Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung - Wettbewerbstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein bei einem beim Bundesgerichtshof (BGH) zugelassenen Rechtsanwalt im Arbeitsverhältnis beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter verletzt das aus der Treuepflicht herzuleitende Wettbewerbsverbot, wenn er ohne Einwilligung seines Arbeitgebers während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses für einen anderen, ebenfalls beim BGH zugelassenen Anwalt Dienstleistungen erbringt.
2. Für eine mit der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG verbundene Klage nach § 256 ZPO auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses entfällt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie sich nur auf weitere Kündigungen bezieht, die der Arbeitnehmer später mit Kündigungsschutzklagen nach § 4 KSchG selbständig angreift.
Orientierungssatz
Fristlose Entlassung eines bei einem Rechtsanwalt am Bundesgerichtshof angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters wegen Tätigkeit für einen anderen Rechtsanwalt am Bundesgerichtshof; Streitgegenstand von Klageanträgen nach § 4 KSchG und allgemeinen Feststellungsanträgen nach § 256 ZPO bei mehreren Kündigungen; Versäumnisurteil gegen Revisionsbeklagten.
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 24.08.1989; Aktenzeichen 13 Sa 129/87) |
ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 07.11.1986; Aktenzeichen 2 Ca 445/85) |
Tatbestand
Der im Jahre 1945 geborene Kläger, ein österreichischer Staatsangehöriger, war bei dem Beklagten, einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt bzw. dessen Rechtsvorgänger seit dem Jahre 1972 als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. Er hat das Studium der Rechtswissenschaft in Österreich mit dem Doktorat abgeschlossen und war vor seiner Tätigkeit in der Kanzlei des Beklagten Universitätsassistent und Lehrbeauftragter für Zivilrecht an der Universität Salzburg. Die Befähigung zum Richteramt nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland besitzt er nicht. Seine Vergütung betrug zuletzt monatlich 9.000,-- DM.
Mit Schreiben vom 27. Juni 1985 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund zum 31. Dezember 1985. Er stützte diese Kündigung in erster Linie darauf, daß der Kläger ohne sein Wissen und seine Genehmigung in den vergangenen zwei Jahren in mindestens drei Fällen von dem ebenfalls für seine Kanzlei, aber freiberuflich tätigen wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. P die vollständige Bearbeitung diesem übertragener Revisionssachen gegen Überlassung eines Teils von dessen Honorar samt Mehrwertsteuer übernommen habe.
Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit einer am 10. Juli 1985 beim Arbeitsgericht (ArbG Karlsruhe - 2 Ca 406/85 -) eingegangenen und dem Beklagten am 15. Juli 1985 zugestellten Klage mit dem Antrag gewandt,
festzustellen, daß die Kündigung des Beklagten
vom 27. Juni 1985 rechtsunwirksam ist und das
zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhält-
nis unverändert fortbesteht.
Mit Schreiben vom 18. Juli 1985, dem Kläger am 22. Juli 1985 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos. Hiergegen hat der Kläger die vorliegende, bei Gericht am 23. Juli 1985 eingegangene und dem Beklagten am 15. August 1985 zugestellte Klage erhoben.
Zur Begründung dieser Kündigung hat der Beklagte zunächst vorgetragen:
Der Kläger habe den Buchhalter Ro veranlaßt, auf den 6. Juli 1984 und 24. August 1984 datierte, zur Vorlage in einem vor dem Familiengericht mit seiner früheren Ehefrau geführten Prozeß bestimmte inhaltlich unrichtige Gehaltsbescheinigungen auszustellen, nach denen er ein Gehalt in Höhe von 7.000,-- DM brutto statt der tatsächlich gezahlten 9.000,-- DM brutto erhalte. Diese Gehaltsbescheinigungen habe er, der Beklagte, erstmalig am 16. Juli 1985 bemerkt, als ihm die Personalakte des Klägers vorgelegt worden sei.
Der Kläger sei - wie insoweit unstreitig ist - seit dem Jahre 1981 auch für den Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof Dr. K gegen Entgelt in Revisionsangelegenheiten tätig geworden. Diese Nebentätigkeit sei wettbewerbswidrig. Er habe von ihr nicht gewußt und sie auch nicht gestattet. Es sei auch zu Interessenkollisionen gekommen. In zwei Rechtsstreitigkeiten sei eine Partei von ihm, dem Beklagten und die andere Seite von Dr. K vertreten worden, für den der Kläger in diesen Fällen die Schriftsätze verfaßt habe. Der Kläger habe diese Tätigkeit zumindest zeitweise während seiner Arbeitszeit in seinem, des Beklagten, Büro ausgeübt. Im Jahre 1983 habe ihm sein Bürovorsteher E von Gerüchten berichtet, der Kläger sei für Dr. K in Revisionsangelegenheiten tätig. Daraufhin habe er Dr. K um Stellungnahme gebeten. Dieser habe jede Mitarbeit des Klägers abgestritten, u.a. in einem im Jahre 1983 geführten Telefongespräch und zuletzt in einem Schreiben vom 23. Oktober 1985 als Antwort auf die von ihm, dem Beklagten, schriftlich unter dem 21. Oktober 1985 erbetene Stellungnahme. Auf seinen erneuten schriftlichen Vorhalt vom 15. November 1985 habe Dr. K mit Schreiben vom 21. November 1985 eine entgeltliche Mitarbeit des Klägers für seine Kanzlei in bestimmtem Umfang eingeräumt. Erst hierdurch habe er sichere Kenntnis von der Nebentätigkeit des Klägers erhalten.
Die fristlose Kündigung werde weiter darauf gestützt, daß der Kläger, wie seit dem 16. Juli 1985 offenbar sei, in weit mehr als drei Fällen Dr. P übertragene Fälle gegen Überlassung eines Teils des Honorars bearbeitet und durch gefälschte Erklärungen Dr. P als angeblichen Bearbeiter ausgewiesen habe. Teilweise sei das jeweilige Honorar unmittelbar an den Kläger ausgezahlt worden. In diesen Fällen habe Dr. P die bereits an den Kläger abgeführten Beträge in seinen Rechnungen als Vorschuß ausgewiesen. In zwei Rechnungen vom 14. November 1983 und 10. Juli 1984 habe er die bereits an den Kläger ausgezahlten Beträge von 684,-- DM bzw. 798,-- DM nicht abgesetzt. Diese Rechnungen seien - wie insoweit unstreitig ist - von dem Buchhalter Ro erstellt worden, da der Kläger einen Vorschuß gewünscht habe, bevor Dr. P eine entsprechende Abrechnung eingereicht habe. Der Kläger habe sich so vertragswidrig eine zusätzliche Einnahmequelle verschafft. In einfachen Fällen habe der Bürovorsteher die Vorgänge den Mitarbeitern zugewiesen, wobei er eine Sachgebietsaufteilung zu beachten gehabt habe. Ob die vom Kläger für Dr. P bearbeiteten Akten einem bestimmten Mitarbeiter zugewiesen gewesen seien, könne er nicht mit Bestimmtheit sagen.
Im Laufe des vorliegenden Verfahrens hat der Beklagte weitere Gründe nachgeschoben:
Der Kläger habe für angeblich zusätzlich an Wochenenden und während des Urlaubs geleistete Arbeiten in der Zeit von 1978 bis zum 3. Mai 1985 aufgrund von ihm erstellter Honorar- bzw. Sonderhonorarabrechnungen, die er dem Buchhalter Ro vorgelegt hatte, zu Unrecht Vergütungen in Höhe von insgesamt 58.400,02 DM erhalten. Die Überweisungsträger und Schecks habe der Buchhalter Ro entgegen der bestehenden Büroanweisung nicht zusammen mit dem Bürovorsteher, sondern mit der damaligen Chefsekretärin J, der jetzigen Ehefrau des Klägers, unterzeichnet.
Unter dem 15. Februar und 10. Juli 1984 habe der Buchhalter Ro, wie unstreitig ist, Rechnungen unter dem Namen P für angeblich bearbeitete Revisionssachen geschrieben. Tatsächlich habe der Kläger jedoch für diese "Luftrechnungen" keine Gegenleistung erbracht.
Der Kläger habe sich die Gelder für die Monate Oktober bis Dezember 1984 unberechtigt vorzeitig (am 9. Oktober, 24. Oktober und 26. November 1984) auszahlen lassen.
In der Zeit vom 5. Januar 1976 bis 5. Mai 1978 habe der Kläger, wie insoweit unstreitig ist, unter dem Namen nicht existierender Personen (Dr. B und Dr. T) Honorarrechnungen für Sonderleistungen eingereicht und die Beträge (Vortrag 1. Instanz: 7.150,-- DM; nach in zweiter Instanz eingereichtem Gutachten Tr 8.500,-- DM) ausbezahlt erhalten. Tatsächlich habe er hierfür keine Gegenleistung erbracht.
Wegen der nachgeschobenen Gründe hat der Beklagte vorsorglich weitere fristlose Kündigungen ausgesprochen (Schreiben vom 23. August 1985 - Sonderhonorare; Schreiben vom 8. Oktober 1985 -"Luftrechnungen" und vorzeitige Gehaltsauszahlungen; Schreiben vom 30. Oktober 1985 -"Dr. B" - Rechnungen). Hiergegen hat der Kläger jeweils Klage erhoben, mit der er jeweils die Anträge verfolgt, die Rechtsunwirksamkeit der betreffenden Kündigung und den unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festzustellen (Arbeitsgericht Karlsruhe - 2 Ca 525/85, 641/85, 688/85). Das Arbeitsgericht hat diese sowie das Verfahren über die erste Kündigung vom 27. Juni 1985 durch Beschlüsse vom 6. November 1986 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt.
Der Kläger hat auf den Vortrag des Beklagten zur Begründung der Kündigung erwidert:
Seit 1981 habe er eine Vergütung aus dem Arbeitsverhältnis in Höhe von 7.000,-- DM und ein Honorar als freier Mitarbeiter in Höhe von 2.000,-- DM plus Mehrwertsteuer erhalten. Das Honorar sei die Gegenleistung für besondere wissenschaftliche Tätigkeiten, wie z.B. die Erstellung von Gutachten gewesen. Für die Ausstellung von Gehaltsbescheinigungen sei ausschließlich der Buchhalter Ro zuständig gewesen. Auch seien dem Familiengericht die Honorarzahlungen bekannt gewesen. Die Gehaltsbescheinigungen hätten allein der Dokumentation der Auswirkung der geänderten Steuerklasse gedient.
Eine Nebentätigkeit bei einem Rechtsanwalt sei ihm weder untersagt gewesen noch habe er sie bestritten oder verheimlicht. Der Beklagte habe seit 1983 Kenntnis von seiner Tätigkeit für Dr. K gehabt. Nebentätigkeiten der beim Beklagten beschäftigten Rechtsanwälte bzw. wissenschaftlichen Mitarbeiter seien üblich gewesen. Der Beklagte habe nicht behauptet, seine Arbeitsleistung habe darunter gelitten. Im übrigen betreibe ein Rechtsanwalt kein Handelsgewerbe, § 60 HGB sei daher nicht anwendbar. Auch fehle es an einer Abmahnung.
Die Bearbeitung von Akten für Dr. P sei nicht vertragswidrig. Er habe die Sachen nach Absprache mit Dr. P und an Wochenenden bzw. an Feiertagen bearbeitet. Wie das vom Beklagten praktizierte Verfahren der Zuteilung von Revisionssachen zeige, habe er keinen besonderen Wert darauf gelegt, daß die Sachen von einem bestimmten Mitarbeiter erledigt würden.
Im Jahre 1974 habe ihm der Beklagte erklärt, er könne seine Urlaubstage abarbeiten und dafür das Honorar für Revisionsbegründungen und Revisionserwiderungen wie bei Dr. P bemessen. Die Abgeltung von an Urlaubstagen erbrachten Leistungen sei im Büro des Beklagten bekannt gewesen. So hätten der frühere Bürovorsteher D und der jetzige Bürovorsteher E jeweils Überweisungsträger abgezeichnet.
Die Zahlung von Vorschüssen sei im Büro des Beklagten üblich gewesen. Die ihm gezahlten Vorschüsse seien bei späteren Zahlungen in Ansatz gebracht worden. Er habe dadurch keine ungerechtfertigten Zahlungen erhalten.
Für alle berechneten Honorare habe er die entsprechende Gegenleistung erbracht. Pseudonyme habe er aus steuerlichen Gründen verwendet und dieses Verfahren bereits 1978 aus freien Stücken aufgegeben. Ein Schaden sei dem Beklagten durch diese Verfahrensweise nicht entstanden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Kündigung des Beklagten
vom 18. Juli 1985 rechtsunwirksam ist und das
zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhält-
nis unverändert fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat u.a. Rechtsanwalt Dr. K über die Tätigkeit des Klägers in seiner Kanzlei als Zeugen vernommen und sodann die Klage abgewiesen.
Mit seiner Berufung hat der Kläger die Feststellung begehrt,
daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die im Schreiben des Beklagten vom 18. Juli 1985 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31. Dezember 1985 fortbestanden hat. Das Landesarbeitsgericht hat zur Frage der Vereinbarung von Sonderhonoraren den Buchhalter Ro und den Bürovorsteher E als Zeugen vernommen. Es hat das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und dem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag des Klägers entsprochen.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Der Kläger war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (16. August 1990) trotz ordnungsgemäßer Ladung seiner zweitinstanzlichen Prozeßvertreter nicht vertreten. Einen Antrag des Klägers, ihm für das Revisionsverfahren nach § 796 ZPO einen Notanwalt zu bestellen, hat der Senat durch Beschluß vom selben Tage abgelehnt. Der Beklagte hat beantragt, über seinen Revisionsantrag durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I. Über die Revision war durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Der Revisionsbeklagte war in der Revisionsverhandlung nicht vertreten. Das bedeutet, daß der Revision nach § 72 Abs. 5 ArbGG in Verb. mit § 557 ZPO stattzugeben ist, wenn sie nach der Revisionsbegründung zulässig und sachlich gerechtfertigt ist (vgl. BAG Versäumnisurteil vom 4. Oktober 1978 - 5 AZR 326/77 - AP Nr. 3 zu § 3 LohnFG, zu I der Gründe).
II. Soweit der Kläger über die Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 18. Juli 1985 hinaus den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 1985 festgestellt wissen will, ist die Klage unzulässig. Sie war deshalb unter Zurückweisung der Berufung des Klägers in diesem Umfang abzuweisen. Der Senat konnte insoweit abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
1. Diesem Feststellungsantrag steht das Prozeßhindernis der Rechtshängigkeit des in dem Verfahren über die erste Kündigung des Beklagten vom 27. Juni 1985 (ArbG Karlsruhe - 2 Ca 406/85 -) verfolgten allgemeinen Feststellungsantrags nicht entgegen, weil es sich insoweit um verschiedene Streitgegenstände handelt.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist von Amts wegen zu prüfen, ob der Klage gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO anderweitige Rechtshängigkeit entgegensteht (BAGE 3, 43 f. = AP Nr. 2 zu § 794 ZPO; RGZ 160, 338, 344 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 261 Anm. 5 A, m.w.N.).
b) Im Ergebnis hat das Berufungsgericht zu Recht eine anderweitige Rechtshängigkeit verneint.
aa) In beiden Verfahren hat der Kläger mit dem Antrag, die Rechtsunwirksamkeit der bezeichneten Kündigung festzustellen, in der Sache eine Klage nach §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG erhoben und mit dieser eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO verbunden.
Die Streitgegenstände dieser Anträge unterscheiden sich wesentlich voneinander. Streitgegenstand bei einer Kündigungsschutzklage nach Maßgabe des § 4 KSchG ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine konkrete, mit der Kündigungsschutzklage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin. Demgegenüber ist Streitgegenstand bei einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO in der Regel die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis über einen bestimmten Termin hinaus im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbesteht. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt; es kommt vielmehr bei der Bestimmung des Streitgegenstandes einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO auch auf den gestellten Antrag oder darauf an, was der Kläger erkennbar gewollt hat (BAG Urteil vom 31. Mai 1979 - 2 AZR 473/77 - AP Nr. 50 zu § 256 ZPO).
bb) Wie die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, sind die Gegenstände der in beiden Verfahren gestellten Anträge nach §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht identisch. Der gegen die erste Kündigung vom 27. Juni 1985 gerichtete Antrag betrifft die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem in ihr vorgesehenen Termin, mithin zum 31. Dezember 1985. Gegenstand des im vorliegenden Verfahren gegen die im Schreiben vom 18. Juli 1985 erklärte fristlose Kündigung ist demgegenüber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt ihres Zugangs, mithin am 22. Juli 1985.
cc) Aber auch die Gegenstände der in beiden Verfahren verfolgten allgemeinen Feststellungsanträge nach § 256 ZPO sind voneinander verschieden.
Gegenstand des im Verfahren über die erste Kündigung vom 27. Juni 1985 verfolgten Antrags ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis über den in der Kündigung vorgesehenen Termin, den 31. Dezember 1985, hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbesteht. Dies ergibt die Auslegung dieses Antrags. Der Beklagte hatte in dem Schreiben vom 27. Juni 1985 eine befristete außerordentliche Kündigung erklärt, die zum 31. Dezember 1985 wirken sollte. Durch diese Kündigung wurde deshalb der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erst ab 1. Januar 1986 in Frage gestellt. Für eine Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses vor diesem Zeitpunkt bestand bei Erhebung dieser Klage kein Anlaß und war deshalb vom Kläger auch erkennbar nicht gewollt.
Gegenstand der im vorliegenden Verfahren erhobenen allgemeinen Feststellungsklage ist demgegenüber nach dem in der Berufungsinstanz eingeschränkten ausdrücklichen Antrag des Klägers der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vom Zugang der nunmehr fristlos erklärten Kündigung bis zum 31. Dezember 1985, dem in der ersten Kündigung (zunächst) vorgesehenen Termin.
2. Der im vorliegenden Verfahren verfolgte zeitlich begrenzte allgemeine Feststellungsantrag ist jedoch deshalb unzulässig, weil hierfür kein rechtliches Interesse mehr besteht (§ 256 ZPO).
Nach der Rechtsprechung des Senats (BAGE 57, 231 = AP Nr. 19 zu § 4 KSchG 1969) erfaßt eine gegen eine Kündigung gerichtete Klage, in der der Antrag nach § 4 KSchG mit dem allgemeinen Feststellungsantrag verbunden wird, auch weitere Kündigungen, die der Arbeitgeber im streitbefangenen Zeitraum ausspricht, und zwar unabhängig davon, wann sie in den Prozeß eingeführt werden. Greift der Arbeitnehmer die später ausgesprochenen Kündigungen jedoch jeweils gesondert mit einem Antrag nach § 4 KSchG und einem damit verbundenen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO an, und hält er diese Klagen aufrecht, so entfällt im Zeitpunkt der Erhebung der späteren Klagen ein rechtliches Interesse für die früher erhobene allgemeine Feststellungsklage. Der Arbeitnehmer gibt mit der Erhebung und Weiterverfolgung der späteren Klagen zu erkennen, daß er die Rechtsunwirksamkeit der späteren Kündigungen und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den in ihnen vorgesehenen Termin hinaus in einem gesonderten Verfahren nach § 4 KSchG überprüft und festgestellt wissen will.
Vorliegend ist demgemäß das rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 1985 entfallen, nachdem er die später ausgesprochenen drei fristlosen Kündigungen jeweils mit Anträgen nach § 4 KSchG und § 256 ZPO angegriffen und sie auch weiter aufrechterhalten hat.
3. Ist die im vorliegenden Verfahren erhobene allgemeine Feststellungsklage unzulässig, so kann entgegen der Meinung des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren im Rahmen des gegen die fristlose Kündigung vom 18. Juli 1985 gerichteten Klageantrags nach §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG sachlich nur über die Rechtswirksamkeit dieser Kündigung, nicht aber auch über die der drei später ausgesprochenen fristlosen Kündigungen entschieden werden. Das Arbeitsgericht hat deshalb zu Recht die diese Kündigungen betreffenden Verfahren gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 18. Juli 1980 ausgesetzt.
III. Wegen des Klageantrags nach §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG führt die Revision zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Hierbei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Das Berufungsgericht hat angenommen, keiner der vom Beklagten geltend gemachten Gründe trage die fristlose Kündigung vom 18. Juli 1985. Diese Entscheidung kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht zu Unrecht den Vorwurf, der Kläger habe wettbewerbs- und vertragswidrig für Rechtsanwalt Dr. K gearbeitet, für unberechtigt gehalten hat.
1. Das Berufungsgericht hat hierzu im wesentlichen ausgeführt:
Die Tätigkeit für einen anderen Rechtsanwalt sei lediglich dann geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, wenn der Kläger mit dem Wissen Revisionsschriften verfaßt hätte, die Gegenseite werde vom Beklagten vertreten. Der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe konkrete Kollisionsfälle nicht vorgetragen. Zwar habe Dr. K bei seiner Vernehmung bekundet, der Kläger habe in zwei Fällen Revisionsarbeiten für ihn erstellt, in denen der Beklagte die Gegenseite vertreten habe. Jedoch wisse er nicht mehr, ob im Zeitpunkt der Beauftragung des Klägers der Beklagte bereits mandatiert gewesen sei. Da der Beklagte dazu nicht näher vorgetragen habe, könne eine vorsätzliche Unterstützung des Prozeßgegners des Beklagten seitens des Klägers nicht festgestellt werden.
Auch soweit der Beklagte und das Arbeitsgericht die Tätigkeit für einen anderen Rechtsanwalt für vertragswidrig hielten, könne dem nicht gefolgt werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handele ein Arbeitnehmer auch außerhalb des Geltungsbereiches des § 60 HGB und auch ohne besondere vertragliche Verbotsabrede vertragswidrig, wenn er während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses für einen Wettbewerber seines Arbeitgebers tätig werde. Es bestünden jedoch Zweifel, diese Grundsätze auf die Tätigkeit eines angestellten Rechtsanwalts zu übertragen. Der von der Rechtsprechung angeführte Gesichtspunkt des Wettbewerbes treffe auf Rechtsanwälte wegen des standesrechtlichen Verbotes von Werbemaßnahmen nicht zu. Dies gelte insbesondere für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof wegen ihrer hervorgehobenen besonderen Stellung. Hierauf komme es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, da ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot nicht festgestellt werden könne.
Nach dem Vortrag des Beklagten sei eine eigene Tätigkeit oder eine solche für andere nicht beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte bei den angestellten Rechtsanwälten des Beklagten durchaus üblich gewesen. Dies habe insbesondere für Rechtsanwälte gegolten, die sich im Anschluß an ihre Tätigkeit beim Beklagten selbständig machen wollten. Diese Situation habe zwar beim Kläger nicht vorgelegen. Jedoch habe der Beklagte weder das Vorliegen einer individuellen oder allgemeinen Regelung vorgetragen noch behauptet, im Gegensatz zu den übrigen Mitarbeitern sei dem Kläger eine Nebentätigkeit ausdrücklich untersagt worden. Ein allgemeines Nebentätigkeitsverbot habe nicht bestanden, jedenfalls sei es für den Kläger nicht erkennbar gewesen.
2. Diese Würdigung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Tätigkeit des Klägers für Rechtsanwalt Dr. K vertragswidrig und ist auch an sich geeignet, gemäß § 626 Abs. 1 BGB einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben.
a) Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelarbeitsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen enthält. Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 Abs. 1 HGB ausdrücklich geregelt. Diese Vorschrift konkretisiert jedoch einen allgemeinen Rechtsgedanken, der seine Grundlage bereits in der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt sein. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; vgl. BAG Urteil vom 17. Oktober 1969 - 3 AZR 442/68 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Treuepflicht, zu III 3 a der Gründe; Senatsurteil vom 6. August 1987 - 2 AZR 226/87 - AP Nr. 97 zu § 626 BGB, zu II 1 der Gründe).
b) Das während des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot gilt auch für den Bereich der sog. freien Berufe. Hiervon ist das Bundesarbeitsgericht ebenfalls stets ausgegangen (Urteil vom 16. Juni 1976 - 3 AZR 73/75 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Treuepflicht, zu II 1 der Gründe - für Architekten; Senatsurteil vom 23. Mai 1985 - 2 AZR 268/84 - nicht veröffentlicht - für Rechtsanwälte; Senatsurteile vom 6. August 1987, aaO, sowie vom 6. Oktober 1988 - 2 AZR 150/88 - nicht veröffentlicht - für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater).
c) Das gilt auch für den Bereich der Rechtsanwaltschaft einschließlich der beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte.
aa) Das während des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot hat seine rechtliche Grundlage, wie ausgeführt, in der Treuepflicht des Arbeitnehmers. Sie gebietet dem Arbeitnehmer, alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber oder dem Betrieb abträglich ist. Der Arbeitnehmer darf deshalb insbesondere im "Marktbereich" seines Arbeitgebers Dienste oder Leistungen nicht Dritten erbringen oder anbieten. Dem Arbeitgeber soll sein Geschäftsbereich voll und ohne Gefahr der nachteiligen, zweifelhaften oder zwielichtigen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Für die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer jede Tätigkeit verboten, die für seinen Arbeitgeber Konkurrenz bedeutet (BAG Urteil vom 16. Juni 1976, aaO; Senatsurteil vom 23. Mai 1985 - 2 AZR 268/84 - und vom 6. Oktober 1988 - 2 AZR 150/88 -).
bb) Das Berufungsgericht begründet seine Zweifel, diese Grundsätze auf die Tätigkeit von angestellten Rechtsanwälten zu übertragen damit, der Gesichtspunkt des Wettbewerbs passe nicht für die Tätigkeit von Rechtsanwälten, weil sie keine aktiv werbende Tätigkeit am Markt entfalteten und nicht um Marktanteile konkurrierten. Diese Überlegungen vermögen jedoch nicht zu überzeugen.
cc) Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger kein angestellter Rechtsanwalt, sondern wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kanzlei des Beklagten war. Sollte das Berufungsgericht seine Zweifel an der Anwendbarkeit des arbeitsvertraglichen Wettbewerbsverbots auf angestellte Rechtsanwälte beschränken, wäre diese Frage für die Entscheidung des vorliegenden Falls ohne Bedeutung. Den sachlichen Erwägungen des Berufungsgerichts ist jedoch zu entnehmen, daß es entscheidend nicht auf die Funktion des bei dem Rechtsanwalt beschäftigten Arbeitnehmers, sondern darauf abstellt, ob Anwälte einander als Konkurrenten gegenüberstehen. Dann kommt es aber nicht auf die Funktion des Arbeitnehmers bei seinem Arbeitgeber an, weil dem Arbeitnehmer jedwede Dienstleistung für einen "Konkurrenten" verboten ist.
dd) Das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot greift nicht nur dann ein, wenn der Arbeitgeber auf dem Markt werbend auftritt. Wie sich aus den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen ergibt, ist maßgebender Anknüpfungspunkt vielmehr das Vorliegen einer Konkurrenzsituation zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten, dem der Arbeitnehmer Dienste oder Leistungen erbringt. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, Rechtsanwälte konkurrierten allenfalls mittelbar miteinander, etwa durch den Ruf, den sie sich durch ihre individuelle Tätigkeit erworben hätten, und dies gelte in besonderem Maße für die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwälte, für die Sozietäten von mehr als zwei Anwälten nicht zugelassen würden, weil Großbüros Wettbewerbsvorteile gegenüber Einzelanwälten hätten (BGH Beschluß vom 7. November 1983 - AnwZ 21/83 - NJW 1984, 1042).
Der Beruf des Rechtsanwalts ist dadurch gekennzeichnet, daß seine Angehörigen aufgrund ihrer Befähigung zum Richteramt unabhängige Organe der Rechtspflege sind und einen freien Beruf als unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ausüben (§§ 1, 2 Abs. 1 BRAO; vgl. BGH Urteil vom 28. April 1986 - II ZR 254/85 - NJW 1986, 2944, 2945). Seine Tätigkeit ist gemäß § 2 Abs. 2 BRAO kein Gewerbe. Daraus folgt, daß die Gewinnerzielungsabsicht nicht im Vordergrund steht. Die freie Anwaltschaft beruht auf den Prinzipien des Leistungswettbewerbs, der Wettbewerbsneutralität und der freien Anwaltswahl (vgl. Feuerich, BRAO, § 2 Rz 21 ff.; Isele, BRAO, § 2 Rz V, S. 16). Deshalb hat der Rechtsanwalt sich im Gegensatz zu anderen Ständen und Berufen, die hauptsächlich den Erwerb bezwecken, jeglicher Reklame zu enthalten. Es ist ihm untersagt, anders als durch seine Leistung zu werben. Dieses Werbungsverbot hat aber auch eine Schutzfunktion. Es schafft gleiche Berufsbedingungen für alle Angehörigen dieses Standes. Der neu zugelassene Anwalt kann allein durch Leistung einen Ruf erwerben, der alteingesessene seinen Ruf nur durch Beibehaltung der bisherigen Leistung erhalten (Isele, aaO, Anh. zu § 43 "Wertung II", S. 802).
Wie aus alledem folgt, stehen Rechtsanwälte insbesondere in ihrem Zulassungsbezirk auch in einem unmittelbaren Konkurrenzverhältnis zueinander und sind nur aufgrund der vorstehend dargelegten Besonderheiten ihres Standes an einer aktiven Werbung für ihre Praxis gehindert. Das gilt auch für die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwälte, deren Zusammenschluß zu Sozietäten von mehr als zwei Anwälten gerade aus Wettbewerbsgesichtspunkten für unzulässig angesehen wird (BGH NJW 1984, 1042).
d) Der Kläger hat aus den dargelegten Gründen somit die ihm gegenüber dem Beklagten bestehende Pflicht verletzt, soweit er für Rechtsanwalt Dr. K Revisionssachen gegen Entgelt bearbeitete. Mit dieser Tätigkeit unterstützte er einen Konkurrenten des Beklagten, der ebenfalls über die Zulassung als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof verfügt. Er erweiterte dadurch die Kapazität der konkurrierenden Kanzlei zur Übernahme von Mandaten.
Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, auf die Frage des Bestehens einer Konkurrenzsituation zwischen Anwälten komme es deshalb nicht an, weil es nach dem Vortrag des Beklagten in seiner Kanzlei nicht unüblich gewesen sei, daß bei ihm angestellte Anwälte auch selbständig oder für nicht beim Bundesgerichtshof zugelassene Anwälte hätten tätig sein dürfen, soweit sie sich im Anschluß an ihre Tätigkeit für ihn hätten selbständig machen wollen, der Beklagte aber keine eindeutige ausdrückliche allgemeine Regelung getroffen und insbesondere dem Kläger im Gegensatz zu den übrigen Mitarbeitern eine Nebentätigkeit ausdrücklich untersagt habe. Besteht zwischen den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwälten Konkurrenz, so ist den bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmern auch ohne ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag jede Dienstleistung für einen anderen Anwalt verboten. Nicht das Wettbewerbsverbot, sondern die Ausnahme hiervon bedarf einer besonderen Regelung, entsprechend der Vorschrift des § 60 Abs. 1 HGB, nach der der Handlungsgehilfe "ohne Einwilligung des Prinzipals" diesem keinen Wettbewerb machen darf. Eine Einwilligung hat der Beklagte nach seinem Vortrag jedoch nur in den vom Berufungsgericht bezeichneten Fällen erteilt. Soweit bei ihm angestellte Anwälte für nicht beim Bundesgerichtshof zugelassene Anwälte tätig sein wollten, bedurfte es im übrigen auch aus dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs keiner Einwilligung. Zwischen diesen Anwälten und dem Beklagten besteht kein Wettbewerb, weil ein Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht zugleich bei einem anderen Gericht zugelassen und auch nur vor dem Bundesgerichtshof, den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes, dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe und dem Bundesverfassungsgericht auftreten darf (§§ 171, 172 Abs. 1 BRAO). Fehlte es bei dem Beklagten im übrigen an Regelungen über eine Nebentätigkeit, so war den von der Ausnahmeregelung nicht betroffenen Arbeitnehmern und damit auch dem Kläger eine entgeltliche Tätigkeit für einen anderen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt verboten.
3. Bereits wegen der unrichtigen Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe mit seiner Tätigkeit für Rechtsanwalt Dr. K nicht vertragswidrig gehandelt, muß das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen werden.
a) Die Verletzung eines für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbotes kann an sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB abgeben (BAGE 14, 72, 78 = AP Nr. 3 zu § 60 HGB, zu I b cc der Gründe; Senatsurteil vom 6. August 1987, aaO, zu II 1 der Gründe). Entgegen der Meinung des Klägers bedurfte es keiner vorherigen Abmahnung, um hierauf eine fristlose Kündigung stützen zu können. Die Unterstützung eines Konkurrenten des Arbeitgebers ist als Störung im Vertrauensbereich anzusehen. Bei einer Pflichtverletzung in diesem Bereich bedarf es grundsätzlich keiner Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung, es sei denn, der Arbeitnehmer konnte mit vertretbaren Gründen annehmen, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen (BAG Urteil vom 30. Juni 1983 - 2 AZR 524/81 - AP Nr. 15 zu Art. 140 GG, zu A IV 1 der Gründe). Für eine solche Ausnahme sind vorliegend nach dem bisherigen Sachvortrag keine Anhaltspunkte ersichtlich.
b) Im Rahmen der nach § 626 Abs. 1 BGB gebotenen Interessenabwägung können jedoch besondere Umstände eine andere Beurteilung zu Gunsten des Arbeitnehmers rechtfertigen (BAGE 14, 72, 78 = AP, aaO; Senatsurteil vom 6. August 1987, aaO). Dem Berufungsgericht steht bei der Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu, den auszufüllen ihm Gelegenheit gegeben werden muß.
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen über den Umfang der für Rechtsanwalt Dr. K erbrachten Dienstleistungen des Klägers getroffen. Deswegen muß ein wesentlicher, im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigender Umstand aufgeklärt werden. Nach der Aussage des Zeugen Dr. K soll der Kläger für ihn in den Jahren 1981 und 1982 30 bis 32, im Jahre 1983 sechs, im Jahre 1984 vier und im Jahre 1985 zwei Fälle bearbeitet haben und für die letzten beiden Fälle 3.000,-- DM nebst Mehrwertsteuer, im übrigen Beträge in unterschiedlicher Höhe zwischen 800,-- DM und mehr als 1.000,-- DM erhalten haben. Das war jedenfalls mehr als eine auf freundschaftliche Beziehungen zu dem Zeugen beschränkte gelegentliche Tätigkeit. Ob hiervon auszugehen ist, kann nur das Berufungsgericht durch die allein ihm mögliche tatrichterliche Würdigung der Zeugenaussage beurteilen.
Zu Unrecht wirft die Revision dem Berufungsgericht allerdings vor, es habe nicht die Beweisanträge des Beklagten berücksichtigt, der Kläger habe die Tätigkeit für Dr. K sogar während der Arbeitszeit und in seinen, des Beklagten Büroräumen ausgeübt. Denn nach den in der Revisionsbegründung angeführten Schriftsätzen und Anlagen (Bl. 140/141, 431, 470 VorA) beziehen sich der Vortrag des Beklagten und die Beweisanträge ausdrücklich nur auf eine für Rechtsanwalt G ausgeübte Nebentätigkeit, die jedenfalls nicht unter Wettbewerbsgesichtspunkten verboten war, weil dieser Anwalt nicht beim Bundesgerichtshof zugelassen war und deshalb nicht in Wettbewerb zum Beklagten stand.
c) Das Berufungsgericht hat ferner keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Beklagte die Kündigung, soweit er sie auf verbotene Wettbewerbstätigkeit des Klägers für Dr. K stützt, rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen hat. Auch hierüber kann nur im erneuten Berufungsverfahren entschieden werden.
aa) Die Ausschlußfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Hierbei kommt es auf die sichere und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen an; selbst grob fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Unter den Tatsachen, die für die Kündigung maßgebend sind, sind auch die im Sinne der Zumutbarkeitserwägungen für oder gegen die Kündigung sprechenden Umstände zu verstehen. Solange der Kündigungsberechtigte die für die Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßen Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, kann die Ausschlußfrist nicht beginnen (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. BAGE 24, 341, 344 ff. = AP Nr. 3 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, zu I 4, 5 und II 2 der Gründe; Urteil vom 10. Juni 1988 - 2 AZR 25/88 - AP Nr. 27 zu § 626 BGB Ausschlußfrist). Der Beginn der Ausschlußfrist darf indessen nicht länger als unbedingt nötig hinausgeschoben werden. Sie ist nur solange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts verschaffen sollen (BAGE 24, 341 = AP, aaO; BAG Urteil vom 10. Juni 1988, aaO).
bb) Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien erkundigte sich der Beklagte - nach seiner Behauptung im Jahre 1983 - telefonisch bei Dr. K nach einer Tätigkeit des Klägers für diesen. Streitig ist zwischen den Parteien der Inhalt des Gesprächs. Während nach dem Vortrag des Klägers der Beklagte von Dr. K informiert worden ist, behauptet der Beklagte, Dr. K habe jedwede Zusammenarbeit mit dem Kläger geleugnet. Zu dem Inhalt des Gesprächs ist der Zeuge Dr. K vernommen worden. Das Berufungsgericht hat die Aussage unter diesem Gesichtspunkt nicht gewürdigt. Das wird es nachzuholen haben.
Nach dem Inhalt der Vernehmungsniederschrift hat Dr. K ausgesagt, er habe in einem im Jahre 1984 geführten Telefongespräch dem Beklagten erklärt, der Kläger sei in diesem Jahr in vier Fällen für ihn tätig geworden, weil er wegen des Todes seiner Mutter sehr in Anspruch genommen gewesen sei. Die weitere Frage, ob der Kläger ständig bei ihm als Mitarbeiter tätig sei, habe er jedoch ausdrücklich verneint. Das Arbeitsgericht hat festgestellt, der Beklagte habe im Kammertermin vom 19. September 1986 selbst erklärt, gegen eine aus dem von Dr. K für 1984 angeführten Grund erbetene Aushilfstätigkeit hätte er nichts einzuwenden gehabt.
Legt man diese Aussage zugrunde, so hat der Beklagte, wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, jedenfalls vor Erhalt des Schreibens des Zeugen vom 21. November 1985 keine sichere und umfassende positive Kenntnis von einer eine Aushilfstätigkeit aus einmaligem Anlaß übersteigenden, bereits 1981 begonnenen entgeltlichen Tätigkeit des Klägers für Dr. K erlangt, die als wettbewerbswidrig angesehen werden konnte. Selbst in jenem Schreiben hat der Zeuge noch eine geringere Zahl von Fallbearbeitungen durch den Kläger genannt, nach seiner protokollierten Aussage deshalb, weil er damals diese Zahlen aus seiner Erinnerung und nicht, wie vor seiner Vernehmung, anhand von Unterlagen angegeben hat.
Kommt das Berufungsgericht zu demselben Ergebnis, so kann der Beklagte somit die in jenem Schreiben wie auch die von dem Zeugen in seiner Vernehmung genannten Zahlen zur Begründung der Kündigung vom 18. Juli 1985 heranziehen.
4. Da der Rechtsstreit bereits aus den vorstehend dargelegten Gründen zurückverwiesen werden muß, kommt es auf die gegen die Würdigung der weiteren Kündigungssachverhalte durch das Berufungsgericht erhobenen Rügen des Beklagten für die Entscheidung über seine Revision nicht mehr an. Der Beklagte beanstandet insoweit das Verfahren des Berufungsgerichts, so daß im Falle der Begründetheit dieser Rügen die Revision ebenfalls nur zur Zurückverweisung führen könnte. Sollte das Berufungsgericht allein wegen der Tätigkeit des Klägers für Dr. K die fristlose Kündigung nicht für gerechtfertigt ansehen, müßte es auf die weiter vorgebrachten Gründe nochmals eingehen. Der Beklagte hätte dann Gelegenheit, dem Berufungsgericht das nach seiner Ansicht übergangene Vorbringen und die unerledigt gebliebenen Beweisanträge erneut zu unterbreiten.
Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen dieses Versäumnisurteil steht dem Kläger der Einspruch zu. Der Einspruch muß durch Einreichung einer Einspruchsschrift beim Bundesarbeitsgericht, Graf-Bernadotte-Platz 3, 3500 Kassel, von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Einspruchsschrift muß die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird, sowie die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde, enthalten. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen. Sie beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils in vollständiger Fassung.
Hillebrecht Triebfürst Bitter
Thieß Nipperdey
Fundstellen
Haufe-Index 437497 |
BB 1991, 347 |
BB 1991, 347-349 (LT1-2) |
DB 1991, 1682-1684 (LT1-2) |
NJW 1991, 518 |
NJW 1991, 518-520 (LT1-2) |
BetrVG, (4) (LT1-2) |
ARST 1991, 13-14 (LT1) |
EWiR 1991, 141-142 (L) |
JR 1991, 484 |
JR 1991, 484 (S) |
NZA 1991, 141-144 (LT1-2) |
RdA 1991, 60 |
RzK, I 10e Nr 9 (LT2) |
RzK, I 6a 64 (LT1) |
AP § 611 BGB Treuepflicht (LT1-2), Nr 10 |
EzA § 4 nF KSchG, Nr 38 (LT1-2) |