Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit des Klageantrags
Orientierungssatz
Die Klageschrift muß nach § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Klageantrag bestimmt Art und Umfang des Rechtsschutzbegehrens, der Rechtsanhängigkeit sowie der Rechtskraft einer abschließenden Entscheidung des Gerichts. Bei ungenügender Bestimmtheit des Klageantrags ist die Klage unzulässig. Die ungenügende Bestimmtheit des Klageantrags ist von Amts wegen auch in der Revisionsinstanz zu beachten und führt zur Abweisung der Klage als unzulässig.
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Bremen vom 29. April 1998 - 2 Sa 223/97
- aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Bremen vom 19. März 1997 - 5 Ca 5317/96 -
teilweise abgeändert:
Im übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Klägerin, Überstunden zu leisten.
Die Klägerin ist als Angestellte seit 1979 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 1. April 1993 ist geregelt, daß die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in seiner jeweiligen Fassung gelten. Des weiteren verweist der Arbeitsvertrag auf die Dienstvereinbarung "Gleitzeitordnung". Am 19. Mai 1995 vereinbarten die Parteien folgendes: "1. Die Tätigkeit erfolgt ab 01.06.1995 in Teilzeitarbeit und beträgt 80 % der im BAT festgelegten Arbeitszeit. Die Arbeitszeit wird durch die/den Abteilungsleiter/-in festgelegt. Die Reduzierung der Arbeitszeit wird bis zum 31.05.1995 fest vereinbart. Sollte über den 31.05.1999 hinaus eine Reduzierung der Arbeitszeit erforderlich sein, muß bis zum 30.11.1998 hierüber eine einvernehmliche Lösung erzielt werden.
2. D3. Alle Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag vom
01.04.1993 bleiben bestehen, soweit nachstehend nichts anderes
vereinbart wurde."
Im Mai 1996 ordnete die Beklagte für vier Wochen Überstunden an, wobei die Vollzeitkräfte 15 Stunden und die Teilzeitkräfte entsprechend der prozentualen Teilzeit Mehrarbeit leisten sollten. Nach der mit dem Personalrat getroffenen Vereinbarung sollten die geleisteten Stunden zur einen Hälfte vergütet und zur anderen Hälfte durch Freizeit ausgeglichen werden. Die Klägerin forderte, die von ihr geleisteten Arbeitsstunden vollständig durch Freizeit auszugleichen.
Die Klägerin hat mit der im Juli 1996 erhobenen Klage geltend gemacht, aus der Vereinbarung von Teilzeit ergebe sich, daß sie zur Leistung von Überstunden nicht verpflichtet sei, von "echten Notfallsituationen" abgesehen.
In einem weiteren Rechtsstreit der Parteien wurde rechtskräftig festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin im Rahmen des derzeit bestehenden Dienstverhältnisses zu den unveränderten Bedingungen des Ergänzungsvertrages vom 19. Mai 1995 über den 31. Mai 1999 hinaus bis zum 31. Mai 2004 weiterzubeschäftigen.
Die Klägerin hat - soweit in der Revisionsinstanz noch erheblich - beantragt festzustellen, daß sie als Teilzeitbeschäftigte nicht verpflichtet ist, Überstunden auf Anweisung der Beklagten zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Verpflichtung der Klägerin zur Erbringung von Überstunden ergebe sich aus der Gleitzeitordnung. Eine Teilzeitabrede könne nicht generell als Ausschluß des Weisungs- und Direktionsrechts des Arbeitgebers hinsichtlich der Anordnung von Mehrarbeit angesehen werden.
Die Vorinstanzen haben der Klage hinsichtlich des noch anhängigen Teiles stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich des noch nicht rechtskräftigen Teiles abzuändern und die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen. Der Klage fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit des Antrags iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
I. Die Klageschrift muß nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Klageantrag bestimmt Art und Umfang des Rechtsschutzbegehrens, der Rechtshängigkeit sowie der Rechtskraft einer abschließenden Entscheidung des Gerichts. Bei ungenügender Bestimmtheit des Klageantrags ist die Klage unzulässig (ständige Rechtsprechung; BAG 10. Dezember 1991 - 9 AZR 319/90 - AP ZPO § 253 Nr. 20). Die ungenügende Bestimmtheit des Klageantrags ist von Amts wegen auch in der Revisionsinstanz zu beachten und führt zur Abweisung der Klage als unzulässig (BAG 2. November 1961 - 5 AZR 148/60 - AP ZPO § 253 Nr. 8).
II. Der von der Klägerin verfolgte Antrag "festzustellen, daß sie als Teilzeitbeschäftigte nicht verpflichtet ist, Überstunden auf Anweisung der Beklagten zu leisten", ist nicht hinreichend bestimmt. Die notwendige Bestimmtheit des Antrags kann auch nicht mittels Auslegung anhand des tatsächlichen Vorbringens der Klägerin erreicht werden.
1. Der Antrag der Klägerin kann nicht in seinem juristischen Wortsinne verstanden werden. Da die Parteien arbeitsvertraglich die Geltung des Bundes-Angestelltentarifvertrages vereinbart haben, liegt in ihrem Rechtsverhältnis eine "Überstunde" erst dann vor, wenn die Klägerin über die regelmäßige Arbeitszeit iSv. § 15 BAT hinaus Arbeitsstunden leistet. Einen solchen Fall hat die Klägerin aber erkennbar nicht gemeint, denn sie hat ihre Klage im Zusammenhang mit der von der Beklagten im Mai 1996 angeordneten Leistung von Überstunden erhoben, die für die Klägerin lediglich Mehrarbeit - und keine Überstunden iSd. BAT - waren. Die Klägerin hatte wöchentlich je drei Stunden zu leisten und blieb damit deutlich unter 38,5 Wochenstunden. Auch ihr sonstiges Vorbringen läßt nicht die Annahme zu, die Klägerin habe sich lediglich gegen den wenig realistischen Fall wenden wollen, daß die Beklagte sie zu mehr als 38,5 Wochenstunden Arbeitsleistung heranziehe.
2. Wird davon ausgegangen, daß die Klägerin mit dem Begriff "Überstunde" die ihre individuelle Arbeitszeit übersteigende Mehrarbeit kennzeichnen wollte, fehlt es gleichwohl an der Bestimmtheit des Antrags. Es ist weder anhand des Antrags noch des Sachvortrags der Klägerin erkennbar, welche Sachverhalte der Antrag mitumfassen könnte. Angesichts der nicht vorgetragenen und von den Tatsacheninstanzen nicht festgestellten konkreten Lage der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin, deren Verteilung auf die Arbeitstage der Kalenderwoche und der Auswirkungen der Gleitzeitordnung auf die Arbeitszeitdisposition der Klägerin ist völlig offen, an welchen Kalendertagen, in welchen Kalenderwochen oder in welchen Kalendermonaten es zu Mehrarbeitsstunden kommen könnte. Infolge der offenbar gegebenen Flexibilität der Arbeitszeitverteilung ist es auch nicht möglich, allein aus dem Abschluß einer Teilzeitarbeitsvereinbarung auf die Unzulässigkeit der von der Beklagten angeordneten Arbeit zu bestimmten Zeiten zu schließen.
3. Die somit nicht gegebene hinreichende Bestimmtheit des Antrags wird noch zusätzlich dadurch beeinträchtigt, daß die Klägerin selbst etwaige "echte Notfallsituationen" von ihrem globalen negativen Feststellungsantrag ausnehmen will. Welche Situationen dies sein sollen, in denen die Klägerin auf "Anweisung" der Beklagten Mehrarbeit leisten will, bleibt unklar.
4. Die Bestimmtheit des Antrags ist auch nicht durch ergänzende Feststellungen der Vorinstanzen herbeigeführt worden. Vielmehr hat das Berufungsgericht auf eine Klärung
verzichtet und im Berufungsurteil die Begriffe Mehrarbeit und Überstunden beliebig nebeneinander verwendet. Griebeling
Müller-GKreft Hansen
Reinders
Fundstellen