Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn und Ende der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst

 

Normenkette

BAT § 15 Abs. 7

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 31.08.1988; Aktenzeichen 3 Sa 26/88)

ArbG Stuttgart (Urteil vom 22.01.1988; Aktenzeichen 7 Ca 321/87)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31. August 1988 – 3 Sa 26/83 – unter Zurückweisung der Revision im übrigen teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22. Januar 1988 – 7 Ca 321/87 – wird zurückgewiesen.

3. Auf die Berufung des Klägers wird das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und klarstellend insgesamt neu gefaßt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 747,63 brutto nebst 4 % Zinsen aus den sich aus den nachfolgenden Bruttobeträgen ergebenden Nettobeträgen zu zahlen, und zwar aus DM 701,53 brutto seit dem 7. September 19877 und aus DM 46,10 brutto seit dem 1. Oktober 1987.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Widerklage wird abgewiesen.
  4. Die Beklagte hat die kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit des Klägers.

Der Kläger ist als Krankenpfleger im K. hospital der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) kraft Tarifbindung Anwendung, dessen § 15 in den für den Streitfall maßgebenden Bestimmungen u.a. folgenden Wortlaut hat:

„Regelmäßige Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich.

(7) Die Arbeitszeit beginnt und endet an der Arbeitsstelle, bei wechselnden Arbeitsstellen an der jeweils vorgeschriebenen Arbeitsstelle oder am Sammelplatz.

…”

Protokollnotiz zu Abs. 7:

„Der Begriff der Arbeitsstelle ist weiter als der Begriff des Arbeitsplatzes. Er umfaßt z.B. die Dienststelle oder den Betrieb, während unter dem Arbeitsplatz der Platz zu verstehen ist, an dem der Angestellte tatsächlich arbeitet.”

Das K. hospital besteht aus mehreren Gebäuden, die organisatorisch in Kliniken, Abteilungen und Institute untergliedert sind. Der Gesamtkomplex findet sich, mit Ausnahme der Gebäude an der K. straße, auf einem ca. 10 ha umfassenden, eingezäunten Gelände, das von den Mitarbeitern durch eine Pforte an der J. straße oder an der K. straße betreten wird. Weiter ist ein verschlossener, unbewachter Seiteneingang vorhanden, für den die Mitarbeiter auf Antrag einen Schlüssel erhalten. Dieser Eingang wird vornehmlich von den Bewohnern des angrenzenden Wohnheims in der K. straße benutzt.

Der Kläger ist auf der Kardiologischen Intensivstation M 3 im vierten Obergeschoß des Gebäudes 5 tätig, die eine Sondereinrichtung des „Zentrums für Innere Medizin” darstellt. Diese Station erstreckt sich über ein Stockwerk und umfaßt in 12 Zimmern 14 Betten für Intensivpatienten und 18 Betten für überwachungspatienten. Zu Dienstbeginn betritt der Kläger durch die Pforte an der J. Straße das eingezäunte Gelände. Er geht zunächst zu dem ihm zugeordneten Umkleideraum im vierten Obergeschoß des Wirtschaftsgebäudes (Gebäude 12). Dort kleidet er sich um. Anschließend wechselt der Kläger in das Gebäude 5 und erreicht seine Station unter Benutzung des Lastenaufzugs. Dort begibt er sich in das Pflegezimmer zur sog. Schichtübergabe. Herbei werden die einzelnen Mitarbeiter zum Dienst an den zu betreuenden Patienten eingeteilt, bei den Intensivpatienten in der Weise, daß dem Pfleger zwei bis drei bestimmte Patienten zugewiesen werden. Der Kläger benötigt für den Weg von der Pforte bis zum Betreten des Pflegezimmers einschließlich der Umkleidezeit sieben Minuten.

Der Kläger hat gemeint, seine Arbeitszeit beginne und ende jeweils im Zeitpunkt des Durchschreitens der Pforte an der J. straße. Die Beklagte sei verpflichtet, die Wege- und Umkleidezeit als Arbeitszeit zu behandeln. Da nach dem Dienstplan der Station M 3 die tägliche Arbeitszeit mit dem Betreten der Station beginne und mit deren Verlassen ende, habe er täglich 14 Minuten „Überarbeitszeit” geleistet, die noch zu vergüten seien. Jedenfalls sei die Zeit vom Umkleiden bis zum Eintreffen im Pflegezimmer Arbeitszeit.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 747,85 brutto nebst 4 % Zinsen aus den Nettobeträgen zu zahlen, die sich aus den nachfolgenden Bruttobeträgen ergeben,

aus DM 59,44 brutto seit 16. November 1986,

aus DM 89,17 brutto seit 16. Dezember 1986,

aus DM 112,68 brutto seit 16. Januar 1987,

aus DM 97,31 brutto seit 16. Februar 1987,

aus DM 92,19 brutto seit 16. März 1987,

aus DM 122,92 brutto seit 16. April 1987,

aus DM 128,04 brutto seit 16. Mai 1987,

aus DM 46,10 brutto seit 16. Juni 1987,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 533,74 brutto nebst 4 % Zinsen aus den Nettobeträgen zu zahlen, die sich aus den nachfolgenden Bruttobeträgen ergeben,

aus DM 42,46 brutto seit 16. November 1986,

aus DM 63,69 brutto seit 16. Dezember 1986,

aus DM 80,34 brutto seit 16. Januar 1987,

aus DM 69,36 brutto seit 16. Februar 1987,

aus DM 65,85 brutto seit 16. März 1987,

aus DM 87,80 brutto seit 16. April 1987,

aus DM 91,31 brutto seit 16. Mai 1987,

aus DM 32,93 brutto seit 16. Juni 1987.

Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. widerklagend festzustellen, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Wegezeit des Klägers als Arbeitszeit zu berücksichtigen, die dieser nach dem 30. Juni 1987 benötigt, um nach dem Betreten des Dienststellengeländes zur Kardiologischen Intensivstation M 3 zu gelangen.

Sie hat gemeint, die Arbeitszeit des Klägers beginne erst auf der Intensivstation M 3 des K. hospitals.

Der Kläger hat unter Berufung auf sein Klagevorbringen die Abweisung der Widerklage beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und unter Abweisung der Widerklage im übrigen festgestellt, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Wegezeit als Arbeitszeit zu berücksichtigen, die der Kläger nach dem 30. Juni 1987 benötigt, um nach dem Betreten des Dienststellengeländes des K. hospitals … zum Wirtschaftsgebäude zu gelangen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten festgestellt, daß die Arbeitszeit des Klägers an der Kardiologischen Intensivstation beginnt. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Dem Kläger steht die zuletzt geltend gemachte Forderung mit Ausnahme geringfügiger Zinsansprüche zu, während die Widerklage der Beklagten unbegründet ist.

I. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Arbeitszeit des Klägers beginne an seiner Station. Die Begriffe Arbeitsplatz, Arbeitsstelle und Betrieb/Dienststelle seien entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht synonym. Ihnen komme in Bezug auf das Ziel, abstrakt generell den Punkt zu bestimmen, an dem die Arbeitszeit beginne, jeweils eigenständige Bedeutung zu. Maßgebender „Zentral”-Begriff sei der der Arbeitsstelle. Der des Arbeitsplatzes wie auch der des Betriebes/der Dienststelle dienten der Abgrenzung. Einerseits sei der Arbeitsplatz, also der Ort, an dem der Angestellte tatsächlich arbeite, zu eng, während andererseits der Betrieb die äußerste Grenze der Arbeitsstelle darstelle. Er umfasse dieselbe zwar stets, sei jedoch nicht immer mit ihr identisch. Die Protokollnotiz enthalte in diesem Punkt eine an sich überflüssige Klarstellung. Sie sage zum Begriff der Arbeitsstelle, er umfasse z.B. die Dienststelle oder den Betrieb. Sei der Begriff Betrieb/Dienststelle aber lediglich eine beispielhafte Anführung, um die äußerst mögliche Weite der Arbeitsstelle zu erhellen, müsse es bereits sprachlicher Logik entsprechend noch andere Fallgestaltungen geben, nämlich solche, in denen die Arbeitsstelle eine weniger umfassende organisatorische Einheit als die des Betriebs/der Dienststelle bilde. Daraus werde zugleich deutlich, daß die Arbeitsstelle eine den Arbeitsplatz des jeweiligen Angestellten umschließende organisatorische Einheit sei, die – bezogen auf ihre Funktion, in abstrakt genereller Weise der Punkt zu bestimmen, an dem die Arbeitszeit des einzelnen Angestellten beginne – äußerstenfalls die andere Seite der organisatorischen Einheit Betrieb/Dienststelle darstelle. Bildhaft gesprochen handele es sich um drei konzentrische Kreise (Arbeitsplatz, Arbeitsstelle, Betrieb/Dienststelle), wobei die Radien des zweiten und dritten Kreises gleich sein könnten. Dies sei nicht der Fall, wenn der Betrieb/die Dienststelle mehrere organisatorische Einheiten umfasse, in denen je ein bestimmter eigenständiger arbeitstechnischer Zweck verfolgt werde, der sich bezogen auf der Betrieb/die Dienststelle als arbeitstechnischer Teil/Zweck darstelle oder in Hinsicht auf den arbeitstechnischen End-Zweck als eigenständiger Vor- oder Zwischen-Zweck erscheine. Gehe man mit dem Kläger davon aus, als Betrieb/Dienststelle sei das K. hospital als solches anzusehen, so sei die für ihn maßgebende Arbeitsstelle nicht das „Zentrum für Innere Medizin”, sondern die Sondereinrichtung Kardiologische Intensivstation. Bei ihr handele es sich um eine abgegrenzte organisatorische Einheit, innerhalb derer mit Hilfe der dort eingesetzten Mitarbeiter bestimmte (medizinische) Zwecke fortgesetzt verfolgt werden.

II. Diese Tarifauslegung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats zum Begriff der Arbeitsstelle im Sinne des § 15 Abs. 7 BAT (Senatsbeschluß vom 29. April 1982 – 6 ABR 54/79 – AP Nr. 4 zu § 15 BAT; Senatsurteil vom 15. September 1988 – 6 AZR 637/86BAGE 59, 335 = AP Nr. 12 zu § 15 BAT), an der der Senat nach nochmaliger Überprüfung der Rechtslage festhält.

1. Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 29. April 1982 (a.a.O.) und vom 15. September 1988 (a.a.O.) ausgeführt, nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 15 Abs. 7 BAT und seiner Protokollnotiz hätten die Tarifvertragsparteien den Begriff der Arbeitsstelle dem des Arbeitsplatzes nicht gleichsetzen wollen. Deshalb scheide für den Beruf der Krankenschwester und des Krankenpflegers die Bestimmung des Arbeitsplatzes „Station” als Arbeitsstelle aus. Statt dessen gelte es, eine andere räumliche Grenze bzw. räumliche Einheit als Arbeitsstelle zu bestimmen, die dem Wortlaut der Protokollnotiz zu Abs. 7, dem Sinn und Zweck des Tarifes, seinem Gesamtzusammenhang und gegebenenfalls seiner Geschichte und der tariflichen Übung gerecht werde. Die nächste gegenüber anderen Einheiten abgrenzbare räumliche Einheit, die den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien entsprechen könnte, sei das Gebäude, in dem sich der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers befinde. Diese vom Schrifttum bevorzugte und als zwingend angesehene Bestimmung der Arbeitsstelle sei auch nach Auffassung des Senats dann zutreffend, wenn Dienststelle und Betrieb aus einem geschlossenen Gebäudekomplex beständen. Sie werde der Formulierung in Satz 2, 1. Halbsatz der Protokollnotiz auch dann noch gerecht, wenn Betrieb und Dienststelle in mehreren, verschiedenen, vielleicht sogar weit auseinanderliegenden selbständigen geschlossenen Gebäuden untergebracht seien. Mit diesen Überlegungen anhand gerichtsbekannter Unterbringung öffentlicher Verwaltungen erkläre sich zwanglos die Verwendung der Abkürzung „z.B.”. Sie besage, daß auch Teile einer einheitlichen Dienststelle oder eines Betriebes als tarifliche Arbeitsstelle gemäß § 15 Abs. 7 BAT angesehen werden könnten. Die Bestimmung des Gebäudes, in dem sich der Arbeitsplatz der Arbeitnehmer befinde, als Arbeitsstelle im Sinne des § 15 Abs. 7 BAT sei bei einer Wortlautinterpretation aber dann nicht mehr zwingend, wenn die Dienststelle oder der Teil der Dienststelle in einem oder in mehreren einander zugeordneten Häusern, die auf einem abgeschlossenen, umfriedeten Betriebsgelände zu finden sind, untergebracht sei. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Tarifvertragsparteien auch für diese Fallgestaltung das den Arbeitsplatz umschließende Gebäude genannt hätten. Der Rückgriff auf die Abkürzung „z.B.” auch in diesem Zusammenhang sei denktheoretisch möglich, werde aber dem Sinn und Zweck und dem tariflichen Gesamtzusammenhang nicht gerecht. Die Tarifvertragsparteien hätten mit der Trennung der Begriffe „Arbeitsplatz” und „Arbeitsstelle” in der Protokollnotiz geregelt, daß ein Teil der tariflich zu vergütenden Arbeitszeit Wegezeit darstelle, nämlich die auf dem Weg von der Arbeitsstelle zum Arbeitsplatz verbrachte Zeit. Diese Wegezeit könne in vielen Fällen zeitlich unbedeutend sein. Sie erfordere in großen Gebäudekomplexen mit langen Wegen häufig einen Zeitraum von einigen Minuten bei Dienstbeginn und Dienstende, in dem der Arbeitgeber auf die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht zurückgreifen und der Arbeitnehmer die eigentliche Arbeitsleistung nicht erbringen könne. Dennoch bekomme er nach dem tariflichen System dafür Vergütung wie für seine Arbeit. Diese im Tarif angelegte Vergütungspflicht der öffentlichen Arbeitgeber für Wegezeiten gelte auch bei längeren Wegen, wenn der Arbeitgeber – aus welchen Gründen auch immer – aufgrund seiner Organisationsbefugnis seine aus einem oder mehreren nebeneinander liegenden Gebäuden bestehende Dienststelle mit einer Einfriedung umgebe und die Arbeitnehmer auf diese Weise zwinge, bestimmte Eingänge zu benutzen und jedenfalls in einer Vielzahl von Fällen längere Wege in Kauf nehmen zu müssen. Unter diesen Voraussetzungen finde eine restriktive Interpretation des Begriffs Arbeitsstelle auf das den Arbeitsplatz enthaltende Gebäude im Tarif keine Stütze. Dann sei das eingefriedete Dienststellengelände maßgeblich. Diese Auslegung führe nicht zu willkürlichen und ungerechten Ergebnissen, auch wenn diese Rechtsprechung zur Folge habe, daß durch die unterschiedliche Dauer der Wegezeit, bedingt durch die verschiedenen Entfernungen und die individuellen körperlichen Leistungsfähigkeiten, die Zeiten der eigentlichen Arbeitsleistung individuell verschieden sein können. Diese Folge trete aber auch bei der Bestimmung eines Gebäudes oder einer anderen räumlichen Grenze als Arbeitsstelle ein. Dieses vom Schrifttum als ungerecht empfundene Ergebnis sei aber allein in der von den Tarifvertragsparteien bestimmten und gewollten Verlagerung des Beginns und des Endes der Arbeitszeit vom Arbeitsplatz auf die Arbeitsstelle begründet.

2. Diese Rechtsprechung hat Zustimmung (vgl. Pieper, Der Personalrat 1989, 353 ff.), aber auch Kritik erfahren (Kiefer, ZTR 1989, 68 ff.; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Januar 1990, § 15 Erl. 20 a.E.). Kiefer und ihm folgend Clemens u.a. werfen dem Senat eine Auslegung gegen der Wortlaut des Tarifvertrages unter Mißachtung des Gesamtzusammenhangs, der Tarifübung und der Praktikabilität vor. Nach ihrer Auffassung folge aus dem Wortlaut der Protokollnotiz nur, daß es neben Dienststelle und Betrieb eine beliebig große Anzahl von anderen Einheiten gebe, die als Arbeitsstelle anzusehen seien. So könnten auch Teile einer Dienststelle oder eines Betriebes als Arbeitsstelle im Sinne des Tarifvertrages angesehen werden. Es liege nahe, anhand des Begriffs „Dienststelle” den maßgeblichen Sinn der Erklärung des Tarifvertrages zu erforschen. Dienststelle in diesem Sinne sei eine Organisationseinheit, die nach außen erkennbar für die öffentliche Hand selbständig handelnd in Erscheinung trete. Es handele sich also um einen verwaltungsorganisatorischen Begriff. Der Fehler des Senats liege darin, daß nach dem Arbeitsplatz die nächste abgrenzbare Einheit im Sinne der Arbeitsstelle das Gebäude sei, in dem sich die Dienststelle befinde. Dienststelle könne nicht mit einem oder mehreren Gebäuden gleichgesetzt werden, sondern sei ein von der Baulichkeit zunächst völlig unabhängiger Begriff. Erst wenn die Dienststelle als organisatorische Einheit abgegrenzt sei, lasse sich die Frage der räumlichen Unterbringung und damit die Bestimmung der Grenze der Arbeitsstelle treffen. Es werde sich in aller Regel ergeben, daß nicht der Gebäudekomplex, in dem die Behörde untergebracht sei, sondern eine räumliche Einheit Arbeitsstelle im Tarifsinne sei, die „in einem überschaubaren räumlichen Umgriff” um den eigentlichen Arbeitsplatz liege. Sollte danach in einem Krankenhaus die Station nicht als Arbeitsstelle angesehen werden können, dann sei Arbeitsstelle immer noch nicht das Krankenhaus, sondern allenfalls die jeweilige Abteilung. Das Dienststellengelände sei in keinem Fall Arbeitsstelle. Dafür gebe der Tarifvertrag von seinem Wortlaut her nicht den geringsten Anhalt. Das lasse sich auch nicht mit dem Argument aushebeln, daß der Tarifvertrag „Wegezeit” in die Arbeitszeit einbeziehe, nämlich die Zeit vom Betreten der Arbeitsstelle bis zum Erreichen des Arbeitsplatzes. Der Senat habe sicher Recht, daß wenige Minuten, die gegebenenfalls im Gebäude noch zurückzulegen seien, in die Arbeitszeit einbezogen werden müßten. Das könne aber nicht zu dem Schluß führen, daß auch dann, wenn nach dem Passieren eines Tores zunächst der Wagen auf einem zentralen Parkplatz abgestellt und ein Fußmarsch von mehreren Minuten bis zur Dienststelle zurückgelegt werde, alle diese Zeiten ab dem Tor nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ebenso als Wegezeit in die Arbeitszeit einbezogen sein sollten. Wenn auch Wegezeiten in einem umfriedeten Gelände in die Arbeitszeit eingerechnet werden sollten, müßte das im Tarifvertrag schon einen deutlichen Ausdruck gefunden haben. So ergebe die Wortauslegung, daß die Arbeitsstelle zwar einen räumlich weiteren Bereich als den Arbeitsplatz umfasse, sich jedoch auf einen vernünftig abgegrenzten räumlichen Umkreis dieses Arbeitsplatzes beschränke. Die weiteren methodischen Auslegungsmittel bestätigten dieses Ergebnis. Die Senatsrechtsprechung mißachte eine 20-jährige Tarifübung, lasse das Ringen der Tarifvertragsparteien bei der Arbeitszeitverkürzung um Minuten außer acht und führe letztlich zu einer unvernünftigen, nicht sachgerechten und praktisch nicht brauchbaren Regelung.

Dem hat sich die Beklagte mit ähnlichen Argumenten angeschlossen.

3. Die von den öffentlichen Arbeitgebern geübte Kritik gibt dem Senat keine Veranlassung, von seiner Rechtsprechung abzuweichen. Der Senat nimmt den Streitfall allerdings zum Anlaß, durch ergänzende Ausführungen seine in den Entscheidungen vom 29. April 1982 (a.a.O.) und 15. September 1988 (a.a.O.) dargelegte Rechtsauffassung weiter zu verdeutlichen.

a) Arbeitsplatz und Arbeitsstelle sind nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Protokollnotiz zu § 15 Abs. 7 BAT nicht identisch. Davon geht auch das Landesarbeitsgericht zu Recht aus. Der Begriff der Arbeitsstelle ist weiter als der Begriff des Arbeitsplatzes, worunter der Platz zu verstehen ist, an dem „tatsächlich gearbeitet” wird. Daraus folgt zugleich, daß im Geltungsbereich des Bundes-Angestelltentarifvertrages die zu vergütende Arbeitszeit nicht vom Beginn bis zum Ende der eigentlich geschuldeten Arbeit rechnet, sondern stets eine näher zu bestimmende Zeit in die Arbeitszeit eingerechnet werden muß, die die Angestellten des öffentlichen Dienstes von der äußeren Grenze der Arbeitsstelle zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes und umgekehrt benötigen. Das entspricht dem Willen der Tarifvertragsparteien seit 1961, wie er dem Wortlaut der Protokollnotiz zu entnehmen ist und wie er auch von den öffentlichen Arbeitgebern zugestanden wird (vgl. Clemens, Anm. zu AP Nr. 4 zu § 15 BAT).

b) Die Tarifbegriffe Arbeitsplatz und Arbeitsstelle beschreiben räumliche Einheiten. Das hat den Senat veranlaßt, ihren Inhalt unter Zuhilfenahme räumlich vorhandener Grenzen zu bestimmen. Dabei hat sich der Senat dem Gebäude und der Geländeeinfriedung zugewandt. Das ist u.a. darin begründet, daß kleinere räumliche Einheiten zwischen Station und Gebäude wie ein Flur, ein Stockwerk, ein Hausflügel u.a. in den bisherigen Streitfällen nicht angesprochen wurden und im Schrifttum vorrangig das Gebäude als denkbare Grenze der Arbeitsstelle im Gegensatz zur Einfriedung angesehen wurde. Die daran geäußerte Kritik (vgl. neben Kiefer – a.a.O. – auch Behder, ZTR 1988, 171) ist gleichwohl im Ausgangspunkt berechtigt. Die Tarifauslegung hat mit einer funktionalen Betrachtungsweise der Begriffe unter Einschluß der im Beispiel genannten Dienststelle und Betrieb zu beginnen, auch wenn sich die Zuhilfenahme räumlicher Begriffe als unverzichtbar erweist.

c) Der Senat ist in der Vergangenheit ohne weitere Begründung davon ausgegangen, die Tarifvertragsparteien hätten in der Protokollnotiz mit den Begriffen Dienststelle und Betrieb die Begriffe verwandt, die im Personalvertretungsrecht und im Betriebsverfassungsrecht darunter verstanden werden (vgl. BAG Urteil vom 15. September 1988, a.a.O., zu II 2 c bb der Gründe). Das ist zumindest für den Begriff der Dienststelle nicht zwingend.

(1) Der Betrieb wird im Arbeitsrecht einheitlich definiert. Darunter ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (vgl. Senatsbeschluß vom 7. August 1986 – 6 ABR 57/85BAGE 52, 325 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrVG 1972; Senatsbeschluß vom 25. September 1986 – 6 ABR 68/84BAGE 53, 119 = AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972 und Senatsbeschluß vom 29. Januar 1987 – 6 ABR 23/85 – AP Nr. 6 zu § 1 BetrVG 1972).

(2) Der in den verschiedensten Gesetzen verwandte Begriff der Dienststelle hat jedoch nicht stets denselben Inhalt. Im Besoldungs- und Disziplinarrecht versteht das Bundesverwaltungsgericht unter einer Dienststelle die den Dienstposten des Beamten einschließende – regelmäßig eingerichtete – kleinste organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheit, der ein örtlich und sachlich bestimmtes (Teil-)Aufgabengebiet zugewiesen ist, wobei eine, wenn auch nur geringfügige, organisatorische Abgrenzbarkeit genügt. Auf die Zahl der dort Beschäftigten oder eine rechtliche Verselbständigung kommt es nicht an (BVerwGE 27, 41, 44; 34, 42, 44; 43, 323, 329 ff.). Auch das Bundesarbeitsgericht entwickelte sinngemäß die vorstehende Begriffsbildung für den vergütungsrechtlichen Dienststellenbegriff im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes (BAG Urteil vom 11. Juni 1963 – 4 AZR 189/62 – AP Nr. 1 zu § 26 MTB). Im personalvertretungsrechtlichen Sinne bezeichnet das Bundesverwaltungsgericht eine Dienststelle als eine tatsächlich organisatorisch verselbständigte Verwaltungseinheit, der ein örtlich und sachlich bestimmtes Aufgabengebiet zur Wahrnehmung zugewiesen ist und die ihren inneren Betriebsablauf eigenverantwortlich bestimmt (BVerwG Beschluß vom 6. April 1984 – 6 P 39.83 – Buchholz 238.36 Nr. 4 zu § 78 Nds PersVG; Beschluß vom 13. August 1986 – 6 P 7.85 – Buchholz 238.31 Nr. 3 zu § 9 BaWü PersVG. In diesem Sinn hat das Bundesverwaltungsgericht auch den Dienstbehördenbegriff im Sinne von § 12 Abs. 2 BAT verstanden (Beschluß vom 6. April 1984 – 6 P 39.83 –, a.a.O.; mißverständlich BAG Urteil vom 21. Juni 1978 – 4 AZR 816/76 – AP Nr. 3 zu § 25 BAT). Der in den kündigungsrechtlichen Vorschriften wie § 1 Abs. 2 Nr. 2 b KSchG und § 17 Abs. 1 SchwbG genannte Dienststellenbegriff wird sowohl in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, als auch im arbeitsrechtlichen Schrifttum im Sinne der personalvertretungsrechtlichen Begriffsbildung definiert (BAGE 3, 155 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG; KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 81; KR-Etzel, a.a.O., §§ 15 – 20 SchwbG Rz 68).

d) Die Tarifvertragsparteien haben nicht erläutert, von welchem Dienststellenbegriff sie in der Protokollnotiz zu § 15 Abs. 7 BAT ausgegangen sind. Wortlaut und Gesamtzusammenhang geben keinen eindeutigen Aufschluß. Da mit dem Regelungszweck, der Festlegung des Beginns und des Endes der Arbeitszeit, auch die Höhe der Vergütung berührt wird, könnte es nahe liegen, den engeren Dienststellenbegriff des Besoldungs- und Vergütungsrechts anzunehmen. Da aber die Festlegung des Beginns und des Endes der Arbeitszeit ein typischer Tatbestand ist, der der Mitwirkung der Personalvertretung und des Betriebsrats unterliegt, läßt sich mit dem Regelungszweck auch der personalvertretungsrechtliche Dienststellenbegriff zugrunde legen. Der Senat hält letzteres für zutreffend. Das Begriffspaar der erläuternden Protokollnotiz „Dienststelle oder Betrieb” kann nicht unterschiedlich bestimmt werden (so im Ausgangspunkt zutreffend Kiefer, a.a.O., S. 69, rechte Spalte). Da der Begriff des Betriebs im Arbeitsleben stets die gesamte organisatorische Einheit bezeichnet, kann für den Dienststellenbegriff, der mit dem Betriebsbegriff grammatikalisch und systematisch zusammengenannt wird, keine kleinere Einheit gemeint sein, die für bestimmte Rechtsmaterien anderer Art wie das Besoldungs- und Vergütungsrecht und das Disziplinarrecht angenommen worden ist. Vielmehr gilt auch insoweit der weitere Begriff, der für das Personalvertretungsrecht verwandt wird. Der umgekehrte Weg, wie ihn Kiefer (a.a.O., S. 69, rechte Spalte) für richtig hält, von dem engeren Dienststellenbegriff auszugehen, wie er in Teilen des Beamtenrechts verstanden wird, und den Betriebsbegriff entsprechend anzupassen, setzt voraus, daß die Tarifvertragsparteien einen vom allgemeinen Arbeitsleben abweichenden Betriebsbegriff schaffen wollten. Davon kann nicht ausgegangen werden. Denn wenn die Tarifvertragsparteien ohne weitere Erläuterung einen in der Rechtssprache geläufigen Begriff nutzen, so muß davon ausgegangen werden, daß sie ihn im allgemein anerkannten Sinn verstanden wissen wollen (BAG Urteil vom 5. Februar 1971 – 4 AZR 66/70 – AP Nr. 120 zu § 1 TVG Auslegung; Senatsurteil vom 24. März 1988 – 6 AZR 525/84 – AP Nr. 10 zu § 47 BAT; Senatsurteil vom 10. Mai 1989 – 6 AZR 660/87 – NZA 1989, 759).

e) Mit dieser Inhaltsbeschreibung der Begriffe Dienststelle und Betrieb steht nach dem Wortlaut des Tarifvertrages fest, daß die Arbeitsstelle auch das gesamte Dienststellen- oder Betriebsgelände umfassen kann (so auch Behder, a.a.O.). Nur wer einen engeren Dienststellen- und Betriebsbegriff zugrunde legt, kann die Auffassung vertreten, der Tarifvertrag gebe von seinem Wortlaut her nicht den geringsten Anlaß dafür, daß mit der Dienststelle auch das Gelände gemeint sei (Kiefer, a.a.O., S. 70, linke Spalte oben).

f) Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 15. September 1988 (a.a.O.) dargelegt, die Tarifvertragsparteien hätten durch die Verwendung der Abkürzung „z.B.” klargestellt, auch kleinere Einheiten als die Dienststelle könnten als Arbeitsstelle angesehen werden. Er hat durch seine Beispiele deutlich gemacht, dabei an räumlich-organisatorisch selbständige Teile von Dienststellen oder Betrieben zu denken. Dem hat sich das Landesarbeitsgericht mit seiner bildhaften Begründung von den konzentrischen Kreisen angeschlossen, dabei aber eine funktional-organisatorische Einheit innerhalb eines Betriebes oder einer Dienststelle als Arbeitsstelle angesehen. Die Hinzuziehung dieses Hilfsbegriffs überzeugt bereits deswegen nicht, weil er nicht erläutert wird, und die nicht näher beschriebene fachliche Abgrenzbarkeit als maßgebend angesehen wird. Für die fachliche Selbständigkeit einer Intensivstation eines Zentrums für Innere Medizin fehlt aber jegliche Tatsachenfeststellung.

(1) Erweist sich somit die funktionale Bestimmung der nach dem Gebäude nächstkleineren Einheit als Arbeitsstelle als untauglich, bleibt nur die vom Senat stets betonte räumliche Abgrenzung als praktikables, von den räumlich geprägten Begriffen Arbeitsplatz und Arbeitsstelle vorgegebenes Kriterium. Arbeitsstelle im Sinne des Tarifvertrages kann nur ein räumlich abgrenzbarer Teil einer Dienststelle oder eines Betriebes sein, der stets weiter als der Bereich des Arbeitsplatzes sein muß. Damit scheidet im Krankenhaus die Station als Arbeitsstelle aus. Diese ist Arbeitsplatz, an dem der Angestellte „tatsächlich arbeitet”. Soweit Kiefer (a.a.O.) andeutet, die Station sei Arbeitsstelle, in der das Pflegepersonal wechselnde Arbeitsplätze an den verschiedenen Krankenhausbetten und anderenorts habe, ist das gedanklich möglich. Die Überlegung hebt jedoch die tariflich vorgegebene, eingangs betonte Unterscheidung zwischen Arbeitsplatz und Arbeitsstelle wieder auf (so zutreffend Pieper, a.a.O. S. 360). Denn unstreitig arbeitet der Kläger „tatsächlich” im Sinne der Protokollnotiz in der gesamten Station. Deshalb wird auch in der weiteren kritischen Literatur insoweit in Übereinstimmung mit dem Senat weitgehend von dem Gebäude als abgrenzbare organisatorische Einheit und damit als Arbeitsstelle ausgegangen.

(2) Daran hält der Senat für den Regelfall fest. Die von Kiefer und der Beklagten unterstützte Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wenigstens die Intensivstation, die zudem noch in einem abgeschlossenen Stockwerk eines großen Klinikums untergebracht ist, sei als Arbeitsstelle anzusehen, orientiert sich allein an den baulichen Gegebenheiten des Einzelfalles und damit nur an der räumlichen Abgrenzbarkeit. Für andere Abteilungen anderer Krankenhäuser oder anderer Dienststellen muß es vergleichbare, räumlich klar erkennbare Grenzen nicht geben. Eine Tarifauslegung muß aber auch diesen Gegebenheiten gerecht werden. Für diese Fälle will Kiefer (a.a.O.) die Begriffserläuterungen „räumliche Einheit, die in einem überschaubaren räumlichen Umgriff um den eigentlichen Arbeitsplatz liegt”, heranziehen. Das vermag schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität nicht zu überzeugen. Weder die Verwaltung noch die Arbeitnehmer noch die Personalvertretung können bei Anwendung derartiger Ersatzbestimmungen die Grenzen der Arbeitsstelle zweifelsfrei festlegen. Deshalb muß ein Dienststellen- oder Betriebsteil nicht nur räumlich, sondern auch organisatorisch abgrenzbar sein, wie das bei dem in einem anderen Gebäude ausgelagerten Teil einer Dienststelle der Fall ist (vgl. die Beispiele im Senatsurteil vom 15. September 1988, a.a.O.). Nur wenn ein Teil einer Dienststelle oder eines Betriebes räumlichorganisatorisch von anderen Dienststellenteilen abgrenzbar ist, stellt seine Grenze die der Arbeitsstelle dar und nicht der Eingang des Gebäudes oder des Geländes. Das ist nicht der Fall bei einer Station. Die Voraussetzungen sind allerdings in den Beispielsfällen Kiefers gegeben, in dem in einem einer Versicherungsgesellschaft gehörenden Hochhaus im Erdgeschoß die Touristinformation des Werbe- und Verkehrsamtes und daneben in getrennten Räumen die Theaterkasse der Stadt untergebracht sind, in der ersten Etage ein Teil des Grundbuchamtes, in der zweiten Etage eine Abteilung der Staatsanwaltschaft und im dritten und vierten Stock ein Teil einer ausgelagerten Abteilung eines Bundesministeriums. Hier sind die jeweiligen Stockwerke bzw. Räume Arbeitsstelle, weil die darin befindlichen Dienststellenteile der Stadt, des Landes und des Bundes räumlich-organisatorisch eine von ihrer Dienststelle Stadtverwaltung, Amtsgericht/Staatsanwaltschaft und Bundesministerium abgrenzbare Einheit bilden. Das gilt erst recht bei einer personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung eines Dienststellenteils (§ 6 BPersVG, § 9 PersVG Baden-Württemberg).

g) Nicht nur das Gebäude als Teil der Dienststelle oder des Betriebes kann Arbeitsstelle sein, sondern auch die gesamte Dienststelle, bestehend aus mehreren Gebäuden und dazwischenliegenden Freiflächen. Das folgt – unter Zugrundelegung des oben beschriebenen Dienststellen- und Betriebsbegriffs – aus dem Wortlaut der Tarifbestimmung selbst. Wie der Senat in seinen bisherigen Entscheidungen ausgeführt hatte, kann das Gelände allerdings nur dann als zur Arbeitsstelle gehörend angesehen werden, wenn der Arbeitgeber aufgrund seiner Organisationsbefugnis seine aus einem oder mehreren, nebeneinanderliegenden Gebäuden bestehende Dienststelle mit einer Einfriedung umgibt und die Arbeitnehmer auf diese Weise zwingt, bestimmte Eingänge zu benutzen und jedenfalls in einer Vielzahl von Fällen längere Wege in Kauf nehmen zu müssen. Die Organisationsbefugnis ist ein von den Tarifvertragsparteien anerkanntes Instrument zur Beeinflussung der Dauer der Arbeitszeit, wie die weiteren Alternativen des § 15 Abs. 7 BAT zeigen. Wenn der Arbeitgeber bei wechselnden Arbeitsstellen einen Sammelplatz einrichtet, so beginnt dort die Arbeitszeit, unabhängig davon, wo die eigentliche Arbeit aufgenommen wird und wieviel Zeit benötigt wird, um vom Sammelplatz den Arbeitsplatz zu erreichen.

h) Der Senat verkennt ebensowenig wie bei seinen vorangegangenen Entscheidungen, daß bei seiner Tarifauslegung größere Zeitabschnitte für Wege in die zu vergütende Arbeitszeit einberechnet werden müssen als nur die für unschädlich gehaltenen ein bis drei Minuten (Kiefer, a.a.O., S. 71, rechte Spalte). Abgesehen davon, daß aus dem Tarifvertrag nicht ersichtlich wird, warum dieser Zeitraum akzeptiert werden kann, längere Wegezeiten jedoch nicht, ist darauf hinzuweisen, daß der Tarifvertrag keine zeitliche Beschränkung kennt. Vielmehr haben es die Tarifvertragsparteien mit dem Abstellen auf das Eintreffen bzw. Verlassen der Arbeitsstelle anstelle des Arbeitsplatzes als maßgebenden Ort einer Arbeitszeitberechnung ermöglicht, auch größere Zeiteinheiten für Wege einzuberechnen. Wenn ihnen die Rechtsfolgen zwischenzeitlich nicht (mehr) angebracht und unsachgemäß erscheinen, weil z.B. ablösende Dienste nicht ohne Schwierigkeiten organisiert werden können oder früher bereits bestehende, aber nicht für relevant gehaltene individuelle Fähigkeiten der Arbeitnehmer zu nun nicht mehr hinzunehmenden Ungleichbehandlungen führen sollten, ist es ihre beiderseitige Aufgabe und Pflicht, die Tarifbestimmungen anzupassen. § 15 Abs. 1 BMT-G II bietet dafür ein anschauliches Beispiel, wie die Regelung aussehen könnte. Den Gerichten für Arbeitssachen ist es jedenfalls verwehrt, ihre Auslegung der Tarifbestimmungen an den Vorstellungen einer der Tarifvertragsparteien zu orientieren. Das folgt aus den Grundsätzen über die Wahrung der Tarifautonomie und hat weder etwas mit einem Spiel namens „Schwarzer Peter” zu tun noch zeugt die Zurückhaltung des Senats von der Verkennung tarifpolitischer Gegebenheiten, wie Kiefer (a.a.O., S. 71, rechte Spalte) meint. Letztlich ist auch der Hinweis auf eine von 1961 bis 1982 praktizierte Tarifübung unerheblich. Abgesehen davon, daß die Tatsacheninstanzen dazu keine Feststellungen getroffen haben und insoweit keine Revisionsrügen erhoben worden sind, sieht der Senat darin allenfalls eine Übung, die Station als Arbeitsstelle anzusehen und damit Arbeitsstelle und Arbeitsplatz identisch zu behandeln. Diese Übung wäre allerdings keine Handhabung infolge einer möglichen Auslegung der Tarifbestimmung, sondern eine für die Auslegung unbeachtliche jahrelang fehlerhafte Tarifanwendung.

4. Die vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall angewendet, führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

a) Arbeitsstelle des Klägers ist das Gelände seiner Dienststelle K. hospital, nicht die Intensivstation, das Gebäude 5 oder das Gebäude 12, in dem er sich umzieht. Damit beginnt die Arbeitszeit für ihn mit dem Betreten des Geländes. Sie endet mit seinem Verlassen. Dementsprechend ist der Widerklageantrag der Beklagten insgesamt unbegründet.

b) Der Zahlungsanspruch des Klägers folgt aus § 17 Abs. 1 und Abs. 5, § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a, Abs. 3 Unterabs. 2 BAT. Durch die Anweisung der Beklagten, zu einem bestimmten Termin auf der Station den Dienst aufzunehmen, war der Kläger gezwungen, das Gelände entsprechend vorher zu betreten und später zu verlassen. Darin liegt die Anordnung von Überstunden, die zwar nach Nr. 6 Abschn. A Nr. 1 der SR 2 a zum BAT tariflich unzulässig ist. Diese Überstunden sind aber wie reguläre Überstunden zu vergüten (BAGE 28, 21 = AP Nr. 1 zu § 90 SeemG; Röhsler, Die Arbeitszeit, S. 94).

c) Der Zinsanspruch des Klägers ist nur teilweise begründet. Nach § 17 Abs. 5 Satz 1 BAT sind Überstunden grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen. Die Arbeitsbefreiung ist möglichst bis zum Ende des nächsten Kalendermonats, spätestens bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ableistung der Überstunden zu erteilen. Damit ist die Fälligkeit der Forderung zwar nach dem Kalender bestimmbar, aber nicht kalendermäßig bestimmt. Mit seinem Schreiben vom 29. April 1987 hat der Kläger zwar die Ausschlußfrist des § 70 BAT gewahrt, nicht aber die Beklagte in Verzug gesetzt. Der Kläger kann somit Zinsen in Höhe von 4 % gemäß § 291 BGB erst mit Eintritt der Rechtshängigkeit bzw. der späteren Fälligkeit von der Beklagten verlangen. Die darüber hinausgehende Zinsforderung ist unbegründet.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2, § 97 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Röhsler zugleich für den in Urlaub befindlichen Richter Schneider, Dörner, Ziegenhagen, Buschmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1015718

BB 1990, 215

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