Entscheidungsstichwort (Thema)
Direktversicherung nach Gehaltsumwandlung im Konkurs
Leitsatz (amtlich)
Hat der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer in einem Lebensversicherungsvertrag dem Arbeitnehmer lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht auf die Versicherungsleistungen eingeräumt, so gehört auch bei einer sogenannten Gehaltsumwandlung der Anspruch auf die Versicherungsleistung im Konkurs des Arbeitgebers zur Konkursmasse (Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Senats, zuletzt im Urteil vom 28. März 1995 – 3 AZR 373/94 – EzA § 1 BetrAVG Lebensversicherung Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen). Der Konkursverwalter kommt auch in diesem Fall mit dem Widerruf des Bezugsrechts seinen konkursrechtlichen Pflichten nach (§ 117 Abs. 1 KO) und haftet deshalb nicht nach § 82 KO.
Normenkette
BetrAVG § 1 Lebensversicherung, § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2; VVG § 166 Abs. 2; Musterbedingungen für die Großlebensversicherung (ALB n.F.) §§ 12-13; KO §§ 43, 59 Abs. 1 Nrn. 1-2, §§ 82, 117 Abs. 1; ZPO § 74 Abs. 1, § 101 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 17.05.1994; Aktenzeichen 6 Sa 1933/93) |
ArbG Arnsberg (Urteil vom 12.10.1993; Aktenzeichen 1 Ca 310/93) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Mai 1994 – 6 Sa 1933/93 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der durch die Streithilfe verursachten Kosten, die dem Streithelfer auferlegt werden.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechte aus einer zugunsten des Klägers abgeschlossenen Direktversicherung im Konkurs seiner früheren Arbeitgeberin.
Der am 3. Februar 1939 geborene Kläger war seit 1. April 1954 zuletzt als Produktionsleiter bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt. Sie hatte auf sein Leben eine Versicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen, die am 1. Januar 1976 begann und am 1. Januar 1999 ablaufen sollte. Die Jahresprämie belief sich auf 2.400,-- DM, die Versicherungssumme auf 60.607,-- DM. Versicherungsnehmer war die Gemeinschuldnerin, versicherte Person der Kläger. Laut Versicherungsschein war “bezugsberechtigt für die Versicherungsleistung: Im Todesfalle Frau Christa H…, …, im Erlebensfalle die versicherte Person”.
Am 12. Oktober 1992 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Das Arbeitsverhältnis endete am 1. Dezember 1992 durch eine vom beklagten Konkursverwalter ausgesprochene Kündigung. Mit Schreiben vom 9. März 1993 kündigte er auch den Versicherungsvertrag und widerrief das Bezugsrecht des Klägers. Die Versicherungsgesellschaft zahlte dem beklagten Konkursverwalter am 26. April 1993 den Rückkaufswert in Höhe von 64.097,81 DM aus.
Der Kläger hat vorgetragen: Der beklagte Konkursverwalter habe weder den Versicherungsvertrag kündigen noch das Bezugsrecht des Klägers widerrufen können. Der Abschluß des Versicherungsvertrages habe auf einer Gehaltsumwandlung beruht. Dem Kläger sei ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden. Er sei sich mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Versicherungsvertreter G…-… und dem persönlich haftenden Gesellschafter der Arbeitgeberin D… darüber einig gewesen, daß die Rechte aus dem Versicherungsvertrag allein ihm zustehen sollten. Die Versicherungsgesellschaft habe die Absichten der Arbeitsvertragsparteien gekannt und dementsprechend die Überschußbenachrichtigungen regelmäßig an seine Privatadresse geschickt. Auch aus arbeitsrechtlichen Gründen sei der Widerruf des Bezugsrechts unzulässig. Dem beklagten Konkursverwalter sei nicht erlaubt, was dem Gemeinschuldner verwehrt sei. Mit der Kündigung des Versicherungsvertrages und der Inanspruchnahme des Rückkaufswertes habe der beklagte Konkursverwalter arbeitsrechtliche Pflichten verletzt. Dem Kläger stünden Aussonderungsrechte zu. Die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag gehörten zu seinem Vermögen. Der beklagte Konkursverwalter müsse ihm zumindest den Rückkaufswert der Lebensversicherung auszahlen.
Der Kläger hat sinngemäßt beantragt,
- festzustellen, daß der Versicherungsvertrag der T… oHG, … mit der Württembergischen Lebensversicherungs-AG, Tübinger Straße 28, Stuttgart, betreffend den Versicherungsvertrag Nr. …-… nicht beendet worden ist, sondern fortbesteht und der Kläger aus diesem Versicherungsverhältnis weiterhin bezugsberechtigt ist,
- hilfsweise: den Beklagten zu verurteilen, den Rückkaufswert aus der in Nr. 1. näher bezeichneten Versicherung an den Kläger auszuzahlen.
Der Pensions-Sicherungs-Verein, dem der Kläger den Streit verkündet hat, ist dem Kläger beigetreten und hat sich seinen Anträgen angeschlossen.
Der beklagte Konkursverwalter hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, daß er nicht nur berechtigt, sondern konkursrechtlich sogar verpflichtet gewesen sei, den Versicherungsvertrag zu kündigen, das Widerrufsrecht auszuüben und den Rückkaufswert zur Konkursmasse zu ziehen. Nach den Versicherungsunterlagen sei dem Kläger nur ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden. Die Versicherungsgesellschaft habe ihm auch nicht die Überschußbenachrichtigungen übersandt. Der beklagte Konkursverwalter hat die Vereinbarung einer Gehaltsumwandlung und die vom Kläger behaupteten Äußerungen des Versicherungsvertreters und des persönlich haftenden Gesellschafters der Gemeinschuldnerin bestritten.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Kläger und der Pensions-Sicherungs-Verein verfolgen mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision das bisherige Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers und des Pensions-Sicherungs-Vereins ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben sowohl den Hauptantrag als auch den Hilfsantrag zu Recht abgewiesen. Der beklagte Konkursverwalter hat durch Ausübung der ihm zustehenden Gestaltungsrechte das Versicherungsverhältnis beendet. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung des Rückkaufswerts.
I. Der beklagte Konkursverwalter konnte den zugunsten des Klägers geschlossenen Versicherungsvertrag kündigen, das Bezugsrecht des Klägers widerrufen und den Rückkaufswert der Versicherung zur Masse ziehen.
1. Welche Rechte dem Konkursverwalter und dem begünstigten Arbeitnehmer aus dem Versicherungsverhältnis zustehen, hängt allein von der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses ab. Wie der Senat im Urteil vom 26. Februar 1991 (– 3 AZR 213/90 – AP Nr. 15 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung) näher ausgeführt und im Urteil vom 28. März 1995 (– 3 AZR 373/94 – EzA § 1 BetrAVG Lebensversicherung Nr. 6 = BB 1995, 2663 = NZA 1996, 36 f. = ZIP 1995, 2012 ff., zu I der Gründe) nochmals unterstrichen hat, müssen das Versicherungsverhältnis und das arbeitsrechtliche Versorgungsverhältnis voneinander unterschieden werden. Die Frage, ob der Kläger nur ein widerrufliches oder ein unwiderrufliches Bezugsrecht erworben hatte, bezieht sich auf das Versicherungsverhältnis. Die Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, daß der Kläger nach den maßgeblichen versicherungsrechtlichen Regelungen nur ein widerrufliches Bezugsrecht hatte.
a) Sowohl nach § 166 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) als auch nach den Musterbedingungen für die Großlebensversicherung (ALB n.F.) ist die widerrufliche Bezugsberechtigung der Regelfall. Wenn die Bezugsberechtigung unwiderruflich sein soll, muß dies der Versicherungsnehmer (hier die frühere Arbeitgeberin) gegenüber der Versicherungsgesellschaft ausdrücklich durch einseitige Willenserklärung bestimmen. Diese Erklärung kann in den Versicherungsvertrag aufgenommen werden. Dies ist jedoch, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht geschehen. Für eine nachträgliche Bestimmung gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte.
aa) Nach § 13 Abs. 2 ALB n.F. erwirbt der Bezugsberechtigte ein sofortiges und unwiderrufliches Recht auf die Leistung aus dem Versicherungsvertrag nur dann, wenn der Versicherer den dahingehenden Antrag des Versicherungsnehmers angenommen und ihm schriftlich bestätigt hat, daß der Widerruf ausgeschlossen ist. Bis zum Eingang der Bestätigung hat der Bezugsberechtigte lediglich ein widerrufliches Recht auf die Leistung aus dem Versicherungsvertrag. Nach § 12 Abs. 1 ALB n.F. bedürfen Willenserklärungen, die das Versicherungsverhältnis betreffen, und damit auch die Erklärung des Versicherungsnehmers, daß der Widerruf des Bezugsrechts ausgeschlossen sein solle, der Schriftform. Die Erklärung wird nach § 12 Abs. 1 Satz 2 ALB n.F. wirksam, sobald sie dem Versicherer zugegangen ist. Versicherungsvertreter sind nach § 12 Abs. 1 Satz 3 ALB n.F. zu ihrer Entgegennahme nicht bevollmächtigt. Darauf ist im Versicherungsvertrag noch besonders hingewiesen worden. Dort heißt es:
“Erklärungen …, welche nicht aus dem Antrag hervorgehen, sowie Nebenabreden mit dem Vertreter verpflichten die Gesellschaft nur, wenn diese sie schriftlich bestätigt hat. Willenserklärungen …, die künftig der Gesellschaft gegenüber abgegeben werden, sind nur rechtswirksam, wenn sie dem Vorstand schriftlich zugegangen sind.”
bb) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, an die der Senat gemäß § 561 ZPO mangels durchgreifender Verfahrensrügen gebunden ist, hat der Kläger nicht durch eine Erklärung gegenüber der Versicherungsgesellschaft außerhalb des Versicherungsantrags ein sofortiges, unwiderrufliches Bezugsrecht erworben.
Welche Indizwirkung der Adressierung der Überschußbenachrichtigungen beizumessen wäre, kann offen bleiben. Der Kläger hat für seine Behauptung, die Versicherungsgesellschaft habe die Überschußbenachrichtigungen unmittelbar an ihn gesandt, keinen Beweis angetreten. Vielmehr hat der beklagte Konkursverwalter eine Überschußbenachrichtigung vorgelegt, die nicht an den Kläger, sondern an die Gemeinschuldnerin gerichtet war.
b) Entgegen der Ansicht des Klägers und des Pensions-Sicherungs-Vereins spielt es keine Rolle, daß die Direktversicherung anstelle einer Gehaltserhöhung abgeschlossen wurde. Auch bei einer derartigen sog. Gehaltsumwandlung dürfen das zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestehende Versorgungsverhältnis und das zwischen dem Arbeitgeber und dem Versicherer bestehende Versicherungsverhältnis nicht miteinander vermengt werden.
aa) Dem Urteil vom 8. Juni 1993 (BAGE 73, 209 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Unverfallbarkeit) läßt sich nicht entnehmen, daß der Senat die konkursrechtliche Behandlung widerruflicher Bezugsrechte davon abhängig machen wollte, ob eine sog. Gehaltsumwandlung vorliegt oder nicht vorliegt. Der Senat hatte sich damals mit der Frage zu befassen, ob der Arbeitnehmer gegen seinen früheren Arbeitgeber einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Übertragung der Rechte aus der Lebensversicherung hatte. Die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen waren auszulegen. Dafür entwickelte der Senat folgende Auslegungsregel: Bei einer Direktversicherung nach Gehaltsumwandlung ist in der Regel davon auszugehen, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine von vornherein unentziehbare Rechtsposition einräumen und damit die Unverfallbarkeit der Anwartschaft zusagen wollte. Eine derartige Vereinbarung führt zwar dazu, daß der Widerruf des Bezugsrechts arbeitsrechtlich unzulässig ist. Im Urteil vom 8. Juni 1993 (aaO, zu 3 der Gründe) wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß “zwischen dem Versicherungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Versicherer und dem Versorgungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterscheiden ist”. Macht der Arbeitgeber entgegen den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen von seinem versicherungsrechtlich eingeräumten Widerrufsrecht Gebrauch, so ist, wie der Senat in dieser Entscheidung ausdrücklich betont hat, der Widerruf versicherungsrechtlich wirksam.
bb) Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, daß arbeitsrechtliche Verbote den Arbeitgeber nicht im Verhältnis zu dem Versicherungsunternehmen binden (vgl. BVerwG Urteil vom 28. Juni 1994 – 1 C 20.92 –, zu II 2c cc ccc der Gründe, VersR 1995, 940, 941 = ZIP 1994, 1455, 1456).
2. Mit der Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft ist kein unwiderrufliches Bezugsrecht entstanden (BAG Urteil vom 26. Februar 1991 – 3 AZR 213/90 – AP Nr. 15 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, zu I 2 der Gründe; BAG Urteil vom 28. März 1995 – 3 AZR 373/94 –, aaO, zu I 2 der Gründe; vgl. auch BVerwG Urteil vom 28. Juni 1994 – 1 C 20.92 –, aaO). § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG, der den Widerruf des Bezugsrechts wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbietet, ist keine dem Konkursrecht vorgehende Sonderregelung. Diese Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn das Bezugsrecht nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger widerrufen wird.
3. Entgegen der Ansicht des Pensions-Sicherungs-Vereins schränkt § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG die Verwertung der Konkursmasse durch den Konkursverwalter nicht ein.
a) Der unterschiedlichen Wortwahl in § 2 Abs. 2 Sätze 4 und 5 BetrAVG kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Während § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG auf Verfügungen des Arbeitnehmers abstellt, ist § 2 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG weiter gefaßt. Damit hat der Gesetzgeber berücksichtigt, daß in den Fällen des § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG die maßgeblichen Rechte verschiedenen Personen zustehen können. Das Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Versicherungsnehmer, der Anspruch auf den Rückkaufswert dem unwiderruflich Bezugsberechtigten zu.
b) § 2 Abs. 2 Sätze 4 und 5 BetrAVG dienen einem einheitlichen Regelungsziel, wie auch die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften zeigt. Sie wollen verhindern, daß der Arbeitnehmer den wirtschaftlichen Wert der Direktversicherung vorzeitig nutzt.
aa) § 2 Abs. 2 Satz 5 ist erst durch den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung eingefügt worden. Der Regierungsentwurf hatte übersehen, daß eine Verwertung des Bezugsrechts nicht nur durch Abtretung und Beleihung, sondern auch durch Inanspruchnahme des Rückkaufswertes möglich ist. Diese Regelungslücke soll § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG schließen (vgl. BT-Drucks. 7/2843, S. 7).
bb) Die Vorschriften des § 2 Abs. 2 Sätze 4 und 5 BetrAVG ergänzen sich. Nach § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG darf der ausgeschiedene Arbeitnehmer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag weder abtreten noch beleihen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG darf auch nicht der Rückkaufswert aufgrund einer Kündigung des Versicherungsvertrages in Anspruch genommen werden. Der Gesetzgeber will verhindern, daß der ausgeschiedene Arbeitnehmer über den wirtschaftlichen Wert der ihm überlassenen, auf Beitragszahlungen des Arbeitgebers beruhenden Direktversicherung durch Abtretungen, Beleihungen oder Inanspruchnahme des Rückkaufswerts verfügt. Der Arbeitnehmer soll gehindert werden, die Anwartschaft zu liquidieren und für andere Zwecke zu verwenden (vgl. u.a. Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 2 Rz 253; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., § 2 Rz 256; Höfer/Reiners/Wüst, BetrAVG, 3. Aufl., § 2 Rz 1841). Die Verfügungsbeschränkungen des § 2 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 BetrAVG verbieten lediglich, die Ansprüche aus der Versicherung wirtschaftlich für den versicherten Arbeitnehmer nutzbar zu machen (so zutreffend auch der Pensions-Sicherungs-Verein in seiner Revisionsbegründungsschrift S. 4 Buchst. b). Der beklagte Konkursverwalter hat jedoch die Versicherung nicht für den Arbeitnehmer, sondern zur Befriedigung der Konkursgläubiger verwertet.
II. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Er ist unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen und umfaßt, worauf der Pensions-Sicherungs-Verein zutreffend hinweist, auch Schadenersatzansprüche. Der Kläger kann jedoch vom beklagten Konkursverwalter keine Zahlung in Höhe des Rückkaufswertes verlangen.
1. Dem Kläger steht kein Aussonderungsrecht nach § 43 KO zu.
a) Hat der Arbeitnehmer, wie im vorliegenden Fall, lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht auf die Versicherungsleistungen aus dem Lebensversicherungsvertrag, so gehört der Anspruch auf die Versicherungsleistungen im Konkurs des Arbeitgebers zur Konkursmasse (§ 1 Abs. 1 KO). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalles hat ein derart begünstigter Arbeitnehmer lediglich eine ungesicherte, wertlose Anwartschaft. Er ist nicht nach § 43 KO zur Aussonderung dieses Vermögensgegenstandes aus der Konkursmasse berechtigt (BAG Urteil vom 26. Februar 1991 – 3 AZR 213/90 – AP Nr. 15 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, zu I der Gründe, und BAG Urteil vom 28. März 1995 – 3 AZR 373/94 –, aaO, zu I 1 der Gründe).
b) Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Urteil vom 6. März 1992 (– 17 U 201/91 – NJW-RR 1992, 798 ff.) einem Arbeitnehmer ein Aussonderungsrecht zugesprochen, weil die Direktversicherung auf einer Gehaltsumwandlung beruhte. Diese Entscheidung hatte sich mit einem sog. eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht zu befassen. Von einem eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht wird gesprochen, wenn das unwiderrufliche Bezugsrecht mit Vorbehalten verbunden ist. Wenn die Voraussetzungen der Vorbehalte bei Konkurseröffnung nicht vorliegen, hat der Arbeitnehmer eine gefestigte Rechtsstellung. Da bei dieser Fallgestaltung der Anspruch auf die Versicherungsleistungen nicht zum Vermögen des Arbeitgebers (Gemeinschuldners), sondern zum Vermögen des Arbeitnehmers gehört (BAGE 65, 208, 213 ff. = AP Nr. 10 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, zu 4 und 5 der Gründe), ist dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. März 1992 im Ergebnis zuzustimmen. Der Senat kann jedoch nicht der Auffassung folgen, das Aussonderungsrecht des Arbeitnehmers könne nicht daran scheitern, daß im Versicherungsvertrag für den Arbeitnehmer kein unwiderrufliches Bezugsrecht aufgenommen worden sei, vielmehr sei der Arbeitgeber hinsichtlich der Beiträge für die Versicherung wie ein uneigennütziger Treuhänder des Arbeitnehmers anzusehen. Ebenso wie der Senat weist auch Reichold in seiner Anmerkung zum Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. März 1992 (EWiR 1992, 899 f.) darauf hin, daß es im Konkurs auf die versicherungsrechtliche Gestaltung des sog. Deckungsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Versicherer ankommt, nicht aber auf die arbeitsrechtliche Gestaltung und damit auch nicht auf die sog. “Gehaltsumwandlungsvereinbarung”. Über die erforderliche Unterscheidung zwischen Valuta- und Deckungsverhältnis (Abstraktionsprinzip) hat sich das Oberlandesgericht Düsseldorf hinweggesetzt.
c) Das Landesarbeitsgericht hat, ausgehend vom Urteil des Senats vom 26. Februar 1991 (aaO, zu I 3 der Gründe) richtig erkannt, daß sich ein Aussonderungsrecht des Klägers auch nicht mit einem Treuhandverhältnis begründen läßt.
aa) Bei einem unechten Treuhandverhältnis verbleibt die Forderung beim Treugeber. Der Treuhänder wird lediglich ermächtigt, über das Vermögen des Treugebers zu verfügen. Ein echtes Treuhandverhältnis, das den Treugeber zur Aussonderung des Treugutes im Konkurs des Treuhänders berechtigt, liegt nur vor, wenn der Treugeber einen ihm gehörenden Vermögensgegenstand (das Treugut) dem Treuhänder mit der Abrede überträgt, die erlangte Rechtsmacht zwar im eigenen Namen, aber nur im Interesse des Treugebers auszuüben. Das sogenannte Treugut muß aus dem Vermögen des Treugebers in das des Treuhänders übertragen worden sein (vgl. u.a. RGZ 84, 214, 217; BGH Urteil vom 30. Oktober 1959 – IV ZR 69/59 – WM 1960, 325, 326; BGH Urteil vom 25. November 1964 – V ZR 144/62 – WM 1965, 173, 174; BGH Urteil vom 19. November 1992 – IX ZR 45/92 – ZIP 1993, 213, 214).
bb) Diese Voraussetzungen sind bei der vorliegenden Gehaltsumwandlung nicht erfüllt. Der Kläger hatte keine versicherungsrechtlichen Ansprüche auf seine Arbeitgeberin übertragen. Vielmehr ergaben sich die Rechte seiner Arbeitgeberin unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag, den sie im eigenen Namen als Versicherungsnehmerin schloß und in dem sie sich selbst zu Beitragszahlungen verpflichtete. Der Kläger hatte auch keine sonstigen Rechte auf seine Arbeitgeberin übertragen. Die Arbeitsvertragsparteien hatten anläßlich einer Gehaltserhöhung vereinbart, daß der Kläger statt eines möglichen Anspruchs auf höhere Vergütung einen Versorgungsanspruch erhalten sollte. Allein durch die Veränderung des Inhalts arbeitsrechtlicher Pflichten entsteht kein echtes Treuhandverhältnis. Mit den Beitragsleistungen zur Lebensversicherung erfüllte die Arbeitgeberin aus ihrem Betriebsvermögen ihre Pflichten aus dem arbeitsrechtlichen Versorgungsverhältnis.
d) Der Kläger hatte zwar einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts. Wenn die Arbeitgeberin jedoch diese arbeitsvertragliche Verpflichtung nicht erfüllt hat, obwohl sie es wollte, bleibt nur der schuldrechtliche Verschaffungsanspruch fortbestehen, der kein Aussonderungsrecht begründet.
2. Der Konkursverwalter tritt nach § 6 KO in die Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners aus dem Arbeitsverhältnis ein, so daß auch er verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer die zugesagte Altersversorgung zu verschaffen und sie nicht durch einen Widerruf des Bezugsrechts zu gefährden. Ein Verstoß gegen dieses arbeitsrechtliche Widerrufsverbot löst zwar eine Schadenersatzpflicht aus. Sie ist jedoch keine Masseschuld im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KO (BAG Urteil vom 26. Februar 1991 – 3 AZR 213/90 –, aaO, zu II 2 der Gründe, mit eingehender Begründung).
3. Auf § 82 KO kann der Kläger die hilfsweise geltend gemachte Klageforderung nicht stützen. Eine Eigenhaftung des Konkursverwalters nach § 82 KO kommt nur in Betracht, wenn der Konkursverwalter konkursspezifische Pflichten verletzt hat (BAG Urteil vom 26. Februar 1991, aaO, zu III der Gründe, m.w.N.). Die Gehaltsumwandlung ändert nichts daran, daß der beklagte Konkursverwalter durch den Widerruf des Bezugsrechts seiner konkursrechtlichen Pflicht nach § 117 Abs. 1 KO nachgekommen ist, nicht aus- oder absonderungsberechtigte Vermögensgegenstände der Konkursmasse zu erhalten und für die möglichst weitgehende, gleichmäßige Befriedigung der Konkursforderungen zu sorgen.
III. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß die unverfallbare Versorgungsanwartschaft des Klägers nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG insolvenzgeschützt ist. Trotz der Gehaltsumwandlung liegt eine betriebliche Altersversorgung in Form der Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 und des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BetrAVG vor (BAGE 65, 215, 218 ff. = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, zu I der Gründe). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Sie hat in der Literatur teils Zustimmung (vgl. u.a. Blomeyer, DB 1994, 882 ff.; Bode, DB 1994, 784 ff.; Diefenbach, BB 1993, 1445 ff. = BetrAV 1993, 161 ff.; Gerstenberg, BetrAV 1994, 120 ff.; Otto, EWiR 1991, 1163 f.; Steinmeyer, BB 1992, 1553 ff. = BetrAV 1992, 192 ff.), teils Ablehnung (vgl. u.a. Everhardt, DB 1994, 780 ff.; Paulsdorff, BetrAV 1991, 20 f.; Walther, BetrAV 1992, 254 f.; SAE 1992, 268 ff.) erfahren.
1. Die Gehaltsumwandlung ändert nichts daran, daß die gesetzlichen Merkmale einer betrieblichen Altersversorgung vorliegen. Wie der Senat im Urteil vom 26. Juni 1990 (BAGE 65, 215, 222 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, zu I 2c der Gründe) ausgeführt hat, gibt es kein weiteres einschränkendes ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal “zusätzlich zum Barlohn entrichtete, freiwillige Arbeitgeberleistung”. Ebensowenig verlangt der gesetzliche Begriff einer betrieblichen Altersversorgung, daß die Versorgungsrechte an die erbrachte oder noch zu erbringende Betriebstreue anknüpfen (vgl. BAG Urteil vom 8. Mai 1990 – 3 AZR 121/89 – AP Nr. 58 zu § 7 BetrAVG, zu I 2d der Gründe). Das BetrAVG hält zwar einen Schutz der Versorgungsanwartschaften erst ab einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit für zwingend erforderlich, schließt aber weitergehende, für den Arbeitnehmer günstigere arbeitsvertragliche Vereinbarungen nicht aus. Der Insolvenzschutz greift allerdings erst ab Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit ein. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.
2. Aus § 7 Abs. 2 Satz 3 in Verb. mit § 2 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG läßt sich entgegen der Auffassung von Everhardt (DB 1994, 780, 781) nicht ableiten, daß eine Direktversicherung, die auf einer Gehaltsumwandlung beruht, nicht insolvenzgeschützt sei.
Die Auffüllpflicht des Arbeitgebers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG bezieht sich auf den “vom Arbeitgeber zu finanzierenden Teilanspruch …, soweit er über die von dem Versicherer nach dem Versicherungsvertrag auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Versicherungsleistung hinausgeht”. In der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 7/1281, S. 25) heißt es hierzu:
“Bei der Berechnung des ratierlichen Anspruchs nach Absatz 1 sowie des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag, der bei der Ermittlung des gegen den Arbeitgeber gerichteten Anspruchs abzuziehen ist, sind jeweils nur die Teile der Ansprüche zu berücksichtigen, die vom Arbeitgeber zu finanzieren sind. Soweit der Arbeitnehmer seine betriebliche Altersversorgung mitfinanziert hat, bleibt sein Anteil unberührt und ist bei der Berechnung der Verpflichtungen des Arbeitgebers nicht zu berücksichtigen.”
Mit dieser Mitfinanzierung ist nur die unmittelbare Finanzierung gemeint, etwa durch Zahlungen des Arbeitnehmers, insbesondere nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BetrAVG). Nur eine Ermächtigung, Teile des nach wie vor geschuldeten Arbeitsentgelts einzubehalten und als Versicherungsprämie zu verwenden, läßt sich als derartige Finanzierung ansehen. Dagegen reicht eine mittelbare Finanzierung nicht aus, wie etwa der Abschluß eines Erlaßvertrages mit gleichzeitiger Versorgungszusage oder die Vereinbarung einer betrieblichen Altersversorgung statt eines höheren Gehalts (vgl. Blomeyer, DB 1994, 882 Fn. 9). Zutreffend weisen Höfer/Reiners/Wüst (BetrAVG, 3. Aufl., ART Rz 143) darauf hin, daß in diesen Fällen ein Teilanspruch auf Barlohn von vornherein in einen Anspruch auf arbeitgeberseitige Beitragszahlung zu einer Direktversicherung umgewandelt wird. Da der Arbeitnehmer insoweit keinen Barlohn mehr zu beanspruchen hat, finanziert er die Direktversicherung auch nicht durch einen “Eigenbeitrag” mit.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Da der Pensions-Sicherungs-Verein dem Streitverkünder (Kläger) beigetreten ist, bestimmt sich nach § 74 Abs. 1 ZPO das Verhältnis des Pensions-Sicherungs-Vereins zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention (Streithilfe). Der Streithelfer hat die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels nur dann zu tragen, wenn er allein es eingelegt und die unterstützte Partei sich nicht am Rechtsmittelverfahren beteiligt hat. Wenn auch die unterstützte Partei selbst das Rechtsmittel eingelegt hat, trägt sie allein die Rechtsmittelkosten (BGHZ 39, 296 ff.; BGHZ 49, 183, 195 f.). Nach § 101 Abs. 1 ZPO sind dem Streithelfer lediglich die durch seine Beteiligung verursachten besonderen Mehrkosten aufzuerlegen.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bröhl, Schwarze, Hauschild
Fundstellen
Haufe-Index 871619 |
JR 1996, 440 |
ZIP 1996, 965 |
AP, 0 |