Elternzeit ist nicht auf Stufenlaufzeit anrechenbar

Phasen der Elternzeit werden nach § 17 Abs. 3 S. 2 TVöD/TV-L nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet. Wie das BAG nun bestätigt, handelt es sich dabei weder um eine Diskriminierung wegen des Geschlechts noch um eine unzulässige Benachteiligung von Arbeitnehmern in Elternzeit.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Klage einer Beschäftigten abgewiesen, soweit es dieser um die Anrechnung von Zeiten der Elternzeit auf ihre Stufenlaufzeit ging.

Der Fall

Die Klägerin ist als „Sachbearbeiterin Leistungsgewährung SGB II“ im Anwendungsbereich des TVöD (VKA) beschäftigt. Ihre Tätigkeit übt sie seit dem 1.3.2006 aus, wobei sie bis zum 31.12.2016 noch nach der alten BAT-Regelung in die Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a eingruppiert war, was der „kleinen EG 9“ entsprach. Zum 1.1.2017 erfolgte zunächst die Überleitung in die Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) und gleichzeitig auf Grund eines rückwirkend gestellten Antrags der Beschäftigten die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9b TVöD (VKA).

Vor dem BAG stritten die Parteien darum, in welche Stufe die Beschäftigte ab dem 1.1.2017 zuzuordnen ist und wann eine höhere Stufe erreicht ist. Denn die Arbeitnehmerin befand sich in Elternzeit vom:

  • 15.1.2013 bis 9.11.2013 (circa 10 Monate)
  • 14.6.2016 bis 17.4.2017 (circa 10 Monate)
  • 21.2.2020 bis 18.1.2021 (circa 11 Monate)

Wie das BAG feststellt, hätten sich die Stufen der Arbeitnehmerin bei Außerachtlassung der Elternzeit wie folgt entwickelt:

  • Ab 1.3.2006: Stufe 1
  • Ab 1.3.2007: Stufe 2
  • Ab 1.3.2009: Stufe 3
  • Ab 1.3.2012: Stufe 4 (Dabei galt nach der alten Regelung die Besonderheit, dass die Stufe 5 erst nach 9 Jahren in der Stufe 4 erreicht wurde.)
  • Zum 1.1.2017: Überleitung in die EG 9a Stufe 5 (denn nach § 29c Abs. 3 S. 3 TVÜ-VKA wurden Beschäftigte in die Stufe 5 übergeleitet, wenn sie eine Stufenlaufzeit von 4 Jahren in der Stufe 4 bereits erfüllt hatten. Die Arbeitnehmerin hatte zum 1.1.2017 bereits 4 Jahre und 10 Monate in der Stufe 4 zurückgelegt.) Gleichzeitig Höhergruppierung in die EG 9b Stufe 5.

Lässt man hingegen die Zeiten in Elternzeit bei der Stufenlaufzeit außer Acht, ergibt sich folgender Verlauf:

  • Ab 1.3.2012: Stufe 4
    • 15.1.2013: Unterbrechung der Laufzeit mit 10 Monaten und 14 Tagen
    • 10.9.2013: Fortsetzung der Laufzeit
    • 14.6.2016: Unterbrechung der Laufzeit mit 3 Jahren, 5 Monaten und 18 Tagen
  • Zum 1.1.2017: Überleitung in die EG 9a Stufe 4 (denn die Arbeitnehmerin hatte am 1.1.2017 in der Stufe 4 eine Erfahrungszeit von weniger als 4 Jahren erworben) und Höhergruppierung in die EG 9b Stufe 4
  • Am 18.4.2017: Beginn der Stufenlaufzeit in der Stufe 4 (nach Rückkehr aus Elternzeit)
    • 21.2.2020: Unterbrechung der Laufzeit mit 2 Jahren, 10 Monaten und 3 Tagen
    • 18.1.2021: Fortsetzung der Laufzeit
  • Zum 1.3.2022: Stufenaufstieg in die Stufe 5

Bei einer vergleichenden Betrachtung wird deutlich, dass die Arbeitnehmerin im konkreten Fall auf Grund der gehemmten Stufenlaufzeit während der Elternzeiten also erst 5 Jahre und 2 Monate später die Stufe 5 in der Entgeltgruppe 9b erreichen konnte. Das BAG hat die Rechtmäßigkeit der Regelung allerdings bestätigt.

Keine Diskriminierung wegen des Geschlechts

Eine mittelbare Diskriminierung liegt nach Auffassung des BAG nicht vor, weil es an einer Vergleichbarkeit zwischen den aktiven Beschäftigten und den Beschäftigten in Elternzeit fehlt. Das BAG führt dazu aus: „Der Stufenaufstieg im TVöD knüpft in rechtlich zulässiger Weise an den Erfahrungsgewinn im aktiven Arbeitsverhältnis an. Bereits deswegen führt die Hemmung der Stufenlaufzeit für die Dauer der Elternzeit nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung. Während der Zeit, in der das Arbeitsverhältnis unter Suspendierung der beiderseitigen Hauptpflichten ruht, wird im Unterschied zur aktiven Tätigkeit keine Berufserfahrung gewonnen.“ Darüber hinaus weist das BAG darauf hin, dass Anknüpfungspunkt für die unterschiedliche Behandlung nicht das Geschlecht, sondern der fehlende Zuwachs an Erfahrungswissen ist.

Kein Verstoß gegen Benachteiligungsverbot

Ebenso bekräftigt das BAG seine Auffassung, dass die Regelung nicht gegen das Benachteiligungsverbot aus § 15 Abs. 2 S. 6 BEEG verstößt. Denn dieses verlangt nur, dass Arbeitnehmer die Rechte, die sie zu Beginn der Elternzeit bereits erworben hatten oder dabei waren zu erwerben, bis zum Ende der Elternzeit bestehen bleiben. Es soll also lediglich gewährleistet werden, dass sich Arbeitnehmer nach dem Ende der Elternzeit in derselben Situation befinden wie vor dieser Zeit. Die tarifliche Regelung steht damit nach Auffassung des BAG im Einklang: Denn diese stellt sicher, „dass die vor Beginn der Elternzeit absolvierte Stufenlaufzeit erhalten bleibt und nach Wiederaufnahme der Tätigkeit nahtlos fortgesetzt wird. Nur die Zeit der Elternzeit selbst wird auf die Stufenlaufzeit nicht angerechnet. Damit befinden sich die Beschäftigten im Anschluss an die Elternzeit im Hinblick auf die Stufenlaufzeit in derselben Situation wie vor der Elternzeit.

Dem steht auch der Neubeginn der Stufenlaufzeit nach der Höhergruppierung nicht entgegen. Denn bei der bloßen Überleitung in die Entgeltgruppe 9a (Stufe 4) wäre der Arbeitnehmerin auf Grund der Überleitungsregelung die bisher erworbene Stufenlaufzeit erhalten geblieben (vgl. § 29c Abs. 3 S. 1 TVÜ-VKA). Mit der Höhergruppierung endet jedoch diese Schutzwirkung, denn es bestehen in der höheren Entgeltgruppe keine Erfahrungszeiten. Diesbezüglich liegen also keine Rechte vor, die der Arbeitnehmer vor Beginn der Elternzeit „dabei war zu erwerben“, wie das BAG betont.

Somit hat die Arbeitnehmerin in der Entgeltgruppe 9b tatsächlich erst zum 1.3.2022 die Erfahrungsstufe 5 erreicht.

(BAG, Urteil v. 22.2.2024, 6 AZR 126/23)

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