Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Festsetzung des Berechnungseinkommens. Auslegung einer Versorgungsordnung
Orientierungssatz
Verlangt eine Versorgungsordnung für eine vom Regelfall abweichende Festlegung des rentenfähigen Einkommens einen “ausdrücklichen Bezug auf” die eingeschaltete Unterstützungskasse, so bedeutet dies, dass die Bezugnahme unmissverständlich, klar und deutlich erfolgen muss. Eine namentliche Nennung der Kasse ist dagegen nicht erforderlich.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der betrieblichen Invalidenrente des Klägers.
Der am 24. Juni 1941 geborene Kläger war seit dem 1. Oktober 1973 bei der c AG sowie deren Rechtsvorgängerinnen – Trägerunternehmen der beklagten Unterstützungskasse – als Mitarbeiter der zweiten Führungsebene beschäftigt. Arbeitsvertraglich war ihm eine Gesamtversorgungszusage erteilt worden. Neben Leistungen der Pensionskasse der Deutschen Konsumgenossenschaften VVaG (Pensionskasse) war dem Kläger im Rahmen der Gesamtversorgung ein von dem Beklagten zu erbringender Rentenzuschuss versprochen worden.
§ 5 Ziff. 1 der Richtlinien des Beklagten vom 1. Januar 1989 (RL 1989) bestimmte, dass sich die Höhe des vom Beklagten zu leistenden Rentenzuschusses unter anderem nach dem Berechnungseinkommen richtet. Hierzu heißt es in § 6 RL 1989:
“Berechnungseinkommen
a) …
1. Als Berechnungseinkommen gilt das durchschnittliche Monatseinkommen der letzten 24 Monate, in denen ein Arbeitseinkommen bezogen wurde.
…
5. Von der Festsetzung des Berechnungseinkommens gemäß Ziffer 1 kann abgewichen werden, wenn die Trägerunternehmen mit ausdrücklichem Bezug auf die RZK in besonderen Dienstverträgen oder sonstwie schriftlich ein anderes Berechnungseinkommen vorgesehen haben.”
Um 1980 wurde beschlossen, die Ruhegehaltfähigkeit der Mitarbeitereinkommen in den Führungsebenen aus finanziellen Gründen einzuschränken. Bei Mitarbeitern der zweiten Führungsebene wurde die Ruhegehaltfähigkeit auf 100.000,00 DM begrenzt. Dies wurde dem Kläger anlässlich seiner Gehaltserhöhung ab 1. Januar 1982 auf 90.000,00 DM mit Schreiben vom 16. Dezember 1981 mitgeteilt. Es hieß dort wörtlich:
“In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, daß im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung die Obergrenze für die ruhegehaltsfähigen Bezüge einheitlich in der c AG auf DM 100.000,00 begrenzt ist.”
Im Schreiben vom 30. Dezember 1991, mit dem das Gehalt des Klägers ab 1992 auf 126.000,00 DM erhöht wurde, hieß es unter anderem:
“Die Ruhegehaltsfähigkeit wurde für diese Gehaltsebene auf DM 110.000,00 angehoben und begrenzt.”
Ebenso hieß es im letzten Gehaltserhöhungsschreiben vom 17. Dezember 1992, mit dem das Gehalt des Klägers ab 1993 auf 130.000,00 DM festgesetzt wurde:
“Die Ruhegehaltsfähigkeit bleibt auf DM 110.000,00 p.a. begrenzt.”
Mit einem Einkommen in Höhe von 110.000,00 DM jährlich war der Kläger auch bei der Pensionskasse versichert.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1994 wurde § 6 der Richtlinien des Beklagten (RL 1994) geändert:
“1. Als Berechnungseinkommen gilt das bei der Pensionskasse versicherte monatliche Einkommen. …”
§ 6 Ziff. 2 RL 1994 stimmt wörtlich mit § 6 Buchst. a Ziff. 5 RL 1989 überein.
Der Kläger schied wegen Erwerbsunfähigkeit am 31. Oktober 1995 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Bei der Berechnung des Rentenzuschusses legte der Beklagte ein jährliches Berechnungseinkommen in Höhe von 110.000,00 DM zugrunde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hätte auf sein zuletzt bezogenes Jahresbruttogehalt in Höhe von 130.000,00 DM für das Berechnungseinkommen abstellen müssen. Der Beklagte als Trägerunternehmen sei von dem regelmäßigen Berechnungseinkommen nicht wirksam abgewichen. Die Neufassung des § 6 der Richtlinie des Beklagten zum 1. Januar 1994 habe seine Rechtsposition nicht verschlechtert. Soweit mehr als ein Einfrieren auf den damaligen Stand bezweckt worden sei, handele es sich um einen unzulässigen Eingriff in die erdiente Versorgungsanwartschaft und die dienstzeitunabhängige Dynamik. Der Kläger macht die aus dem höheren Berechnungseinkommen resultierenden Differenzbeträge des Rentenzuschusses für die Zeit von November 1995 bis Oktober 2002 geltend.
Er hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 51.324,85 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat die Begrenzung der Ruhegehaltfähigkeit auf 110.000,00 DM für wirksam gehalten. Für die Ansprüche bis einschließlich Dezember 2000 hat er zudem die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt erfolglos, weil die Klage unbegründet ist. Die Parteien haben ein Berechnungseinkommen in Höhe von 110.000,00 DM für den Rentenzuschuss wirksam vereinbart. Die Voraussetzungen des § 6 Buchst. a Ziff. 5 der RL 1989 sind erfüllt.
I. Die Arbeitgeberin des Klägers hat mit den Schreiben zu den Gehaltserhöhungen wirksam gemäß § 6 Buchst. a Ziff. 5 RL 1989 ein Berechnungseinkommen in Höhe von zunächst 100.000,00 DM, später 110.000,00 DM vorgesehen.
1. Mit den Gehaltserhöhungsschreiben 1981, 1991 und 1992 wurde die Begrenzung der ruhegehaltfähigen Bezüge “sonstwie schriftlich” im Sinne von § 6 Buchst. a Ziff. 5 RL 1989 vorgenommen.
2. Die abweichende Festsetzung des Berechnungseinkommens erfolgte auch mit ausdrücklichem Bezug auf den Beklagten, die “RZK”.
a) Der “ausdrückliche Bezug auf die RZK” erfordert nicht, dass diese namentlich genannt sein müsste. In § 6 Buchst. a Ziff. 5 RL 1989 wird “ausdrücklich” im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs verwendet. Danach bedeutet “ausdrücken”, etwas verständlich, klar, präzise formulieren und “ausdrücklich” etwas mit Nachdruck, unmissverständlich vorbringen oder besonders betonen (Duden Deutsches Universalwörterbuch). Demnach muss der Bezug auf die RZK in der Erklärung des Trägerunternehmens unmissverständlich, klar und deutlich erfolgen.
b) Die von der Arbeitgeberin unterschriebenen Gehaltserhöhungsschreiben an den Kläger enthalten den erforderlichen ausdrücklichen Bezug auf die RZK.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärungen der Arbeitgeberin des Klägers, bestimmte Teile seines Gehaltes seien nicht ruhegehaltsfähig, nicht ausgelegt. Da der Auslegungsstoff jedoch feststeht und dem Senat vorliegt, kann der Senat die vom Landesarbeitsgericht unterlassene Auslegung selbst vornehmen.
bb) In der Gehaltsmitteilung für 1982 vom 16. Dezember 1981, auf die mit späteren Gehaltsmitteilungen verwiesen wird, heißt es ausdrücklich, dass die “Obergrenze für die ruhegehaltsfähigen Bezüge einheitlich in der c AG” auf einen bestimmten Betrag begrenzt werden soll und dies “im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung” geschieht. “Betriebliche Altersversorgung” ist nach der dem Kläger gemachten Versorgungszusage eine Gesamtversorgung, in die die gesetzliche Rente, die Versorgung aus der Pensionskasse und der Rentenzuschuss des Beklagten eingehen. Wird für die Gesamtversorgung eine Obergrenze des Berechnungseinkommens vom Arbeitgeber festgelegt, so gilt diese Obergrenze für alle Teilelemente der mit einer Gesamtversorgungszusage zusammengefassten Altersversorgung des Klägers. Mit “betrieblicher Altersversorgung” ist damit klar und unmissverständlich auch der Rentenzuschuss des Beklagten, also die “RZK” angesprochen. Eine namentliche Erwähnung war nicht notwendig.
cc) Die durch die Arbeitgeberin des Klägers erklärte Beschränkung des Berechnungseinkommens gilt nach § 6 Buchst. a Ziff. 5 RL 1989 für den vom Beklagten zu leistenden Rentenzuschuss, weil sie Trägerunternehmen des Beklagten im Sinne dieser Bestimmung war. Die von der Revision vorgebrachte Überlegung, die Beschränkung des Berechnungseinkommens gelte nur für die Leistungen der Pensionskasse, vermag nicht zu überzeugen. In einem solchen Fall stellte die Begrenzung des Berechnungseinkommens im Ergebnis eine Erweiterung der vom Arbeitgeber zu finanzierenden betrieblichen Altersversorgung dar. Für die durch Arbeitnehmerbeiträge teilweise mitfinanzierte Versorgung aus der Pensionskasse wäre das reduzierte Einkommen zugrunde zu legen, was letztlich die Arbeitnehmerbeiträge hierzu begrenzte. Für die Gesamtversorgungszusage bliebe aber das unreduzierte tatsächliche Einkommen entscheidend. Danach wäre die restliche Leistung allein durch den arbeitgeberfinanzierten Rentenzuschuss aufzubringen. Das wäre nicht nur systemwidrig, es widerspräche auch der erklärten Absicht, die Ruhegehaltfähigkeit der Einkommen von Mitarbeitern in den Führungsebenen aus finanziellen Gründen zu beschränken.
3. Der Kläger hat sich mit der abweichenden Festsetzung des Berechnungseinkommens konkludent einverstanden erklärt. Er hat dies zu keiner Zeit, weder 1981 noch später, als sein Jahreseinkommen das limitierte Berechnungseinkommen überstiegen hatte, jemals beanstandet und das erhöhte Gehalt über viele Jahre entgegengenommen.
Auf die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt die Richtlinien des Beklagten die Möglichkeit vorsahen, von dem regelmäßigen Berechnungseinkommen abzuweichen, und ob die Abweichung die Anwartschaft des Klägers verschlechterte, kommt es daher nicht an.
4. Da die Erklärungen der Arbeitgeberin des Klägers als einem Trägerunternehmen des Beklagten die Voraussetzungen der Schriftformklausel in § 6 Buchst. a Ziff. 5 RL 1989 erfüllen, kann die Frage, ob es sich um eine konstitutive Schriftformklausel handelt oder ob die Vorschrift lediglich Klarstellungs- und Beweisfunktion hat oder nur dem Schutz des Beklagten dient, dahingestellt bleiben.
II. Da das Berechnungseinkommen bereits unter Geltung der RL 1989 wirksam auf 110.000,00 DM begrenzt worden war, kommt es auf die Änderung durch die RL 1994 nicht mehr an.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, Rödder, Heuser
Fundstellen
NZA-RR 2005, 616 |
NJOZ 2005, 4158 |