Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsentgelt nach § 5 TVÜ-VKA. Berechnung des Vergleichsentgelts bei Überleitung eines Beschäftigten vom BAT in den TVöD. Ortszuschlagsberechtigung der anderen Person während unbezahlten Sonderurlaubs
Orientierungssatz
1. Für die Ortszuschlagsberechtigung der anderen Person nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA iVm. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT und damit die Zugrundelegung der Stufe 1 des Ortszuschlags bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts des Beschäftigten reichte es aus, dass die andere Person am Überleitungsstichtag 1. Oktober 2005 im öffentlichen Dienst stand und auf ihr Arbeitsverhältnis der BAT Anwendung fand.
2. Die andere Person war deshalb im Tarifsinne auch dann ortszuschlagsberechtigt, wenn sie aufgrund unbezahlten Sonderurlaubs im September und Oktober 2005 keine Vergütung und damit auch keinen Ortszuschlag erhalten hat.
3. Hat die andere ortszuschlagsberechtigte Person im September 2005 keine Bezüge erhalten, steht dem Beschäftigten unter den Voraussetzungen der Protokollerklärungen zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA der volle Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags als Besitzstandszulage zu.
Normenkette
BAT § 29 Abschn. B Abs. 5; ZPO § 256 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Juni 2008 – 11 Sa 332/07 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über die Berechnung des Vergleichsentgelts, das bei der Überleitung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom BAT in den TVöD zu bilden war.
Rz. 2
Der Kläger war bei der beklagten Stadt zunächst als Arbeiter beschäftigt. Nach seiner Übernahme ins Angestelltenverhältnis fand auf das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der für die Vereinigung kommunaler Arbeitgeber maßgeblichen Fassung Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifbindung nach den Vorschriften des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA).
Rz. 3
Auch die Ehefrau des Klägers steht im öffentlichen Dienst. Auf ihr Arbeitsverhältnis findet über den 30. September 2005 hinaus der BAT Anwendung. Vom 12. August 2002 bis zum 30. November 2005 hatte die Ehefrau des Klägers unbezahlten Sonderurlaub. Seit dem 1. Dezember 2005 arbeitet sie wöchentlich 19,25 Stunden und erhält von ihrem Arbeitgeber den Ehegattenortszuschlag der Stufe 2.
Rz. 4
Im TVÜ-VKA heißt es zur Bildung des Vergleichsentgelts ua.:
Ҥ 5 Vergleichsentgelt
(1) Für die Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle des TVöD wird für die Beschäftigten nach § 4 ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge gemäß den Absätzen 2 bis 7 gebildet.
(2) Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen setzt sich das Vergleichsentgelt aus der Grundvergütung, der allgemeinen Zulage und dem Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zusammen. Ist auch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt, wird nur die Stufe 1 zugrunde gelegt; findet der TVöD am 1. Oktober 2005 auch auf die andere Person Anwendung, geht der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlages in das Vergleichsentgelt ein. …
…”
Rz. 5
Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 31. März 2008 zum TVÜ-VKA (ÄTV Nr. 2) wurde § 5 TVÜ-VKA durch mehrere Protokollerklärungen zu Abs. 2 Satz 2 ergänzt. Diese haben, soweit für die Revision von Bedeutung, folgenden Wortlaut:
“1. Findet der TVöD am 1. Oktober 2005 für beide Beschäftigte Anwendung und hat einer der beiden im September 2005 keine Bezüge erhalten wegen Elternzeit, Wehr- oder Zivildienstes, Sonderurlaubs, bei dem der Arbeitgeber vor Antritt ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung anerkannt hat, Bezuges einer Rente auf Zeit wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Ablaufs der Krankenbezugsfristen, erhält die/der andere Beschäftigte zusätzlich zu ihrem/seinem Entgelt den Differenzbetrag zwischen dem ihr/ihm im September 2005 individuell zustehenden Teil des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und 2 des Ortszuschlags und dem vollen Unterschiedsbetrag als Besitzstandszulage.
2. Hat die andere ortszuschlagsberechtigte oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigte Person im September 2005 aus den in Nr. 1 genannten Gründen keine Bezüge erhalten, erhält die/der in den TVöD übergeleitete Beschäftigte zusätzlich zu ihrem/seinem Entgelt den vollen Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags als Besitzstandszulage.
…
4. Die Besitzstandszulage nach den Nrn. 1 und 2 … wird auf einen bis zum 30. September 2008 zu stellenden schriftlichen Antrag (Ausschlussfrist) vom 1. Juli 2008 an gezahlt. Ist eine entsprechende Leistung bis zum 31. März 2008 schriftlich geltend gemacht worden, erfolgt die Zahlung vom 1. Juni 2008 an.
5. In den Fällen der Nrn. 1 und 2 wird bei Stufensteigerungen und Höhergruppierungen der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf die Besitzstandszulage angerechnet. Die/Der Beschäftigte hat das Vorliegen der Voraussetzungen der Nrn. 1 und 2 nachzuweisen und Änderungen anzuzeigen. Die Besitzstandszulage nach den Nrn. 1 und 2 entfällt mit Ablauf des Monats, in dem die/der andere Beschäftigte die Arbeit wieder aufnimmt.”
Rz. 6
Die Beklagte unterrichtete den Kläger in einem Schreiben vom 24. Oktober 2005 über die Überleitung seines Arbeitsverhältnisses vom BAT in den TVöD und wies ua. darauf hin, dass die Beträge der Entgeltabrechnung unter dem Vorbehalt der Überprüfung stünden. Bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts des Klägers legte sie die Stufe 2 des Ortszuschlags zugrunde. Im April 2006 berechnete die Beklagte das für den Kläger maßgebliche Vergleichsentgelt neu. Sie stellte in die Neuberechnung die Stufe 1 des Ortszuschlags ein und ermittelte aufgrund des neu berechneten Vergleichsentgelts für die Monate Dezember 2005 bis März 2006 überzahlte Beträge in rechnerisch unstreitiger Höhe von monatlich 101,82 Euro brutto. Den sich für diese vier Monate ergebenden Gesamtbetrag iHv. 407,28 Euro brutto verrechnete die Beklagte mit den Vergütungsansprüchen des Klägers. Dagegen wandte sich der Kläger ohne Erfolg in einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 18. April 2006.
Rz. 7
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung des Vergleichsentgelts sei nicht die Stufe 1, sondern die Stufe 2 des Ortszuschlags zugrunde zu legen. Seine Ehefrau sei zum Zeitpunkt der Überleitung seines Arbeitsverhältnisses vom BAT in den TVöD nicht ortszuschlagsberechtigt gewesen. Während ihres unbezahlten Sonderurlaubs habe weder ein Anspruch auf Grundgehalt noch ein Anspruch auf Ortszuschlag bestanden.
Rz. 8
Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 407,28 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. November 2006 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. März 2006 hinaus Vergütung nach einem Vergleichsentgelt entsprechend § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA unter Zugrundelegung des Ortszuschlags der Stufe 2 zu zahlen.
Rz. 9
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Feststellungsantrag des Klägers sei mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Für den Fall, dass der Zahlungsklage stattgegeben werde, sei damit zwangsläufig die Feststellung eines fortlaufenden Anspruchs auf Vergütung verbunden, die dem Betrag nach den Ortszuschlag der Stufe 2 einschließe. Für die Frage, ob bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts der Ortszuschlag der Stufe 1 oder der Stufe 2 zugrunde zu legen sei, komme es nicht darauf an, ob die Ehefrau des Klägers am 1. Oktober 2005 tatsächlich Ortszuschlag erhalten habe. Maßgeblich sei, dass auf ihr Arbeitsverhältnis über September 2005 hinaus weiterhin die Vorschriften des BAT Anwendung gefunden hätten.
Rz. 10
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 11
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben sie deshalb zu Recht abgewiesen.
Rz. 12
I. Die Klage ist zulässig. Das für den vom Kläger zu Ziff. 2 geltend gemachten Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt entgegen der Ansicht der Beklagten vor. Die Leistungsklage zu Ziff. 1 umfasst nicht den nachfolgenden Zeitraum, für den der Kläger die Feststellung begehrt. Das angestrebte Urteil wäre trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Berechnung des Vergleichsentgelts endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern (Senat 18. Dezember 2008 – 6 AZR 890/07 – Rn. 11 mwN, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 14). Richtet sich die Feststellungsklage – wie vorliegend – gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, kann erwartet werden, dass diese einem gegen sie ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (BAG 29. September 2004 – 5 AZR 528/03 – mwN, BAGE 112, 112, 115).
Rz. 13
II. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht für die Monate Dezember 2005 bis März 2006 die beanspruchte weitere Vergütung iHv. 407,28 Euro brutto nicht zu. In die Berechnung des Vergleichsentgelts des Klägers war nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA der Ortszuschlag der Stufe 1 einzustellen. Deshalb ist auch die Feststellungsklage nicht begründet.
Rz. 14
1. § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA regelt, dass nur der Ortszuschlag der Stufe 1 zugrunde gelegt wird, wenn auch eine andere Person iSv. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt ist. Die Ehefrau des Klägers ist eine andere Person nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA iVm. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT. Ob eine andere Person nach diesen Vorschriften ortszuschlagsberechtigt ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen zum Überleitungsstichtag, dem 1. Oktober 2005. Das folgt aus dem Zweck der Überleitungsregelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA, die den Besitzstand der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten zum Überleitungsstichtag wahren soll (Senat 17. September 2009 – 6 AZR 481/08 – Rn. 16; 25. Juni 2009 – 6 AZR 72/08 – Rn. 18, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 15; 30. Oktober 2008 – 6 AZR 682/07 – Rn. 21, AP TVÜ § 5 Nr. 1 = EzA GG Art. 3 Nr. 107).
Rz. 15
2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Ehefrau des Klägers am 1. Oktober 2005 ortszuschlagsberechtigt war. Dafür ist maßgebend, dass sie an diesem Überleitungsstichtag im öffentlichen Dienst stand und auf ihr Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des BAT Anwendung fanden. Der Umstand, dass sie während ihres unbezahlten Sonderurlaubs vom 12. August 2002 bis zum 30. November 2005 weder Grundvergütung noch Ortszuschlag erhalten hat, hindert die Annahme der Ortszuschlagsberechtigung nicht.
Rz. 16
a) Allerdings ist der Wortlaut der tariflichen Regelung, von dem bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags zunächst auszugehen ist (st. Rspr., Senat 25. Oktober 2007 – 6 AZR 95/07 – Rn. 15 mwN, BAGE 124, 284), nicht eindeutig. Die Tarifvertragsparteien haben weder in § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA noch in § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT ausdrücklich festgelegt, ob die Ortszuschlagsberechtigung voraussetzt, dass die andere Person Ortszuschlag tatsächlich erhält. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch könnte der Tarifbegriff “ortszuschlagsberechtigt” auch so verstanden werden, dass die andere Person am Überleitungsstichtag nur dann ortszuschlagsberechtigt war, wenn ihr Arbeitgeber zur Zahlung von Ortzuschlag verpflichtet war. Berechtigung bedeutet ua., ein Recht oder einen Anspruch haben (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort “Berechtigung”; Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort “berechtigen”). Vom Wortsinn her lässt der Tarifbegriff “ortzuschlagsberechtigt” jedoch auch die Auslegung zu, dass es für die Ortzuschlagsberechtigung der anderen Person ausreicht, dass auf ihr Arbeitsverhältnis eine der in der Vorschrift genannten Regelungen Anwendung findet und ihr somit Ortszuschlag grundsätzlich zusteht.
Rz. 17
b) Aus der Systematik des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA, dem tariflichen Gesamtzusammenhang und der Tarifgeschichte wird deutlich, dass der Begriff “ortszuschlagsberechtigt” im letztgenannten Sinne zu verstehen ist.
Rz. 18
aa) In § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 TVÜ-VKA haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, dass der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrags zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags in das Vergleichsentgelt eingeht, wenn der TVöD am 1. Oktober 2005 auch auf die andere Person Anwendung findet. Mit der Formulierung “wenn der TVöD … Anwendung findet” haben sie für die Berechnung des Vergleichsentgelts nicht darauf abgestellt, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die andere Person am Überleitungsstichtag Anspruch auf Vergütung hatte. Sie haben es ausreichen lassen, dass sich das Arbeitsverhältnis der anderen Person am Überleitungsstichtag nach den Vorschriften des TVöD richtete. Dies rechtfertigt den Schluss, dass die Tarifvertragsparteien auch die Ortszuschlagsberechtigung der anderen Person nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA nicht an die tatsächliche Zahlung von Ortszuschlag am Überleitungsstichtag binden wollten, sondern nach ihrem Verständnis die andere Person ungeachtet einer tatsächlichen Zahlung von Ortszuschlag bereits dann ortszuschlagsberechtigt war, wenn auf ihr Arbeitsverhältnis am 1. Oktober 2005 eine der in § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 TVÜ-VKA genannten Regelungen Anwendung gefunden hat.
Rz. 19
bb) Hätten die Tarifvertragsparteien bei der Bildung des Vergleichsentgelts nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA hinsichtlich der Ortszuschlagsberechtigung der anderen Person auf die tatsächliche Zahlung von Ortszuschlag abstellen wollen, hätte es nahegelegen, auch dessen Höhe zu berücksichtigen. Davon haben die Tarifvertragsparteien des TVÜ-VKA jedoch abgesehen. Bei der Bildung des Vergleichsentgelts gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA ist deshalb der Ortszuschlag der Stufe 1 auch dann zugrunde zulegen, wenn der im Anwendungsbereich des BAT verbliebene Ehegatte des überzuleitenden Beschäftigten wegen einer Teilzeitbeschäftigung nur den entsprechend seiner Teilzeit gemäß § 34 BAT gekürzten Ortszuschlag beanspruchen kann (Senat 25. Oktober 2007 – 6 AZR 95/07 – BAGE 124, 284).
Rz. 20
cc) Gegen die Auffassung des Klägers, bei der Bildung des Vergleichsentgelts sei für die Zugrundelegung der Stufe 1 oder der Stufe 2 des Ortszuschlags maßgebend, ob die andere Person am Überleitungszeitpunkt Ortszuschlag tatsächlich erhalten hat, spricht ferner der Umstand, dass § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA, anders als die in § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA für kinderbezogene Entgeltbestandteile getroffene Besitzstandsregelung, nicht anordnet, dass der Ortszuschlag in der für September 2005 zustehenden Höhe “fortzuzahlen” ist. Mit den Wörtern “fortgezahlt” und “Besitzstandszulage” in § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA haben die Tarifvertragsparteien an die tatsächliche Zahlung im Bezugsmonat angeknüpft (vgl. Senat 18. Dezember 2008 – 6 AZR 287/07 – AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13). Eine solche Anknüpfung an eine tatsächliche Zahlung des Ortszuschlags kommt im Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA nicht zum Ausdruck.
Rz. 21
dd) Die Tarifgeschichte bestätigt das Auslegungsergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben in der mit dem ÄTV Nr. 2 eingefügten Protokollerklärung Nr. 2 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA bestimmt, dass die/der in den TVöD übergeleitete Beschäftigte zusätzlich zu ihrem/seinem Entgelt den vollen Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags als Besitzstandszulage erhält, wenn die andere ortszuschlagsberechtigte oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigte Person im September 2005 aus den in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA genannten Gründen keine Bezüge erhalten hat. Daraus wird das Normverständnis der Tarifvertragsparteien deutlich, dass die andere Person auch dann zum Überleitungszeitpunkt iSv. § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA iVm. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT ortszuschlagsberechtigt war, wenn sie wegen unbezahlten Sonderurlaubs keine Bezüge und damit auch keinen Ortzuschlag erhalten hat. Wäre der Tarifbegriff “ortszuschlagsberechtigt” gemäß der Auffassung des Klägers so auszulegen, dass die andere Person nur dann ortszuschlagsberechtigt war, wenn sie am Überleitungsstichtag Ortszuschlag tatsächlich zu erhalten hatte, wäre die in Form von Protokollerklärungen gefasste Tarifänderung nicht verständlich. Die Einräumung einer Besitzstandszulage in Höhe des vollen Unterschiedsbetrags zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags wäre zur Wahrung des Besitzstandes nicht erforderlich gewesen, wenn bereits bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts die Stufe 2 des Ortszuschlags zugrunde zu legen gewesen wäre.
Rz. 22
3. Auch dann, wenn der Sonderurlaub der Ehefrau des Klägers der Kinderbetreuung gedient hätte, wozu das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen hat, wäre der Berechnung des Vergleichsentgelts nicht der Ortszuschlag der Stufe 2 zugrunde zu legen. § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA ist in diesem Fall nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG iVm. Art. 6 GG unwirksam. Die in dieser Vorschrift geregelte Berechnung des Vergleichsentgelts führt typischerweise nicht dazu, dass am Überleitungsstichtag zum Zwecke der Kinderbetreuung gewährter Sonderurlaub auf Dauer eine gegen das allgemeine Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 GG verstoßende Lücke im Familieneinkommen zur Folge hat.
Rz. 23
a) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass die nicht unmittelbar grundrechtsgebundenen Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung gleichwohl den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten müssen und den Wertentscheidungen des Art. 6 GG zur Geltung zu verhelfen haben (18. Dezember 2008 – 6 AZR 287/07 – Rn. 21, AP TVÜ § 11 Nr. 2 mit Anm. Stein, der im Bereich des öffentlichen Dienstes für eine unmittelbare Anwendung des Art. 6 Abs. 1 GG eintritt = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13; 25. Oktober 2007 – 6 AZR 95/07 – BAGE 124, 284). Der Senat hat deshalb angenommen, dass die Regelung in § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA, die den Anspruch auf die kinderbezogene Besitzstandszulage allein davon abhängig machte, ob der in den TVöD übergeleitete kindergeldberechtigte Arbeitnehmer am Stichtag Entgelt bezog, die Belange von Ehe und Familie gleichheits- und sachwidrig außer Betracht ließ (18. Dezember 2008 – 6 AZR 287/07 – aaO). Ebenso wie der Ausschluss dieser Arbeitnehmer von der kinderbezogenen Besitzstandszulage führt allerdings auch die Zugrundelegung des Ortszuschlags der Stufe 1 zu einer Lücke im Familieneinkommen, wenn die andere ortszuschlagsberechtigte Person am Überleitungsstichtag unbezahlten Sonderurlaub zum Zwecke der Kinderbetreuung hatte. Im Unterschied zur Ausgrenzung der Arbeitnehmer bei der kinderbezogenen Besitzstandszulage handelt es sich jedoch regelmäßig nicht um eine permanente Lücke im Familieneinkommen. Die Lücke wird geschlossen, wenn die andere ortszuschlagsberechtigte Person nach der Beendigung des Sonderurlaubs, wie die Ehefrau des Klägers, von ihrem Arbeitgeber den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags in voller Höhe erhält.
Rz. 24
b) Die Annahme, dass die andere ortszuschlagsberechtigte Person ihre Tätigkeit wieder aufnimmt und damit das Familieneinkommen nicht auf Dauer vermindert wird, hält sich im Rahmen der Einschätzungsprärogative, die den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zukommt (vgl. Senat 18. Dezember 2008 – 6 AZR 287/07 – Rn. 21, AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13). Zwar mag in Einzelfällen Sonderurlaub zur Kinderbetreuung jahrelang gewährt werden oder die andere ortszuschlagsberechtigte Person ihre Tätigkeit nicht wieder aufnehmen. Die Tarifvertragsparteien hielten sich jedoch noch in den Grenzen zulässiger Typisierung, wenn sie für solche Fälle keine Ausnahmeregelung vorsahen.
Rz. 25
4. Die mit dem ÄTV Nr. 2 eingefügte Protokollerklärung Nr. 2 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA begründet die Klage nicht.
Rz. 26
a) Diese Bestimmung ordnet keine von § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA abweichende Berechnung des Vergleichsentgelts an, wenn der anderen ortszuschlagsberechtigten Person im September 2005 keine Vergütung gezahlt wurde. Sie begründet nur einen Anspruch auf eine Besitzstandszulage in Höhe des vollen Unterschiedsbetrags zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags, wenn die andere Person aus den in der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA genannten Gründen, zu denen, obwohl nicht ausdrücklich aufgeführt, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zur kinderbezogenen Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA (18. Dezember 2008 – 6 AZR 890/07 – EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 14) eventuell auch Sonderurlaub zur Kinderbetreuung zu zählen ist, im September 2005 keine Bezüge erhalten hat. Allerdings wird die Besitzstandszulage nach der Protokollerklärung Nr. 4 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA frühestens ab dem 1. Juni 2008 gezahlt. Dies schließt einen Anspruch des Klägers auf eine Besitzstandszulage iHv. 101,82 Euro brutto für Dezember 2005 aus.
Rz. 27
b) Für die anderen Monate des Klagezeitraums steht dem Kläger eine Besitzstandszulage auch deshalb nicht zu, weil seine Ehefrau am 1. Dezember 2005 ihre Arbeit wieder aufgenommen hat und die in der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA geregelte Besitzstandszulage gemäß Satz 3 der Protokollerklärung Nr. 5 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA mit Ablauf des Monats entfällt, in dem die/der andere Beschäftigte die Arbeit wieder aufgenommen hat.
Rz. 28
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Fischermeier, Brühler, Spelge, Gebert, D. Knauß
Fundstellen
NZA 2010, 599 |
ZTR 2010, 198 |
EzA-SD 2010, 12 |
öAT 2010, 15 |