Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung einer Provisionsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Eine objektive Umgehung des gesetzlichen Änderungskündigungsschutzes, die zu der Unwirksamkeit der Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen führt (vgl insbesondere Senatsurteil vom 12. Dezember 1984 7 AZR 509/83 = BAGE 47, 314, 320 = BB 1985, 731), liegt nicht bereits in der Befristung einer Provisionszusage, die neben das Tarifgehalt tritt und lediglich 15% der Gesamtvergütung ausmacht.
Orientierungssatz
Ein Eingriff in den durch die gesetzliche Änderungskündigungsschutzregelung geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses ist darin zu sehen, daß die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers ihrem Inhalt und Umfang nach in einer sich unmittelbar auf die Vergütung auswirkende Weise und damit sowohl Leistung als auch Gegenleistung geändert werden.
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 06.05.1992; Aktenzeichen 7 Sa 126/92) |
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 02.10.1991; Aktenzeichen 3 Ca 1215/91) |
Tatbestand
Die Beklagte ist ein Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie mit mehr als 3000 Arbeitnehmern. Der Kläger ist seit über 30 Jahren bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiter im Vertriebsbereich Dachabdichtungen/Hochbau beschäftigt. Er erhält ein Festgehalt (Tarifgehalt) und Provisionen. Die monatliche Gesamtvergütung des Klägers belief sich im Jahre 1990 auf ca. 7.500,-- DM brutto monatlich bei einem Provisionsanteil von ca. 1.000,-- DM brutto.
Die Provisionen wurden in der Vergangenheit jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres durch Zusatzvereinbarungen unterschiedlichen Inhalts zum Arbeitsvertrag der Parteien festgelegt. Am 5./6. April 1990 schlossen die Parteien für das Jahr 1990 eine neue Zusatzvereinbarung über eine teilleistungsabhängige Vergütung, die u.a. folgenden Inhalt hat:
"Sie erhalten:
1. Eine Grundprovision in Höhe von monatlich
400,-- DM und
2. 0,15 % vom Ist-Umsatz in Ihrem Bezirk.
...
Besonders weisen wir darauf hin, daß es sich bei
dieser Regelung um eine Übergangsregelung für das
Jahr 1990 handelt.
Die Unternehmensleitung behält sich das Recht
vor, in den folgenden Jahren ein anderes Vergü-
tungssystem einzuführen oder die teilleistungsab-
hängige Vergütung einzustellen."
Mit Rundschreiben vom 16. November 1990 an ihre Außendienstmitarbeiter informierte die Beklagte über das künftige Vergütungssystem. Sie teilte darin u. a. mit, daß das neue System eine Einzelprovision und eine Teamprovision vorsehe und ab 1. Januar 1991 eingeführt werde. Gleichzeitig garantierte die Beklagte den Mitarbeitern die im Jahre 1990 erzielte und ausbezahlte Provision auch für das Jahr 1991.
Am 5. Dezember 1990 schloß die Beklagte sodann mit dem Betriebsrat die Betriebsvereinbarung Nr. 25/90 über die leistungsabhängige Vergütung im Außendienst. Nach dem ausdrücklichen Willen der Betriebspartner sollten hierdurch die bisherigen Provisionsregelungen ersetzt werden. In einem weiteren Rundschreiben an ihre Außendienstmitarbeiter vom Dezember 1990 informierte die Beklagte die Mitarbeiter über die mit dem Betriebsrat getroffene Vereinbarung und wiederholte ihre Zusage, für das Einführungsjahr 1991 und die damit verbundene Eingewöhnungsphase die für das Jahr 1990 gezahlte Provision auch für 1991 zu gewähren. Nach neuen Verhandlungen mit dem Betriebsrat hat die Beklagte auch für 1992 eine entsprechende Erklärung abgegeben.
Mit Schreiben vom 17. Juni 1991 wandte sich der Kläger gegen die einseitige Änderung der Provisionsregelung durch die Beklagte. Die Beklagte kündigte daraufhin nach Anhörung des Betriebsrats am 28. Juni 1991 das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Dezember 1991 vorsorglich und unter Aufrechterhaltung ihrer gegenteiligen Rechtsauffassung. Gleichzeitig bot die Beklagte dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen an, nach denen unter Wegfall der Umsatzprovision von 0,15 % sowie der Grundprovision von 400,-- DM monatlich für die Entgeltbemessung künftig die neue Provisionsregelung gelte, wie sie aufgrund der Betriebsvereinbarung Nr. 25/90 beschlossen worden war. Mit Schreiben vom 3. Juli 1991 hat der Kläger diese Änderungskündigung unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Provisionsregelung einseitig zu ändern. Die ausgesprochene Änderungskündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Die neue Provisionsregelung führe für ihn zu einem unangemessenen Einkommensverlust. Durch die Möglichkeit der Beklagten, die für die Provisionsberechnung maßgeblichen Planzahlen festzulegen, sei sein Verdienst insoweit in das Belieben der Beklagten gestellt. Für das Jahr 1991 habe er nach der neuen Regelung einen Anspruch auf Provision in Höhe von 5.145,-- DM erworben. Wegen der garantierten Provision auf der Basis 1990 habe die Beklagte ihm eine zusätzliche Provision in Höhe von 7.222,-- DM gezahlt. Nach der alten Provisionsregelung 1990 hätte er somit 12.367,-- DM erhalten. Hieraus ergebe sich, daß die neue Regelung für ihn ungünstiger sei und somit die bisherige einzelvertragliche Provisionsregelung für ihn weitergelte.
Mit seiner am 4. Juli 1991 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 11. Juli 1991 zugestellten Klage hat der Kläger beantragt
festzustellen, daß die Änderungskündigung der Be-
klagten vom 28. Juni 1991, zugestellt am 28. Juni
1991, sozialwidrig ist und das Arbeitsverhältnis
unverändert auf der Basis der bisherigen Provisi-
onsregelung über den 31. Dezember 1991 hinaus
fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, die bisherige Provisionsregelung sei nach Zeitablauf bzw. Ausübung der vorbehaltenen Änderung wirksam durch die Betriebsvereinbarung geändert worden. Die neue Regelung der leistungsabhängigen Vergütung sei ausgewogener und berücksichtige, daß der von den Mitarbeitern erzielte Umsatz nicht dem Unternehmensgewinn entspreche. Die Einführung des auf Produktergebnisbeiträgen beruhenden neuen Systems habe das Bewußtsein der Mitarbeiter für diese Zusammenhänge gestärkt. Dies sei durch den Wettbewerb mit anderen Unternehmen erforderlich geworden und entspreche der Führungsphilosophie des Unternehmens "Führen mit Zielen". Durch die Änderung des Vergütungssystems sei eine unternehmenseinheitliche Regelung der Provisionszahlungen herbeigeführt worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des Ersturteils. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn entgegen dem Klagebegehren gilt für das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht mehr die bisherige, sondern die Provisionsregelung der Betriebsvereinbarung Nr. 25/90 vom 5. Dezember 1990.
I. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Provisionsvereinbarung der Parteien vom 5./6. April 1990 sei auf das Jahr 1990 befristet gewesen. Diese Befristung sei wegen objektiver Umgehung des zwingenden arbeitsrechtlichen Änderungskündigungsschutzes unwirksam, weil die Provisionsregelung zum Kernbereich des Arbeitsverhältnisses der Parteien gehöre und es an einem sachlichen Grund für die Befristung der Provisionsregelung gefehlt habe. Das gleiche gelte für den in der Provisionsvereinbarung der Parteien weiterhin enthaltenen Änderungsvorbehalt der Beklagten. Auch er habe zum Kernbereich des Arbeitsverhältnisses gehört und daher zu seiner Rechtswirksamkeit eines sachlich rechtfertigenden Grundes bedurft. Mithin sei die von der Beklagten erstrebte Änderung der Provisionsregelung nur im Wege der von der Beklagten vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung möglich gewesen. Diese sei jedoch sozial ungerechtfertigt und daher rechtsunwirksam, weil die Beklagte zu ihrer Begründung lediglich vorgetragen habe, die neue Provisionsregelung sei zweckmäßiger als die alte, und dies kein ausreichender Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sei.
II. Dieser Würdigung des Landesarbeitsgerichts kann sich der Senat nicht anschließen.
1. Zur Ablösung der Zusatzvereinbarung vom 5./6. April 1990 durch die Betriebsvereinbarung Nr. 25/90 vom 5. Dezember 1990 über die leistungsabhängige Vergütung im Außendienst bedurfte es der streitbefangenen, von der Beklagten auch nur vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung nicht. Der durch die Zusatzvereinbarung begründete Provisionsanspruch gehört entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht zu dem vom kündigungsrechtlichen Änderungsschutz (§ 2 KSchG) erfaßten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses, so daß der Gesichtspunkt einer objektiven Umgehung des Änderungskündigungsschutzes hier nicht zum Tragen kommt. Vielmehr durfte die Beklagte die verbindliche Zusage eines zusätzlichen Vergütungsbestandteils - hier der Provision - zunächst auf das Jahr 1990 begrenzen und sich im Rahmen billigen Ermessens (§ 315 BGB) für die Folgejahre eine neue Regelung vorbehalten.
a) Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 12. Dezember 1984 (BAGE 47, 314, 320 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969) grundsätzlich entschieden, daß einzelvertragliche Vereinbarungen, die darauf abzielen, den gesetzlichen Inhaltsschutz des Arbeitsverhältnisses (§ 2 KSchG) objektiv zu umgehen, unwirksam sind. Eine derartige objektive Umgehung hat der Senat in jenem Urteil in einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung gesehen, die bei einer arbeitszeitabhängigen Vergütung den Arbeitgeber berechtigen sollte, den zunächst festgelegten Umfang der Arbeitszeit später einseitig nach Bedarf zu reduzieren, weil durch eine solche Reduzierung der Bestand des Arbeitsverhältnisses als ganzes geändert und damit in dessen Kernbereich eingegriffen werde. In ausdrücklicher Anlehnung an dieses Urteil hat der Senat mit Urteil vom 13. Juni 1986 (BAGE 52, 197, 204 = AP Nr. 19 zu § 2 KSchG 1969) die Befristung der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für den Fall des Fehlens eines sachlichen Grundes für die Befristung als objektive Umgehung des gesetzlichen Änderungskündigungsschutzes gewertet, weil auch hier durch die (sich ebenfalls unmittelbar auf die Vergütung auswirkende) Änderung der Arbeitsaufgabe das Arbeitsverhältnis seinem Gegenstand nach geändert und damit in dessen Kernbereich eingegriffen wurde. Beiden Entscheidungen des Senats ist mithin gemeinsam, daß ein Eingriff in den durch die gesetzliche Änderungskündigungsschutzregelung geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses darin gesehen wurde, daß die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers ihrem Inhalt oder Umfang nach in einer sich unmittelbar auf die Vergütung auswirkenden Weise und damit sowohl Leistung als auch Gegenleistung geändert werden.
b) Im vorliegenden Falle geht es dagegen nicht um eine sich unmittelbar auf die Vergütung auswirkende Änderung des Umfangs oder des Inhalts der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, sondern lediglich um die Änderung eines zusätzlich zur tariflichen Vergütung zugesagten Vergütungsbestandteils. Das dem Kläger für seine Arbeit zustehende feste Tarifgehalt und damit diejenige Vergütung, die die Tarifvertragsparteien als angemessene Gegenleistung für eine Tätigkeit, wie sie der Kläger verrichtet, ausgehandelt haben, bleibt von der Neuregelung der Provision als einer zusätzlichen Vergütung unberührt. Der Anteil der Provision an der Gesamtvergütung des Klägers betrug im Jahre 1990 ca. 15 %; in den vorangegangenen Jahren lag er noch darunter und schwankte zwischen 4,7 % und 13 %.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Vereinbarung, die dem Arbeitgeber vertraglich das Recht zur einseitigen Änderung einzelner Vertragsbedingungen einräumt, grundsätzlich zulässig; sie ist nur dann nichtig, wenn sie zur Umgehung des zwingenden Kündigungsschutzes führt, was in aller Regel der Fall sein wird, wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages einer einseitigen Änderung unterliegen sollen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört würde (BAGE 40, 199, 207 = AP Nr. 5 zu § 620 BGB Teilkündigung, zu III 1 b der Gründe, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Eine solche grundlegende Störung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung und damit eine Umgehung kündigungsrechtlicher Vorschriften hat das Bundesarbeitsgericht in einem Fall verneint, in dem sich das dem Arbeitgeber vorbehaltene Widerrufsrecht auf eine Leistungszulage bezog, die der Arbeitgeber zusätzlich zum tariflichen Stundenlohn zahlte und die etwa 25 - 30 % des tariflichen Stundenlohnes ausmachte, so daß der Widerruf nur daraufhin zu überprüfen war, ob er billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB entsprach (BAGE 55, 275, 281 = AP Nr. 4 zu § 305 BGB Billigkeitskontrolle, zu II 3 der Gründe). Im vorliegenden Falle, in dem die zusätzliche Vergütung nur ca. 15 % der Gesamtvergütung betrug, kann nichts anderes gelten. Die Befristung der Provisionsvereinbarung auf ein Jahr und das der Beklagten vorbehaltene Recht, in den folgenden Jahren ein anderes Vergütungssystem einzuführen oder die leistungsabhängige Vergütung einzustellen, sind daher unter kündigungsschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
2. Die Beklagte war deshalb seit dem Jahresende 1990 an die Provisionsvereinbarung vom 5./6. April 1990 nicht mehr gebunden. Des Ausspruchs einer Änderungskündigung bedurfte es daher nicht, sondern lediglich der Wahrung der Grenzen billigen Ermessens im Sinne des § 315 BGB bei der Neufestsetzung der leistungsabhängigen Zusatzvergütung. Diesem Maßstab hält die Provisionsneuregelung vom 5. Dezember 1990 ersichtlich stand.
a) Die Provisionsneuregelung wurde unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (vgl. dazu zuletzt BAG Urteil vom 26. Juli 1988 - 1 AZR 54/87 - AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Provision, m.w.N.) einvernehmlich mit dem Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung getroffen. Schon deshalb kann davon ausgegangen werden, daß sie auch die berechtigten Interessen der Gruppe der betroffenen Außendienstmitarbeiter hinreichend wahrt. Entgegen der Ansicht des Klägers hätte es daher ihm oblegen, konkrete Anhaltspunkte dafür vorzutragen, weshalb die neue Provisionsregelung den Maßstäben billigen Ermessens im Sinne des § 315 BGB nicht entsprechen sollte. Allein der Umstand, daß sich seine Provisionsansprüche aufgrund der Neuregelung erheblich verringerten, kann hierfür schon deshalb nicht ausreichen, weil der Kläger aufgrund der wirksamen Befristung der alten Provisionsregelung nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen durfte, eine neue Provisionsregelung werde für ihn nicht ungünstiger als die bisherige sein. Wegen des kollektiven Charakters der Provisionsneuregelung kann es auch nicht darauf ankommen, inwieweit sich die Provisionsneuregelung gerade für den Kläger ungünstig auswirkte. Der Kläger hat selbst vorgetragen, daß die Neuregelung die gesamte Mitarbeitergruppe "Dach", zu der er selbst gehört, betraf. Auch die früheren Provisionszusagen der Beklagten waren nicht individuell mit dem Kläger ausgehandelt worden, sondern galten einheitlich für die gesamte Mitarbeitergruppe des Klägers. Das ist bei der Billigkeitsprüfung der Neuregelung zu berücksichtigen.
b) Das Arbeitsgericht hat im Ersturteil eingehend begründet, weshalb die Provisionsneuregelung vom 5. Dezember 1990 billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB entsprochen habe. Es hat insoweit im wesentlichen ausgeführt, das nunmehr aufgrund der verschärften Wettbewerbssituation stärker an Zielvorgaben des Unternehmens ausgerichtete Provisionsvergütungssystem sei ein aus mehreren Elementen (Umsatz, Produktionsergebnisbeitrag, Zielerreichung) bestehendes, in sich abgestimmtes und ausgewogenes Vergütungsmodell. Unternehmensleitung und Betriebsrat hätten eine an den Interessen des Unternehmens und der Arbeitnehmer ausgerichtete Regelung geschaffen. Die Mitarbeiter könnten bei entsprechender Verkaufsleistung in Form einer mehrmaligen Überschreitung des monatlichen Zielerreichungsgrades ein durchaus beträchtliches Zusatzeinkommen erzielen. Andererseits diene das neue Vergütungssystem der Motivationssteigerung der Mitarbeiter und damit dem Unternehmen selbst, weil dadurch ein besserer Gesamtumsatz und insoweit eine effektivere Produktivität des Betriebes sichergestellt werde. Die teilweise Bindung der Provision an den Produktionsergebnisbeitrag entspreche einem anerkennenswerten Bedürfnis der Beklagten. Eine rein umsatzbezogene Provision berücksichtige nicht den tatsächlichen Nutzen des Verkaufserfolges für das Unternehmen. Dieser lasse sich erst bestimmen, wenn die Produktionskosten in ein Verhältnis zum Erlös gesetzt würden.
Dieser Würdigung folgt der Senat. Unter dem Gesichtspunkt der Ausübung billigen Ermessens kann insbesondere nicht beanstandet werden, daß die Provisionsregelung der Beklagten bestimmte Umsätze und namentlich Umsätze ab einer bestimmten Höhe von einer Verprovisionierung ausnimmt. Es gehört zu den dem Unternehmen vorbehaltenen Zielvorgaben einer Provisionsregelung, selbst zu bestimmen, welche Umsätze es zur Erreichung der Unternehmensziele für so interessant ansieht, daß es zu ihrer Erreichung einen Motivationsanreiz in Form einer zusätzlichen Vergütung gewähren will. Derartige Zielvorgaben können sich aufgrund der jeweiligen Marktlage ändern. Jedenfalls soweit der Arbeitnehmer, wie im Entscheidungsfall, keinen Rechtsanspruch auf Beibehaltung des bisherigen Provisionssystems hat, kann daher nicht beanstandet werden, wenn das Unternehmen künftig bestimmte Umsätze von einer Verprovisionierung ausnimmt.
III. Nach alledem war das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Dr. Seidensticker Schliemann Dr. Steckhan
Dr. Johannsen Dr. Klebe
Fundstellen
BB 1994, 363 |
BB 1994, 432 |
BB 1994, 432-433 (LT1) |
DB 1994, 2400-2401 (LT1) |
AiB 1994, 509-510 (LT1) |
BetrVG, (3) (LT1) |
ARST 1994, 72-75 (LT1) |
JR 1994, 352 |
JR 1994, 352 (L) |
NZA 1994, 476 |
NZA 1994, 476-477 (LT1) |
AP § 2 KSchG 1969 (LT1), Nr 34 |
AR-Blattei, ES 1020.1.1 Nr 14 (LT1) |
AR-Blattei, ES 1280 Nr 43 (LT1) |
EzA-SD 1994, Nr 5, 5-7 (LT1) |
EzA § 2 KSchG, Nr 20 (LT1) |