Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitregelung für Verkehrsaufseher
Normenkette
BAT § 15 Abs. 6, 8, §§ 16, 35; ZPO §§ 97, 139, 160 Abs. 3 Nr. 7, §§ 165, 256, 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b; AZO §§ 3, 13 Abs. 2, § 19 Abs. 1; GewO § 105a ff.; GG Art. 3 Abs. 1-2; BeschFG 1985 § 2 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 11.09.1990; Aktenzeichen 9 Sa 491/90) |
ArbG Bonn (Urteil vom 19.04.1990; Aktenzeichen 5 Ca 2500/89) |
Tenor
1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. September 1990 – 9 Sa 491/90 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerinnen und der Kläger (fortan Kläger) wenden sich gegen eine Änderung des Dienstplans durch die Beklagte. Die Kläger sind bei der Beklagten als Verkehrsaufseher beschäftigt. Es gilt der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). Einige weibliche Kläger sind teilzeit-, die übrigen vollzeitbeschäftigt. Sie arbeiten im Schichtdienst.
Am 25. April 1989 beschloß der Rat der Beklagten, die Überwachung des ruhenden Verkehrs zu verbessern. Mit Zustimmung des Personalrats trat mit Wirkung ab 27. August 1989 für zunächst ein Jahr ein neuer Dienstplan IV in Kraft. Durch diesen wurde die Lage der Arbeitszeit verändert, die Zahl der Dienste an Samstagen und Sonntagen wurde erhöht. Außerdem wurde durch Dienstanweisung die Zahl der Einzelstreifen anstelle von Doppelstreifen erhöht.
Die Kläger haben gemeint, der Dienstplan IV sei ihnen gegenüber unwirksam. Nach § 15 Abs. 6 BAT sei Sonn- und Feiertagsarbeit nur zulässig, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben der Verwaltung erforderlich sei. Hieran fehle es vorliegend. Die Änderung der Arbeitszeiten werde nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Bei den Teilzeitkräften sei die Lage der Arbeitszeit Vertragsbestandteil. Der Dienstplan IV verstoße zudem gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Weibliche Beschäftigte seien im Abenddienst einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt. Der Dienstplan verstoße auch gegen § 611 a BGB i.V. mit der EG-Richtlinie 76/207 (ABl EG 1976 Nr. L 39/40), da die Teilzeitkräfte ausschließlich Frauen seien und bei den geänderten Arbeitszeiten Dienst und Familie nicht mehr miteinander zu vereinbaren seien.
Die Kläger haben beantragt:
- Es wird festgestellt, daß der Dienstplan IV der Dienstzeiten im Verkehrsaußendienst, in Vollzug gesetzt zum 27. August 1989, für die Klägerinnen und Kläger rechtlich nicht wirksam ist.
Es wird insbesondere festgestellt, daß die Beklagte nicht berechtigt ist.
einen Sonntags- und Feiertagsdienst einzuführen und den Samstagsdienst zu erweitern,
einen Nachtdienst von 21 bis 22 Uhr einzuführen.
Es wird weiter festgestellt, daß die Dienstanweisung der Beklagten vom 18. August 1989, daß die Verkehrsaufseherinnen und -aufseher ihre Kontrollen als Einzelstreifen durchzuführen haben, rechtlich unwirksam ist.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, die zeitliche Lage der Arbeitszeit der teilzeitbeschäftigten Klägerinnen Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5, Nr. 7, Nr. 8 und Nr. 9 … einseitig zu ändern.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, die Änderung der Dienstzeiten sei von ihrem Direktionsrecht gedeckt, das sie nach billigem Ermessen ausgeübt habe. Bei den Einzelstreifen sei eine Gefährdung der Arbeitnehmer über das normale Maß hinaus nicht erkennbar.
Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat festgestellt, daß der Diensplan IV rechtlich nicht wirksam sei, daß die Beklagte insbesondere nicht berechtigt sei, einen Sonn- und Feiertagsdienst und einen Nachtdienst von 21.00 Uhr bis 22.00 Uhr einzurichten und Einzelstreifen anzuordnen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage im vollen Umfang abgewiesen. Die Anschlußberufung der Kläger hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Klage ist, soweit sie den Klageantrag zu 1) betrifft, unzulässig, im übrigen ist sie unbegründet.
A. Die Revision ist statthaft.
Das angefochtene Urteil wurde entgegen der Auffassung der Revision ordnungsgemäß verkündet. Dies geschah in der Sitzung vom 11. September 1990 und wird durch das Protokoll Blatt 152 der Vorakten bewiesen (§ 165 Satz 1 i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO). Den dagegen zulässigen Nachweis der Fälschung (§ 165 Satz 2 ZPO) haben die Kläger nicht geführt. Es fehlt bereits am Vortrag von Fälschungstatsachen.
B. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
I. Der Klageantrag zu 1) ist unzulässig.
Der Dienstplan IV wird nach einer Erprobungsphase von einem Jahr (Beginn 27. August 1989) nicht mehr vollzogen. Die begehrte Feststellung betrifft somit kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Eine Feststellungsklage wegen eines vergangenen Rechtsverhältnisses ist nur zulässig, soweit eine Prozeßpartei irgendwelche ihre Rechte berührenden Nachwirkungen aus ihm herleitet (BGH Urteil vom 29. April 1958 – VIII ZR 198/57 – BGHZ 27, 190, 196; OLG Frankfurt am Main vom 25. November 1982 – 1 U 29/82 – MDR 1984, 59). Daran fehlt es hier.
II. Die Klageanträge zu 2) sind zulässig.
1. Zwar können bloße Elemente oder Vortragen eines Rechtsverhältnisses nicht als zulässiger Streitgegenstand eines Feststellungsbegehrens angesehen werden (vgl. BGH Urteil vom 3. Mai 1977 – VI ZR 36/74 – BGHZ 68, 331, 332). Wie das Landesarbeitsgericht aber zutreffend ausgeführt hat, muß sich eine Feststellungsklage nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken, sie kann sich beschränken auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht (BAG Urteil vom 19. Juni 1985 – 5 AZR 57/84 – AP Nr. 11 zu § 4 BAT, m.w.N.). Soweit die Kläger bitten, die Rechtsunwirksamkeit näher bezeichneter Anordnungen der Beklagten für die Zukunft festzustellen, betrifft ihr Begehren den Umfang ihrer Leistungspflichten aus den Arbeitsverhältnissen zu der Beklagten.
2. Die Verwendung des einleitenden Wortes „insbesondere” in den Klageanträgen zu 2) ist dahin zu verstehen, daß das Feststellungsinteresse anders als im Klageantrag zu 1) auf die Gegenwart und die Zukunft gerichtet ist. Das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO liegt vor, weil sich die Beklagte berühmt hat, bei Erstellung künftiger Dienstpläne erneut Regelungen zu treffen, wie sie Inhalt der Klageanträge zu 2) sind.
III. Die Klageanträge zu 2) sind unbegründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die mit den Klageanträgen bekämpften Veränderungen des Arbeitszeitrahmens seien von dem Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Die Anordnung der Sonn- und Feiertagsarbeit verstoße weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen § 15 Abs. 6 BAT. Nach dem Wortlaut dieser Tarifnorm komme es allein darauf an, ob die Sonntags-, Feiertags-, Schicht- und Nachtarbeit „erforderlich” sei. Es könne nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, wenn die Beklagte die Kontrollzeiten der Verkehrsaufseher ausweite, um die Autofahrer in stärkerem Maße zu einem rechtmäßigen Verhalten zu veranlassen. Der Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit stünden weder die Einzelarbeitsverträge noch eine betriebliche Übung entgegen. Auch die Anordnung des Nachtdienstes für die weiblichen Kläger sei keine Verletzung von § 19 Abs. 1 AZO, da nach § 13 Abs. 2 AZO von den Vorschriften der AZO durch die hier vorliegende tarifvertragliche Regelung in § 15 Abs. 8 BAT abgewichen werden könne. Der Arbeitszeitrahmen sei für alle Mitarbeiter annähernd gleich verändert worden, so daß eine geschlechtsspezifische Benachteiligung der Klägerinnen – auch eine mittelbare – nicht vorliege. Die Anordnung von Einzelstreifen verstoße auch nicht gegen § 618 Abs. 1 BGB. Die Beklagte habe einer Gefährdung der Arbeitnehmer dadurch hinreichend vorgebeugt, daß sie Doppelstreifen in bestimmten gefährlichen und stark frequentierten Gebieten und ab beginnender Dunkelheit angeordnet habe.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
2. Die Beklagte ist berechtigt, die streitgegenständliche Veränderungen in der Lage der Arbeitszeiten bei – hier unstreitiger – Beachtung der Rechte der Personalvertretung vorzunehmen. Ebenfalls vom Direktionsrecht gedeckt ist die Anweisung an die Kläger, den Dienst als Einzelstreife zu versehen. Diese Anordnungen der Beklagten verstoßen nicht gegen gesetzliche Vorschriften und sind auch nicht tarifwidrig. Einzelvertraglich vereinbarte günstigere Arbeitsbedingungen liegen nicht vor.
a) Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Bei der Ausübung dieses Rechtes steht dem Arbeitgeber regelmäßig ein weiter Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu. Der Arbeitgeber hat insbesondere das Recht, die im Arbeitsverhältnis nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im einzelnen festzulegen. Auf der Grundlage dieses Weisungsrechts bestimmt der Arbeitgeber Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung. Das Weisungsrecht findet seine Grenzen in den Vorschriften der Gesetze und des Kollektivrechts (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) sowie in den Einzelarbeitsverträgen, sofern darin näheres über die Leistungspflichten festgelegt ist. Im übrigen darf das Direktionsrecht nur nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) ausgeübt werden (allgemeine Meinung vgl. BAG Urteil vom 25. Oktober 1989 – 2 AZR 633/88 – AP Nr. 36 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAGE 47, 363 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAGE 33, 71 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; jeweils m.w.N.). Die Beklagte beachtet durch die von den Klägern bekämpften Anordnungen diesen rechtlichen Rahmen.
b) Die Anordnung der Sonn- und Feiertagsarbeit verstößt weder gegen Gesetz noch gegen Tarifvertrag.
aa) Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß gem. § 3 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage des Landes Nordrhein-Westfalen (FeiertagsG) nur alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten sind, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören. Entgegen der Revision ist unerheblich, daß die Kläger Uniformen tragen und ihr Arbeitseinsatz somit öffentlich sichtbar ist. Die Verbotsnorm des § 3 FeiertagsG ist gewahrt, weil die Arbeit der Kläger keine Geräusche verursacht.
bb) Ein Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit läßt sich auch nicht aus den §§ 105 a ff. GewO herleiten. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf die Arbeit der Kläger keine Anwendung.
Diese sind keine gewerblichen Arbeitnehmer, sondern Angestellte des öffentlichen Dienstes.
cc) § 3 der Arbeitszeitordnung enthält ebenfalls kein gesetzliches Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit, sondern regelt nur den Umfang der werktäglichen Arbeitszeit (vgl. Denecke/Neumann, AZO, 11. Aufl., § 3 Rz 2).
dd) Die Sonn- und Feiertagsarbeit verstößt auch nicht gegen § 15 Abs. 6 BAT. Danach muß in Verwaltungen, deren Aufgaben Sonn- und Feiertagsarbeit erfordern, dienstplanmäßig entsprechend gearbeitet werden. Der Tarifvertrag geht grundsätzlich davon aus, daß die unter den Geltungsbereich des BAT fallenden Arbeitnehmer zu den in § 15 Abs. 6 Satz 1 BAT genannten Zeiten zur Arbeitsleistung verpflichtet sind, wenn dies erforderlich ist (vgl. auch Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT. Stand 1. Februar 1992, § 15 Erl. 12; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand März 1992, § 15 Rz 68; Crisolli/Ramdohr, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Stand Oktober 1991, § 15 BAT Rz 40). Die Tarifpartner haben damit eine eindeutige Regelung getroffen, die die Verpflichtung zur Sonn- und Feiertagsarbeit an das Merkmal der Erforderlichkeit knüpft. Ist die Erforderlichkeit bei einer künftigen Regelung der Beklagten im Einzelfall zu bejahen, so kann Sonn- und Feiertagsarbeit angeordnet werden.
ee) Aus der Regelung über die zusätzliche Vergütung (§ 35 BAT) läßt sich entgegen der Revision keine weitere Einschränkung der Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit entnehmen. Die Zuschläge für die Arbeit an bestimmten Tagen und zu bestimmten Tageszeiten dienen dazu, dem Arbeitnehmer einen zusätzlichen Ausgleich dafür zu gewähren, daß er während dieser für andere arbeitsfreie Zeiten arbeiten muß. Ob der Arbeitnehmer zu den anspruchsbegründenden Arbeiten verpflichtet ist, ist in § 35 BAT nicht geregelt.
ff) Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, wegen des eindeutigen Wortlauts von § 15 Abs. 6 BAT sei kein Raum für eine einengende Interpretation dahingehend, daß Sonntagsarbeit nur zulässig sei, wenn der Arbeitnehmer in einen Betrieb eintritt, in dem bereits sonntags gearbeitet wird. Nach § 15 Abs. 6 BAT ist allein entscheidend, ob für den zu beurteilenden Zeitpunkt die Aufgaben der Verwaltung Sonn- und Feiertagsarbeit erfordern. Ein anderer Sinngehalt dieser Tarifnorm läßt sich weder aus dem Wortlaut noch aus sonstigen für die Tarifauslegung maßgeblichen Kriterien entnehmen. Die Auffassung der Revision würde im Ergebnis dazu führen, daß Sonntagsarbeit nur in Behörden und Verwaltungen möglich wäre, in denen in der Vergangenheit schon immer sonntags gearbeitet wurde. Eine solche Auslegung ist mit dem Tarifwortlaut nicht vereinbar.
gg) Die Arbeitsverträge der Kläger stehen der Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit nicht entgegen. Günstigere einzelvertragliche Vereinbarungen (§ 4 Abs. 3 TVG) haben die Kläger nicht behauptet.
Auch an einer betrieblichen Übung, nach der die Beklagte verpflichtet ist, die bisherigen Arbeitszeiten der Kläger auf Dauer beizubehalten, fehlt es. Die von den Klägern zu erledigenden Verwaltungsaufgaben fallen ganztägig von montags bis sonntags an. Die Kläger können somit auch nach einer längeren tatsächlichen Übung nicht darauf vertrauen, daß ihre Dienstzeitregelung mit bindender Wirkung für die Zukunft festgeschrieben wird (vgl. BAG Urteil vom 19. Juni 1985 – 5 AZR 57/84 – AP Nr. 11 zu § 4 BAT). Sie müssen sich vielmehr der Tatsache bewußt sein, daß die Überwachung des ruhenden Verkehrs von der jeweiligen Verkehrslage und -entwicklung und der dadurch möglicherweise gegenüber vorher veränderten polizeilichen Lageeinschätzung durch die Beklagte abhängig ist. Ein rechtlich schützenswertes Vertrauen der Kläger darauf, daß die zeitliche Lage ihres Dienstes unverändert bleiben würde, konnte sich daher nicht bilden.
c) Durch die Ausweitung der Nachtarbeit von 21.00 Uhr auf 22.00 Uhr überschreitet die Beklagte nicht die Grenzen ihres Direktionsrechtes.
aa) Die Beklagte verletzt nicht § 19 AZO. Diese Bestimmung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG (vgl. BVerfG Urteil vom 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83 und 1 BvL 10/91 – BVerfGE 85, 191 = EzA § 19 AZO Nr. 5). Sie betrifft außerdem das Nachtarbeitsverbot für Arbeiterinnen und würde somit für die weiblichen Kläger, die Angestellte sind, nicht gelten.
bb) Die Anordnung verstößt auch nicht gegen den Tarifvertrag. In § 15 Abs. 8 Unterabs. 5 BAT war als Nachtarbeit bezeichnet die Arbeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr. Durch den 63. Änderungstarifvertrag vom 23. Oktober 1989 (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand März 1992, § 15 Vorbem. Rz 8) wurde der Beginn der Nachtarbeit auf 20.00 Uhr vorverlegt. Weder aus der Definition der Nachtarbeit in § 15 Abs. 8 BAT noch aus der zusätzlichen Vergütungspflicht in § 35 BAT läßt sich auf die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit schließen. Hier gilt das gleiche wie bei der Sonn- und Feiertagsarbeit (vgl. oben III 2 b ee).
Soweit § 15 Abs. 6 BAT in der Fassung des 66. Änderungstarifvertrags vom 24. April 1991 mit Wirkung vom 1. April 1991 nunmehr die Zulässigkeit der Nachtarbeit an das Merkmal der „Erforderlichkeit” knüpft, gilt das gleiche wie für die Sonn- und Feiertagsarbeit (vgl. oben III 2 b dd).
d) Die Beklagte ist auch berechtigt, die Arbeitszeiten der Kläger an den Samstagen auszudehnen. § 16 Abs. 1 BAT bestimmt, daß an Samstagen nicht gearbeitet werden soll, wenn es die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse zulassen. Die Tarifvorschrift geht grundsätzlich von einem arbeitsfreien Samstag aus. Während die Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 15 Abs. 6 BAT an das Merkmal der Erforderlichkeit anknüpft, fällt diese Einschränkung jedoch bei der Anordnung von Samstagsarbeit weg. § 16 Abs. 1 BAT ist nur eine Soll-Vorschrift. Da die Aufgaben der Beklagten in der Verkehrsüberwachung an Samstagen keine anderen sind als an Sonn- und Feiertagen, kann die Beklagte Arbeit an Samstagen festlegen und ausweiten.
e) Änderungen der Arbeitszeit der teilzeitbeschäftigten weiblichen Kläger kann die Beklagte ebenfalls im Rahmen ihres Direktionsrechtes vornehmen.
Das Teilzeitarbeitsverhältnis unterliegt im Hinblick auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers keinen anderen Regelungen als das Vollzeitarbeitsverhältnis. Sofern – wie vorliegend – die Arbeitsverträge der Teilzeitbeschäftigten keine Konkretisierung über die Lage der Arbeitszeit aufweisen, ist der Arbeitgeber befugt, die Lage der Arbeitszeit festzulegen (vgl. Becker, Die arbeitsrechtlichen Aspekte der Teilzeitbeschäftigung, 1971, S. 70; GK-TzA Lipke, 1987, Art. 1 § 2 BeschFG Rz 105). Da die teilzeitbeschäftigten Klägerinnen auch bisher schon nach einem alternierenden Schichtplan gearbeitet haben und in das arbeitszeitliche Gefüge der Vollzeitbeschäftigten integriert waren, sind keine Gründe ersichtlich, aus denen die Beklagte bei der Ausübung ihres Weisungsrechtes gegenüber den Teilzeitbeschäftigten mehr als nach den allgemeinen Regeln eingeschränkt ist.
Ein Verstoß gegen Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG liegt nicht vor. Es fehlt an einer unterschiedlichen Behandlung der teilzeitbeschäftigten Kläger gegenüber den Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern. Für beide Gruppen werden Arbeitszeitregelungen getroffen unter Berücksichtigung der jeweiligen Dauer der individuellen Arbeitszeit.
Aus den gleichen Gründen liegt auch keine geschlechtsspezifische Diskriminierung der weiblichen Kläger vor.
f) Die Beklagte ist auch befugt anzuordnen, daß die Verkehrsaufseher ihren Dienst statt in Doppelstreife nur noch in Einzelstreife mit Ausnahme bestimmter Bezirke und ab beginnender Dunkelheit zu verrichten haben.
Mit der Anordnung der Einzelstreife verstößt die Beklagte nicht gegen § 618 Abs. 1 BGB.
§ 618 BGB enthält die gesetzliche Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Palandt/Putzo, BGB, 51. Aufl., § 618 Rz 1). Danach hat der Dienstberechtigte die Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, daß der Verpflichtete gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. Diese Einschränkung macht deutlich, daß der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, den Arbeitnehmer vor jeder denkbaren Gefahr zu schützen. Das würde letztlich auch eine Überspannung der Fürsorgepflicht bedeuten.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hält sich die Beklagte im Rahmen dieser gesetzlichen Anforderungen. Sie berücksichtigt bei der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB alle erkennbaren Interessen, bewertet sie und wägt sie gegeneinander ab. Die Interessen der Beklagten, eine effektivere Kontrolle des ruhenden Verkehrs zu erreichen, sind gegenüber den Interessen vor allem der weiblichen Kläger, vor möglichen Gefährungen weitgehend geschützt zu werden, abzuwägen. Es ist offensichtlich, daß die Durchführung von Einzelstreifen gegenüber Doppelstreifen annähernd die Möglichkeit einer zweifachen Effizienz der Verkehrskontrollen gewährleistet. Außerdem erhöht sich durch die Anwesenheit der Verkehrsaufseher an mehreren Orten auch die präventive Wirkung. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beklagte als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts an die Grundsätze sparsamer Haushaltsführung gebunden ist und deshalb ein schützenswertes Interesse daran hat, ohne Erweiterung des Personalbestandes die Verkehrskontrolle zu verbessern. Die Beklagte trägt dabei den Bedürfnissen der Verkehrsaufseher nach Doppelstreifen hinreichend Rechnung, wenn sie in bestimmten gefährlichen und stark frequentierten Gebieten und ab beginnender Dunkelheit weiterhin den Dienst in Doppelstreifen vorsieht. Damit sind mögliche und wahrscheinliche Gefährdungen, insbesondere für die weiblichen Kläger, in den Abendstunden, soweit ausgeschlossen, wie es der Beklagten unter den gegebenen Umständen möglich ist. Das Landesarbeitsgericht hat mangels entsprechenden Sachvortrags der Kläger abgelehnt, daß diese auch tagsüber konkret dadurch gefährdet seien, daß sie als Einzelstreife ihren Dienst verrichten. Daran ist der Senat gebunden (§ 561 Abs. 2 ZPO).
Die dagegen gerichtete Verfahrensrüge der Revision ist unbegründet. Soweit die Revision geltend macht, die Kläger hätten einen konkreten Vorfall geschildert und für die umfangreiche Gefährdungssituation Beweis angeboten, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Der im Berufungsschriftsatz vom 7. August 1990 (S. 9, 10) angebotene Beweis betrifft keine substantiierten Tatsachenvortrag. Demnach hätte eine Beweiserhebung lediglich der Ausforschung gedient und wäre daher verfahrensrechtlich unzulässig gewesen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 50. Aufl., Einf. § 284 Anm. 6, m.w.N.).
Soweit die Revision weiter rügt, eine Erörterung der Gefährdungsfrage in der mündlichen Verhandlung hätte dazu geführt, daß die Klägerinnen eine Vielzahl konkreter Angriffe vorgetragen und belegt hätten, genügt dieser Vortrag nicht den Anforderungen, die § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO an eine zulässige Verfahrens rüge stellt. Die Partei, die eine Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) durch das Berufungsgericht rügt, muß im einzelnen angeben, welche Tatsachen sie auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muß vollständig nachgeholt und über die Rüge der Verletzung des § 139 ZPO schlüssig gemacht werden (BGH Urteil vom 8. Oktober 1987 – VII ZR 45/87 – NJW-RR 1988, 208; vgl. auch BAGE 13, 340, 344 = AP Nr. 37 zu § 233 ZPO; BAG Urteil vom 11. Dezember 1975 – 2 AZR 426/74 – AP Nr. 1 zu § 15 KSchG 1969; BAG Urteil vom 23. Februar 1962 – 1 AZR 49/61 – AP Nr. 8 zu § 322 ZPO). Diesem Erfordernis ist die Revision nicht nachgekommen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Möller-Lücking, Ziegenhagen
Fundstellen