Entscheidungsstichwort (Thema)
Reinigen von Bahnen und Bussen (Verkehrsmittelreinigung)
Leitsatz (redaktionell)
Gebäudereiniger-Handwerk; Abgrenzung zu Industrie; Verkehrsmittelreinigung; Bestätigung von BAG Urteil vom 4. Juni 1980 – 4 AZR 379/78 – AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau, § 5
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 20.04.1989; Aktenzeichen 4 Sa 1262/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 08.03.1989; Aktenzeichen 2 Ca 402/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 08.12.1988; Aktenzeichen 11 Ca 6161/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 03.11.1988; Aktenzeichen 8 Ca 6199/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 27.10.1988; Aktenzeichen 5 Ca 5155/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 05.10.1988; Aktenzeichen 3 Ca 4637/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 16.08.1988; Aktenzeichen 16 Ca 4066/88) |
ArbG Köln (Urteil vom 16.08.1988; Aktenzeichen 17 Ca 4067/88) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. April 1989 – 4 Sa 1262/88 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Beklagte, die in zehn Städten der Bundesrepublik Deutschland Niederlassungen unterhält, betreibt bundesweit im Auftrag öffentlicher Verkehrsunternehmen die Reinigung von Straßenbahnen und Bussen (Verkehrsmittel). Sie beschäftigte in den Jahren 1981 bis 1986 zwischen 232 und 260 Arbeitnehmer und erzielte in diesem Zeitraum jährliche Netto-Umsatzerlöse von durchschnittlich 6,9 Mill. DM. Für die Verkehrsmittelreinigung setzt die Beklagte im allgemeinen ungelerntes Personal ein. Einer Handwerksinnung gehört sie bisher nicht an.
Die Klägerinnen stehen seit mehreren Jahren als Reinigungskräfte in dem Diensten der Beklagten, wobei die Klägerin zu 6) als Vorarbeiterin tätig ist. Sie werden wöchentlich an sechs Tagen in Nachtarbeit bei der Reinigung von Straßenbahnen und Omnibussen der K. Verkehrsbetriebe AG eingesetzt.
Mit ihren Klagen fordern die Klägerinnen in ihrer rechnerischen Höhe unstreitige Differenzbeträge zwischen der ihnen von der Beklagten tatsächlich gewährten und der Vergütung, die ihnen nach den Lohntarifverträgen für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereiniger-Handwerk in Nordrhein-Westfalen vom 7. September 1987 bzw. 30. August 1988 zustände.
Die Klägerinnen haben vorgetragen, auf ihre Arbeitsverhältnisse seien der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereiniger-Handwerk vom 8. Mai 1987 sowie die allgemeinverbindlichen Lohntarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk in Nordrhein-Westfalen vom 7. September 1987 bzw. 30. August 1988 anwendbar. Die Beklagte betreibe ein Gebeudereiniger-Handwerk und kein Industrieunternehmen. Die von den Klägerinnen ausgeführten Arbeiten entsprächen handwerklicher Betätigung. Sie führten ihre Arbeiten manuell unter lediglich unterstützender Heranziehung von Maschinen aus.
Die Klägerin zu 1) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie für April 1988 182,03 DM brutto nebst 4 % Zinsen von dem Nettobetrag seit dem 14.06.1988, für Mai 1988 326,78 DM nebst 4 % Zinsen von dem Nettobetrag seit dem 18.07.1988 und für Juni 1988 369,44 DM brutto nebst 4 % Zinsen von dem Nettobetrag seit dem 04.08.1988 zu zahlen.
Die Klägerin zu 2) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 370,26 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 02.09.1988 und 460,30 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 24.10.1988 zu zahlen.
Die Klägerin zu 3) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 299,83 DM brutto nebst 4 % Zinsen vom Nettobetrag seit dem 22. Juli 1988 und weitere 144,54 DM brutto nebst 4 % Zinsen vom Nettobetrag seit dem 05.09.1988 zu zahlen.
Die Klägerin zu 4) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 483,98 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Differenznettobetrag seit dem 05.07.1988 zu zahlen.
„Die Klägerin zu 5) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 420,94 DM brutto nebst 4 % Zinsen von 171,47 DM seit dem 09.06.1988 und von weiteren 249,47 DM seit dem 20.07.1980 zu zahlen.
Die Klägerin zu 6) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 348,29 DM brutto nebst 4 % Zinsen von dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.09.1988 zu zahlen.
Die Klägerin zu 7) hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie folgende Beträge zu zahlen:
- 354,41 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 20.01.1989;
- 314,24 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 30.01.1989.
Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen und widerklagend
- festzustellen, daß die Klägerin zu 2) keine Ansprüche auf Zahlung der in dem Rahmentarifvertrag zwischen dem Bundesinnungsverband für das Gebäudereiniger-Handwerk und der IG Bau-Steine-Erden vereinbarten Sonn-, Feiertags- und Erschwerniszuschläge für die ab dem 01.10.1988 für die Beklagte geleisteten und noch zu leistenden Arbeitsstunden hat,
- festzustellen, daß die Klägerin zu 3) keine Ansprüche auf Zahlung der in den Lohn- und Rahmentarifverträgen zwischen dem Bundes- bzw. Landesinnungsverband für das Gebäudereiniger-Handwerk und der IG Bau-Steine-Erden vereinbarten tariflichen Stundenlöhne, Nacht- und Feiertagszuschläge für die ab dem 01.07.1988 für die Beklagte geleisteten und noch zu leistenden Arbeitsstunden hat,
- festzustellen, daß der Klägerin zu 4) ein höherer Lohn als der vertraglich festgelegte Lohn in Höhe von 9,55 DM nicht zusteht,
- festzustellen, daß der Klägerin zu 4) ein höherer als der bisher gezahlte Nachtzuschlag in Höhe von 1,43 DM nicht zusteht,
- festzustellen, daß der Klägerin zu 6) für die in der Zeit vom 01.08.1988 bis 23.10.1988 für die Beklagte geleisteten Arbeiten keine Ansprüche auf Zahlung von Erschwerniszulagen gem. § 25 Ziff. 11 des Rahmentarifvertrages für das Gebäudereiniger-Handwerk, abgeschlossen zwischen der IG Bau-Steine-Erden und dem Bundesinnungsverband für das Gebäudereiniger-Handwerk, zustehen.
Die Klägerinnen zu 2), 3), 4) und 6) haben beantragt, die jeweils gegen sie gerichtete Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie unterfalle nicht den Tarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk; denn sie betreibe keinen Handwerksbetrieb, sondern ein Industrieunternehmen, das keiner Handwerksinnung angehöre. Weder ihre Betriebsgröße noch die fachliche Qualifikation ihrer Mitarbeiter, die ganz überwiegend über keine handwerksmäßige Ausbildung verfügten, entsprächen einem Handwerksbetrieb. Ebenso fehle bei ihr die für das Handwerk typische persönliche Mitarbeit und Einflußnahme des Betriebsinhabers auf die Organisation der Arbeit und die betriebliche Tätigkeit.
Das Arbeitsgericht hat die Klage der Klägerin zu 4) in Höhe von DM 122,98 abgewiesen. Im übrigen hat es sämtlichen Klagen stattgegeben und die Widerklage der Beklagten abgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte nur noch ihre Klageabweisungsanträge weiter. Die Klägerinnen beantragen Zurückweisung der Revision mit der Maßgabe, daß auch die Klägerin zu 5) Zinsen nur aus dem Nettobetrag begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der in der Revisionsinstanz noch anhängigen Klage mit Recht stattgegeben. Die Klägerinnen können von der Beklagten die Zahlung der von ihnen begehrten Beträge als tarifliche Vergütung verlangen. Dabei hat der Senat im Tatbestand dieses Urteils die im Urteil des Landesarbeitsgerichts unzutreffend wiedergegebenen Klageanträge der Klägerinnen zu 1) bis 3) entsprechend ihrem Klagebegehren richtig gestellt. Die Ansprüche der Klägerinnen folgen aus den Lohntarifverträgen für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereiniger-Handwerk in Nordrhein-Westfalen vom 7. September 1987 und 30. August 1988. Die geforderten Beträge sind in ihrer rechnerischen Höhe unstreitig.
Der Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Gebäudereiniger-Handwerk vom 8. Mai 1987 (RTV) und die Lohntarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk in Nordrhein-Westfalen vom 7. September 1987 und 30. August 1988 (LTV) finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft Allgemeinverbindlichkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Die Beklagte fällt entgegen ihrer Auffassung unter den betrieblichen bzw. fachlichen Geltungsbereich dieser Tarifverträge. Denn sie betreibt die Reinigung von Verkehrsmitteln und führt einen Handwerksbetrieb.
Zum betrieblichen Geltungsbereich heißt es in § 1 Ziff. II RTV:
„Betrieblich
Alle Betriebe, die folgende, dem Gebäudereiniger-Handwerk zuzurechnenden Tätigkeiten, ausüben:
…
4. Reinigung und Pflege von Verkehrsmitteln, von Verkehrsanlagen und -einrichtungen sowie von Beleuchtungsanlagen,
…”
In § 1 Ziff. II LTV heißt es:
„Fachlich: Alle Betriebe des Gebäudereiniger-Handwerks”.
Der Senat hat bereits mit eingehender Begründung entschieden, daß zu den Aufgaben des Gebäudereiniger-Handwerks auch die Verkehrsmittelreinigung gehört (BAG Urteil vom 4. Juni 1980 – 4 AZR 379/78 – AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Diese Entscheidung ist gerade für den hier in Rede stehenden Lohntarifvertrag des Gebäudereiniger-Handwerks des Bandes Nordrhein-Westfalen ergangen. An ihr ist festzuhalten. Auch die Beklagte erhebt insoweit gegen die Senatsrechtsprechung keine Bedenken.
Die Beklagte meint nur, daß sie die Verkehrsmittelreinigung nicht handwerklich betreibe und deshalb nicht unter den Geltungsbereich der Tarifverträge für das Gebäudereiniger-Handwerk falle. Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen. Für einen Handwerksbetrieb ist kennzeichnend, daß die überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer im Betrieb eine handwerkliche ist. Für handwerkliche Arbeit sprechen folgende Kriterien:
- Die Eintragung des Arbeitgebers als Handwerksmeister in die Handwerksrolle und seine Mitarbeit im Betrieb.
- Die Arbeitnehmer müssen ganz überwiegend „mit der Hand” arbeiten. Dabei ist Maschinenarbeit, die dem Arbeiter die Handarbeit nur unterstützend erleichtert, ebenfalls noch als handwerkliche Fertigung anzusprechen.
- Zur handwerklichen Fertigung gehört es weiter, daß die Produktion für den einzelnen namentlich feststehenden oder doch jedenfalls feststellbaren Kunden vorgenommen wird, nicht aber für den allgemeinen Markt.
- Unschädlich ist, wenn ein Auftraggeber bzw. Besteller seinerseits ein Industriebetrieb ist.
- Auch ein großer Personalbestand und ein beträchtlicher Umsatz sind unschädlich, da es inzwischen im Gefolge der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung auch den Begriff des „Großhandwerkers” gibt.
Diese Kriterien hat der Senat im Urteil vom 11. März 1981 (– 4 AZR 1022/78 – BAGE 35, 133 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Steinmetzgewerbe) aufgestellt. Daran ist festzuhalten. Von diesem vom Senat bestimmten Begriff des Handwerks geht auch das Landesarbeitsgericht aus.
Unter den vorgenannten Kriterien kommt der manuellen Tätigkeit der Arbeitnehmer das größte Gewicht zu, weil dies typischerweise zum Berufsbild eines Handwerkers gehört. Ob das Fehlen oder Vorhandensein der übrigen Kriterien zur Bejahung oder Verneinung eines Handwerksbetriebs führt, liegt im Einzelfall im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz. Im vorliegenden Fall ist die Subsumtion des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerfrei. Das Landesarbeitsgericht führt insoweit aus, daß die von der Beklagten den individuell bestimmten Kunden, nämlich den öffentlichen Verkehrsunternehmen, gegenüber erbrachten Leistungen ganz überwiegend durch reine Handarbeit erbracht werden. Die bei der Reinigung von Straßenbahnen und Bussen anfallenden Tätigkeiten seien typische Tätigkeiten des Gebäudereiniger-Handwerks. Es seien die verschiedensten Materialien von Hand zu reinigen, es falle Glasreinigung an und auch Grobverschmutzungen seien von Hand zu beseitigen. Die dabei benutzten Arbeitsutensilien seien die gleichen, wie sie auch von einem typischen Betrieb des Gebäudereiniger-Handwerks benutzt würden. Daß die Straßenbahnen auch die im Eigentum der K. Verkehrsbetriebe stehende Waschanlage durchliefen, sei von untergeordneter Bedeutung. Das Erscheinungsbild der Beklagten gleiche nicht im entferntesten dem eines Industriebetriebes. Allein die Tatsache, daß die Beklagte an zahlreichen Stellen in Deutschland kleinere Einheiten unterhalte, die die gleichen Reinigungstätigkeiten für verschiedene Verkehrsbetriebe verrichteten, sei nicht geeignet, den Betrieb der Beklagten zum Industriebetrieb hochzustilisieren. Die Verkehrsmittelreinigung, wie sie die Beklagte betreibe, umfasse eine breite Palette von Teiltätigkeiten des Gebäudereiniger-Handwerks. Die Tätigkeit der Beklagten sei so vielfältig, daß sie zumindest mit jeder anderen Unterhaltsreinigung voll vergleichbar sei Eine ordnungsgemäße fachmännische Ausführung der Verkehrsmittelreinigung bei den K. Verkehrsbetrieben setze die wesentlichen Kenntnisse und Fertigkeiten des Gebäudereiniger-Handwerks voraus. Dem stehe nicht entgegen, daß die Beklagte für die fraglichen Arbeiten keine gelernten Gebäudereiniger einsetze. Sie mache nur geltend, jede Hausfrau könne verhältnismäßig schnell angelernt werden. Dies entspreche aber dem Berufsbild des Gebäudereinigers. Das Gebäudereiniger-Handwerk mache sich dabei zunutze, daß zahlreiche Hausfrauen eine oft jahrzehntelange Berufserfahrung in den Tätigkeiten des Gebäudereiniger-Handwerks mitbringen, so daß sie verhältnismäßig schnell als angelernte Gebäudereinigerinnen einsetzbar seien.
Mit dieser Begründung konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei bejahen, daß der Betrieb der Beklagten zum Gebäudereiniger-Handwerk zählt. Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze sind nicht ersichtlich. Wesentliche Umstände hat das Landesarbeitsgericht nicht außer acht gelassen. Unter den angeführten Kriterien eines Handwerksbetriebs fehlen bei der Beklagten zwar die Eintragung in die Handwerksrolle und die Mitarbeit des Betriebsinhabers. Da aber die anderen Kriterien (manuelle Tätigkeit, Produktion auf Bestellung) vorliegen, brauchte das Landesarbeitsgericht dem Fehlen der Eintragung in die Handwerksrolle und der Mitarbeit des Betriebsinhabers kein entscheidendes Gewicht beizulegen. Ebenso wie allein aus der Eintragung in die Handwerksrolle sich nicht zwingend ergibt, daß ein Handwerksbetrieb vorliegt (BAG Urteil vom 11. März 1981, a.a.O.), gilt umgekehrt, daß aus der fehlenden Eintragung in die Handwerksrolle nicht zwingend darauf geschlossen werden kann, daß kein Handwerksbetrieb vorliegt.
Der Einwand der Beklagten, sie benötige keine qualifizierten Fachkräfte, hat das Landesarbeitsgericht mit der Feststellung widerlegt, schon stets seien im Gebäudereiniger-Handwerk neben gelernten Gebäudereinigern weibliche Hilfskräfte eingesetzt worden. Das Gebäudereiniger-Handwerk mache sich dabei zunutze, daß zahlreiche Hausfrauen eine oft jahrzehntelange Berufserfahrung in den Tätigkeiten, des Gebäudereiniger-Handwerks mitbringen, so daß sie verhältnismäßig schnell als angelernte Gebäudereinigerinnen einsetzbar seien. Hiergegen hat die Beklagte keine zulässige Verfahrensrüge erhoben. Insoweit genügt es nicht, wenn die Beklagte in der Revisionsbegründung ausführt, es sei einfach nicht richtig, daß jede Hausfrau verhältnismäßig schnell angelernt werden könne. Vielmehr könne die Tätigkeit der Klägerinnen von jeder Hausfrau ohne jede Anleitung vorgenommen werden, so daß sie keinerlei Unterweisung durch die Beklagte bedürften. Damit setzt die Beklagte nur ihre Wertung an die Stelle der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts. Soweit in den Ausführungen der Beklagten eine Tatsachenbehauptung erblickt werden könnte, ist dies neuer Sachvortrag, der nur im Rahmen einer zulässigen Verfahrensrüge berücksichtigt werden könnte (§ 561 Abs. 1 ZPO).
Abgesehen davon trifft es nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht zu, daß die Klägerinnen Tätigkeiten ausüben, die so geringwertig sind, daß sie nicht mehr als handwerklich angesehen werden können. Nach der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Gebäudereiniger-Handwerk vom 9. Oktober 1974 (BGBl I, 2440) und der insoweit im wesentlichen inhaltsgleichen Verordnung vom 12. Februar 1988 (BGBl I, 151) gehört zu den Kenntnissen und Fertigkeiten des Gebäudereiniger-Handwerks u.a.: „Kehren, Feucht- und Naßwischen, Waschen mit wässerigen Lösungen und mit alkalischen, neutralen oder sauren Reinigern sowie Scheuern, Entfetten, Entflecken und Neutralisieren” von Verkehrsmitteln (§ 1 Abs. 2 Nr. 14 der Verordnung). Dies mag zwar eine Tätigkeit sein, die jede Hausfrau an jedem Tag in ähnlicher Weise ausübt. Der Verordnungsgeber sieht dies aber als handwerkliche Tätigkeit an.
Im übrigen sieht der Verordnungsgeber die Reinigung von Verkehrsmitteln allgemein als Tätigkeit des Gebäudereiniger-Handwerks an. Dies entspricht der allgemeinen Verkehrsauffassung, wie der Senat in dem angeführten Urteil vom 4. Juni 1980 ausgeführt hat. Wenn die Tarifvertragsparteien den Geltungsbereich ihres Tarifvertrages mit „Gebäudereiniger-Handwerk” umschreiben, knüpfen sie ersichtlich mangels anderweitiger Anhaltspunkte an die Verkehrsauffassung und der dieser entsprechenden Verordnung von 9. Oktober 1974 an. Danach stellt die Reinigung von Verkehrsmitteln grundsätzlich eine Tätigkeit des Gebäudereiniger-Handwerks im tariflichen Sinne dar. Da sowohl der Verordnungsgeber der Jahre 1974 und 1998 als auch die Tarifvertragsparteien in den Jahren 1987 und 1988 die Verkehrsmittelreinigung nicht in besonderer Weise umschrieben haben, ist davon auszugehen, daß sie die Verkehrsmittelreinigung, so wie sie in den jeweiligen Jahren üblicherweise betrieben wurde, dem Gebäudereiniger-Handwerk zugerechnet haben. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, daß in ihrem Betrieb Tätigkeiten anfallen, die von der herkömmlichen Tätigkeit eines Reinigers von Verkehrsmitteln abweichen. Wenn aber die herkömmliche Tätigkeit der Verkehrsmittelreinigung sowohl vom Verordnungsgeber als auch von den sich daran anschließenden Tarifverträgen als Tätigkeit des Gebäudereiniger-Handwerks angesehen wird, ist dies von den Gerichten mangels anderweitiger Anhaltspunkte ohne jede weitere Prüfung der Qualität der Arbeit hinzunehmen. Damit ist sowohl der Einwand der Beklagten, sie betreibe keinen Handwerksbetrieb, sondern ein Industrieunternehmen, als auch der weitere Einwand, die Tätigkeit ihrer Mitarbeiter sei nicht qualifiziert und entspreche damit nicht dem Beruf des Gebäudereiniger-Handwerks, widerlegt. Die Tarifvertragsparteien knüpfen an die tatsächlichen Verhältnisse an. Hiervon abweichende Besonderheiten hat die Beklagte nicht dargelegt.
Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Dr. Neumann, Dr. Freitag, Dr. Etzel, Koerner, Dr. Kiefer
Fundstellen