehen und dieser stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klagforderung weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Der Kläger macht zunächst in prozessualer Hinsicht geltend, die Beklagte habe sich in ihrer Berufungsbegründungsschrift mit den Gründen des angefochtenen Urteils nicht auseinandergesetzt, sondern ihre Argumente aus einem vorab geführten Parallelprozeß vorgetragen (Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 23. März 1984 - 5 Sa 125/83 - = 5 AZR 299/84).
1) Hiermit will sich der Kläger offensichtlich auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verb. mit § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO stützen, wonach in der Berufungsbegründung die Gründe der Anfechtung im einzelnen anzuführen sind. Fehlt es nämlich hieran, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen (§ 66 Abs. 2 ArbGG in Verb. mit § 519 b ZPO). Das ist in der Revisionsinstanz auch ohne prozessuale Rüge (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO) von Amts wegen zu berücksichtigen, weil es sich um Prozeßvoraussetzungen und Prozeßfortsetzungsvoraussetzungen handelt (BAG 11, 276 = AP Nr. 3 zu § 551 ZPO = NJW 1962, 318; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 44. Aufl., § 554 Anm. 4 F).
2) Damit kann der Kläger keinen Erfolg haben, weil die Beklagte ihre Berufung den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO entsprechend ordnungsgemäß begründet hat. Hiernach ist es zwar erforderlich, daß die Begründung auf den Streitfall zugeschnitten ist und erkennen läßt, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sei (vgl. u.a. Zöller/Schneider, ZPO, 13. Aufl., § 519, Anm. VI 2 c; Baumbach/-Lauterbach/Albers, ZPO, 44. Aufl., § 519, Anm. 3 C a sowie BGH NJW 1975, 1032).
Da der Sachverhalt selbst unstreitig ist, mußte sich die Berufungsbegründung zwangsläufig auf die zur Entscheidung anstehenden Rechtsfragen beschränken. Aber insoweit hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung nicht lediglich auf den vor derselben Berufungskammer durchgeführten Vorprozeß 5 Sa 125/83 Bezug genommen, sondern hieraus für diesen Rechtsstreit die entsprechenden rechtlichen Schlußfolgerungen gezogen. Damit hat sie sich aber auch mit dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt, denn es hat diese Rechtsfragen anders beurteilt als die Berufungskammer in dem mit der Berufungsbegründung ausgewerteten Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 23. März 1984 (5 Sa 125/83).
3) Die vorinstanzlichen Gerichte haben den Klagantrag als Feststellungsantrag ausgelegt und für hinreichend bestimmt gehalten. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Antrag bestimmt genug ist (vgl. schon BAG 9, 273 ff. = AP Nr. 2 zu § 253 ZPO und BAG Urteil vom 2. November 1961 - 5 AZR 148/60 - AP Nr. 8 zu § 253 ZPO). Es ist mit den vorinstanzlichen Gerichten davon auszugehen, daß die Klage als Feststellungsklage anzusehen und der Streitgegenstand hinreichend bestimmt ist, denn die Parteien streiten nur darüber, ob die Beklagte zur Anrechnung der übertariflichen Zulage auf die dem Kläger unstreitig zustehende Vergütungsdifferenz zwischen den Gewerbegruppen A 2 und A 4 berechtigt ist. Diese Auslegung ist auch in der Revisionsinstanz von den Parteien nicht angegriffen worden.
II. Die materiell-rechtliche Frage, ob die Beklagte die dem Kläger dem Grunde nach zustehende Vergütungsdifferenz zwischen den Gewerbegruppen A 2 und A 4 im Wege der Nachzahlung mit der für denselben Zeitraum gewährten übertariflichen freiwilligen Zulage verrechnen durfte, hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht und diese Befugnis zutreffend aus der unstreitig vereinbarten Anrechnungsvereinbarung in Ziffer 5 des Arbeitsvertrages vom 3. November 1975 entnommen.
1) Nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen, von denen auch das Landesarbeitsgericht im angefochtenen Urteil ausgeht, können die Vertragspartner im Arbeitsvertrag selbst den Umfang und die Grenzen der Anrechnung oder Verrechnung einer Tariflohnerhöhung mit einem übertariflichen Lohn im Rahmen des § 4 Abs. 3 TVG bestimmen (BAG Urteile vom 6. März 1958 - 2 AZR 457/55 -, vom 28. Oktober 1964 - 4 AZR 266/63 - und vom 11. August 1965 - 4 AZR 187/64 - AP Nr. 6, 8 und 9 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung; BAG Urteil vom 10. Dezember 1965 - 4 AZR 411/64 - AP Nr. 1 zu § 4 TVG Tariflohn und Leistungsprämie sowie BAG Urteil vom 24. Juli 1958 - 2 AZR 404/55 - und - 2 AZR 172/57 - AP Nr. 6 und 7 zu § 611 BGB Akkordlohn; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 257 ff.). Entscheidende Bedeutung kommt hiernach dem Einzelarbeitsvertrag zu, der auch durch eine betriebliche Einheitsregelung oder eine ständige Betriebsübung näher ausgestaltet sein kann (BAG Urteil vom 26. April 1961 - 4 AZR 501/59 - AP Nr. 5 zu § 4 TVG Effektivklausel und vom 19. Juli 1978 - 5 AZR 180/77 - sowie vom 4. Juni 1980 - 4 AZR 530/78 - AP Nr. 10 und Nr. 13 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung).
2) Das Landesarbeitsgericht hat von diesem rechtlich zutreffenden Ausgangspunkt die Anrechnungsklausel in Ziffer 5 des Arbeitsvertrages so ausgelegt, daß sie auch den Fall der Verrechnung einer übertariflichen Lohnzulage mit der Vergütungsdifferenz durch Höhergruppierung erfaßt. Die Angriffe der Revision hiergegen sind unbegründet. Das Revisionsgericht hat insoweit nur zu prüfen, ob das Berufungsgericht die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt hat (BAG Urteil vom 17. Februar 1966 - 2 AZR 162/65 - AP Nr. 30 zu § 133 BGB sowie Senatsurteile vom 23. Januar 1980 - 5 AZR 780/78 - AP Nr. 12 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung und vom 16. Oktober 1985 - 5 AZR 299/84 -). Solche Verstöße sind hier nicht gegeben. Insbesondere hat das Berufungsgericht alle für die Auslegung der Vereinbarung in diesem Punkt wesentlichen Umstände berücksichtigt. Der Revision kann nicht darin gefolgt werden, daß sich die Vereinbarung nur auf allgemeine Tariflohnerhöhungen beschränke und nicht auf Lohnerhöhungen durch Aufstieg in eine andere Vergütungsgruppe erstrecke. Dieser einschränkenden Auslegung durch die Revision widerspricht der umfassende Wortlaut der Anrechnungsklausel selbst, die ausdrücklich eine Verrechnung vorsieht mit Tariflohnerhöhungen auch durch Höher-, Herab- oder Umgruppierungen oder Stufenänderungen.
Allerdings meint der Kläger, die Beklagte könne nicht gegen die schon in der Vergangenheit ausbezahlte freiwillige Zulage mit der rückwirkend nachgezahlten Vergütungsdifferenz aufrechnen. Eine Aufrechnung setze zwei sich gegenüberstehende Forderungen voraus. An dieser Aufrechnungslage fehle es. Die Beklagte verlange die schon ausbezahlte freiwillige Zulage in der angerechneten Höhe zurück. Hierfür sei ein Rückforderungsanspruch erforderlich, an dem es aber fehle. Ein solcher ergebe sich nicht aus § 812 BGB, denn die Beklagte habe in der Vergangenheit die Zulage nicht ohne Rechtsgrund bezahlt.
Hierbei verkennt der Kläger aber, daß die Beklagte gar keine Aufrechnung im Sinne der §§ 387 ff. BGB vorgenommen hat. Damit entfallen auch alle seine an die fehlende Aufrechnungslage geknüpften rechtlichen Schlußfolgerungen.
Bei einer Verrechnung eines übertariflichen Lohnbestandteils mit einem erhöhten Tariflohn - gleichgültig worauf diese Tariflohnerhöhung zurückzuführen ist - verringert sich vielmehr mangels gegenteiliger Vereinbarungen der übertarifliche Lohnbestandteil - hier also die freiwillige Zulage - um den Betrag der Tariflohnerhöhung. Auf diese Rechtslage hat das BAG schon mit Urteil BAG 15, 110 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn und Tariflohnerhöhung hingewiesen und ausgeführt, daß eine ausdrücklich erklärte Anrechnung nichts anderes als die Feststellung sei, daß durch die Tariflohnerhöhung der Gesamtlohn unverändert bleibe (BAG 15, 110 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung mit Anm. G. Hueck = SAE 1964, 134 mit Anm. Knevels). Hieran hat das BAG auch im Fall einer rückwirkenden Tariflohnerhöhung ausdrücklich festgehalten (BAG 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 6 mit zustimmender Anm. von Hoyningen-Huene). Auf den Unterschied zwischen der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung und einer Aufrechnung andererseits verweist auch Herschel in seiner Anmerkung in AP Nr. 13 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung, ohne daß es in diesem Fall geboten wäre, diese Gedanken noch weiter zu vertiefen.
Da die hier verrechnete freiwillige Zulage sich auch nicht auf eine bestimmte Arbeitsleistung bezieht (Leistungszulage), steht einer Verrechnung insoweit nichts im Wege (vgl. BAG Urteil AP Nr. 13 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung sowie Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 259).
3) In der Vorinstanz hat der Kläger erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung, am 28. November 1984, behauptet, "es sei ihm zugesagt worden, daß die Differenz nachgezahlt werde". Die Beklagte hat das ausdrücklich bestritten, und das Berufungsgericht hat die daraufhin vom Kläger beantragte Vertagung zur weiteren Konkretisierung seines Vortrages in den Entscheidungsgründen abgelehnt (§ 227 Abs. 1 ZPO). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger damit behaupten wollte, die Beklagte habe ihm gegenüber mit dieser Zusage auf die Verrechnung verzichtet. Das ist in der Revisionsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen, denn der Kläger hat gegen die Ablehnung der Vertagung in der Vorinstanz keine prozessualen Rügen (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO) erhoben.
4) Der Kläger hat schon in der Vorinstanz geltend gemacht, die Beklagte habe bei den von vornherein in der Gewerbegruppe A 4 eingestuften Bauhandwerkern die etwa in gleicher Höhe gewährte übertarifliche Zulage nicht gekürzt. Hierin sieht er einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieses Vorbringen wiederholt er im wesentlichen unverändert mit seiner Revision.
Zunächst ist davon auszugehen, daß auch bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten ist. Nach dem arbeitsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung ist es dem Arbeitgeber verwehrt, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund bei betriebseinheitlichen Regelungen zu benachteiligen (BAG Urteil vom 22. August 1979 - 5 AZR 769/77 - AP Nr. 11 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung, mit Anm. von Wiedemann = EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 3, mit Anm. von Hoyningen- Huene).
Ob die Anrechnung einer Zulage, die von vornherein den Arbeitnehmern der Beklagten im Einzelfall in unterschiedlicher Höhe gewährt wird, in diesem Sinne eine betriebseinheitliche Regelung ist, kann dahingestellt bleiben.
Selbst wenn man die Beklagte für verpflichtet hielte, die Anrechnung auf die von vornherein in die Vergütungsgruppe A 4 eingestuften Bauhandwerker auszudehnen, so hätte die Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, wenn sie dieser Mitarbeitergruppe gegenüber die freiwillige Zulage nicht in dem Umfang wie bei dem Kläger verringert haben sollte. Nach der unwidersprochenen Behauptung der Beklagten hat sie allgemeine Tariflohnerhöhungen auf die übertarifliche Zulage der von Anfang an in Gewerbegruppe A 4 eingestuften Mitarbeiter angerechnet. Im übrigen hat die Beklagte hierzu schon in der Vorinstanz geltend gemacht, daß sie bei den von vornherein in die Gewerbegruppe A 4 eingestuften Bauhandwerkern ein bestimmtes Lohnniveau halten müsse, um geeignete Fachkräfte zu bekommen. Da der Kläger diesem Vortrag nicht widersprochen hat, muß er als zugestanden angesehen werden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Damit hat die Beklagte aber gerade einen Sachverhalt vorgetragen, den der erkennende Senat nicht als Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes angesehen hat, denn er hat im Urteil vom 25. August 1982, BAG 39, 336 = AP Nr. 53 zu § 242 BGB Gleichbehandlung ausgeführt, daß keine unzulässige Differenzierung vorliege, wenn eine Zulage gewährt werde, weil sonst bestimmte Arbeitsplätze nicht besetzt werden könnten.
5) Die Revision hat sich im Gegensatz zum Vorprozeß 5 AZR 299/84 nicht ausdrücklich darauf berufen, daß die Verrechnung wegen Ablaufs der tariflichen Ausschlußfristen gemäß § 49 TVAL II ausgeschlossen sei. Allerdings sind tarifliche Ausschlußfristen stets von Amts wegen zu beachten, ohne daß eine Partei sich darauf berufen muß (BAG Urteil vom 13. Mai 1970 - 1 AZR 336/69 - AP Nr. 56 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Die tarifliche Ausschlußfrist ist aber eingehalten. Insoweit kann der erkennende Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 16. Oktober 1985 - 5 AZR 299/84 - Bezug nehmen, das den Parteien dieses Rechtsstreits bekannt ist.
6) Die nach alledem zulässige Anrechnung der dem Kläger gewährten außertariflichen Zulage auf die ihm zuerkannte höhere Tarifvergütung verstößt auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der dem Kläger zustehende Gesamtlohn hat sich durch die Verrechnung nicht verringert. Die Beklagte verlangt auch nicht die Rückgewähr der den höheren Tariflohn übersteigenden Beträge der Zulage, wie schon im Zusammenhang mit der Anrechnung dargelegt (vgl. II 2 der Entscheidungsgründe). Die Anrechnung verstößt auch nicht deshalb gegen Treu und Glauben, weil der Kläger dadurch - zumindest solange, bis die Tariflohnerhöhung die bereits gezahlte Zulage aufgezehrt hat - nicht unmittelbar in den Genuß der Höhergruppierung gelangt. Andererseits hat der Kläger aber durch die höhere Eingruppierung einen höheren Tariflohnanteil erhalten, der einer Veränderung durch die Beklagte durch Verrechnung entzogen ist. Darüber hinaus wirkt sich die höhere Eingruppierung auch bei Tariflohnerhöhungen allgemeiner Art durch einen entsprechenden höheren Anteil des Tariflohns am Gesamtlohn aus, und bei Tariflohnerhöhungen zumindest von dem Zeitpunkt an, in dem die Differenz des vor und nach der Höhergruppierung zu zahlenden Tariflohns die bis zur Anrechnung gezahlten Beträge der Zulage aufgezehrt hat. Damit behält der Kläger den Erfolg seiner Höhergruppierung, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, wobei diese Verzögerung auf der vertraglichen Vereinbarung der Parteien beruht.
7) Schließlich sind durch die Anrechnung der Zulage auch keine Mitbestimmungsrechte der Betriebsvertretung verletzt worden. Nach Art. 56 Nr. 9 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut gelten grundsätzlich für die "Betriebsvertretungen" die Grundsätze der Personalvertretung für zivile Bedienstete der Bundeswehr. Mit Änderungsvereinbarung vom 18. Mai 1981 zu Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut findet das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 Anwendung (vgl. Bekanntmachung über das Inkrafttreten am 8. August 1982 in BGBl. II, S. 838).
Nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG hat der Personalrat zwar über Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere über die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, mitzubestimmen. Diese Vorschrift entspricht im wesentlichen dem § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Aber auch insoweit erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht nicht auf die Verrechnung einer übertariflichen Zulage mit einer Tariflohnerhöhung. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - das Arbeitsentgelt selbst für die vertraglich geschuldete Leistung tariflich geregelt ist und der Arbeitgeber lediglich eine übertarifliche Zulage zahlt, die an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist (BAG Beschluß vom 31. Januar 1984 - 1 ABR 46/81 - AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang; BAG Urteil vom 4. Juni 1980 - 4 AZR 530/78 - AP Nr. 13 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung und das nicht veröffentlichte Senatsurteil vom 16. Oktober 1985 - 5 AZR 299/84 - unter II 2 der Entscheidungsgründe). Diese Rechtsansicht wird auch von der überwiegenden Meinung im Schrifttum geteilt: GK-Wiese, BetrVG, § 87 Rz 338, (3. Bearbeitung) S. 195; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 87 Rz 448; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., § 87 Rz 174 b; Eich in DB 1980, 1340, 1342; Hunold, DB 1981, Beilage Nr. 26, S. 11 f. - a.M. neuerdings Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 226 g - anders noch in der Vorauflage). Soweit man bisher zur Begründung eines fehlenden Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats den Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 BetrVG auf die übertarifliche Zulage erstreckt hat, läßt sich diese Begründung nach einem neuen Beschluß des Ersten Senats vom 17. Dezember 1985 - 1 ABR 6/84 - AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang nicht mehr aufrechterhalten. Unter Aufgabe seiner Entscheidung vom 31. Januar 1984 hat der Erste Senat mit dem vorgenannten Beschluß vom 17. Dezember 1985 dem Betriebsrat bei der näheren Ausgestaltung einer freiwilligen betrieblichen Zulage im Rahmen der mitbestimmungsfreien Vorgaben des Arbeitgebers ein Mitbestimmungsrecht zuerkannt. Zu diesen mitbestimmungsfreien Vorgaben des Arbeitgebers gehört der Anrechnungsvorbehalt, weil anderenfalls der Betriebsrat den Arbeitgeber zur Zahlung eines übertariflichen Lohns zwingen könnte. Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann sich aber nur im Rahmen der finanziellen Vorgaben des Arbeitgebers auf die Grundsätze für die Bemessung einer freiwillig gewährten Zulage erstrecken, nicht aber auf die Anrechnung einer Zulage auf Tariflohnerhöhungen. Es kommt hinzu, daß - wie schon dargelegt - die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung selbst kein Gestaltungsrecht ist, sondern die Feststellung einer Tarifautomatik, die hier einzelvertraglich nicht ausgeschlossen ist.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Polcyn Dr. Kalb
Fundstellen