Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Nebentätigkeitsgenehmigung als Rechtsanwalt
Leitsatz (amtlich)
Ein mit den Aufgaben eines Rechtsschutzsekretärs beauftragter Angestellter der DGB-Rechtsschutz-GmbH hat keinen Anspruch auf Zustimmung zur Aufnahme einer Nebentätigkeit als Rechtsanwalt, sofern eine gegenständliche und eine zeitliche Überschneidung beider Tätigkeiten zu besorgen ist.
Normenkette
Allgemeine Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten des DGB § 24 Abs. 1; GG Art. 12
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.08.1998; Aktenzeichen 7 Sa 32/97) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 16.01.1997; Aktenzeichen 25 Ca 8140/95) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. August 1998 – 7 Sa 32/97 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf die Genehmigung einer Nebentätigkeit als Rechtsanwalt hat.
Der Kläger ist im Juni 1991 vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angestellt worden. Nach Ziff. 4 des Arbeitsvertrages finden die allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten des DGB (AAB) Anwendung. Seit Oktober 1992 ist der Kläger in der Landesrechtsstelle im Landesbezirk Baden-Württemberg als Rechtssekretär tätig. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 18,5 Stunden in der Woche und ist von Montags bis Freitags auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr verteilt. Soweit nachmittags Gerichtstermine anfallen, ist der Kläger verpflichtet, sie wahrzunehmen. Dafür findet an anderen Vormittagen ein Ausgleich statt.
In § 24 Abs. 1 AAB ist bestimmt:
„Die Beschäftigten dürfen Nebenbeschäftigungen gegen Entgelt nur mit ausdrücklicher vorheriger Genehmigung des DGB (§ 2) übernehmen. Wenn nichts anderes vereinbart ist, kann die Zustimmung widerrufen werden; die Gründe des Widerrufs sind anzugeben. Nach dem Widerruf ist der Beschäftigte verpflichtet, die Nebenbeschäftigung spätestens nach Ablauf der für die Nebenbeschäftigung geltenden gesetzlichen Kündigungsfrist zu unterlassen.”
Im Juni 1995 bat der Kläger den Bundesvorstand des DGB um die Erteilung einer unwiderruflichen Nebentätigkeitsgenehmigung. Zur Begründung führte er aus, er beabsichtige, an zwei variablen Nachmittagen in der Woche in einer Anwaltskanzlei mitzuarbeiten und benötige daher die Zulassung als Rechtsanwalt. Der Bundesvorstand lehnte die beantragte Nebentätigkeitsgenehmigung ab.
Mit der am 11. September 1995 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst einen Anspruch auf Nebentätigkeitsgenehmigung sowie eine schriftliche Zusicherung der Beklagten erhoben, daß sie ihn von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten freizustellen habe, solange und soweit dies zur Erfüllung unaufschiebbarer Anwaltsaufgaben erforderlich sei.
Nach Ausgliederung des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes und dessen Übertragung auf die Beklagte hat der Kläger zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm eine schriftliche, unwiderrufliche Nebentätigkeitsgenehmigung als Rechtsanwalt zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nur noch den Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte die für die Aufnahme der Nebentätigkeit als Rechtsanwalt erforderliche Genehmigung erteilt.
1. Nachdem die Rechte und Pflichten aus dem mit dem DGB begründeten Arbeitsverhältnis nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen sind, ist der Kläger nach § 24 Abs. 1 Satz 1 AAB gehalten, vor Aufnahme einer Nebenbeschäftigung als Rechtsanwalt die vorherige Zustimmung der Beklagten einzuholen.
2. Dieser Erlaubnisvorbehalt berechtigt den Arbeitgeber nicht, die Aufnahme einer Nebentätigkeit willkürlich zu verwehren. Sofern keine Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers zu erwarten ist, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Genehmigung zu erteilen (BAG 3. Dezember 1970 – 2 AZR 110/70 – AP Nr. 60 zu § 626 BGB; 26. August 1976 – 2 AZR 377/75 – AP BGB § 626 Nr. 68 = EzA BGB § 626 nF Nr. 49; 15. März 1990 – 2 AZR 484/89 – nv.). Ein Erlaubnisvorbehalt ist somit nicht einem Nebentätigkeitsverbot gleichzusetzen. Er dient nur dazu, dem Arbeitgeber bereits vor Aufnahme der Nebentätigkeit die Überprüfung zu ermöglichen, ob dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Er verstößt daher nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, der auch die Freiheit schützt, eine nebenberufliche Tätigkeit zu ergreifen (vgl. BAG 18. November 1988 – 8 AZR 12/86 – AP BGB § 611 Doppelarbeitsverhältnis Nr. 3 = EzA BGB § 611 Teilzeitarbeit Nr. 3).
3. Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, die beantragte Nebentätigkeit als Rechtsanwalt beeinträchtige die betrieblichen Interessen der Beklagten. Es sei nicht auszuschließen, daß die vom Kläger geschuldete Arbeitsleistung als Rechtsschutzsekretär sich zeitlich mit seiner Nebentätigkeit als Anwalt überschneide. Deshalb sei zu befürchten, daß dieser Interessenwiderstreit vorrangig durch Erledigung anwaltlicher Tätigkeit erledigt würde. Dann werde der Betriebsablauf in der Landesrechtsstelle gestört. Die Arbeitskollegen des Klägers müßten dann durch Mehrarbeit dessen Ausfall überbrücken. Das sei der Beklagten nicht zumutbar.
4. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind frei von Rechtsfehlern.
a) Da nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Kläger auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit Gerichtstermine wahrzunehmen hat, ist eine zeitliche Kollision der Haupttätigkeit als Rechtsschutzsekretär mit der Nebentätigkeit als Rechtsanwalt zu besorgen. Davon ist auch der Kläger ausgegangen, der in den Vorinstanzen noch den Antrag verfolgt hat, die Beklagte zu verpflichten, ihm zu bescheinigen, daß er seine Anwaltsaufgaben vordringlich erfüllen dürfe. Der Umstand, daß dieser Antrag in der Revisionsinstanz nicht mehr verfolgt wird, ist unerheblich.
b) Soweit die Beklagte für die Mitglieder des DGB die satzungsmäßigen Rechtsschutzleistungen erbringt, kommt es zu Überschneidungen der Tätigkeitsfelder vor allem auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts. Da der Kläger nicht dargelegt hat, daß sich seine angestrebte anwaltliche Nebentätigkeit ausschließlich auf ein Aufgabengebiet beschränkt, das keine Berührungspunkte mit dem gewerkschaftlichen Rechtsschutzangebot hat, tritt der Kläger auch in der Rechtsberatung und in der Prozeßvertretung zu der Beklagten in Wettbewerb. Entgegen der Ansicht der Revision kann diese Konkurrenzsituation nicht so lange unberücksichtigt bleiben, bis sich ein konkreter Wettbewerbsverstoß des Klägers nachweisen läßt. Der Erlaubnisvorbehalt hat gerade den Sinn, künftige Beeinträchtigungen berechtigter Arbeitgeberinteressen von vornherein auszuschließen.
II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Leinemann, Reinecke, Düwell, Ott, Gaber
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.09.1999 durch Brüne, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436553 |
BB 2000, 1473 |
DB 2000, 1336 |
NWB 2000, 1681 |
EBE/BAG 2000, 69 |
FA 2000, 197 |
JR 2001, 44 |
NZA 2000, 723 |
ZAP 2000, 1057 |
AP, 0 |