Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsentgelt/Urlaubsgeld. Insolvenz. Masseverbindlichkeit
Orientierungssatz
- Der Insolvenzverwalter kann den Arbeitnehmer mit der Kündigungserklärung bis zurBeendigung des Arbeitsverhältnisses "unter Anrechnung seines Resturlaubs" von derErbringung der Arbeitsleistung zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs freistellen. DieErfüllungswirkung wird nicht ausgeschlossen, wenn der Insolvenzverwalter zugleich erklärt,er werde dem Arbeitnehmer während der Freistellung keine Vergütung zahlen.
- Urlaubsentgelt- und Urlaubsgeldansprüche, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrenserfüllt werden müssen, sind zwar Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Siewerden aber noch nicht dadurch zu sog. Neumasseverbindlichkeiten iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2InsO, weil sie nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit erfüllt werden müssen. Damit isteine Vollstreckung wegen dieser Verbindlichkeiten nach § 210 iVm. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsOunzulässig. Eine auf Zahlung dieser Urlaubsentgelt- und Urlaubsgeldansprüche gerichteteLeistungsklage ist deshalb wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
- Ein Feststellungsinteresse iSd. § 256 ZPO ist nur für ein klagestattgebendes Urteil eineechte Prozessvoraussetzung. Für die Abweisung einer Feststellungsklage ist einFeststellungsinteresse jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn auch eine in Betrachtkommende Leistungsklage mangels Begründetheit des geltend gemachten Anspruchsabzuweisen wäre.
Normenkette
InsO §§ 55, 103, 108, 113, 208-210; BUrlG § 7 Abs. 4, § 11 Abs. 2; BGB §§ 362, 614; ZPO § 256
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Februar 2004 – 11 Sa 534/03 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Urlaubsentgelt- und Urlaubsgeldansprüche und deren insolvenzrechtliche Einordnung.
Der Kläger war seit September 1972 bei der Schuldnerin als Sachbearbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft Tarifbindung der gemeinsame Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen (MTV) vom 15. Januar 1982 Anwendung.
Am 1. Mai 2002 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 2. Mai 2002 teilte der Beklagte dem Kläger ua. mit:
“Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, daß Sie in den Kreis der freizusetzenden Arbeitnehmer fallen.
Wir stellen Sie hiermit mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung Ihres Resturlaubes ohne Fortzahlung Ihrer Bezüge von der Erbringung der Arbeitsleistung frei.”
Am 6. Mai 2002 zeigte der Beklagte dem Insolvenzgericht gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO die drohende Masseunzulänglichkeit an. Unter dem 29. Mai 2002 kündigte er das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. August 2002.
Der Kläger trägt vor, durch die Urlaubsgewährung ab dem 2. Mai 2002 habe er seinen Resturlaub in Höhe von 29 Tagen verbraucht. Zusammen mit dem ihm tariflich zustehenden Urlaubsgeld habe er Anspruch auf eine Gesamturlaubsvergütung von 6.729,42 Euro brutto. Davon sei das ihm gewährte Arbeitslosengeld in Höhe von 1.899,24 Euro netto in Abzug zu bringen. Bei dem geltend gemachten Anspruch handele es sich um eine Masseforderung iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Hilfsweise beruft sich der Kläger darauf, durch die Freistellung von der Arbeit sei sein Urlaubsanspruch nicht erloschen, weil der Beklagte ihm keine Urlaubsvergütung gezahlt habe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.729,42 Euro brutto abzüglich 1.899,24 Euro netto nebst Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. September 2002 zu zahlen;
hilfsweise
festzustellen, dass mit der Freistellung vom 2. Mai 2002 durch den Beklagten der dem Kläger zustehende Urlaubsanspruch von 29 Tagen für das Jahr 2002 nicht abgegolten ist.
Der Beklagte hält die Leistungsklage für unzulässig. Es handele sich bei der geltend gemachten Forderung um eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 iVm. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO, deren Vollstreckung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit wegen § 210 InsO unzulässig sei. Durch die unwiderrufliche Freistellung von der Arbeitspflicht ab dem 2. Mai 2002 sei der Urlaubsanspruch des Klägers voll erfüllt worden. Wäre dies nicht der Fall, so müsste der Kläger seinen letztlich auf Urlaubsabgeltung zielenden hilfsweise gestellten Feststellungsantrag beziffern.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während der Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Leistungsklage als unzulässig abgewiesen, weil es sich bei den geltend gemachten Urlaubsentgelt- und Urlaubsgeldansprüchen um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO handele, deren Vollstreckung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Beklagten unzulässig sei.
Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Der Urlaubsanspruch des Klägers sei durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt worden.
Das ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend.
2. Die Leistungsklage ist unzulässig.
a) Der Kläger verfolgt mit seiner Zahlungsklage eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Da der Beklagte als Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht am 6. Mai 2002 nach § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO angezeigt hatte, dass die Insolvenzmasse voraussichtlich nicht ausreichen werde, über die Kosten des Insolvenzverfahrens hinausgehende sonstige Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, ist die Vollstreckung wegen Masseverbindlichkeiten iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, § 210 InsO. Damit fehlt der Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis (BAG 31. März 2004 – 10 AZR 253/03 – AP InsO § 209 Nr. 3 = EzA InsO § 209 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 11. Dezember 2001 – 9 AZR 459/00 – AP InsO § 209 Nr. 1 = EzA InsO § 210 Nr. 1).
b) Der Kläger verlangt die Zahlung von Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld für insgesamt 29 Urlaubstage aus dem Jahre 2002. Mit Schreiben vom 2. Mai 2002 hatte der Beklagte den Kläger mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung seines Resturlaubs ohne Fortzahlung der Bezüge von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Damit hat der Beklagte den noch offenen Urlaubsanspruch des Klägers erfüllt.
Die Erfüllung von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitgeber bedarf der unwiderruflichen Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht. Wenn, wie im Streitfalle, der Arbeitgeber die zeitliche Lage des Urlaubs und die Zahl der Urlaubstage nicht festlegt, sondern den Arbeitnehmer lediglich “unter Anrechnung” auf den Resturlaub vorbehaltlos freistellt, kann der Arbeitnehmer daraus regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des vorbehaltlos gewährten Freistellungszeitraumes festzulegen (BAG 9. November 1999 – 9 AZR 922/98 –). Dies gilt vor allem dann, wenn der Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer ausdrücklich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freistellt. Damit ist für diesen ohne weiteres erkennbar, dass er während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr damit rechnen muss, zur Arbeitsleistung herangezogen zu werden.
Wie sich aus dem Vorbringen der Parteien und der Klage auf Zahlung von Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld ergibt, haben beide Parteien die Freistellungserklärung des Beklagten im Schreiben vom 2. Mai 2002 auch in diesem Sinne verstanden. Nach zeitlichem Ablauf der auch vom Kläger akzeptierten “Freistellung unter Anrechnung auf Urlaub” ist die Erfüllungswirkung eingetreten und der Urlaubsanspruch des Klägers somit nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen (BAG 15. Juni 2004 – 9 AZR 431/03 – AP InsO § 209 Nr. 4 = EzA InsO § 209 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; so schon Senat 9. Juni 1998 – 9 AZR 43/97 – BAGE 89, 91). Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte ausdrücklich erklärt hatte, der Kläger werde “ohne Fortzahlung” der Bezüge “von der Erbringung der Arbeitsleistung” freigestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Urlaubsanspruch ein Anspruch, von den vertraglichen Arbeitspflichten befreit zu werden, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Entgelts berührt wird (BAG 8. März 1984 – 6 AZR 600/82 – BAGE 45, 184, 187; Senat 9. Juni 1998 – 9 AZR 43/97 – BAGE 89, 91, 92). Die Entgeltfortzahlung während des Erholungsurlaubs ist weder Inhalt der Pflicht zur Urlaubserteilung noch Wirksamkeitsvoraussetzung für die Erfüllung des urlaubsrechtlichen Freistellungsanspruchs (BAG 18. Dezember 1986 – 8 AZR 481/84 – BAGE 54, 59; Senat 20. Februar 2001 – 9 AZR 661/99 – BAGE 97, 71, 75). Die Erklärung des Beklagten, er werde dem Kläger keine Vergütung während seiner Freistellung zahlen, bewirkt lediglich, dass nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB bereits mit Fälligkeit des Anspruchs auf Urlaubsvergütung der Schuldnerverzug eintritt, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen nach § 11 Abs. 2 BUrlG oder nach entsprechenden tariflichen Bestimmungen das Urlaubsentgelt bereits vor Urlaubsantritt ausgezahlt werden muss (BAG 1. Dezember 1983 – 6 AZR 299/80 – BAGE 44, 278; 18. Dezember 1986 – 8 AZR 481/84 – BAGE 54, 59). Gleiches muss auch dann gelten, wenn – wie im Streitfalle – nach § 17 Nr. 7 des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden MTV das Urlaubsentgelt nur auf Wunsch des Arbeitnehmers vor Beginn des Urlaubs auszuzahlen ist und es der MTV ansonsten in Abweichung von § 11 Abs. 2 BUrlG zulässigerweise (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG) bei der Fälligkeitsregelung des § 614 BGB belässt.
c) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO handelt. Die in Urlaubsentgelt- und Urlaubsgeldansprüche unterteilte Forderung stellt sich rechtlich als eine einheitliche Urlaubsentgeltforderung dar. § 17 Nr. 6 MTV bestimmt, dass sich für Angestellte das Grundentgelt je Urlaubstag um 2,4 Prozent erhöht. Damit schreibt der MTV vor, dass während des Erholungsurlaubs der Vergütungsanspruch des Angestellten um einen bestimmten Prozentsatz angehoben wird. Dieser Erhöhungsbetrag stellt das sog. Urlaubsgeld dar. Daraus folgt, dass dem Angestellten während des Erholungsurlaubs ein erhöhter Entgeltanspruch zusteht.
Dieser Urlaubsentgeltanspruch ist eine Verbindlichkeit aus einem gegenseitigen Vertrag, die für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt werden muss (BAG 15. Juni 2004 – 9 AZR 431/03 – AP InsO § 209 Nr. 4 = EzA InsO § 209 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) und somit eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
d) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Anwendbarkeit des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO verneint. Unter diese Vorschrift fallen nur Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind. Begründet ist eine sog. Neumasseverbindlichkeit iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO, wenn der Insolvenzverwalter den Rechtsgrund für diese nach dem Zeitpunkt der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gelegt hat (BAG 15. Juni 2004 – 9 AZR 431/03 – AP InsO § 209 Nr. 4 = EzA InsO § 209 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Dieses ist vorliegend nicht der Fall. Grundlage des Anspruchs des Klägers auf den geltend gemachten Urlaubsentgeltanspruch ist der seit dem Jahre 1972 bestehende Arbeitsvertrag.
e) Die geltend gemachte Masseverbindlichkeit ist keine Verbindlichkeit iSd. § 209 Abs. 2 InsO, die als Neumasseverbindlichkeit iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO gölte.
aa) Die Anwendbarkeit des § 209 Abs. 2 Nr. 1 InsO scheitert bereits daran, dass der Beklagte nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit kein Wahlrecht zur Erfüllung des Arbeitsvertrags ausgeübt hat. Diese Vorschrift setzt das Bestehen eines Wahlrechts des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO voraus. Bei bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnissen – wie hier – hat jedoch der Verwalter überhaupt kein Wahlrecht, ob er die Verbindlichkeiten aus dem Arbeitsverhältnis erfüllen will oder nicht. Das Arbeitsverhältnis besteht vielmehr nach § 108 Abs. 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort und ist lediglich gemäß § 113 InsO kündbar.
bb) Als Neumasseverbindlichkeiten iSd. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO gelten Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu welchem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte. Der Beklagte hat nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 29. Mai 2002 mit der gesetzlichen Höchstfrist von drei Monaten, § 113 Satz 2 InsO, zum 31. August 2002 gekündigt und damit die wegen der über 29-jährigen Beschäftigungsdauer, die nach § 21 Nr. 4 MTV eine sechsmonatige Kündigungsfrist zum Ende eines Kalendervierteljahres begründen würde, kürzestmögliche Kündigungsfrist eingehalten. Die streitgegenständlichen Verbindlichkeiten sind somit nicht für eine Zeit nach dem frühestmöglichen Kündigungstermin entstanden.
cc) Auch § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO iVm. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO begründet keine Neumasseverbindlichkeit. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Gegenleistung aus einem Dauerschuldverhältnis für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen hätte.
Die vom Beklagten erklärte Freistellung des Klägers ab 2. Mai 2002 “unter Anrechnung” des “Resturlaubes” erfüllt diese Anforderungen nicht. Mit dem Begriff der Gegenleistung iSd. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO ist diejenige Leistung gemeint, die ein Schuldner im bestehenden Dauerschuldverhältnis zu erbringen hat. Im Arbeitsverhältnis ist das die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Sie ist ihrerseits die Gegenleistung für die vom Arbeitgeber geschuldete Arbeitsvergütung.
Ein Arbeitnehmer, der – wie der Kläger – von seiner Arbeitspflicht freigestellt wird und daraufhin nicht mehr arbeitet, erbringt keine Gegenleistung aus seinem Arbeitsverhältnis. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er für die Zeiten seiner Nichtbeschäftigung den Anspruch auf seine Arbeitsvergütung behält. Soweit sich diese Freistellung als Gewährung von Erholungsurlaub darstellt, ist sie Erfüllung des Anspruchs des Klägers gegenüber dem Arbeitgeber, ihn von seinen vertraglichen Arbeitspflichten zu befreien, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts berührt wird. Mit dieser vom Kläger akzeptierten Freistellung unter Anrechnung auf den Resturlaub hat der Beklagte diesen (Urlaubs-)Freistellungsanspruch des Klägers erfüllt, § 362 BGB. Das Erlöschen des Urlaubsanspruchs stellt keine “Gegenleistung” des Klägers dar, welche der Beklagte iSd. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO “in Anspruch genommen hat” (BAG 15. Juni 2004 – 9 AZR 431/03 – AP InsO § 209 Nr. 4 = EzA InsO § 209 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
3. Die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung, dass der dem Kläger für das Jahr 2002 zustehende Urlaubsanspruchs durch die Freistellung vom 2. Mai 2002 nicht abgegolten ist, ist unbegründet.
a) Bezüglich der Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen Bedenken am Vorliegen eines Feststellungsinteresses iSd. § 256 ZPO. Grundsätzlich ist es einem Arbeitnehmer möglich, einen noch offenen Urlaubsanspruch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege einer bezifferten Leistungsklage auf Urlaubsabgeltung, § 7 Abs. 4 BUrlG, geltend zu machen. Eine solche Leistungsklage des Klägers wäre jedoch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Beklagten unzulässig, weil es sich dabei um die Geltendmachung einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 iVm. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO handeln würde (BAG 25. März 2003 – 9 AZR 174/02 – BAGE 105, 345), deren Vollstreckung nach § 210 InsO unzulässig wäre. Deshalb hätte der Kläger eine bezifferte Feststellungsklage bezüglich seiner Urlaubsabgeltungsansprüche erheben müssen (vgl. BAG 16. Juni 2004 – 9 AZR 431/03 – AP InsO § 209 Nr. 4 = EzA InsO § 209 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 31. März 2004 – 10 AZR 253/03 – AP InsO § 209 Nr. 3 = EzA InsO § 209 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
b) Von einer grundsätzlich (prozessual) vorrangigen Prüfung des Vorliegens eines Feststellungsinteresses nach § 256 ZPO kann hier jedoch ausnahmsweise abgesehen werden. Das Feststellungsinteresse ist nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung. Für die Abweisung einer Feststellungsklage ist ein Feststellungsinteresse jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn auch eine in Betracht kommende Leistungsklage mangels Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs abzuweisen wäre (BAG 12. Februar 2003 – 10 AZR 299/02 – BAGE 104, 324 mwN).
Wie oben – Abschnitt I 2 b – dargelegt, hatte der Beklagte die noch offenen Urlaubsansprüche des Klägers während des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses bis 31. August 2002 durch Freistellung erfüllt. Damit erweist sich das hilfsweise geltend gemachte Klagebegehren als unbegründet.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Düwell, Reinecke, Böck, Fr. Holze, Schwarz
Fundstellen
DB 2006, 400 |
FA 2006, 96 |
NZA 2006, 512 |
AP, 0 |
EzA-SD 2005, 16 |
EzA |
NZI 2006, 309 |
NJOZ 2006, 1683 |
SJ 2006, 37 |