Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Krankenpflegers
Leitsatz (amtlich)
- Unter die Sonderregelungen (SR) 2a BAT fallen nur Anstalten und Heime, die der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Behandlung einer Krankheit der in ihnen untergebrachten Personen dienen.
- In Abschnitt B der Anlage 1b zum BAT werden in den Fallgruppen, die für Krankenpfleger gelten, denen eine bestimmte Anzahl von Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind, die Leitungstätigkeiten dieser Krankenpfleger voll erfaßt, auch wenn damit die Gesamtverantwortung für den Pflegedienst verbunden ist.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; SR 2a; SR 2b; Anlage 1b Abschn. A VergGr. Kr. VII (Leitender Krankenpfleger), Abschn. B Vorbem., VergGr. Kr. V (“durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt”)
Verfahrensgang
LAG Bremen (Urteil vom 18.10.1989; Aktenzeichen 2 Sa 309/88) |
ArbG Bremen (Urteil vom 06.09.1988; Aktenzeichen 4 b Ca 4042/88) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 18. Oktober 1989 – 2 Sa 309/88 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 42jährige Kläger ist ausgebildeter Krankenpfleger und seit dem 1. Juli 1979 bei der Beklagten, einem Berufsbildungswerk, als “Fachbereichsleiter Pflegedienst” beschäftigt. Die Parteien haben die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) auf das Arbeitsverhältnis einzelvertraglich vereinbart. Der Kläger erhält Vergütung nach VergGr. Kr. VI der Anlage 1b zum BAT.
Dem Kläger obliegen folgende Aufgaben mit folgenden Anteilen an der Gesamttätigkeit:
1. |
Leitung des Fachbereichs mit Einsatz, fachlicher Einweisung und Überwachung der unterstellten Mitarbeiter |
25 % |
2. |
Organisation, Koordination und Sicherstellung aller pflegedienstbezogenen Arbeitsabläufe mit Grundpflege, Behandlungspflege |
27 % |
3. |
Fortbildung der unterstellten Mitarbeiter |
3 % |
4. |
Sicherstellung der Arbeitsabläufe im Pflegedienst nach den gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen |
3 % |
5. |
Statistik und Berichtswesen |
1 % |
6. |
Pflegetätigkeit mit Entscheidung über Notwendigkeit der Einschaltung von Ärzten/Krankenhäusern bei Akuterkrankungen/Unfällen |
5 % |
7. |
Medizinische Betreuung bei Wochenend- und Freizeitfahrten von Rehabilitanden mit der Entscheidung über Art und Umfang der im Einzelfall durchzuführenden Maßnahmen |
10 % |
8. |
Beschaffung und Bestandskontrolle von Pflegemitteln, Pflegehilfsmitteln und Behandlungsmitteln und medizinischen Geräten im Rahmen des Pflegedienstes |
5 % |
9. |
Investitions- und Wirtschaftsplanung für den Pflegedienst und Mitwirkung bei derselben in der Abteilung Medizin |
1 % |
10. |
Teilnahme an pädagogischen Einheiten |
5 % |
11. |
Sicherstellung und Teilnahme an der Rufbereitschaft |
4 % |
12. |
Abstimmung der behinderungstechnischen Pflege- und Versorgungsnotwendigkeiten mit anderen Bereichen des Hauses, im wesentlichen Sozialwesen und Ausbildung |
10 % |
13. |
Laborkontrolle im Akutfall (Diabetes, BSG, Leuko usw.) |
1 % |
Der Kläger hat Unterschriftsvollmacht für alle den “Fachbereich” betreffenden Vorgänge. Im Rahmen seines Aufgabenbereichs verhandelt er selbständig mit Krankenkassen bezüglich Heil- und Hilfsmittelverordnungen, dem Hauptgesundheitsamt bezüglich möglicher und vorhandener Infektionen und Kontrolluntersuchungen sowie mit Lieferanten bezüglich Verbandsmitteln, Hygieneartikeln, ärztlichem Praxisbedarf und der Ausführung von Heil- und Hilfsmittelverordnungen.
Dem Kläger sind neun Mitarbeiter, die nach Vergütungsgruppe Kr. II bis V vergütet werden, ständig unterstellt. Er selbst ist direkt dem Abteilungsleiter Medizin – einem Arzt – unterstellt. Ein weiterer leitender Krankenpfleger ist ihm gegenüber nicht weisungsbefugt.
Die Beklagte betreibt ein Rehabilitationszentrum mit Internat und widmet sich der erstmaligen Berufsausbildung jugendlicher Behinderter. Etwa 370 Jugendliche werden von der Beklagten ausgebildet und betreut; davon sind 300 im Internat untergebracht. Die Jugendlichen benötigen wegen ihrer Behinderung besondere Hilfen zur beruflichen und sozialen Eingliederung. Insgesamt ca. 160 Mitarbeiter sind im erzieherischen Bereich tätig. Im krankenpflegerischen Teil werden 17,5 Mitarbeiter – einschließlich der Ärzte – beschäftigt. Die Organisation der Ausbildung ist abgestellt auf die jeweilige Behinderung. Die Behinderung erfordert ständige ausbildungsbegleitende Hilfen und Betreuung durch Psychologen, Sonderpädagogen und andere Fachkräfte der Rehabilitation.
Die Beklagte gewährt in dem Internat medizinische Hilfen, u.a. medizinische Bäder und Massagen, medizinische Versorgung und Krankengymnastik. Die Mehrzahl der Auszubildenden nimmt während der Ausbildungszeit eine ärztliche Behandlung bei der Beklagten in Anspruch. Jeder Jugendliche, der bei der Beklagten aufgenommen wird, wird zu Beginn ärztlich untersucht. Bei den meisten Jugendlichen wird auch eine Abschlußuntersuchung durchgeführt.
Die Beklagte unterhält eine Krankenstation mit sieben Betten. Die Krankenstation ist mit drei Ärzten und zehn Pflegepersonen besetzt, zu denen auch der Kläger gehört.
Im Jahre 1987 wurde der Pflegedienst im Internat der Beklagten insgesamt 13.432mal zur ambulanten Versorgung herangezogen. Die Mehrzahl der Jugendlichen wird dabei auf ihren Zimmern behandelt.
Mit der am 1. März 1988 erhobenen Klage begehrt der Kläger Vergütung nach VergGr. Kr. VII BAT. Er hat die Ansicht vertreten, auf die Einrichtung der Beklagten seien die Sonderregelungen für Angestellte in Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen (SR 2a BAT), anwendbar. Deshalb sei er nach Abschnitt A der Anlage 1b zu § 22 BAT einzugruppieren. Die ärztliche Behandlung und Betreuung stehe in der Einrichtung mindestens gleichwertig neben der sonstigen Betreuung der Jugendlichen. Etwa die Hälfte der Jugendlichen stehe in regelmäßiger ärztlicher Behandlung und ein weiterer sehr erheblicher Teil bekomme regelmäßig ambulante ärztliche Behandlung. Eine ärztliche Behandlung sei insbesondere wegen der Behinderung der Jugendlichen notwendig. Es sei sogar eine ständige Rufbereitschaft durch Ärzte eingerichtet. Er trage die Gesamtverantwortung für den Pflegedienst im zugeteilten Pflegebereich und sei daher als leitender Krankenpfleger einzugruppieren. Auf die Anzahl von unterstellten Pflegekräften komme es hierbei nicht an.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab 1. März 1987 eine Vergütung nach VergGr. Kr. VII des Abschnitts A der Anlage 1b zum BAT zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, der Kläger falle nicht unter die SR 2a BAT. Für ihn gälten vielmehr die Sonderregelungen für Angestellte in Anstalten und Heimen, die nicht unter SR 2a fallen (SR 2b BAT). SR 2b BAT erfaßten alle Einrichtungen mit überwiegend nicht krankenpflegebedürftigen Insassen. Die Jugendlichen stünden nur in ärztlicher Betreuung, nicht aber in ärztlicher Behandlung. Die medizinische Betreuung sei im übrigen nur ein Annex zum eigentlichen Zweck der Anstalt. Die Beklagte erhalte ihr Gepräge durch die Ausbildungsarbeit. Eine ständige Krankenpflege finde nur in Ausnahmefällen statt. Bei den unter Abschnitt A fallenden Anstalten seien ausnahmslos umfangreiche Pflegeabteilungen vorhanden. Nur in ihnen gebe es übergeordnete leitende Krankenpfleger, die für mehrere Abteilungen verantwortlich seien. Bei den Institutionen nach Abschnitt B gebe es demgegenüber im allgemeinen nur eine Pflegeabteilung. Die Eingruppierung richte sich hier nach der Zahl der unterstellten Personen. Eine Station mit 14 Betten erfülle zum Beispiel nicht den Begriff des Pflegedienstes im “zugeteilten Pflegebereich”. Selbst wenn man Abschnitt A anwenden wolle, falle der Kläger unter die VergGr. Kr. VI BAT, da er lediglich Stationspfleger sei. Bei der Beklagten gebe es nur eine Station, nämlich die Krankenstation.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren unter Beschränkung des Klagezeitraums auf die Zeit ab 1. September 1987 weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Vergütung nach VergGr. Kr. VII BAT zu zahlen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) als Vertragsrecht Anwendung. Danach kommt es für die Klageforderung darauf an, ob mindestens die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der vom Kläger in Anspruch genommenen VergGr. Kr. VII BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 51, 356, 360 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 282, 287 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine eigenen Arbeitsvorgänge gebildet. Das ist jedoch unschädlich, da der Senat die Arbeitsvorgänge selbst bestimmen kann (BAGE 53, 8, 13 = AP Nr. 125 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen durch die Vorinstanzen liegen vor. Danach ist die Leitungstätigkeit des Klägers als ein einziger großer Arbeitsvorgang anzusehen. Insoweit läßt sich zwar zwischen unmittelbaren Leitungstätigkeiten und Zusammenhangstätigkeiten unterscheiden, aber letztlich dienen alle Tätigkeiten des Klägers dem Arbeitsergebnis der Leitung des Pflegebereichs. Die Leitungsaufgabe übt der Kläger ununterbrochen während seiner gesamten Arbeitszeit selbst dann aus, wenn er sich gerade mit anderen Aufgaben als mit Leitungsaufgaben beschäftigt. Denn auch dann muß der Kläger jederzeit und sofort in der Lage sein, aktiv durch Erteilung der erforderlichen Anordnungen und fachlichen Weisungen Leitungsaufgaben in seinem Fachbereich wahrzunehmen (vgl. auch BAG Urteil vom 27. Mai 1981 – 4 AZR 1079/78 – AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Wenn der Leiter einer Organisationseinheit selbst Aufgaben wahrnimmt, die innerhalb des von ihm betreuten Bereichs anfallen, gehören diese Tätigkeiten als Zusammenhangsarbeiten zu seiner Leitungstätigkeit. Er ist auch für diese Aufgaben als Leiter verantwortlich. Aufgaben außerhalb des Bereichs Pflegedienst nimmt der Kläger nicht wahr. Damit ist seine Tätigkeit als Fachbereichsleiter Pflegedienst ein einziger großer Arbeitsvorgang. Alle Einzeltätigkeiten des Klägers dienen nur dem Arbeitsergebnis der Leitung und sind deshalb tatsächlich nicht trennbar, weil andernfalls das Arbeitsergebnis “Leitung des Pflegedienstes” aufgespaltet würde.
Für die Eingruppierung des Klägers nach der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. Kr. VII BAT kommt nur die VergGr. Kr. VII Fallgruppe 1 des Abschnitts A der Anlage 1b zum BAT in Betracht, die während des Klagezeitraums bis 31. Juli 1989 wie folgt lautete:
“Leitende Krankenschwestern/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwestern.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 13)
Protokollerklärung Nr. 13:
Leitende Krankenschwestern/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwestern/Leitende Hebammen sind Krankenschwestern/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwestern/Hebammen, die die Gesamtverantwortung für den Pflegedienst in der Anstalt bzw. im zugeteilten Pflegebereich haben. Leitende Krankenschwestern/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwestern/Leitende Hebammen tragen nur dann die Gesamtverantwortung, wenn ihnen gegenüber keine weitere Leitende Krankenschwester/kein weiterer Leitender Krankenpfleger/keine weitere Leitende Kinderkrankenschwester/keine weitere Leitende Hebamme hinsichtlich des Pflegedienstes weisungsbefugt ist.”
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abschnitts A ist nach seiner Überschrift, daß das Krankenpflegepersonal “unter die Sonderregelungen 2a oder 2e III” fällt. Die Sonderregelungen 2e III kommen hier nicht in Betracht, da diese Regelungen nur “für Angestellte in Bundeswehrkrankenhäusern” gelten.
Die Sonderregelungen 2a gelten nach ihrer Überschrift “für Angestellte in Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen (SR 2a BAT)”. Der Geltungsbereich der SR 2a BAT ist in Nr. 1 der Sonderregelungen wie folgt umschrieben:
“Diese Sonderregelungen gelten für die in Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, beschäftigten Angestellten. Dazu gehören auch die Angestellten, die in Anstalten beschäftigt sind, in denen eine ärztliche Eingangs-, Zwischen- und Schlußuntersuchung stattfindet (Kuranstalten und Kurheime), ferner die Angestellten in Krankenanstalten und Krankenabteilungen des Justizvollzugsdienstes, die nicht im Aufsichtsdienst tätig sind, die Angestellten in medizinischen Instituten von Kranken-, Heil- oder Pflegeanstalten (z. B. pathologischen Instituten oder Röntgeninstituten) sowie die Angestellten in Alters- und Pflegeheimen mit überwiegend krankenpflegebedürftigen Insassen.
Diese Sonderregelungen gelten nicht für Angestellte, die unter die Sonderregelungen 2c oder 2e III fallen.”
Auch die Sonderregelungen 2c bleiben hier außer Betracht, da sie nur “für Ärzte und Zahnärzte an den in den SR 2a und SR 2b genannten Anstalten und Heimen” gelten.
Das von der Beklagten betriebene Rehabilitationszentrum fällt nicht unter den Geltungsbereich der SR 2a BAT. Dies ergibt die Auslegung der Nr. 1 der SR 2a BAT. Nach den Grundsätzen der Tarifauslegung ist hierbei in erster Linie auf den Wortlaut und den Gesamtzusammenhang der tariflichen Vorschriften abzustellen (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Wegen des Gesamtzusammenhangs der tariflichen Regelungen ist zur Abgrenzung des Geltungsbereichs der SR 2a BAT auch der Geltungsbereich der SR 2b BAT zu berücksichtigen, da diese Sonderregelungen auf die SR 2a BAT Bezug nehmen. Die SR 2b BAT gelten “für Angestellte in Anstalten und Heimen, die nicht unter die Sonderregelungen 2a fallen”. In Nr. 1 SR 2b BAT heißt es zum Geltungsbereich:
“Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte in Anstalten und Heimen, die nicht unter die Sonderregelungen 2a fallen, wenn sie
der Förderung der Gesundheit,
der Erziehung, Fürsorge oder Betreuung von Kindern und Jugendlichen,
der Fürsorge oder Betreuung von obdachlosen, alten, gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen
dienen.
Dazu gehören auch die Angestellten in Anstalten, in denen die betreuten Personen nicht regelmäßig ärztlich behandelt und beaufsichtigt werden (Erholungsheime).
Diese Sonderregelungen gelten nicht für Angestellte, die unter die Sonderregelungen 2c oder 2e III fallen.
Für Angestellte in Anstalten und Heimen, in denen bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrages die Kr. T angewendet worden ist, gelten die Sonderregelungen 2a weiter.”
Nach dem Wortlaut der tariflichen Regelung genügt es für die Anwendung der SR 2a BAT, daß der Angestellte in einer Anstalt oder in einem Heim beschäftigt ist, in dem die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen. Diese Voraussetzung könnte für die Beklagte zwar bejaht werden, da die Mehrzahl der bei der Beklagten ausgebildeten Jugendlichen sowohl bei der Aufnahme als auch beim Ende der Ausbildung von Ärzten der Beklagten untersucht werden und auch während der Ausbildung ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen.
Demgegenüber ist aber zu berücksichtigen, daß auch in den Anstalten und Heimen der Sonderregelungen 2b BAT, deren Angestellte nicht von Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT erfaßt werden, ärztliche Behandlungen durchgeführt werden. Dies ergibt sich aus Nr. 1 Abs. 2 SR 2b BAT, wonach unter den Geltungsbereich dieser Sonderregelungen auch die Angestellten in Anstalten fallen, in denen die betreuten Personen nicht regelmäßig ärztlich behandelt und beaufsichtigt werden. Die besondere Erwähnung der nicht regelmäßigen ärztlichen Behandlung in Abs. 2 bedeutet, daß im übrigen unter diese Sonderregelungen auch Anstalten fallen können, in denen die betreuten Personen regelmäßig ärztlich behandelt und beaufsichtigt werden, z. B., wenn in der Anstalt alte und gebrechliche Personen untergebracht sind und dort regelmäßig ärztlich behandelt werden, ohne daß eine fortdauernde Erkrankung mit ständiger Krankenpflegebedürftigkeit vorliegt.
Daraus folgt, daß die Abgrenzung der Sonderregelungen 2a und 2b BAT nicht nach Art und Umfang der ärztlichen Behandlung der jeweils untergebrachten Personen vorgenommen werden kann. Sowohl in den Heimen der Sonderregelungen 2a BAT als auch in den Heimen der Sonderregelungen 2b BAT kommen regelmäßige ärztliche Behandlungen und Beaufsichtigungen in Betracht. Die Abgrenzung kann daher mit dem Landesarbeitsgericht nur nach dem Zweck der Anstalten und Heime vorgenommen werden. Die Zweckbestimmung der Heime und Anstalten der Sonderregelungen 2a BAT läßt sich den dort genannten Beispielen entnehmen, während die Zweckbestimmung der Sonderregelungen 2b BAT sich unmittelbar aus Nr. 1 Abs. 1 dieser Sonderregelungen ergibt.
Für die Anstalten und Heime der Sonderregelungen 2a BAT ist kennzeichnend, daß sie der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Behandlung einer Krankheit der in ihnen untergebrachten Personen dienen. Für Krankenanstalten liegt dies auf der Hand. In Kuranstalten und Kurheimen soll die Gesundheit der Insassen wiederhergestellt oder stabilisiert werden. In Krankenanstalten und Krankenabteilungen des Justizvollzugsdienstes werden Krankheiten der Gefangenen behandelt. Pathologische und Röntgeninstitute sind mit Untersuchungen von Krankheiten befaßt. Alters- und Pflegeheime fallen nur dann unter die Sonderregelungen 2a BAT, wenn die Insassen überwiegend krankenpflegebedürftig sind und der Zweck des Heimes damit in der Behandlung von Krankheiten besteht. Demgegenüber besteht der Zweck der Anstalten und Heime der Sonderregelungen 2b BAT nicht in der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Behandlung von Krankheiten der untergebrachten Personen, sondern diese Anstalten und Heime “dienen” der Förderung der Gesundheit, der Erziehung, Fürsorge oder Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der Fürsorge oder Betreuung von obdachlosen, alten, gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen. Daß für diesen Personenkreis eine ärztliche Behandlung nötig sein kann oder auch regelmäßig durchgeführt wird, ist für die Zweckbestimmung unerheblich. Der Zweck dieser Anstalten und Heime liegt jedenfalls nicht in der Behandlung von Krankheiten, sondern in den genannten anderen Zielen, was eine regelmäßige ärztliche Behandlung aber nicht ausschließt.
Nach diesen Grundsätzen ist das Rehabilitationszentrum der Beklagten keine Anstalt im Sinne der Sonderregelungen 2a BAT, da der Zweck des Rehabilitationszentrums nicht in der Behandlung von Krankheiten der Jugendlichen besteht, sondern in der beruflichen Ausbildung, die allerdings von einer medizinischen Betreuung begleitet wird. Im Gegensatz zu den Anstalten und Heimen der SR 2a BAT sind die Jugendlichen, die in dem Rehabilitationszentrum der Beklagten ausgebildet werden, nicht von vornherein medizinisch behandlungsbedürftig (krankenpflegebedürftig).
Dennoch könnte der Kläger nach Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT eingruppiert werden, wenn er zum Pflegepersonal im Sinne der Vorbemerkung des Abschnitts B gehörte. Diese Vorbemerkung lautet:
“Krankenschwestern/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwestern werden nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe Kr. IV oder einer höheren Vergütungsgruppe des Abschnitts A eingruppiert, wenn sie eine diesen Tätigkeitsmerkmalen entsprechende Tätigkeit ausüben und der Abschnitt B ein Tätigkeitsmerkmal für diese Tätigkeit nicht enthält.”
Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen jedoch nicht, weil seine Tätigkeit von folgendem Tätigkeitsmerkmal des Abschnitts B erfaßt wird:
“Vergütungsgruppe Kr. V
Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen. Er ist ausgebildeter Krankenpfleger; ihm sind unstreitig neun Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt. Der Kläger erhält zwar Vergütung nach VergGr. Kr. VI BAT, dies ist aber eine übertarifliche Vergütung, da in VergGr. Kr. VI BAT nur Krankenpfleger eingruppiert sind, denen mindestens zehn Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.
Nach dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung, die für die Tarifauslegung entscheidend ist, werden in Abschnitt B in den Fallgruppen, die für Krankenpfleger gelten, denen eine bestimmte Anzahl von Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt ist, die Leitungstätigkeiten dieser Krankenpfleger voll erfaßt. Der Abschnitt B enthält zwar keine Merkmale für Leitende Krankenpfleger, für die nach der Protokollerklärung Nr. 13 kennzeichnend ist, daß sie die Gesamtverantwortung für den Pflegedienst tragen. Dies beruht aber ersichtlich darauf, daß die Tarifvertragsparteien davon ausgingen, in den Anstalten des Abschnitts B gebe es im Krankenpflegebereich nicht mehrere Stationen, die unter eine einheitliche Leitung gestellt werden müßten, sondern jeweils – wie im vorliegenden Fall – nur eine Station, deren Leiter nach den Merkmalen der Anzahl der unterstellten Pflegepersonen eingruppiert wird. Nur so ist es zu erklären, daß in Abschnitt A bei den Merkmalen für Leitende Krankenpfleger keine Unterstellung einer bestimmten Anzahl von Pflegepersonen verlangt wird, sondern nur die Beschäftigung einer bestimmten Anzahl von Pflegepersonen in der betreffenden Anstalt bzw. Pflegebereich. Dies ergibt dann einen Sinn, wenn der Leitende Krankenpfleger die Gesamtverantwortung für die Krankenpfleger trägt, die ihre jeweilige Station leiten und denen ihrerseits eine bestimmte Anzahl von Pflegepersonen ständig unterstellt ist. Dem Leitenden Krankenpfleger sind diese Pflegepersonen nicht unmittelbar unterstellt. Er trägt vielmehr die Gesamtverantwortung für den Pflegebereich.
Mit dieser Auslegung wird auch ein Wertungswiderspruch in den höheren Vergütungsgruppen vermieden. In Abschnitt B sind in VergGr. Kr. VIII Fallgruppe 1 eingruppiert “Krankenpfleger …, denen mindestens 50 Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind”. Demgegenüber erfordert in Abschnitt A das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Kr. VIII Fallgruppe 1 für Leitende Krankenpfleger, daß in ihren Anstalten bzw. Pflegebereichen “mindestens 75 Pflegepersonen beschäftigt sind”. Wäre der Kläger als Leitender Krankenpfleger anzusehen, könnte er danach nicht in VergGr. Kr. VIII BAT, sondern nur in die niedrigere VergGr. Kr. VII BAT eingruppiert werden, wenn in seinem Pflegebereich mehr als 49 und bis zu 74 Pflegepersonen beschäftigt sind. Nach Abschnitt B erhält jedoch der Krankenpfleger, dem mindestens 50 Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind, Vergütung nach VergGr. Kr. VIII (Fallgruppe 1) BAT. Für die höheren Vergütungsgruppen gilt entsprechendes. Auch daraus wird ersichtlich, daß die Tarifvertragsparteien in Abschnitt B die Leitungsaufgaben der Krankenpfleger mit den entsprechenden Tätigkeitsmerkmalen abdecken wollten.
An dieser Rechtslage hat sich durch die Neufassung der Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1b zum BAT ab 1. August 1989 nichts geändert. In der nunmehr geltenden Protokollerklärung Nr. 20 haben die Tarifvertragsparteien sogar klargestellt, daß Leitende Krankenschwestern (dazu gehören nach der Vorbemerkung Nr. 1 zur Anlage 1b auch die Krankenpfleger) Krankenschwestern sind, “die die Gesamtverantwortung für den Pflegedienst des Krankenhauses bzw. des zugeteilten Pflegebereichs haben”. Damit ist nun ausdrücklich der Tätigkeitsbereich der Leitenden Krankenschwestern im Sinne der tariflichen Tätigkeitsmerkmale auf das Krankenhaus beschränkt. Ein solches betreibt aber die Beklagte nicht.
Der Kläger hat gemäß § 97 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Schaub, Dr. Freitag, Dr. Etzel, Wiese, Schnalz
Fundstellen