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BAG Urteil vom 17.10.1989 - 3 AZR 788/87

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung einer fiktiven Sozialversicherungsrente

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 119; BetrAVG § 5 Abs. 2; AVG § 32 Abs. 2; RVO § 1255 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 12.10.1987; Aktenzeichen 10 Sa 932/87)

ArbG Solingen (Urteil vom 14.05.1987; Aktenzeichen 1 Ca 2494/86)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. Oktober 1987 – 10 Sa 932/87 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Tatbestands

Die Parteien streiten darüber, wie die Sozialversicherungsrente zu berechnen ist, die auf das betriebliche Ruhegeld des Klägers angerechnet wird.

Der Kläger war vom 24. Februar 1964 bis zum 30. September 1984 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Er war während dieser Zeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtig. Von der zum 1. Januar 1968 eingeführten generellen Versicherungspflicht ließ er sich befreien. Von da an zahlte die Beklagte den Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung an ihn aus.

Die Beklagte gewährt ihren Mitarbeitern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß der Pensionsordnung (PO) der D.-Werke (D.) in Verbindung mit den dazugehörigen Durchführungsbestimmungen (DB). Zugesagt ist eine Gesamtversorgung. Auf diese sind Sozialversicherungsrenten anzurechnen. Die Bestimmungen der Ruhegeldordnung dazu lauten:

§ 4 Pensionsordnung

Grundsatz der Pensionsberechnung

  1. Die Pensionsberechtigten sollen durch die Gewährung der „D.-Pension” zusammen mit den Bezügen aus den in Absatz 3 angegebenen Rentenversicherungen eine „Gesamtpension” erhalten, deren Höhe sich nach der Zahl der Dienstjahre und dem der letzten Dienststellung entsprechenden „pensionsfähigen Einkommen” (§ 14) richtet.
  2. Als „Gesamtpension” im Sinne dieser Pensionsordnung gilt der Betrag, der sich nach der Grundformel (§ 6) unter Berücksichtigung der Erhöhungen und Verminderungen nach Maßgabe der §§ 5, 8, 12 und 13 ergibt; für die Hinterbliebenen gelten die §§ 9, 10 und 11.
  3. Als D.-Pension wird der Betrag gewährt, der verbleibt, wenn von der Gesamtpension abgesetzt werden

    1. die Rentenbezüge des Pensionsberechtigten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit diese auf Versicherungszeiten entfallen, in denen ein Dienstverhältnis zu der D. bestanden hat,
    2. die Rentenbezüge des Pensionsberechtigten aus sonstigen Rentenversicherungen, zu denen die D. Beiträge geleistet haben.

Die Anrechnung nach a) oder b) erfolgt jedoch nur, soweit dies gesetzlich zulässig ist; insbesondere ist § 5 BetrAVG in Bezug genommen.

§ 4 Durchführungsbestimmungen

Anrechnung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Gesamtpension (zu § 4 PO)

  1. …
  2. …
  3. Der gemäß § 4 Abs. 3 PO von der „Gesamtpension” abzusetzende Anteil an den gesetzlichen Sozialrenten wird wie folgt errechnet;

    Wenn ausreichende Berechnungsunterlagen vorhanden sind; wird der Anteil so ermittelt, als ob nur aufgrund der bei D verbrachten Versicherungszeiten sowie der Zurechnungszeiten (im Sinne der zur Zeit gültigen §§ 37 AVG, 1260 RVO, 58 RKG) Rentenansprüche bestehen würden; die Wartezeit ist hierbei als erfüllt anzusehen, wenn die Sozialrente tatsächlich gezahlt wird. Wenn die genannten Berechnungsunterlagen aber nicht vorliegen, so wird der Anteil an der Sozialrente aufgrund des Verhältnisses zwischen den bei D. verbrachten Versicherungszeiten – und die in Absatz 4 behandelten Zeiten der freiwilligen Weiterversicherung – und der gesamten, der Rentenberechnung tatsächlich zugrunde liegenden Versicherungszeit ermittelt.

  4. Für Zeiten, für welche keine Versicherungspflicht besteht, sowie für Zeiten, für welche die Sozialgesetze bestimmen, daß Arbeitnehmerpflichtbeiträge auf Antrag zurückgezahlt werden, werden für jedes bei den D. verbrachte Dienstjahr als angenommene Rente der gesetzlichen Sozialversicherung angerechnet;

    1. bei Altersruhegeld sowie bei Rente wegen Erwerbsunfähigkeit 1,5 %,
    2. bei Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres 1 %

    der jeweils tatsächlich zur Anwendung kommenden allgemeinen Bemessungsgrundlage. Wenn der Pensionsberechtigte keiner gesetzlichen Sozialversicherung angehört hat, so wird diejenige allgemeine Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt, die im Falle einer Versicherungspflicht maßgebend wäre. Diese Regelung gilt jedoch nicht für diejenigen Dienstjahre, für welche Beiträge an die frühere Pensionskasse der Angestellten in D. geleistet worden sind.

Die Beklagte erhöhte das ruhegeldfähige Entgelt des Klägers im November 1984 von 4.495,– – DM auf 4.925,– DM sowie am 1. August 1986 auf 5.256,– DM. Auf die hieraus resultierende Gesamtpension von monatlich 1.809,94 DM ab 1. Oktober 1984 rechnete sie eine fiktive Sozialversicherungsrente von 933,90 DM und ab 1. August 1986 auf eine Gesamtpension von 1.931,58 DM eine fiktive Rente von 989,80 DM an. Sie zahlte dementsprechend ab 1. Oktober 1984 dem Kläger eine Betriebsrente von 876,10 DM und ab 1. August 1986 von 941,80 DM.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die anrechenbare Sozialversicherungsrente sei nach der allgemeinen Bemessungsgrundlage im Sinne der §§ 32 Abs. 2 AVG, 1255 Abs. 2 RVO als dem Durchschnittsverdienst aller rentenversicherten Arbeitnehmer zu berechnen (1984: 26.310,– DM). Deshalb hätte die Gesamtpension nur um die auf dieser Grundlage sich errechnende fiktive Rente von 561,71 DM ab 1. Oktober 1984 und von 595,34 DM ab 1. August 1986 gekürzt werden dürfen. Er verlangt die Differenz für die Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1986 und für die folgende Zeit eine um den Differenzbetrag von 394,46 DM höhere monatliche Rente.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.160,48 DM rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1986 nebst 4 % Zinsen seit dem 5. Januar 1987 zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn am Ende jedes Kalendermonats – beginnend mit Januar 1987 – über die derzeit gezahlte Betriebsrente von monatlich 941,80 DM hinaus weitere 394,46 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, anrechenbar sei die fiktive Sozialversicherungsrente, die der Kläger erhalten hätte, wenn er sich nicht von der Rentenversicherungspflicht hätte befreien lassen. Zugrundezulegen sei der Berechnung nicht die niedrigere allgemeine Bemessungsgrundlage im Sinne der §§ 32 Abs. 2 AVG, 1255 Abs. 2 RVO, sondern die für den Kläger maßgebende Bemessungsgrundlage als Produkt aus persönlichem Prozentsatz (166,25 %) und allgemeiner Berechnungsgrundlage. Dies ergebe sich aus § 4 der Durchführungsbestimmungen. Dort sei nicht die „allgemeine Bemessungsgrundlage” im Sinne des Sozialversicherungsrechts gemeint, sondern die jeweils persönlich maßgebende Bemessungsgrundlage. Die dem Kläger ausgezahlten Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hätten sich an dem Einkommen des Klägers ausgerichtet, das stets weit über der allgemeinen Bemessungsgrundlage gelegen habe. Dementsprechend müsse auch das der Beitragsbemessung zugrunde liegende Einkommen über die persönliche Bemessungsgrundlage in die Berechnung der fiktiven Sozialversicherungsrente eingehen. Der Kläger werde sonst besser behandelt als die Arbeitnehmer, die sich nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien ließen. Ihre Berechnung entspreche zudem einer langjährigen betrieblichen Übung.

Den betriebsrentenfähigen Arbeitsverdienst des Klägers habe sie im Jahr 1984 nur angehoben, um zu erreichen, daß dieser eine Betriebsrente von rund 875,– DM erhalte. Dabei sei sie von der Richtigkeit ihrer Berechnung ausgegangen. Für den Fall, daß ihre Auslegung der Ruhegeldordnung unzutreffend sein sollte, fechte sie ihre Erklärung vom 12. November 1984 über die Erhöhung des rentenfähigen Arbeitsverdienstes des Klägers an.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Beklagte darf auf die Gesamtpension des Klägers nur die fiktive Sozialversicherungsrente anrechnen, die sich auf der Grundlage der sozialversicherungsrechtlichen allgemeinen Bemessungsgrundlage ergibt.

1. Maßgebliche Anrechnungsvorschrift ist im Fall des Klägers § 4 Abs. 4 Satz 1 DB. Die Bestimmung regelt die Anrechnung für solche Zeiten, in denen keine Versicherungspflicht bestand. Der Kläger war während seiner gesamten Beschäftigungszeit bei der Beklagten nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Demgegenüber regelt § 4 Abs. 3 DB die Berechnung des anzurechnenden Teils der tatsächlich gezahlten Sozialrenten.

2. Gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 DB werden die nach dieser Vorschrift zu errechnenden Beträge „als angenommene Rente” angerechnet. Die Gesamtpension soll also nicht um eine tatsächlich erworbene oder gezahlte Rente, sondern um eine nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen berechnete fiktive Rente gekürzt werden. Dagegen bestehen im Hinblick auf § 5 Abs. 2 BetrAVG grundsätzlich keine Bedenken; der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer die Arbeitgeberanteile der Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung auszahlt, ist berechtigt, auch eine mit solchen Beiträgen erzielbare fiktive Rente anzurechnen (BAG Urteil vom 16. Dezember 1986 – 3 AZR 631/84 –, nicht veröffentlicht; Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, § 5 Rz 80; Höfer/Abt, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Bd. I, 2. Aufl., § 5 Rz 13).

Auch die Höhe der Anrechnung verstößt nicht gegen § 5 Abs. 2 BetrAVG. Die Beklagte will nur die fiktive Rente anrechnen, die sich ergäbe, wenn der Kläger während der Beschäftigungszeit bei ihr unter Verwendung ihres Zuschusses in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen wäre. Wenn das Gesetz die Anrechnung von gesetzlichen Renten oder Ersatzrenten zuläßt, die mindestens zur Hälfte aus Beiträgen des Arbeitgebers finanziert worden sind, so muß dies nach dem Zweck des Gesetzes auch für fiktive Renten gelten, die der Arbeitnehmer hätte erwerben können, wenn er das ihm zur Verfügung gestellte Geld bestimmungsgemäß verwandt hätte (vgl. BAG, aaO).

3. Entscheidend ist, nach welcher Bemessungsgrundlage die fiktive Rente gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 DB zu berechnen ist. Das Landesarbeitsgericht hat diese Bestimmung dahin ausgelegt, daß der Berechnung die „allgemeine Bemessungsgrundlage” im Sinne der §§ 1255 Abs. 2 RVO, 32 Abs. 2 AVG zugrunde zu legen ist. Diese Auslegung ist nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 DB soll anrechenbar sein ein Prozentsatz „der jeweils tatsächlich zur Anwendung kommenden allgemeinen Bemessungsgrundlage”. Im Sozialversicherungsrecht ist der Begriff der „allgemeinen Bemessungsgrundlage” in §§ 32 Abs. 2 AVG, 1255 Abs. 2 RVO bestimmt. Sie richtet sich nach dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten der Rentenversicherung der Angestellten und Arbeiter. Seit 1984 wird sie durch das jeweilige Rentenanpassungsgesetz jährlich festgelegt.

Unter „allgemeine Bemessungsgrundlage” in § 4 Abs. 4 DB ist dieser sozialversicherungsrechtliche Begriff zu verstehen. In dieser Bestimmung geht es um die Höhe einer fiktiven Sozialversicherungsrente. Die sonstige Berechnung entspricht der Rentenberechnung in der gesetzlichen Rentenversicherung, wie sie in §§ 30 ff. AVG, 1253 ff. RVO geregelt ist. Wenn in einem solchen Zusammenhang die Wortverknüpfung „allgemeine Bemessungsgrundlage” verwendet wird, so kann in „allgemein” kein verschiedenen Deutungen zugängliches Attribut gesehen werden, wie das von der Beklagten vorgelegte Gutachten meint. Diese Wortverbindung ist vielmehr als Gebrauch des sozialversicherungsrechtlichen Begriffs zu verstehen.

Werden in einer Ruhegeldordnung Begriffe verwendet, die im Gesetz, insbesondere im Sozialversicherungsrecht, einen festen Inhalt haben, gilt dieser grundsätzlich auch für die Ruhegeldordnung (so für Tarifverträge: BAGE 42, 272, 277 = AP Nr. 61 zu: § 616 BGB; ständige Rechtsprechung). Ob bei der Formulierung der Ruhegeldordnung der Begriff so gemeint war, ist unerheblich. Es kommt auf den objektiven Erklärungswert an.

Allerdings kann der sonstige Inhalt einer Ruhegeldordnung ergeben, daß der Gesetzesbegriff in konkretem Zusammenhang abweichend von seiner allgemeinen Bedeutung; zu verstehen ist. Derartiges ergibt sich im Streitfall aber nicht daraus, daß gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 DB die „jeweils tatsächlich zur Anwendung kommende” allgemeine Bemessungsgrundlage maßgebend ist. Die allgemeine Bemessungsgrundlage der §§ 32 Abs. 2 AVG, 1255 Abs. 2 RVO verändert sich von Jahr zu Jahr, und sie ist unterschiedlich hoch für Angestellte in der allgemeinen Rentenversicherung und in der Knappschaftsversicherung. Es war deshalb in der Ruhelohnordnung zu bestimmen, auf welche allgemeine Bemessungsgrundlage es ankommt. Nur diese Eingrenzung erfolgt durch die Worte „jeweils tatsächlich zur Anwendung kommend”. Ebenso ist auch der Hinweis in § 4 Abs. 4 Satz 2 DB auf „diejenige allgemeine Bemessungsgrundlage, die im Falle einer Versicherungspflicht maßgebend wäre”, zu verstehen.

Die Rentenberechnungsformel in § 4 Abs. 4 Satz 1 DB lehnt sich an die Berechnung in §§ 30, 31 AVG, 1253, 1254 RVO an. Entgegen der Ansicht des Gutachters ergibt sich daraus nichts dafür, daß als Bemessungsgrundlage auf „die für den Versicherten maßgebliche Rentenbemessungsgrundlage” im Sinne der §§ 32 Abs. 1 AVG, 1255 Abs. 1 RVO abzustellen wäre. Gerade die Anknüpfung an die gesetzlichen Bestimmungen hätte es nahegelegt, diese gesetzliche Formulierung zu verwenden, wenn sie gemeint gewesen wäre. Diese Annahme liegt um so näher, als der Gesetzesbegriff der allgemeinen Bemessungsgrundlage erstmals durch das Angestelltenversicherungsneuregelungsgesetz vom 23. Februar 1957 eingeführt und die Versorgungsordnung der Beklagten im Herbst 1957 dieser Regelung angepaßt wurde. Es wird aber nicht der in § 32 Abs. 1 AVG, § 1255 Abs. 1 RVO gebrauchte Begriff, sondern die in § 32 Abs. 2 AVG, § 1255 Abs. 2 RVO näher bestimmte „allgemeine Bemessungsgrundlage” genannt.

b) Auch das Gesamtsystem der Ruhegeldordnung ergibt nichts dafür, daß statt der „allgemeinen Bemessungsgrundlage” die persönliche Bemessungsgrundlage gemeint wäre. Es ist keineswegs sinnwidrig oder unvereinbar mit dem Gesamtsystem der Ruhegeldordnung, der Berechnung der fiktiven Sozialversicherungsrente die „allgemeine Bemessungsgrundlage” zugrunde zu legen. Zutreffend ist, daß sich dadurch im Gegensatz zu tatsächlich gezahlten Renten ein vom früher erzielten Einkommen unabhängiger Anrechnungsbetrag ergibt. Das führt aber nicht notwendig zu einer höheren Gesamtversorgung. Nur in den Fällen, in denen die nicht pflichtversicherten Arbeitnehmer eine der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertige Altersversorgung tatsächlich erworben haben, hat dies eine im Vergleich höhere Gesamtversorgung zur Folge. Bei der Anrechnungfiktiver Renten ist es aber gerade typisch, daß nicht auf die tatsächlich erworbenen Leistungen abgestellt wird. Auch innerhalb der Gruppe der nicht versicherungspflichtigen Arbeitnehmer hängt die tatsächliche Gesamtversorgungshöhe davon ab, wie und in welchem Umfang diese Altersvorsorge getroffen haben. Es ist deshalb keineswegs systemfremd oder unbillig, wenn für die fiktive Rente nicht an die persönlichen Verhältnisse, sondern an die allgemeine Bemessungsgrundlage angeknüpft wird. Daß dadurch Arbeitnehmer betroffen würden wie die Beklagte einwendet, deren Verdienst unter der allgemeinen Bemessungsgrundlage lag, ist schwer vorstellbar, da die Versicherungspflichtgrenze immer über der allgemeinen Bemessungsgrundlage lag und der ausdrücklich in bezug genommene § 5 Abs. 2 BetrAVG eine weitergehende Anrechnung verbietet.

c) Aus Sicht des Arbeitgebers mag durch diese Berechnung die Anrechnungsmöglichkeit nicht voll ausgeschöpft sein. Es gibt aber keinen Rechtssatz, daß – gegen den Wortlaut – eine Ruhegeldordnung stets so auszulegen wäre, daß die Anrechnungsmöglichkeit voll ausgeschöpft wird. Es sprechen im Gegenteil einsehbare Gründe für die Anknüpfung an die allgemeine Bemessungsgrundlage. Diese ermöglicht eine schnelle, einfache und zweifelsfreie Berechnung der fiktiven Rente. Daß dabei für Arbeitnehmer, deren Einkünfte über der Versicherungsgrenze lagen, zulässige Anrechnungsmöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft werden, ist nachvollziehbar; Bei diesen Arbeitnehmern kann die Differenz zwischen dem Einkommen im Erwerbsleben und den Versorgungsbezügen besonders groß sein. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann daher eine Regelung, die für Zeiten, in denen keine Versieherungspflicht bestand, auf die allgemeine Bemessungsgrundlage im Sinne des Sozialversicherungsrechts abstellt, nicht generell als ungerecht, unbillig oder als mit dem Gesamtsystem der Ruhegeldordnung unvereinbar angesehen werden.

Die Annahme einer versehentlichen Fehlbezeichnung oder eines Redaktionsversehen scheidet mithin aus. Entsprechend sind auch die Regeln über die „falsa demonstratio” nicht anwendbar.

4. Die Beklagte kann sich für Ihre Auslegung nicht auf die von ihr behauptete betriebliche Übung berufen. Legt nur eine der Vertragsparteien einen Vertrag ständig in bestimmter Weise aus, so sagt dies noch nichts Endgültiges über die zutreffende Auslegung aus. Ist die Auslegung, wie im Streitfall, fehlerhaft, so begründet die fehlerhafte Handhabung noch kein inhaltlich geändertes Rechtsverhältnis. Der hierdurch benachteiligte Arbeitnehmer kann die korrekte Anwendung des Vertrags verlangen.

5. Auch die Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Beklagten nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst wenn ein Verstoß dagegen in der unterschiedlichen Berechnungsweise für die anrechenbare Rente bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei Versicherungsfreiheit gesehen würde, könnte dies nicht dazu führen, die Ansprüche des Klägers zu schmälern. Aus dieser Sicht wäre der Kläger nicht schlechter, sondern besser als die gleichzubehandelnden Arbeitnehmer gestellt.

6. Der Anspruch des Klägers wird schließlich nicht dadurch berührt, daß die Beklagte sich nicht an der Erhöhung des pensionsfähigen Einkommens des Klägers mit Schreiben vom 12. November 1984 festhalten lassen will und ihre Erklärung über die Erhöhung angefochten hat, weil sie diese nur auf der Grundlage ihrer eigenen Berechnung abgegeben habe.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt. Die bei einem pensionsfähigen Einkommen von 4.495,– DM zu zahlende Rente wurde nicht beiderseitig zur Grundlage der Zusage gemacht. Ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 119 BGB liegt, nicht vor, da der Irrtum über die Berechnung der Betriebsrente als Motivirrtum unbeachtlich ist.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Schaub, Griebeling Lichtenstein, Dr. Hromadka

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951848

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