Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines BGB-Gesellschafters
Leitsatz (redaktionell)
1. Stellt eine Kommanditgesellschaft ihre Geschäftstätigkeit vollständig ein und beschäftigt sich nur noch in geringem Umfang mit der Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz, so wandelt sie sich in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes.
2. Tritt ein Gesellschafter in eine Gesellschaft ein, die noch als Kommanditgesellschaft im Handelsregister eingetragen ist, aber ihre Erwerbstätigkeit eingestellt hat, so haftet der eintretende Gesellschafter nicht für frühere erwachsene Verbindlichkeiten persönlich und solidarisch.
Normenkette
HGB §§ 6, 5, 4, 15; ZPO § 561; BGB § 705; HGB §§ 128, 130, 161; ZPO §§ 130, 553, 554 Abs. 3; ArbGG § 72 Abs. 5; BetrAVG § 9 Abs. 2, § 7 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 13.12.1984; Aktenzeichen 5 Sa 255/83) |
ArbG Kiel (Entscheidung vom 25.02.1983; Aktenzeichen 3b Ca 547/82) |
Tatbestand
Der Beklagte zu 1. (S) war seit dem Jahre 1962 persönlich haftender Gesellschafter der H KG. Diese stellte Schiffsfarben her, die von der am 24. Oktober 1975 gegründeten H oHG verkauft wurden. Der Beklagte zu 1. war auch deren Mitgesellschafter. Noch im Jahre 1975 erwarb eine niederländische Unternehmensgruppe wesentliche Anteile der Vertriebsgesellschaft; diese wurde 1976 in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Die H KG stellte in der Folgezeit ihre Produktion ein, da die niederländische Unternehmensgruppe über ausreichende Herstellungsstätten verfügte. Ihre sonstigen Vermögenswerte, insbesondere Warenzeichen, Patente und Rezepturen überließ sie der Vertriebsgesellschaft, die zum Ausgleich die Verbindlichkeiten, insbesondere die gegenüber den Belegschaftsangehörigen eingegangenen Pensionsverpflichtungen übernahm.
Die Beklagte zu 2. (H) trat im Dezember 1977 als Kommanditistin in die H KG ein. Sie wurde noch im selben Monat als persönlich haftende Gesellschafterin in das Handelsregister eingetragen. Zum gleichen Zeitpunkt schied der Beklagte zu 1. aus. Die Gesellschaft meldete noch am 3. Juli 1978 das Löschen und die Bestellung einer neuen Prokura zum Handelsregister an. Am 18. Januar 1979 meldete die Beklagte zu 2. zum Handelsregister an, daß die Zweigniederlassung Hamburg der H KG aufgegeben sei. Am 27. September 1979 zeigte sie schließlich zusammen mit ihrer Mitgesellschafterin zum Handelsregister an, daß die Gesellschaft kein Handelsgewerbe mehr betreibe. Deren Tätigkeit beschränke sich bereits seit dem Jahre 1977 auf die Vermietung ihres Grundvermögens. Am 25. Oktober 1979 wurde die H KG im Handelsregister gelöscht.
Nachdem feststand, daß die ehemaligen Betriebsangehörigen der H KG weder von dieser noch von der Vertriebsgesellschaft Betriebsrentenzahlungen erlangen würden, erkannte der Kläger als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung den Sicherungsfall der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit an und zahlte den zwölf Pensionären für die Zeit vom 1. Januar 1979 bis zum 31. Dezember 1981 Betriebsrenten in Höhe von zusammen 63.226,80 DM aus. Die Ansprüche der Pensionäre ließ er sich abtreten. Mit Mahnbescheid vom 29. Dezember 1981, der im Jahre 1982 zugestellt wurde, verlangte er von den Beklagten Erstattung.
Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die Beklagten hafteten als ehemalige persönlich haftende Gesellschafter der H KG als Gesamtschuldner für deren Versorgungsverpflichtungen. Die Beklagte zu 2. könne ihre Haftung auch nicht mit der Begründung in Abrede stellen, daß bei ihrem Eintritt in die Gesellschaft bereits kein Handelsgewerbe mehr betrieben worden sei, sondern allein noch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bestanden habe. Insoweit bestreite er das Vorbringen der Beklagten zu 2. mit Nichtwissen. Aus den verschiedenen Anmeldungen zum Handelsregister ergebe sich, daß die Gesellschaft noch eine Geschäftstätigkeit entfaltet habe. Selbst wenn aber das tatsächliche Vorbringen der Beklagten zu 2. zutreffe, hafte sie wegen des von ihr verursachten Rechtsscheines. Eine Verjährung der abgetretenen Forderungen sei bislang nicht eingetreten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
63.226,80 DM nebst 4 % Zinsen
seit dem 3. Februar 1982 an den Kläger zu
zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte zu 1. hat behauptet, die Betriebsrentner hätten einer Übernahme der Versorgungsverpflichtungen durch die Vertriebsgesellschaft zugestimmt. Die Beklagte zu 2. hat behauptet, die H KG habe sich seit dem Jahre 1976 nur noch mit der Verwaltung ihres Grundvermögens beschäftigt. Sie habe das Betriebsgrundstück zunächst an die Farbenfabrik H Vertriebs GmbH & Co. KG vermietet, die es seinerseits untervermietet habe. Der Untermieter habe es aber bereits 1978 verlassen. Seit dieser Zeit ständen die Räume überwiegend leer. Nur noch ein Teil werde von einem Unternehmen C H genutzt. Die H KG habe sich mithin in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes umgewandelt. Wenn sie in diese eingetreten sei, hafte sie jedoch nicht für die früheren Gesellschaftsverbindlichkeiten. Dem stehe ihre Eintragung in das Handelsregister nicht entgegen. Im übrigen erhebe sie die Einrede der Verjährung.
Das Arbeitsgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 1. stattgegeben und die Klage gegen die Beklagte zu 2. abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben der Beklagte zu 1. und der Kläger Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat beide Berufungen zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger unter Beifügung einer Urteilsabschrift Revision eingelegt. Er hat in der Revisionsschrift beide Beklagten aufgeführt, aber nur den Beklagten zu 1. als Revisionsbeklagten bezeichnet. Nach einem Hinweis auf die fehlende Bezeichnung der Beklagten zu 2. als Revisionsbeklagte hat er die Auffassung vertreten, daß sich aus dem angefochtenen Urteil ergebe, daß nur die Beklagte zu 2. Revisionsbeklagte sein könne. Vorsorglich beantrage er unter gleichzeitiger Revisionseinlegung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist zulässig. Sie wird durch Einreichung der Revisionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt (§ 72 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 553 Abs. 1 ZPO). Auf sie finden die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze Anwendung (§§ 553 Abs. 2, 130 ZPO). Aus ihr muß sich ergeben, wer das Rechtsmittel einlegt und gegen wen es gerichtet ist (BAGE 21, 368 = AP Nr. 1 zu § 553 ZPO; Beschluß vom 25. Januar 1968 - 2 AZR 161/67 - AP Nr. 12 zu § 518 ZPO; Beschluß vom 20. Februar 1973 - 5 AZB 5/73 - AP Nr. 19 aaO; Beschluß vom 28. Juni 1973 - 3 AZR 469/72 - AP Nr. 21 aaO). Der Kläger hat in seiner Revisionsschrift beide Beklagten aufgeführt, aber die Beklagte zu 2. nicht als Revisionsbeklagte bezeichnet. Dies war unschädlich, denn es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß die Beklagte zu 2. Revisionsbeklagte war. Bei der Beurteilung, wer Rechtsmittelgegner ist, darf nicht allein an Wortlaut und Aufbau der Revisionsschrift gehaftet werden. Vielmehr sind auch die überreichten Unterlagen, insbesondere das angegriffene Urteil zur Bezeichnung des Rechtsmittelgegners heranzuziehen (BAGE 21, 368 = AP Nr. 1 zu § 553 ZPO; Beschluß vom 23. Juli 1975 - 5 AZB 27/75 - AP Nr. 31 zu § 518 ZPO; BGH VersR 1976, 492, 493). Dies gilt insbesondere, wenn die Rechtsmittelschrift von den Prozeßgegnern der Vorinstanz nur einen oder einzelne als Rechtsmittelgegner bezeichnet (BGH NJW 1984, 58). Ein uneingeschränkt eingelegtes Rechtsmittel gegen ein klageabweisendes Urteil richtet sich im Zweifel gegen alle erfolgreichen Streitgenossen, wenn diese in der Rechtsmittelschrift ausnahmslos aufgeführt sind, auch wenn sie teilweise nur als Beklagte, teilweise auch als Rechtsmittelbeklagte aufgeführt sind (BGH NJW 1984, 58). Der Kläger war allein gegen die Beklagte zu 2. unterlegen; nur insoweit war er durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts beschwert. Nur insoweit konnte sinnvollerweise Revision eingelegt werden. Durch die fehlende Bezeichnung der Beklagten zu 2. als Revisionsbeklagte ist zwischen den Parteien auch keine Rechtsunsicherheit erwachsen, wer Rechtsmittelbeklagter sei. Die Zustellung der Revision ist umgehend erfolgt; für die Beklagte hat sich der Prozeßbevollmächtigte gemeldet und angekündigt, er werde die Zurückweisung der Revision beantragen.
B. Die Revision ist aber nicht begründet. Die Beklagte haftet nicht für die Betriebsrentenansprüche der ehemaligen Mitarbeiter der H KG.
I. Der Kläger hat die Betriebsrentenansprüche erworben. Nach § 9 Abs. 2 BetrAVG gehen Ansprüche der Pensionäre gegen den Arbeitgeber auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung dann auf den Kläger als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung über, wenn ein Insolvenzfall eintritt und der Kläger den Berechtigten die ihnen zustehenden Ansprüche mitteilt. Ein Insolvenzfall ist eingetreten. Insolvenzfall ist die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist und dieses offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG). Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Kläger diesen Insolvenzfall anerkannt hat, weil die H KG seit 1976 ihre Betriebstätigkeit eingestellt hat und ein Konkursverfahren nicht in Betracht komme. Der Kläger hat inzwischen auch die Renten an die ehemaligen Mitarbeiter gezahlt.
II. Die Beklagte zu 2. braucht für die Pensionsverpflichtungen der H KG nicht einzustehen.
1. Die Beklagte zu 2. haftet nicht als Komplementärin für die vor ihrem Eintritt in die Gesellschaft begründeten Pensionsverpflichtungen. Allerdings muß derjenige, der als Gesellschafter in eine offene Handelsgesellschaft oder als Komplementär in eine Kommanditgesellschaft eintritt, für die bereits bestehenden Gesellschaftsverbindlichkeiten einstehen (§ 161 Abs. 2, §§ 128, 130 HGB). Als die Beklagte zu 2. jedoch im Dezember 1977 als Kommanditistin und im September 1979 als persönlich haftende Gesellschafterin in die Gesellschaft eintrat, hatte diese sich von einer Kommanditgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes umgewandelt. Eine Kommanditgesellschaft ist dann gegeben, wenn der Gesellschaftszweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist und bei einzelnen Mitgesellschaftern die Haftung gegenüber Dritten beschränkt ist (§ 161 Abs. 1 HGB). Eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft kann nicht gegründet werden mit dem Zweck einer Vereinigung zum Betriebe eines Gewerbes, die einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb nicht erfordert (§ 4 Abs. 2 HGB). Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die H KG zu Beginn des Jahres 1977 Produktion und Vertrieb endgültig eingestellt hat. Seit dieser Zeit habe sie das frühere Betriebsgrundstück nur noch an ein oder zwei Unternehmen vermietet oder verpachtet, was einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert habe. Hiergegen sind Verfahrensrügen nicht erhoben (§ 554 Abs. 3 ZPO), so daß der Senat daran gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZPO). Dies hat dazu geführt, daß sich die Gesellschaft unabhängig vom Willen der Beteiligten in eine strukturgleiche Gesellschaft umgewandelt hat; dies ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (BGHZ 32, 307, 310; BGH NJW 1967, 821, 822 zu 3 c; BGH NJW 1982, 45). Ob diese Rechtsfolge nur eingreift, wenn die Gesellschaft noch einen gemeinsamen Zweck verfolgt oder auch dann, wenn die Geschäftstätigkeit vollständig eingestellt wird, kann unentschieden bleiben, da die Gesellschaft noch eine gemeinsame Zwecksetzung in der Vermietung und Verpachtung behalten hat. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes haften die Mitgesellschafter jedoch nicht für vor ihrem Gesellschaftseintritt begründete Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich und solidarisch (BGHZ 74, 240, 241 f. = NJW 1979, 1821; MünchKomm-Ulmer, BGB, 2. Aufl., § 714 Rz 47).
2. Die Beklagte zu 2. muß auch nicht deswegen für die Pensionsverpflichtungen einstehen, weil sie sich so behandeln lassen müßte, als ob sie in eine Kommanditgesellschaft eingetreten sei. Die Rechtsgrundsätze über den Formkaufmann finden keine Anwendung.
Ist eine Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, daß das unter der Gesellschaft betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei oder daß es zu den in § 4 Abs. 1 HGB bezeichneten Betrieben gehöre, die einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht erforderten (§§ 5, 6 Abs. 1 HGB). Der Zweck der gesetzlichen Regelung besteht darin sicherzustellen, daß immer dann, wenn eine Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen ist, der Einwand der Handelsgesellschaft abgeschnitten ist, sie betreibe kein Handelsgewerbe oder benötige keinen kaufmännisch eingerichteten Betrieb. Als die Beklagte zu 2. in die Gesellschaft eintrat, war diese noch als Kommanditgesellschaft ins Handelsregister eingetragen. Die Anwendung von § 5 HGB setzt aber voraus, daß die Gesellschaft überhaupt noch ein Gewerbe betreibt (BGHZ 32, 307, 313).
Die H KG hat seit 1976 keinen Gewerbebetrieb mehr unterhalten. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß diese bereits zu Beginn des Jahres 1977 die Produktion und den Vertrieb endgültig eingestellt hat. Seit dieser Zeit habe sie sich nur noch zweimal mit der Vermietung bzw. Verpachtung ihres Betriebsgrundstückes beschäftigt. Dies war aber keine gewerbliche Tätigkeit. Eine gewerbliche Tätigkeit ist nur dann gegeben, wenn eine berufsmäßige Tätigkeit am Markt mit der Absicht dauernder Gewinnerzielung ausgeübt wird (BGHZ 33, 321, 324 f.; 63, 32, 33; 74, 273, 276 f.; 95, 155, 159; BGH NJW 1963, 1397; 1967, 2353). Die Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz gehört nur dann zur gewerblichen Tätigkeit, wenn das Objekt zur Vermietung und Verpachtung bebaut wird oder hierfür ein umfangreiches über die üblichen Grundstücksverwaltungstätigkeiten hinausgehendes Tätigwerden erfordert. Andernfalls ist die Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz eine Kapitalanlage und nicht eine berufsmäßige Erwerbsquelle (BGHZ 63, 32, 33; 74, 273, 276 f.; BGH NJW 1963, 1397; 1967, 2353). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde das Grundstück einmal an die Farbenfabrik H Vertriebs GmbH & Co. KG und zum andern an den Ehemann der Beklagten zu 2. vermietet bzw. verpachtet. Bei Grundstücksvermietungen eines solch geringen Umfanges kann nicht mehr von einer berufsmäßigen Vermietung oder Verpachtung ausgegangen werden. Hieran ändert auch nichts der Umstand, daß dem Zeugen C Prokura erteilt worden ist. Dies beruhte allein darauf, daß die verbliebenen Gesellschafterinnen geschäftsunerfahren waren.
3. Die Beklagte zu 2. braucht nicht allein deswegen für die Pensionsverpflichtungen zu haften, weil sie als Komplementärin der H KG in das Handelsregister eingetragen ist.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht durch Verweisung auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts erkannt, daß sich aus § 15 Abs. 1 HGB eine Haftung der Beklagten nicht ableiten läßt. Hiernach kann eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß sie diesem bekannt war. Nach § 15 Abs. 1 HGB wird der geschäftliche Verkehr in seinem Vertrauen auf das Schweigen des Handelsregisters wegen einer einzutragenden Tatsache geschützt. Dagegen besteht kein Vertrauensschutz dahin, daß dasjenige, was eingetragen ist, auch richtig ist (Staub/Hüffer, HGB, 4. Aufl., Stand: 1. April 1982, § 15 Rz 14; Schlegelberger/Hildebrandt/Steckhan, HGB, 5. Aufl., § 15 Rz 5, 15; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 26. Aufl., § 15 Anm. 2 A). Hieraus folgt, daß die Pensionäre und der Kläger als Rechtsnachfolger der Pensionäre nicht in ihrem Vertrauen darauf geschützt sind, daß die Eintragung richtig ist. Die Eintragung der Beklagten zu 2. als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft war von vornherein unrichtig; denn als die Beklagte zu 2. eingetragen wurde, war diese bereits auf den Rechtsstatus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes abgesunken.
b) Ebensowenig vermag sich die Revision zur Haftungsbegründung der Beklagten zu 2. auf § 15 Abs. 3 HGB zu berufen. Die Vorschrift bestimmt, daß dann, wenn eine einzutragende Tatsache unrichtig bekannt gemacht ist, sich ein Dritter demjenigen gegenüber, in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war, auf die bekanntgemachte Tatsache berufen kann, es sei denn, daß er die Unrichtigkeit kannte. Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die einzutragenden Tatsachen im Sinne von § 15 Abs. 1, 3 HGB sind im Handelsgesetzbuch und in den handelsrechtlichen Sondergesetzen abschließend aufgezählt (vgl. z. B. Staub/Hüffer, aaO, § 15 Rz 16; Baumbach/Duden/Hopt, aaO, § 106 Anm. 1 B). Hierzu gehört aber nicht eine unabhängig vom Willen oder Wissen der Gesellschafter sich verändernde Rechtslage, hier die Änderung der Rechtsnatur einer Gesellschaft. Dies ist eine Rechtsfrage und keine einzutragende Tatsache.
c) Es kann unentschieden bleiben, ob es neben der begrenzten Rechtsscheinhaftung nach § 15 Abs. 1, 3 HGB noch eine allgemeine Rechtsscheinhaftung gibt, die sich auf handelsregisterliche Vorgänge stützt (hierfür Baumbach/Duden/Hopt, aaO, § 15 Anm. 4 B). In jedem Fall setzt diese Rechtsscheinhaftung voraus, daß der Geschäftspartner oder Gläubiger auf einen gesetzten Rechtsschein vertraut hat (vgl. z. B. BGHZ 17, 13; 61, 59, 63 f.; BAG Urteil vom 19. April 1979 - 3 AZR 645/77 - AP Nr. 3 zu § 128 HGB, zu 3 c der Gründe = SAE 1979, 171 f. m. zust. Anm. von Sieg). Von einem durch die Beklagte zu 2. erweckten Vertrauen kann aber keine Rede sein. Als die Beklagte zu 2. in die Gesellschaft eintrat, waren die Ruhegeldverbindlichkeiten längst begründet. Der Kläger ist bei der Erfüllung der Betriebsrentenansprüche seiner gesetzlich begründeten Einstandspflicht gemäß § 7 BetrAVG nachgekommen; dagegen hat er nicht im Vertrauen auf irgendwelche Eintragungen ins Handelsregister gehandelt.
4. Der Kläger irrt auch, wenn er meint, eine Haftung der Beklagten zu 2. ließe sich aus den Rechtsgrundsätzen ableiten, die zur Haftung der Gesellschafter bei rechtlich fehlerfreiem Eintritt in eine fehlerhafte Gesellschaft oder rechtlich fehlerhaftem Eintritt in eine vollwirksame Gesellschaft entwickelt wurden (vgl. BGHZ 44, 235, 236 f.; Honsell/Harrer, ZIP 1983, 259 m.w.N.). Der Rechtsgrund für die Haftung eintretender Gesellschafter in eine Handelsgesellschaft besteht darin, daß sie in eine werbende Gesellschaft eintreten und nicht im nachhinein die Haftung vernichtet werden soll. Die Beklagte zu 2. ist aber in eine nicht mehr am Markt tätig werdende Gesellschaft eingetreten. Irgendwelche Vertrauenstatbestände können mithin nicht begründet worden sein.
5. Fehlschlagen müssen auch Versuche des Klägers, eine Haftung der Beklagten im Wege der Rechtsfortbildung zu begründen, wonach bei einem Eintreten eines Gesellschafters in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes der Eintretende für bereits bestehende Verbindlichkeiten persönlich haftet. Die Unterschiede zwischen einer Handelsgesellschaft und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sind gesetzlich begründet. Sie beruhen auf wohlerwogenen gesetzgeberischen Erwägungen. Eine Korrektur im Wege der Rechtsfortbildung erscheint jedenfalls in Fallgestaltungen der vorliegenden Art ausgeschlossen.
Schaub Griebeling Dr. Freitag
Fieberg Schoden
Fundstellen
BB 1988, 409-411 (LT1-2) |
DB 1988, 125-126 (LT1-2) |
NJW 1988, 222 |
NJW 1988, 222-223 (LT1-2) |
BetrAV 1988, 47-49 (LT1-2) |
NZA 1988, 55-56 (LT1-2) |
RdA 1988, 55 |
ZIP 1987, 1446 |
ZIP 1987, 1446-1448 (LT1-2) |
AP § 161 HGB (LT1-2), Nr 9 |
DNotZ 1988, 511 |
DNotZ 1988, 511-515 (ST) |
EzA § 161 HGB, Nr 1 (LT1-2) |
VersR 1988, 367-368 |