Leitsatz (redaktionell)
(Fristbeginn nach § 626 BGB bei Gesamtvertretung)
Sind die Mitglieder des Vorstandes eines eingetragenen Vereins nach der Satzung nur insgesamt zur Kündigung der "Angestellten" des Vereins berechtigt, dann beginnt die Ausschlußfrist des § 626 Abs 2 BGB entsprechend der Regelung des § 28 Abs 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem ein Vorstandsmitglied von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
Verfahrensgang
LAG München (Entscheidung vom 07.07.1982; Aktenzeichen 5 Sa 69/82) |
ArbG München (Entscheidung vom 08.12.1981; Aktenzeichen 9 Sa 10351/80) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob es sich bei einem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten vom 25. September 1980 um eine außerordentliche Kündigung handelt und ob diese mangels rechtzeitig erhobener Kündigungsschutzklage als von Anfang an wirksam anzusehen ist. Sie streiten ferner über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und vorsorglich ordentlichen Kündigung des Beklagten vom 29. September 1980.
Der am 13. Februar 1921 geborene Kläger ist zugelassener Rechtsanwalt. Seit dem 1. März 1952 war er Geschäftsführer des Bezirks Oberbayern des Beklagten. Am 8. November 1962 schlossen die Parteien einen "Dienstvertrag", der u.a. folgende Regelungen enthielt:
"1. Herr Rechtsanwalt Dr. Albert S stellt dem
B (B )
seine Dienste als Geschäftsführer wie bisher
(seit 1.3.1952) zur Verfügung. Es wird Herrn RA.
Dr. S gestattet, eine Anwaltskanzlei in den
Büroräumen zu betreiben, die sich jedoch auf die
Verbandstätigkeit nicht nachteilig auswirken
darf.
2. Für seine Tätigkeit erhält Herr RA. Dr. S
seit 1.7.1961 ein Monatsgehalt von DM 1.200,--
brutto und ein Honorar von DM 120,--. Es werden
die Reisespesen und Auslagen nach den vom Vor-
stand beschlossenen Sätzen erstattet.
.....
5. Der Dienstvertrag wird auf unbestimmte Zeit ab-
geschlossen; er kann beiderseits mit einer Frist
von sechs Monaten zum 30. Juni bezw. zum 31. Dezem-
ber gekündigt werden.
Nach zehnjähriger Tätigkeit beim B , gerechnet
vom Eintrittsdatum an, kann der Dienstvertrag nur
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Per-
son mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahres-
ende gekündigt werden.
....."
Mit Wirkung vom 1. Januar 1975 ist der Kläger zum Hauptgeschäftsführer des Beklagten bestellt worden. Der Beklagte hatte einen Vertragsentwurf vorbereitet, der dem Kläger in der Sitzung des Vorstandes ("Präsidiums") im Anschluß an seine Wahl verlesen wurde. Der Vertragstext hat u.a. folgenden Wortlaut:
"1. Herr Dr. S tritt die Position des Hauptge-
schäftsführers des B am 1. Januar 1975 an. Ihm
obliegt die Leitung der Geschäftsführung; es un-
terstehen ihm organisatorisch und disziplinär alle
in diesem Bereich tätigen Mitarbeiter. Er hat die
Aufgabengebiete der Geschäftsführer, Sachbearbei-
ter und Angestellten einzuteilen und abzugrenzen.
RA Dr. S ist an die Weisungen und Beschlüsse
der satzungsgemäßen Organe des Verbandes gebunden.
2. Für die Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer erhält
Dr. S ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von
DM 3.500,--. Soweit aus Gründen der Geldentwertung
oder anderen Gründen bis zum 1. Januar 1975 die Ge-
hälter der übrigen Verbandsmitarbeiter angehoben
werden, erhöht sich im gleichen Verhältnis das An-
fangsgehalt von Herrn Dr. S .
Das Gehalt ist im nachhinein zum Monatsende zahlbar.
Reisekosten und sonstiger Aufwand werden nach den
Richtlinien des Verbandes erstattet.
.....
5. RA Dr. S wird sein Wissen und Können in den
Dienst des Verbandes stellen. Bei dem Umfang dieser
Aufgabe ist jede andere vertragliche Tätigkeit gegen
Entgelt als Syndikus oder Berater ausgeschlossen,
soweit sie nicht vom Präsidium im Einzelfall geneh-
migt wird.
Der Status als Rechtsanwalt und die dafür erforder-
liche Anwaltstätigkeit werden anerkannt.
6. Der Dienstvertrag wird auf unbestimmte Zeit abge-
schlossen; er kann nur bei Vorliegen eines wichtigen
Grundes beiderseits mit einer Frist von sechs Mona-
ten zum Jahresende gekündigt werden.
Ein Verstoß gegen Ziff. 5 wäre als ein wichtiger
Grund anzusehen."
Diesen Text hat der Kläger nach den Angaben der Beklagten mündlich akzeptiert. Er weigerte sich aber in der Folgezeit, den Vertrag zu unterschreiben. Seine bis dahin bereits wahrgenommenen Tätigkeiten als Justitiar der Firma "Wienerwald" und frei praktizierender Anwalt, letzteres in einem von dem Beklagten gemieteten Raum in der Geschäftsstelle des Beklagten, übte er weiterhin aus. Daneben war der Kläger Geschäftsführer der B Bildungsgesellschaft mbH und der Ba GmbH. Von dieser und dem Beklagten erhielt der Kläger eine monatliche Vergütung von zuletzt je 5.500,-- DM brutto im Monat.
Jedenfalls ab Frühjahr 1980 kam es zu Spannungen zwischen dem Kläger und dem Präsidenten des Beklagten. In einer Sitzung des Präsidiums des Beklagten am 23. Juli 1980 verlas einer der beiden Vizepräsidenten dem Kläger einen Präsidiumsbeschluß, durch den dem Kläger nahegelegt wurde, sein Dienstverhältnis selbst zu kündigen. In dem Beschluß hieß es weiter:
"Für den Fall der Ablehnung beschließt das Präsidium
hiermit eine Kündigung des Dienstverhältnisses des
Herrn Dr. S per 31.12.1980 unter sofortiger Ein-
stellung jeder Tätigkeit in den Räumen des B ."
Mit Urteil vom 13. Januar 1981 (7 Ca 8484/80 - ArbG München) stellte das Arbeitsgericht fest, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch eine Kündigung des Beklagten vom 23. Juli 1980 nicht aufgelöst worden sei, weil der Beklagte unter diesem Datum keine Kündigung ausgesprochen habe. Dieses Urteil ist durch Rücknahme der durch den Beklagten eingelegten Berufung rechtskräftig geworden.
Unter dem 25. September 1980 hat der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten an die Prozeßvertreter des Klägers ein Schreiben gerichtet, dessen Inhalt sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergibt.
Mit Datum vom 29. September 1980 hat der Beklagte an den Kläger ein von seinem Vizepräsidenten unterzeichnetes Schreiben gesandt, in dem er eine fristlose Kündigung und vorsorglich eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat. Diese Kündigung ist dem Kläger per Einschreiben am 30. September 1980 zugegangen.
Mit der am 10. Oktober 1980 bei dem Arbeitsgericht München eingegangenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger beantragt festzustellen, daß das zwischen den Streitteilen bestehende Anstellungsverhältnis nicht aufgelöst sei. Das Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten vom 25. September 1980 wird in der Klageschrift nicht erwähnt. Der Kläger wandte sich erstmals mit einem in der streitigen Verhandlung am 12. November 1981 vor dem Arbeitsgericht München gestellten Feststellungsantrag auch gegen eine von der Beklagten angenommene Kündigung vom 25. September 1980.
Der Kläger hat vorgetragen, das Schreiben vom 25. September 1980 enthalte keine Kündigung, sondern nur deren Ankündigung. Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten habe dem Schreiben keine Vollmacht zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung beigefügt und sei auch zu einer solchen nicht bevollmächtigt gewesen. Seine Prozeßvertreter seien zudem nicht zur Entgegennahme von Kündigungen bevollmächtigt gewesen. Die im Schreiben vom 29. September 1980, das allein als Kündigung in Betracht komme, genannten unzutreffenden Kündigungsgründe seien dem Präsidenten und allen anderen Präsidiumsmitgliedern des Beklagten seit längerer Zeit bekannt gewesen, so daß der Beklagte nicht innerhalb der Zwei- Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gekündigt habe. Aufgrund eines Auftrags des Beklagten vom 17. März 1980 habe die Treuhand AG Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Buchungsbereiche Bewirtung, Repräsentation, Geschenke, Reisekosten und Aufwandsentschädigung dahingehend überprüft, ob den gebuchten Beträgen Belege zugrundeliegen und diese ihrer Höhe und ihrem Inhalt nach durch den Geschäftsbetrieb veranlaßt seien. Das Ergebnis sei dem Präsidium in einer Sitzung am 16. April 1980 bekanntgegeben worden, womit die Frist des § 626 Abs. 2 BGB am 17. April 1980 zu laufen begonnen habe. Danach habe es keine weiteren neuen Erkenntnisse gegeben. Selbst wenn man insoweit anderer Ansicht sein sollte, hätte das Präsidium sich um schnellstmögliche Klärung der angeblichen Verfehlungen bemühen und der Präsident das Präsidium umgehend von dem Ergebnis in Kenntnis setzen müssen. Abgesehen davon komme es für den Lauf der Frist nur auf die Kenntnis des Präsidenten an, der allein berechtigt sei, ohne Genehmigung oder Zustimmung des Präsidiums leitende Angestellte einzustellen oder ihnen zu kündigen. Es genüge sogar die Kenntnis eines Präsidiumsmitgliedes.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Streitteilen be-
stehende Anstellungsverhältnis weder durch die Kündi-
gung vom 25. September 1980 noch durch die Kündigung
vom 29. September 1980 aufgelöst ist.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei bereits durch eine am 25. September 1980 von seinem Prozeßbevollmächtigten ausgesprochene, vom Kläger nicht angegriffene und deswegen nach § 7 KSchG wirksame Kündigung beendet worden. Die in dem Schreiben enthaltene Kündigungserklärung sei eindeutig. Außerdem sei dadurch, daß der Kläger den Dienstvertragsentwurf für seine Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer nicht unterzeichnet habe, gemäß § 154 Abs. 2 BGB mangels Unterzeichnung kein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Es sei vielmehr nur ein faktisches Arbeitsverhältnis begründet worden. Für den Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB komme es auf die Kenntnis des Präsidiums an. Erst nach dem tatsächlichen Ausscheiden des Klägers am 23. Juli 1980, nicht schon Anfang 1980, seien dem Präsidium, insbesondere dem Präsidenten, durch Mitarbeiter die zahlreichen Vorfälle bekannt geworden, die Anlaß der Kündigung seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.
Im Berufungsverfahren hat der Beklagte insbesondere ausgeführt, für den Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB könne nicht schon und allein auf die Kenntnis seines Präsidenten abgestellt werden. Er hat weiter vorgetragen, eine Zusammenarbeit mit dem Kläger sei nicht mehr möglich wegen des vom Kläger veranlaßten Vertrauensverlustes, seiner Kompetenzüberschreitungen und der offenen Konfrontation zwischen ihm und dem Präsidenten. Der Beklagte hat deswegen weiter beantragt, gemäß § 9 KSchG das Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Der Kläger hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hat darauf verwiesen, bei einer fristlosen Kündigung komme eine Auflösung durch Gerichtsurteil nicht in Betracht. Auch für eine umgedeutete oder hilfsweise ordentliche Kündigung sei Voraussetzung, daß der Beklagte zu einer ordentlichen Kündigung überhaupt befugt gewesen sei.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung mit einem am 7. Juli 1982 verkündeten Urteil zurückgewiesen, das den Parteien am 28. Januar 1983 mit vollständiger Begründung zugestellt worden ist.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte nur noch seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
A. Die Rüge der Revision, das Berufungsurteil sei als nicht mit Gründen versehen anzusehen (§ 551 Nr. 7 ZPO), weil erst nach Ablauf von über sechs Monaten nach ihrer Verkündung die Entscheidung den Parteien vollständig abgefaßt zugestellt worden sei, ist unbegründet. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der neueren Rechtsprechung des Vierten Senates an.
I. 1. In der Entscheidung vom 18. Juni 1980 (BAG 33, 208 = AP Nr. 10 zu § 551 ZPO, unter I der Gründe) hat der Vierte Senat bei einem Zeitraum von zehn Monaten zwischen Verkündung des Urteils und seiner Zustellung den absoluten Revisionsgrund des § 551 Nr. 7 ZPO für nicht gegeben gehalten. Er hat dazu ausgeführt, die verspätete Abfassung der Entscheidungsgründe könne schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht mit einer fehlenden, teilweise fehlenden oder widersprüchlichen Urteilsbegründung gleichgesetzt werden. Es ergäben sich auch praktische Schwierigkeiten, im Einzelfalle festzulegen, von welchem Zeitpunkt an eine verspätete Zustellung mit der Rechtsfolge des Eintritts der Wirkungen des § 551 Nr. 7 ZPO anzunehmen sei. Anders als bei § 338 StPO habe der Gesetzgeber eine entsprechende Änderung der ZPO nicht vorgenommen. Auch der Bundesgerichtshof habe in vergleichbaren Fällen gefordert, daß dem jeweiligen Revisionskläger verfahrensrechtliche Nachteile hätten entstehen können. Es könne keineswegs zwingend angenommen werden, daß bei einer relativ späten schriftlichen Niederlegung der Urteilsgründe dem betreffenden Richter die Eindrücke der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr geläufig und präsent seien. Dagegen spräche schon, daß sich Richter üblicherweise schon während der Sitzungen und Beratungen oder kurz danach entsprechende Notizen anfertigen würden und daß sie in Zivilsachen zudem jeweils auf den Akteninhalt und ihre bei der Terminsvorbereitung angefertigten Aufzeichnungen zurückgreifen könnten. Weiterführend hat der Vierte Senat in dem Urteil vom 13. Mai 1981 (BAG 35, 251, 255 - 259 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Presse) mit gleicher Begründung auch bei einem Zeitraum von mehr als 14 Monaten das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 551 Nr. 7 ZPO verneint.
Mit dem Urteil vom 24. Februar 1982 (BAG 38, 55, 57 - 59 = AP Nr. 1 zu § 68 ArbGG 1979) hat der Vierte Senat diese Rechtsprechung eingeschränkt und sich zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSGE 51, 122) und Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 50, 278) angeschlossen, nach denen bei einem Zwischenraum von mehr als einem Jahr zwischen Verkündung und Zustellung das Urteil als nicht mehr mit Gründen versehen im Sinne von § 551 Nr. 7 ZPO angesehen werden könne. Das gelte vor allem auch im Hinblick auf das besondere Gebot der Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. An dieser Rechtsprechung hat der Vierte Senat in den Urteilen vom 9. März 1983 - 4 AZR 350/81 - (nicht veröffentlicht) und vom 7. Dezember 1983 - 4 AZR 394/81 - (DB 1984, 1203) festgehalten und insbesondere § 551 Nr. 7 ZPO dann nicht angewandt, wenn zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils nur etwas mehr als sechs Monate lagen. Dies gilt selbst dann, wenn die Jahresfrist nur um wenige Tage unterschritten wird (Urteil des Ersten Senats vom 27. März 1984 - 1 AZR 603/82 - nicht veröffentlicht).
II. Dieser Auffassung stimmt der erkennende Senat zu.
1. Anders als im Verfahren vor den ordentlichen Zivilgerichten droht dem Rechtsmittelkläger in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreiten kaum die Gefahr, ein Urteil nach Ablauf von fünf Monaten mit den Rechtsmitteln der Berufung oder Revision angreifen zu müssen, ohne die Gründe zu kennen, weil wegen des Erfordernisses der Rechtsmittelbelehrung die Rechtsmittelfrist gemäß § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG erst mit der Rechtsmittelbelehrung beginnt, die in der Regel Teil des vollständig abgefaßten Urteils ist. Es gibt auch keinen ausreichenden Anhaltspunkt dafür, wann innerhalb eines Jahres die Erinnerung der Richter an die Verhandlung so verblaßt wäre, daß eine Übereinstimmung der Gründe mit dem Beratungsergebnis nicht mehr gewährleistet ist.
2. Auch die Revision nennt keinen konkreten Grund dafür, warum vorliegend diese Besorgnis bestehen soll. Wie die eingehende und sorgfältige Begründung zeigt, hatte der Vorsitzende Richter des Berufungsgerichts die Entscheidungsgrundlagen noch im Gedächtnis. Das räumt auch die Revision ein. Es ist nicht einzusehen, weshalb das bei den ehrenamtlichen Richtern anders zu beurteilen ist. Warum ihre Erinnerungsfähigkeit konkret durch ihre beruflichen Aufgaben beeinträchtigt gewesen ist, hat die Revision nicht näher ausgeführt. Es muß im Gegenteil davon ausgegangen werden, daß bei ihnen zumindest bei dem Durchlesen des Urteils vor der Unterschriftsleistung Verhandlung und Beratung noch soweit präsent waren, daß sie die Übereinstimmung mit den Gründen der Beratung prüfen konnten. Das gilt im Streitfall insbes. deswegen, weil das angefochtene Urteil nicht auf einer Würdigung einander widersprechender Zeugenaussagen beruht und es deswegen nicht auf den durch die mündliche Verhandlung vermittelten persönlichen Eindruck der erkennenden Richter ankommt.
B. Das Landesarbeitsgericht hat ohne revisiblen Rechtsfehler angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei nicht durch eine von dem Beklagten mit Schreiben vom 25. Oktober 1980 ausgesprochene Kündigung beendet worden, und die durch das Schreiben vom 29. Oktober 1980 erklärte fristlose Entlassung sei weder als außerordentliche noch als ordentliche Kündigung wirksam.
I. Das Schreiben vom 25. Oktober 1980 hat das Berufungsgericht nicht als Ausspruch, sondern als Ankündigung einer Kündigung ausgelegt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der bezüglich des Schreibens des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten vom 25. September 1980 gestellte Antrag des Klägers sei dahin auszulegen, daß er festgestellt wissen wolle, daß das Arbeitsverhältnis fortbestehe. Mit diesem Inhalt sei der Antrag begründet, denn das Schreiben vom 25. September 1980 sei keine Kündigung, sondern erst die Ankündigung einer solchen. Der Kündigungsempfänger müsse eindeutig und zweifelsfrei erkennen können, daß der Kündigende mit dieser Erklärung das Arbeitsverhältnis auflösen wolle. Unklarheiten gingen zu Lasten des Kündigenden. Es komme darauf an, wie der Kündigungsempfänger die Erklärung im Zeitpunkt ihres Zugangs unter Würdigung der ihm bekannten oder erkennbaren Gegebenheiten und Begleitumstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte habe verstehen müssen. Dennoch könnten für die Beurteilung der Frage, ob eine Erklärung eine Kündigung sei oder nicht, im Zweifelsfalle auch Begleitumstände mitberücksichtigt werden, die sich im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an den Zugang der Erklärung ereignet hätten. Das gelte dann, wenn sich für den Erklärungsempfänger die nicht unberechtigte Frage stelle, ob die Erklärung eine Kündigung oder nur die Ankündigung einer solchen sein solle, und dann wenige Tage später wegen d e s s e l b e n Sachverhalts eine unzweifelhafte Kündigung erfolge, ohne daß dabei erkennbar sei, daß dies eine erneute Kündigungserklärung sein solle. Dann könne und dürfe der Erklärungsempfänger davon ausgehen, bei der ersten Erklärung habe es sich noch nicht um eine Kündigung, sondern nur um deren Ankündigung gehandelt. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, daß es ungewöhnlich sei, wenn ohne jeglichen erkennbaren Anlaß wegen desselben Grundes unmittelbar hintereinander zweimal gekündigt werde. Der Wortlaut des Schreibens vom 25. September 1980 "... darf ich ergänzend zu meinem bisherigen Schreiben mitteilen, daß eine erneute Kündigung gegen Herrn Dr. S ausgesprochen wird..." sei nicht völlig klar und eindeutig. Die Mitteilung, daß eine Erklärung "ausgesprochen wird", könne sowohl schon den Ausspruch beinhalten als ihn auch erst ankündigen. Wie der Empfänger eine solche Mitteilung werten dürfe, lasse sich dann nur aus den sonstigen Umständen entnehmen. Für eine Wertung als Kündigung spreche, daß das von einem Anwalt verfaßte Schreiben die geltend gemachten, zwischen den Parteien noch streitig diskutierten Kündigungsgründe ausführlich enthalte. Gegen eine solche Wertung spreche, daß der Beklagte selbst mit Schreiben vom 29. September 1980, also wenige Tage später, eindeutig und klar dem Kläger fristlos gekündigt, dabei dieselben Kündigungsgründe eingehend dargelegt habe und dieses Kündigungsschreiben in keiner Weise auf das Schreiben vom 25. September 1980 Bezug nehme. Diesem Umstand sei maßgebliche Bedeutung beizumessen. Der Einwand des Beklagten, er habe in dem Schreiben vom 25. September 1980 auch das Mietverhältnis über das Anwaltsbüro des Klägers gekündigt, und diese Erklärung habe der Kläger als Kündigung verstanden, sei nicht überzeugend.
2. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten den gegen sie erhobenen Angriffen der Revision stand.
a) Die durch das Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Schreibens vom 25. September 1980 betrifft die Ermittlung der Bedeutung einer individuellen, atypischen Erklärung. Sie ist deswegen revisionsrechtlich nur darauf hin zu überprüfen, ob sie gesetzlichen Auslegungsregeln, anerkannten Auslegungsgrundsätzen, Erfahrungssätzen, Denkgesetzen oder Verfahrensvorschriften entspricht, nach dem Wortlaut der Erklärung möglich ist und ob sie alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt (vgl. BAG Urteile vom 17. Februar 1966 - 2 AZR 162/65 - AP Nr. 30; vom 17. April 1970 - 1 AZR 302/69 - AP Nr. 32; BAG 22, 424 = AP Nr. 33, unter 1 a der Gründe, alle zu § 133 BGB; BAG 4, 360 = AP Nr. 15 zu § 242 BGB Ruhegehalt und BAG Urteil vom 27. Juni 1963 - 5 AZR 383/62 - AP Nr. 5 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß).
b) Bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabes greifen die von der Revision erhobenen Rügen nicht durch.
aa) Das gilt zunächst für den Hinweis des Beklagten, an der "Eindeutigkeit" der vertragsauflösenden Willenserklärung könne "bei objektiver Würdigung" kein Zweifel bestehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme des Berufungsgerichts, der Inhalt des Schreibens vom 25. September 1980 sei nicht eindeutig und deswegen auslegungsbedürftig, eine tatsächliche Feststellung enthält, an die der Senat wegen Fehlens einer Verfahrensrüge gebunden ist (so BAG Urteil vom 14. September 1972 - 5 AZR 212/72 - AP Nr. 34 zu § 133 BGB m.w.N. in der Anmerkung von Schumann). Auch wenn davon ausgegangen wird, es handele sich insoweit um eine revisible Aussage im Rahmen der Auslegung (so BGHZ 32, 60, 63; BGH LM Nr. 23 zu § 157 (D) BGB - vgl. zum Streitstand: MünchKomm-Mayer-Maly, BGB, § 133 Rz 46), ist der Senat entgegen der Auffassung des Beklagten nicht befugt, Willensäußerungen "selbständig auszulegen". Die Überprüfung ist vielmehr nur in dem bezeichneten Umfang möglich. Das bedeutet, daß der Senat an die Würdigung des Landesarbeitsgerichts gebunden ist, weil sie im Rahmen des § 133 BGB möglich und vertretbar ist.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat zwar bei seiner Auslegung insbes. darauf abgestellt, der Kläger habe das Schreiben vom 25. Oktober wegen der nachfolgenden ausdrücklichen und eindeutigen Kündigung vom 29. Oktober 1980 noch nicht als Kündigung zu werten brauchen. Die Berücksichtigung von Umständen, die erst nach dem Zugang einer Erklärung eingetreten sind, ist aber ausnahmsweise dann zulässig, wenn es sich um weitere Äußerungen handelt, die als Anzeichen für die tatsächliche Vorstellung des Erklärenden und das frühere Verständnis des Erklärungsempfängers von Bedeutung sind (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 3. Aufl., Bd. II, S. 310; BGH LM Nr. 7 zu § 133 (B) BGB). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, weil der unmißverständliche Ausspruch der Kündigung vom 29. Oktober 1980 geeignet war, die Erwartung des Klägers zu bestätigen, es bedürfe noch dieser eindeutigen Erklärung.
cc) Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe das erkennbare Bestreben des Beklagten, sich nach der zweifelhaften Kündigung vom 23. Juli 1980 so rasch wie möglich vom Kläger zu trennen, nicht gewürdigt. Daraus läßt sich nichts für die Frage herleiten, ob dies schon in dem Schreiben vom 25. Oktober 1980 hinreichend zum Ausdruck gekommen ist.
dd) Im übrigen ist die Revision mit ihrem Vortrag bemüht, den vom Berufungsgericht behandelten Umständen ein anderes Gewicht und größere Bedeutung für die von ihr vertretene Auslegung zu geben. Sie bezeichnet damit jedoch keinen Rechtsfehler, sondern versucht nur erfolglos, die mögliche Auslegung durch das Berufungsgericht durch eine vermeintlich naheliegendere zu ersetzen.
II. Wie das Landesarbeitsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, ist die Kündigung vom 29. September 1980 schon deswegen nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam, weil der Beklagte nicht substantiiert vorgetragen hat, sein Präsident habe von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung Kenntnis erlangt.
1. Die Revision hat die insoweit vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen über den Vortrag des Beklagten zur Kenntnis seines Präsidenten nicht angegriffen. Sie rügt nur eine unrichtige Auslegung des § 626 Abs. 2 BGB, weil nach Ansicht des Beklagten Kündigungsberechtigter i.S. dieser Vorschrift nicht der Präsident allein, sondern das Präsidium (der Vorstand) insgesamt ist. Das trifft nicht zu.
2. Der Senat folgt der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Auffassung aus folgenden Gründen:
a) Die Revision kann ihre abweichende Ansicht nicht aus der Vertretungsregelung in der Satzung des Beklagten in Verbindung mit dem Wortlaut des § 626 Abs. 2 BGB herleiten.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Beklagten ist dessen Vorstand i.S. des § 26 BGB "das Präsidium", das aus sieben Mitgliedern besteht und in dem der Präsident Sitz und Stimme hat. Zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung des Beklagten sind zwar allgemein nach § 21 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Satzung der Präsident oder jeweils zwei Präsidialmitglieder gemeinsam berechtigt. Diese weitgehende Vertretungsmacht des Präsidenten wird jedoch - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht nur im Innenverhältnis durch § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 der Satzung insbes. auch für die Kündigung des Klägers eingeschränkt. Nach dieser Bestimmung beschließt das Präsidium über die Einstellung und Entlassung der Angestellten des Beklagten. "Es schließt und löst die dazu erforderlichen Verträge".
Wie die Revision verkennt, regelt diese Vorschrift aber nur die Aktivvertretung des Beklagten nach § 26 BGB. Sie besagt nichts darüber, ob im Rahmen der "Passiv-" bzw. "Wissensvertretung" die Kenntnis rechtserheblicher Tatsachen durch ein Mitglied des Präsidiums dem Vertretungsorgan insgesamt zuzurechnen ist. Der Satzung könnte zudem auch für die Klärung dieser Frage keine eigenständige Bedeutung zukommen, weil § 626 Abs. 2 BGB eine zwingende gesetzliche Vorschrift ist, die ebensowenig wie durch einen Tarifvertrag auch durch die Satzung des Beklagten ausgeschlossen oder abgeändert werden könnte (BAG Urteil vom 12. Februar 1973 - 2 AZR 116/72 - und vom 12. April 1978 - 4 AZR 580/76 -, AP Nr. 6 und 13 zu § 626 BGB Ausschlußfrist).
Auch § 626 Abs. 2 BGB gibt für die zu klärende Problematik keinen Aufschluß. Entgegen der Auffassung der Revision ist allein dem Wortlaut ("der Kündigungsberechtigte Kenntnis erlangt") noch nicht zu entnehmen, ob dann, wenn der "Kündigungsberechtigte" keine Einzelperson ist, die Kenntnis aller Mitglieder des Organs erforderlich ist (KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 626 BGB Rz 245).
b) Da § 626 Abs. 2 BGB ohne Rücksicht auf die Rechtsnatur einer Vertragspartei nur allgemein die fristgebundene Ausübung des Kündigungsrechts regelt, sind die Folgen der Kenntnis eines Gesamtvertreters bzw. eines Mitgliedes eines zur Kündigung berechtigten Organs jeweils nach den für die Rechtsform der kündigungsberechtigten Partei geltenden besonderen Vertretungs- und Zurechnungsnormen sowie allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu bestimmen.
aa) Für den Beklagten als rechtsfähigen Verein wird die sogen. Passivvertretung in § 28 Abs. 2 BGB geregelt. Danach vertritt bei der Entgegennahme einer Willenserklärung jedes Vorstandsmitglied allein den Verein. Nach seit Jahrzehnten gefestigter Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung ist § 28 Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden, wenn es rechtlich bedeutsam ist, ob der Verein als Vertragspartner eine Tatsache kennt und nur ein Mitglied die entsprechende Kenntnis hat (vgl. RGZ 53, 227, 231; 57, 93, 94; 59, 400, 408; JW 1911, 1012, 1013; 1914, 399, 401; BGHZ 20, 149, 153; 41, 282, 287; Staudinger/Coing, BGB, 12. Aufl., 1980, § 26 Rz 22; Erman/Westermann, BGB, 7. Aufl., 1981, § 28 Rz 3; MünchKomm-Reuter, BGB, § 28 Rz 5, 6; BGB-RGRK-Steffen, 12. Aufl., 1982, § 28 Rz 6; Reichert/Dannecker/Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 3. Aufl., 1984, Rz 904; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 12. Aufl., 1983, Rz 241; insoweit auch Soergel/Schultze-v. Lasaulx, BGB, 11. Aufl., 1978, § 26 Rz 9; a.A. nur Baumann, ZGR 1973, 284 ff.). Das gilt nicht nur für die Ausübung des Gestaltungsrechtes der Anfechtung nach § 119 oder § 123 BGB, sondern nach dem arbeitsrechtlichen Schrifttum auch für die Kenntnis von den Gründen für eine außerordentliche Kündigung (Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., 1979, § 626 Rz 78; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 626 BGB Rz 244; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 125 IV 4 c, S. 773; Stahlhacke, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Aufl., Rz 358; Wiesner, BB 1981, 1533, 1536).
bb) Diese Ergänzung des § 626 Abs. 2 BGB ist aus Gründen der Systematik und zur Verwirklichung des Zweckes der Ausschlußfrist erforderlich. Bereits das Reichsgericht hat diese Lösung als allgemeines Rechtsprinzip (RGZ 53, 227, 231) und als in der Natur der Sache liegend bezeichnet (RG JW 1935, 2044).
Wie die Revision übersieht, hat Wiesner (aaO) keine neue Ansicht vertreten, sondern lediglich die ganz herrschende Meinung rechtsdogmatisch überzeugend zusammengefaßt. Die Grundsätze über die Zurechnung des Wissens eines Organwalters für die juristische Person gelten zudem nicht nur für den eingetragenen Verein, sondern kraft ausdrücklicher Rechtsnorm auch für zahlreiche andere juristische Personen, so gem. § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG für den Vorstand der AG, gem. § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG für mehrere Geschäftsführer einer GmbH und gem. § 25 Abs. 1 Satz 3 GenG für den Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft.
Wenn gem. § 28 Abs. 2 BGB bei der Passivvertretung die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme von einer Willenserklärung durch ein Vorstandsmitglied dem Verein als Zugang mit allen Rechtsfolgen zugerechnet wird, dann ist es sachlich nicht zu begründen, weshalb die positive Kenntnis von reinen Tatsachen bei einem Vorstandsmitglied nicht dem Verein als Kenntnis zuzurechnen sein soll.
Das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, im Interesse der Rechtssicherheit alsbald zu klären, ob der andere Vertragsteil aus dem Vorliegen eines wichtigen Grundes Folgen zieht (vgl. BAG 23, 475 = AP Nr. 1 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, unter II der Gründe; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 626 BGB Rz 218), muß auch dann verwirklicht werden, wenn "der Kündigungsberechtigte" keine Einzelperson ist. Es mag sein, daß es bei dem Beklagten schwierig ist, innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Kenntnis durch ein Präsidiumsmitglied ein Zusammentreten des Präsidiums zu erwirken, damit dieses über den Vorgang entscheiden kann. Diese organisatorischen Schwierigkeiten können jedoch nicht zu Lasten des Klägers gehen. Der Beklagte hat es in der Hand, durch die Gestaltung der Satzung und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß er auch für eine außerordentliche Kündigung die Ausschlußfrist einhalten kann (vgl. Staudinger/Neumann, aaO, § 626 Rz 78).
cc) Der vorliegend vertretenen Auffassung stehen die Entscheidung des Vierten Senates vom 20. April 1977 - 4 AZR 778/75 - (AP Nr. 1 zu § 54 BAT) und ebenso das Urteil des Siebten Senates vom 22. Februar 1984 - 7 AZR 516/82 - n.v. nicht entgegen, weil die anzuwendenden Gemeindeordnungen keine dem § 28 Abs. 2 BGB für den Verwaltungsausschuß als Kündigungsberechtigten vergleichbare Zurechnungsnorm enthielten. Das gilt auch für das Urteil des erkennenden Senates vom 5. Mai 1977 (BAG 29, 158 = AP Nr. 11 zu § 626 BGB Ausschlußfrist) für eine Genossenschaft, weil es dort nicht um die Kenntnis eines Mitglieds der zur Vertretung berechtigten Generalversammlung, sondern des Aufsichtsrats ging und es im Verhältnis zwischen dessen Mitgliedern und der für die Kündigung zuständigen Generalversammlung ebenfalls an einer Zurechnungsnorm fehlte. Schließlich ergibt sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 1980 - II ZR 169/79 - (DB 1980, 1984) nichts anderes, weil in diesem Fall nicht auf die Kenntnis eines einzelnen Mitglieds des Vorstandes, sondern auf die Kenntnis der für die außerordentliche Kündigung maßgeblichen Tatsachen durch den gesamten Aufsichtsrat eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit abzustellen war.
III. Das Berufungsgericht hat ferner zu Recht angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei auch nicht durch die im Schreiben vom 29. September 1980 ausgesprochene vorsorgliche ordentliche Kündigung aufgelöst worden, da das Recht zur ordentlichen Kündigung für beide Parteien vertraglich abbedungen sei. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.
1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, nach dem Vortrag des Beklagten, den der Kläger zumindest im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten habe, seien vom Kläger nach seiner Wahl zum Hauptgeschäftsführer die vorgelesenen Vertragsbedingungen des vorbereiteten Vertragstextes von ihm (mündlich) akzeptiert worden. Bereits dadurch sei ein Vertrag zu diesen Bedingungen zwischen den Parteien zustande gekommen.
a) Dieser Sachverhalt ist dem Revisionsurteil zugrunde zu legen, weil der Beklagte insoweit keine Verfahrensrüge erhoben hat. Dabei kommt es nicht darauf an, daß sich diese Feststellung in den Gründen des Berufungsurteils befindet (vgl. BAG 19, 342 = AP Nr. 13 zu § 91 a ZPO).
b) Durch die nur mündliche Annahme des schriftlich vorbereiteten und dem Kläger vorgelesenen Angebotes ist der Dienstvertrag zu den neuen Bedingungen - einschließlich des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung - wirksam begründet worden. Ein Dienstvertrag kommt gem. §§ 145, 147 BGB durch Antrag und Annahme zustande. Da der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht gegen einzelne Bestimmungen sofort protestiert hat, ist § 154 Abs. 1 BGB nicht anwendbar. Dieser Würdigung steht nicht entgegen, daß der Kläger sich nachträglich nicht an das in Ziffer 5 des Vertragstextes vorgesehene Verbot der Nebentätigkeit gehalten hat oder etwa von vornherein dazu nicht bereit war (§ 116 BGB).
Eine besondere Form ist für Dienst- und Arbeitsverträge nach den §§ 611 ff. BGB nicht vorgeschrieben. Aus den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich auch nicht, daß zwischen den Parteien zuvor Schriftform gem. §§ 127, 154 Abs. 2 BGB vereinbart gewesen wäre. Auch der Vertrag vom 8. November 1962 sah für Änderungen und Ergänzungen keine Schriftform vor. Der nachträgliche einseitige Wunsch des Beklagten, den Vertragsinhalt durch beiderseitige Unterschrift zu bekräftigen, hat nicht zu einer verabredeten Schriftform gem. § 154 Abs. 2 BGB geführt. Selbst eine nachträgliche Vereinbarung der Parteien hierüber würde der Schriftform nur Beweisfunktion zukommen lassen. Auf diese Fälle ist § 154 Abs. 2 BGB nicht anwendbar (vgl. RGZ 94, 333, 335; BGH NJW 1964, 1269; BAG Urteil vom 4. Juni 1963 - 5 AZR 16/63 - AP Nr. 1 zu § 127 BGB). Für eine durch schlüssiges Verhalten vereinbarte Schriftform kann dem Tatbestand nichts entnommen werden, ebensowenig für eine Verkehrssitte, Verträge mit Geschäftsführern eines Vereins, wie dem Beklagten, stets schriftlich zu schließen. Der Kläger war vielmehr vom 1. März 1952 bis zum 8. November 1962 bereits ohne schriftlichen Vertrag als Bezirksgeschäftsführer für den Beklagten tätig gewesen.
2. Da bereits diese Begründung das angefochtene Urteil trägt, brauchte der Senat nicht mehr darauf einzugehen, ob auch die weiteren Hilfsbegründungen des Landesarbeitsgerichts frei von Rechtsfehlern sind.
3. Der Ausschluß der ordentlichen Kündigung in Nr. 6 Abs. 1 2. Halbsatz des ab 1. Januar 1975 geltenden Vertrages (wie Nr. 5 des vorhergehenden Vertrages vom 8. November 1962) ist selbst dann nicht unwirksam, wenn durch die Vereinbarung der außerordentlichen Kündigung nur mit sechsmonatiger Auslauffrist zum Jahresende die Kündigungsmöglichkeit unzulässig erschwert würde, wie die Revision annimmt.
Es kann auf sich beruhen, ob die Bindung der außerordentlichen Kündigung an eine längere Auslauffrist trotz der Unabdingbarkeit des Rechts zur außerordentlichen Kündigung vorliegend unbedenklich ist. Dem Landesarbeitsgericht ist jedenfalls darin zuzustimmen, daß eine unzulässige Erschwerung der außerordentlichen Kündigung durch eine zu lange Auslauffrist gem. § 139 BGB nur die Unwirksamkeit der Bindung bei einer außerordentlichen Kündigung, nicht aber zugleich auch die Unwirksamkeit des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung zur Folge hätte.
C. Die Revision war demgemäß mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Hillebrecht Triebfürst
- zugleich für den durch
Urlaub an der Unterschrift
verhinderten Richter Dr. Weller
Dr. Peppler G. Wellhausen
Fundstellen
BAGE 46, 386-394 (LT1) |
BAGE, 386 |
DB 1985, 237-238 (LT1) |
BlStSozArbR 1985, 133-133 (T) |
JR 1986, 264 |
SAE 1985, 313-318 (LT1) |
WM IV 1985, 305-308 (LT1) |
ZIP 1985, 240 |
ZIP 1985, 240-245 (LT1) |
AP § 28 BGB (LT1), Nr 1 |
AR-Blattei, ES 1010.8 Nr 61 (LT1) |
AR-Blattei, Kündigung VIII Entsch 61 (LT1) |
EzA § 626 nF BGB, Nr 92 (LT1) |
MDR 1985, 258-258 (LT1) |
ZfA 1985, 608-609 (T) |