Entscheidungsstichwort (Thema)
Überforderungsschutz bei Altersteilzeit. Anspruch auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages. Ausschluß des Anspruchs bei Überschreiten der tarifvertraglich geregelten Belastungsgrenze. Begrenzung des Anspruchs auf Altersteilzeit auf Mitglieder der Tarifvertragsparteien. Verfassungskonforme Auslegung von Altersteilzeittarifverträgen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Begrenzung des Anspruchs auf Abschluß eines Altersteilzeitvertrages auf 5 % der Arbeitnehmer eines Betriebes ist keine Betriebsnorm nach § 3 Abs. 2 TVG.
2. Hat die Rechtsprechung eine bereits von den Tarifvertragsparteien in einem Vorgängertarifvertrag verwandte Formulierung verfassungskonform ausgelegt, so ist bei erneuter Verwendung dieser Klausel durch die Tarifvertragsparteien nur ausnahmsweise davon auszugehen, daß die Tarifvertragsparteien eine davon abweichende Regelung treffen wollen.
Orientierungssatz
§ 3 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Förderung der Altersteilzeit in der Chemischen Industrie enthält zugunsten des Arbeitgebers einen Überforderungsschutz. Danach ist der tarifvertragliche Anspruch auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages ausgeschlossen, wenn und solange 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen oder diese Grenze durch den Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrags überschritten würde. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber unter Beachtung der in § 3 Abs. 3 des Tarifvertrages geregelten Auswahlkriterien mit nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen hat.
Normenkette
ATG § 3; Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit vom 29. März 1996 (TV ATZ) abgeschlossen zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie i.d.F. des Änderungstarifvertrags vom 9. Mai 1998 § 2; Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit vom 29. März 1996 (TV ATZ) abgeschlossen zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie i.d.F. des Änderungstarifvertrags vom 9. Mai 1998 § 3; GG Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. März 2000 – 4 Sa 1480/99 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, mit dem Kläger einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abzuschließen.
Die Beklagte beschäftigt insgesamt 34 Arbeitnehmer, darunter seit Oktober 1979 den im März 1944 geborenen Kläger. Sie hat mit zwei vollzeitig beschäftigten, nach Behauptung des Klägers, nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen. Kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Chemischen Industrie Anwendung.
Der Kläger hat am 26. März 1999 Altersteilzeit nach dem Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit (TV ATZ) in der Fassung des TV vom 9. Mai 1998 verlangt. Dabei hat er sich auf die beiderseitige Tarifbindung berufen. Die Beklagte hat unter Hinweis auf § 3 TV ATZ abgelehnt. Diese Bestimmung hat nach der zum 1. Juli 2000 in Kraft getretenen Fassung des Änderungstarifvertrages vom 22. März 2000 folgenden Wortlaut:
„Der Anspruch auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages ist ausgeschlossen, wenn und solange 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen oder diese Grenze durch den Abschluß eines Altersteilzeitvertrages überschritten würde.
Der Anspruch auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages für die Altersjahrgänge der 55jährigen bis 58jährigen ist ferner ausgeschlossen, wenn
- mehr als 30 % des Jahrgangs der 55jährigen,
- mehr als 40 % des Jahrgangs der 56jährigen,
- mehr als 50 % des Jahrgangs der 57jährigen oder
- mehr als 60 % des Jahrgangs der 58jährigen
ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis abgeschlossen haben.
Für die Berechnung der Zahl der Arbeitnehmer ist der Durchschnitt der letzten zwölf Kalendermonate vor dem Beginn der Altersteilzeit des Arbeitnehmers maßgebend. Schwerbehinderte und Gleichgestellte im Sinne des Schwerbehindertengesetzes sowie Auszubildende werden nicht mitgezählt. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden sind mit 0,5 und mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
Soweit die 5 % – Grenze oder die Grenzen des Absatzes 2 erreicht oder überschritten werden würden, haben die Arbeitnehmer Vorrang, die einem früheren Geburtsjahrgang angehören, bei gleichem Geburtsjahrgang die Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit, bei gleichem Geburtsjahrgang und gleicher Betriebszugehörigkeit die älteren Arbeitnehmer. Andere Auswahlkriterien finden keine Anwendung.”
Diese tarifliche Bestimmung entspricht inhaltlich der Vorgängerfassung des Änderungstarifvertrages vom 9. Mai 1998. Neu eingefügt wurde lediglich die quotale Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigten bei der Berechnung der Zahl der Arbeitnehmer.
Der Kläger hat geltend gemacht, bei der Berechnung der betrieblichen Überforderungsquote seien lediglich tarifgebundene Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Das ergebe eine verfassungskonforme Auslegung. Zudem sei einer der tarifgebundenen beiden Arbeitnehmer, mit denen die Beklagte Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen hat, in einer leitenden Funktion tätig, die sein Arbeitsverhältnis vom persönlichen Geltungsbereich des TV ATZ ausnehme.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger einen Altersteilzeitarbeitsvertrag mit sofortiger Wirkung gem. dem Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit vom 29. März 1996, in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 22. März 2000, abgeschlossen zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, abzuschließen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Arbeits- und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger weiterhin das Ziel des Abschlusses eines Altersteilzeitarbeitsvertrages.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Sie ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Annahme seines Angebots auf Abgabe einer Willenserklärung nach § 894 ZPO.
b) Der Inhalt der begehrten Änderung des Arbeitsvertrages ergibt sich aus § 6 Nr. 1 TV ATZ. Danach beträgt die wöchentliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers in Altersteilzeit die Hälfte seiner bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit. Unerheblich ist, daß nicht ausdrücklich die Dauer der Altersteilzeit bestimmt ist. Diese ist tariflich in § 5 Nr. 1 TV ATZ geregelt. Wie der Kläger in der Revisionsverhandlung klargestellt hat, ist sein Antrag dahin zu verstehen, daß er den Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages für die höchst mögliche Dauer von sechs Jahren begehrt.
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages, obwohl er die in § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TV ATZ geregelten personenbezogenen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Sein Anspruch ist nach § 3 Abs. 1 TV ATZ ausgeschlossen, weil bereits 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes der Beklagten von der Altersteilzeitregelung Gebrauch gemacht haben oder zumindest diese Grenze durch den Abschluß des vom Kläger geforderten Vertrages überschritten würde.
1. Der Anspruch des Klägers ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil § 3 Abs. 1 TV ATZ als eine Betriebsnorm iSv. § 3 Abs. 2 TVG anzusehen wäre, die für alle Arbeitnehmer des Betriebs der tarifgebundenen Beklagten gilt. § 3 Abs. 1 TV ATZ findet auf das Arbeitsverhältnis der beiderseits tarifgebundenen Parteien als tarifliche Inhaltsnorm nach § 4 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 TVG Anwendung.
a) Durch die Begrenzung der Zahl der Arbeitnehmer, die eine Altersteilzeit beanspruchen können, wirkt sich die Norm zwar auf die Zusammensetzung der Belegschaft aus. Als betriebliche Norm gilt sie aber nur dann, soweit ihr Regelungsinhalt einheitlich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Arbeitnehmergruppen gelten soll, zB wenn es um die fachlichen Anforderungen an bestimmte Arbeitnehmergruppen oder um das zahlenmäßige Verhältnis bestimmter Arbeitnehmergruppen zur Gesamtzahl der Mitarbeiter eines Betriebes geht(Dieterich Die betrieblichen Normen nach dem Tarifvertragsgesetz vom 9.4.1949 S 42).
b) Nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung ist § 3 Abs. 1 TV ATZ untrennbar mit dem individuellen Anspruch des Arbeitnehmers auf Ermäßigung der Arbeitszeit verbunden; sie ist negative Anspruchsvoraussetzung für diesen individuellen Anspruch. Schon von dieser Zweckbestimmung her ist § 3 Abs. 1 TV ATZ als Bestandteil einer Norm anzusehen, die iSv. § 4 Nr. 1 TVG den Inhalt von Arbeitsverhältnissen regelt. Die Klausel zielt nicht auf eine bestimmte Zusammensetzung der Belegschaft mit bestimmten Arbeitnehmergruppen, sondern will den Arbeitgeber vor seiner finanziellen Überforderung schützen(vgl. zur inhaltsgleichen Klausel beim Vorruhestand BAG 21. Januar 1987 – 4 AZR 486/86 – AP GG Art. 9 Nr. 46 unter Bezugnahme auf die Materialien zu dem maßgeblichen Vorruhestandsgesetz BT-Drucks. 10/1175 S 25 und 28). Wenn eine solche Überforderungsklausel sich ändernd auf Zusammensetzung der Belegschaft auswirkt, so ist das nur einReflex der Begrenzung des individuellen Anspruchs der Arbeitnehmer. Danach ist die hier für die Altersteilzeit ebensowenig wie die von denselben Tarifvertragsparteien für den Vorruhestand vereinbarte Überforderungsklausel darauf angelegt, die Zusammensetzung (Struktur) der Belegschaft zu ändern und somit gestaltend in den Betrieb einzugreifen. Überforderungsklauseln werden daher auch vom Schrifttum nicht als Normen über betriebliche Fragen iSv. § 3 Abs. 2 TVG angesehen(Söllner DB 1986, 2435, 2436).
2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Erfüllung der negativen Anspruchsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 TV ATZ verneint.
a) Wer die personenbezogenen Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 TV ATZ erfüllt, hat nur dann einen Anspruch auf Abschluß des Altersteilzeitarbeitsvertrages, wenn auch nach Abschluß dieses Vertrages nicht die tariflich als Überlastungsschutz bestimmte Grenze von 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes überschritten wird. Auch wenn die Behauptung des Klägers als zutreffend unterstellt wird, die Beklagte habe nur mit einem Arbeitnehmer, der vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages nach § 1 Nr. 2 TV ATZ erfaßt wird, einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abgeschlossen, so ist der Ausschlußtatbestand des § 3 Abs. 1 TV ATZ erfüllt. Denn bei 34 im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern beträgt die 5 %ige Überlastgrenze 1,7. Bei Abschluß eines weiteren Vertrages mit dem vollzeitig beschäftigten Kläger würde die 5 % Grenze überschritten.
b) Entgegen der Revision ist mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, daß für die Berechnung der 5 % Grenze auch die von der Beklagten mit nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern unter Bezugnahme auf den TV ATZ abgeschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträge zu berücksichtigen sind.
aa) Bereits der Wortlaut der tariflichen Regelung spricht dafür, auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer in die Berechnung der zugunsten des Arbeitgebers vereinbarten Überforderungsklausel einzubeziehen. Die Belastungsgrenze ist danach erreicht, wenn „5 % der Arbeitnehmer des Betriebes” von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen. Wie die Zahl der Arbeitnehmer für die Berechnung der Belastungsgrenze ermittelt wird, bestimmt § 3 Abs. 3 TV ATZ. Danach werden schwerbehinderte Menschen und Gleichgestellte sowie Auszubildende nicht und Teilzeitbeschäftigte nach ihrem Beschäftigungsumfang berücksichtigt. Berechnungsgrundlage ist somit die Zahl der Arbeitnehmer des Betriebes, die unter Berücksichtigung der in Abs. 3 bestimmten Zählvorschriften zu berücksichtigen sind. Weder an dieser Stelle noch bei den in Abs. 4 geregelten Bestimmungen über den Vorrang für bestimmte Arbeitnehmergruppen findet sich ein Anhalt dafür, daß die Tarifvertragsparteien tarifungebundene Arbeitnehmer bei der Berechnung des Überlastungsschutzes unberücksichtigt lassen wollten.
bb) Der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht gegen die Annahme des Klägers, daß zur Ausfüllung des Anspruchsrahmens nur Altersteilzeitarbeitsverträge tarifgebundener Arbeitnehmer in Betracht kommen sollen. Das ergibt sich aus dem Zusammenspiel des Tarifvertrages mit dem Altersteilzeitgesetz. Ebenso wie auch die vorhergehenden Vorruhestandstarifverträge sich zum damaligen Vorruhestandsgesetz verhielten, ist auch der TV ATZ nicht das Ergebnis freier Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch die Tarifvertragsparteien(vgl. Konzen Anmerkung zu EzA GG Art. 9 Nr. 42). Das Altersteilzeitgesetz hat aus arbeitsmarktpolitischen Gründen einen rechtlichen Rahmen für den gleitenden Übergang in den Ruhestand geschaffen. Dazu bietet es staatliche Hilfe für die Wiederbesetzung der frei werdenden Stellen an, ohne daß es den Arbeitnehmern einen Anspruch auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrages einräumt. Die Tarifvertragsparteien haben die durch Gesetz geschaffenen Rahmenbedingungen für die staatlich geförderte Altersteilzeitregelung tarifvertraglich ausgestaltet. Dabei haben sie mit der Anspruchsbegrenzung in § 3 Abs. 1 TV ATZ sich inhaltlich an § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltersteilzeitG angelehnt. Danach setzt ein Anspruch des Arbeitgebers auf Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit voraus, daß seine freie Entscheidung bei einer Inanspruchnahme durch über 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes sichergestellt ist. Damit hat der Gesetzgeber sicherstellen wollen, daß soweit Tarifverträge einen Anspruch begründen, eine wirtschaftliche Überforderung des Arbeitgebers vermieden wird(MünchArbR/Schüren 2. Aufl. § 163 Rn. 42; Kasseler Handbuch/Schlegel 2. Aufl. 2.8 Rn. 90; Rittweger Altersteilzeit § 3 Rn. 104). Der gesetzliche Überforderungsschutz differenziert nicht nach Tarifbindung. Er begrenzt allein nach dem Merkmal Zugehörigkeit zur Belegschaft. Übernehmen – wie hier – Tarifvertragsparteien die gesetzliche Begrenzungsklausel, ohne eine Abweichung deutlich zu machen, so spricht das für einen identischen Regelungswillen.
cc) Schließlich ist die vom Kläger geltend gemachte Auslegung auch nicht mit der Tarifgeschichte zu vereinbaren. Bereits in dem zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifvertrag über Vorruhestand und Alters-Teilzeitarbeit vom 1. März 1985 war in § 3 a) eine wortgleiche Klausel enthalten („wenn und solange 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes von einer Alters-Teilzeitarbeitsregelung oder einer Vorruhestandsregelung Gebrauch machen oder diese Grenze durch den Abschluß des Teilzeitarbeitsvertrages oder der Vorruhestandsvereinbarung überschritten werden würde”). Da seiner Ansicht nach die herkömmlichen Auslegungsmethoden nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führten, hat das Bundesarbeitsgericht für die sachgerechte Anwendung dieser Bestimmung auf Art. 9 Abs. 3 GG zurückgegriffen(21. Januar 1987 – 4 AZR 486/86 – AP GG Art. 9 Nr. 46). Danach würde die Ausfüllung des Anspruchsrahmens von 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes ausschließlich mit tarifgebundenen Arbeitnehmern den Kernbereich der negativen Koalitionsfreiheit berühren und einen sozial inadäquaten Druck auf den nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer ausüben. Daher hielt das Bundesarbeitsgericht eine verfassungskonforme Anwendung unter Einbeziehung der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer für geboten. In Kenntnis dieser vom Bundesarbeitsgericht auch zu anderen Tarifverträgen bestätigten Rechtsprechung(vgl. 21. Januar 1987 – 4 AZR 547/86 – BAGE 54, 113; 3. Juni 1987 – 4 AZR 573/86 – nv.) haben die Tarifvertragsparteien für die Ausgestaltung des Altersteilzeitgesetzes erneut diese Klausel verwandt, die den Arbeitgeber vor einer Überlastung schützen soll. Angesichts dieser Tarifgeschichte muß davon ausgegangen werden, daß es bei Abschluß des Tarifvertrags nicht übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien war, von dem abzuweichen, was das Bundesarbeitsgericht als allein verfassungskonform bezeichnet hatte. Dies entspricht auch den Grundsätzen der Auslegung von Tarifnormen. Danach müssen die Tarifvertragsparteien deutlich bei dem Neuabschluß eines Tarifvertrages ihren vom Verständnis des Bundesarbeitsgerichts abweichenden Regelungswillen zum Ausdruck bringen. Das gilt insbesondere, wenn sie in einer umstrittenen Auslegungsfrage die Auffassung der Rechtsprechung ablehnen(BAG 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – BAGE 73, 364, 369 ff.). Das ist hier nicht deutlich geworden. Darauf, ob die Tarifvertragspartei, der der Kläger angehört, in den Tarifverhandlungen ihre der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts widersprechende Auffassung zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines auf Mitglieder der Tarifvertragsparteien beschränkten Überforderungsschutzes vorgebracht hat, kommt es nicht an. Anhaltspunkte für einen vom Vorgängertarifvertrag abweichenden gemeinsamen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien sind im Tarifvertrag nicht zum Ausdruck gekommen. Damit besteht auch kein Anlaß zur Überprüfung der zwischen den Parteien umstrittenen verfassungsrechtlichen Fragen.
III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Reinecke, Schmitz-Scholemann, Gaber, Otto
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 18.09.2001 durch Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 676228 |
BAGE, 60 |
BB 2002, 681 |
DB 2002, 486 |
ARST 2002, 134 |
FA 2002, 120 |
SAE 2002, 293 |
ZTR 2002, 279 |
AP, 0 |
EzA-SD 2002, 18 |
EzA 2011 |
AUR 2002, 118 |