Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung nach Einigungsvertrag wegen MfS-Tätigkeit
Normenkette
Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1, Abs. 5 Ziff. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 6. Dezember 1994 – 5 Sa 79/94 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 und Abs. 5 Ziff. 2 Einigungsvertrag (fortan: Abs. 4 Ziff. 1 EV und Abs. 5 Ziff. 2 EV) gestützten ordentlichen Kündigung.
Der 1953 geborene Kläger leistete ab November 1972 seinen Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA) der ehemaligen DDR. Ab Mai 1973 versah er seinen Dienst im Regimentsstab als Stabsschreiber, wo er auch geheimzuhaltende Angelegenheiten zu bearbeiten hatte. Am 5. Juni 1973 verpflichtete sich der Kläger handschriftlich zur Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unter dem Decknamen „Martin”. In der Folgezeit berichtete der Kläger schriftlich und mündlich über Vorkommnisse und private Meinungsäußerungen in der Kompanie. Die mündlichen Mitteilungen wurden in sog. Treffberichten durch einen Mitarbeiter des MfS festgehalten. In einem Treffbericht vom 2. August 1973 sind folgende private Äußerungen zum Tode Walter Ulbrichts festgehalten:
„Gefr. (geschwärzt) äußerte aus einem Gespräch heraus: Schade, daß sie Buchenwald zugemacht haben! Darauf Gefr. (geschwärzt): Dort könnten sie W. Ulbricht verbrennen, die Ofen sind noch intakt, die brauchten nur gereinigt werden. Die Firma existiert auch noch. Mein Großvater hat die Feuerhaken hergestellt.”
In einem mehrseitigen handschriftlichen Bericht vom 20. August 1973 wurde das MfS u.a. über die Mißstimmung der Zimmergenossen über die X. Weltfestspiele und über Schadenfreude über den Absturz einer sowjetischen Maschine bei der Flugausstellung unterrichtet („Das haben die gebraucht!”). Der letzte Treffbericht stammt vom 10. April 1974. Danach sollte der Kläger sich bereit erklärt haben, das MfS nach seiner Entlassung aus der NVA weiter zu unterstützen, allerdings erst nach Beendigung des Studiums.
Ab August 1978 war der Kläger in Berlin im Schuldienst der ehemaligen DDR als Lehrer tätig. Seit September 1990 war er stellvertretender Direktor seiner Schule. In einem Personalfragebogen verneinte er am 14. Januar 1991 die Fragen, ob er für das MfS tätig gewesen sei und ob er eine Verpflichtungserklärung unterschrieben habe.
Mit Schreiben vom 10. August 1993 teilte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR dem Beklagten u.a. mit, daß der Kläger beim MfS als inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit mit dem Decknamen „Martin” geführt worden sei, eine Verpflichtungserklärung abgegeben und auch Berichte geliefert habe.
Der vom Beklagten beabsichtigten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung verweigerte der Personalrat seine nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz notwendige Zustimmung. Durch Beschluß der Einigungsstelle für Personalvertretungssachen vom 21. Dezember 1993 wurde die verweigerte Zustimmung des Personalrats zur ordentlichen Kündigung ersetzt.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 1993, das dem Kläger am selben Tage zuging, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Abs. 4 Ziff. 1 EV wegen mangelnder persönlicher Eignung zum 28. Februar 1994. Die Kündigung wurde damit begründet, daß der Kläger aufgrund einer Verpflichtungserklärung über zwei Jahre als IM für das MfS berichtet und die entsprechenden Fragen im Personalfragebogen falsch beantwortet habe.
Mit der am 11. Januar 1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam.
Der Kläger hat vorgetragen, es habe ihm durchgehend das Bewußtsein gefehlt, für das MfS tätig gewesen zu sein und sich diesem verpflichtet zu haben. Dieses Bewußtsein habe er auch nicht beim Ausfüllen des Personalfragebogens und des Formblatts zur Ermittlung der Beschäftigungszeiten gehabt. Die Verflechtung zwischen Sicherheitsorganen der NVA und des MfS sei ihm nicht bewußt gewesen. Da er als Stabsschreiber geheimzuhaltende Angelegenheiten bearbeitet habe, sei ihm auch die Verwendung des Decknamens nicht auffällig gewesen. Er habe keinen einzigen Bericht mehr geschrieben, nachdem ihm von dem Sicherheitsoffizier Geld angeboten worden sei. Erst durch das Geldangebot sei ihm deutlich geworden, daß er entgegen seiner moralischen Vorstellungen die Grenze seiner Dienstaufgaben überschritten habe.
Der Kläger hat, soweit in der Revision noch von Bedeutung, beantragt
festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28. Dezember 1993 nicht aufgelöst worden sei.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen: Die Kündigung sei gerechtfertigt, weil der Kläger im Sinne des Abs. 4 Nr. 1 EV persönlich ungeeignet für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst sei. Dies ergebe sich einerseits aus seiner Tätigkeit für das MfS und aus der wahrheitswidrigen Beantwortung der Frage nach einer Tätigkeit für das MfS. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, daß es ihm nicht bewußt gewesen sei, jemals eine Erklärung zur Zusammenarbeit mit dem MfS geschrieben zu haben. Dem stünden die Verpflichtungserklärung und die Berichte entgegen, die das inoffizielle Tätigsein des Klägers für das MfS im Sinne von Bespitzelung eindeutig dokumentieren würden. Aus dem eigenen Vorbringen des Klägers, wonach ihm von dem Führungsoffizier Geld angeboten worden sei, ergebe sich, daß dem Kläger erkennbar gewesen sei, daß eine besondere Art von Diensten von ihm erwartet worden sei. Wenn der Kläger selbst davon ausgehe, die Grenzen seiner Dienstaufgaben überschritten zu haben, sei es unverständlich, daß dieser Aspekt beim Ausfüllen des Personalfragebogens negiert oder vielleicht auch verdrängt worden sei. Um eine Erinnerungslücke könne es sich jedenfalls nicht handeln, zumal aus den Unterlagen des Bundesbeauftragten auch nicht hervorgehe, daß dem Kläger Geld angeboten worden sei. Die Aufträge, die der Kläger ab August 1973 erhalten habe, hätten nichts mit der Erfüllung dienstlicher Aufgaben zu tun gehabt, sondern hätten sich von vornherein auf das Freizeitverhalten, die politischen Äußerungen und Meinungen der anderen Wehrpflichtigen bezogen. Aus dem Treffbericht vom 10. April 1974 werde deutlich, daß der Kläger den Kontakt zum MfS nicht von sich aus abgebrochen habe; im übrigen enthalte dieser Treffbericht die Feststellung, daß sich der Kläger für die Zeit nach seinem Studium durchaus eine weitere Zusammenarbeit mit dem MfS denken könne.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung zu Recht als wirksam angesehen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die mangelnde persönliche Eignung des Klägers für den Lehrerberuf ergebe sich bereits daraus, daß der Kläger auf die zulässige Frage, ob er sich gegenüber dem MfS zur Mitarbeit verpflichtet habe bzw. für dieses tätig geworden sei, die Unwahrheit bekundet habe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeit des Klägers für das MfS an sich eine Kündigung nach Abs. 4 Ziff. 1 EV rechtfertigen würde.
Dem Kläger könne nicht gefolgt werden, es sei ihm nicht bewußt gewesen, sich gegenüber dem MfS verpflichtet zu haben bzw. für dieses tätig geworden zu sein. Dies ergebe sich bereits aus der handschriftlichen Verpflichtungserklärung vom 5. Juni 1973, wo sich der Kläger eindeutig zu einer Zusammenarbeit mit dem MfS verpflichtet habe. Im übrigen habe der Kläger bei seinen Berichten sich nicht auf ein allgemeines Bild über die Lage in der Kompanie beschränkt, sondern konkrete Äußerungen einzelner Soldaten wiedergegeben. Daß er damit weit über das hinausgegangen sei, wozu er nach seinen Dienstaufgaben verpflichtet gewesen sei, habe der Kläger nach seiner eigenen Darstellung spätestens erkannt, als ihm nach seinem handschriftlich gefertigten Bericht vom 20. August 1973 von dem Sicherheitsoffizier Geld für seine Informationen angeboten worden sei.
Die grobe Unehrlichkeit des Klägers bei der Beantwortung der zulässigerweise gestellten Fragen nach einer Tätigkeit für das MfS und nach einer entsprechenden Verpflichtungserklärung offenbare, daß er für den Lehrerberuf ungeeignet sei. Den Kläger entlastende Umstände seien nicht ersichtlich.
II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die mangelnde persönliche Eignung des Klägers für den Lehrerberuf folgt allerdings bereits aus seiner Tätigkeit für das MfS.
1. Nach Art. 20 Abs. 1 EV gelten für die Rechtsverhältnisse der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zum Zeitpunkt des Beitritts der neuen Bundesländer die in der Anlage I zum Einigungsvertrag vereinbarten Regelungen. Der Kläger unterrichtete am 3. Oktober 1990 an einer öffentlichen Schule und gehörte deshalb dem öffentlichen Dienst im Beitrittsgebiet an (vgl. etwa Senatsurteil vom 18. März 1993 – 8 AZR 331/92 – BAGE 72, 350 = AP Nr. 20 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX und BAG Urteil vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 201/93 – BAGE 78, 119 = AP Nr. 35, a.a.O.). Anwendbar war demnach zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 28. Dezember 1993 auch die Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV, denn durch das Gesetz zur Verlängerung der Kündigungsmöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung nach dem Einigungsvertrag vom 20. August 1992 (BGBl. I S. 1546) ist diese Kündigungsregelung bis zum 31. Dezember 1993 verlängert worden. Das Verlängerungsgesetz ist wirksam. Die dagegen vereinzelt erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch, wie der Senat mit Urteil vom 27. Juni 1996 (– 8 AZR 1024/94 – AP Nr. 61, a.a.O., zu B II 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) entschieden hat.
2. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV war die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder persönlicher Eignung den Anforderungen nicht entsprach. Die mangelnde persönliche Eignung kann auch aus einer Tätigkeit des Arbeitnehmers für das MfS hergeleitet werden. Bei einer ordentlichen Kündigung wegen Tätigkeit für das MfS müssen dann allerdings die Voraussetzungen des Abs. 5 Ziff. 2 EV vorliegen (vgl. Urteil des Senats vom 26. August 1993 – 8 AZR 561/92 – BAGE 74, 120, 123 = AP Nr. 8 zu Art. 20 Einigungsvertrag, zu B II 2 der Gründe). Dabei ist es unerheblich, daß eine außerordentliche Kündigung nach Abs. 5 Ziff. 2 EV nicht ausgesprochen wurde und mangels Zustimmung des Personalrats nach § 87 Nr. 9, § 79 PersVG Berlin auch nicht wirksam erklärt werden konnte. Entscheidend ist, daß dem Personalrat die Tätigkeit des Klägers für das MfS mitgeteilt wurde und der Personalrat der ordentlichen Kündigung zugestimmt hat.
a) Nach Abs. 5 Ziff. 2 EV liegt ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung dann vor, wenn der Arbeitnehmer für das frühere MfS bzw. Amt für Nationale Sicherheit tätig war und deshalb ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint. Abs. 5 Ziff. 2 EV unterscheidet nicht zwischen hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit. Damit gilt auch für inoffizielle Mitarbeiter, daß eine außerordentliche Kündigung nur gerechtfertigt ist, wenn eine bewußte, finale Mitarbeit für das MfS/AfNS vorliegt (vgl. BAG Urteil vom 26. August 1993 – 8 AZR 561/92 – BAGE 74, 120 = AP Nr. 8 zu Art. 20 Einigungsvertrag; BAG Urteil vom 23. September 1993 – 8 AZR 484/92 – BAGE 74, 257 = AP Nr. 19 zu Einigungsvertrag Anlage I Kapitel XIX).
b) Die außerordentliche Kündigung nach Abs. 5 Ziff. 2 EV setzt weiter voraus, daß wegen der Tätigkeit für das MfS ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint. Ob dies der Fall ist, muß in einer Einzelfallprüfung festgestellt werden. Abs. 5 Ziff. 2 EV ist keine „Mußbestimmung”. Nicht jedem, der für das MfS tätig war, ist zu kündigen. Das individuelle Maß der Verstrickung bestimmt über die außerordentliche Auflösbarkeit des Arbeitsverhältnisses. Je größer das Maß der Verstrickung, desto unwahrscheinlicher ist die Annahme, dieser Beschäftigte sei als Angehöriger des öffentlichen Dienstes der Bevölkerung noch zumutbar (vgl. BAGE 70, 309, 320 = AP Nr. 4 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu B II 1 c der Gründe). Beim inoffiziellen Mitarbeiter wird sich der Grad der persönlichen Verstrickung vor allem aus Art, Dauer und Intensität der Tätigkeit des IM sowie aus dem Grund der Aufnahme und der Beendigung der Tätigkeit für das MfS ergeben.
Die Tätigkeit eines inoffiziellen Mitarbeiters ist häufig nach außen nicht erkennbar geworden. Ein inoffizieller Mitarbeiter arbeitete typischerweise verdeckt. Dennoch kann es nicht darauf ankommen, ob ein inoffizieller Mitarbeiter nicht entdeckt wurde und deshalb seine Tätigkeit für das MfS nicht bekannt ist. Im Fall eines inoffiziellen Mitarbeiters ist darauf abzustellen, ob das Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei Bekanntwerden der Tätigkeit für das MfS in einer Weise beeinträchtigt wird, die das Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar macht. Eine glaubwürdige rechtsstaatliche Verwaltung kann nicht aufgebaut werden auf der Annahme, die Belastung eines Mitarbeiters werde schon nicht bekannt werden.
Ebenfalls bei der Prüfung der Zumutbarkeit zu beachten ist die Art der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer in dem in Frage stehenden Arbeitsverhältnis ausübt. Ob das Vertrauen in die Verwaltung durch die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers erschüttert wird, hängt nicht nur von der Verstrickung des Arbeitnehmers mit dem MfS ab, sondern auch davon, welche Wirkungsmöglichkeiten und Befugnisse der Arbeitnehmer in seinem jetzigen Arbeitsverhältnis hat. Die Beschäftigung eines belasteten Arbeitnehmers mit rein vollziehender Sachbearbeitertätigkeit oder handwerklicher Tätigkeit wird das Vertrauen in die Verwaltung weniger beeinträchtigen als die Ausübung von Entscheidungs- und Schlüsselfunktionen durch einen ebenso belasteten Arbeitnehmer (BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 415/92 – NJ 1993, 379).
3. Nach diesen Grundsätzen folgt die mangelnde persönliche Eignung des Klägers für den Lehrerberuf bereits aus seiner Tätigkeit für das MfS. Dem Beklagten ist ein Festhalten am Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht zumutbar.
a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von einer Tätigkeit des Klägers für das MfS im Sinne von Abs. 5 Ziff. 2 EV ausgegangen. Der Kläger hat aufgrund einer Verpflichtungserklärung von 1973 bis 1974 schriftlich und mündlich über Vorkommnisse und private Meinungsäußerungen in der Kompanie an das MfS berichtet. Der Kläger hat damit bewußt und final für das MfS gearbeitet. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht die Behauptung des Klägers, es sei ihm nicht bewußt gewesen, sich gegenüber dem MfS verpflichtet zu haben und für dieses tätig geworden zu sein, als bloße „Schutzbehauptung” zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nachvollziehbar dargelegt, warum der Behauptung des Klägers kein Glauben geschenkt werden könne.
b) Wegen dieser Tätigkeit für das MfS ist dem Beklagten ein Festhalten am Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht zumutbar. Die besondere Verstrickung des Klägers folgt aus dem Inhalt seiner Berichte für das MfS. Insbesondere ist der Bericht schwerwiegend, wonach ein namentlich genannter Kompaniekamerad zum Tode des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht sein Bedauern zum Ausdruck gebracht habe, daß „man Buchenwald zugemacht habe, weil man dort Walter Ulbricht hätte verbrennen können”. Mit diesem Bericht über eine im Kameradenkreis erfolgte Verunglimpfung des verstorbenen Staats- und Parteichefs der DDR setzte der Kläger den denunzierten Kameraden bewußt einer hohen Gefahr aus. Berichtet ein IM über seine Kameraden in der Weise, daß er die Betroffenen bewußt der Gefahr aussetzt, schwere persönliche Nachteile zu erleiden, ist von einer schwerwiegenden Verstrickung des IM auszugehen mit der Folge, daß dem öffentlichen Arbeitgeber ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint.
Auch der relativ lange Zeitraum, der zwischen der Tätigkeit für das MfS und der Kündigung liegt, rechtfertigt keine andere Beurteilung, zumal der Kläger bei Beendigung der Tätigkeit für das MfS im Jahre 1974 eine weitere Unterstützung des MfS für später in Aussicht gestellt hatte.
4. Im übrigen ist dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen, daß die mangelnde persönliche Eignung des Klägers auch aus seiner bewußt wahrheitswidrigen Erklärung folgt, er sei nicht für das MfS tätig gewesen und habe auch keine Verpflichtungserklärung unterschrieben.
Wie der Senat in seinen Urteilen vom 26. August 1993 und 14. Dezember 1995 (– 8 AZR 561/92 – BAGE 74, 120, 125 = AP Nr. 8 zu Art. 20 Einigungsvertrag, zu B II 4 c der Gründe und – 8 AZR 356/94 – AP Nr. 56 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu B III 1 der Gründe) ausgeführt hat, begründet die Falschbeantwortung von Fragen nach einer MfS-Tätigkeit und einer Verpflichtungserklärung regelmäßig erhebliche Zweifel an der persönlichen Eignung für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Diese Fragen sind zulässig und vom Arbeitnehmer wahrheitsgemäß zu beantworten (Senatsurteile vom 26. August 1993, a.a.O., und vom 7. September 1995 – 8 AZR 828/93 – AP Nr. 24 zu § 242 BGB Auskunftspflicht, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Ausübung des Fragerechts ist für den öffentlichen Arbeitgeber von besonderer Bedeutung. Sie dient letztlich der Bereinigung des übernommenen öffentlichen Dienstes von vorbelastetem Personal und damit der Schaffung einer leistungsfähigen öffentlichen Verwaltung, einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut. Wer zu diesen Fragen falsche Angaben macht, mißbraucht das Vertrauen seines Dienstherrn gröblich.
Zwar kann sich eine andere Beurteilung der Falschbeantwortung dann ergeben, wenn der Verpflichtungserklärung bzw. der Tätigkeit für das MfS nur mindere Bedeutung zukam. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Im Hinblick auf die erhebliche Berichtstätigkeit des Klägers, die zu einer Gefährdung der Bespitzelten führte, begründet somit auch die Unehrlichkeit des Klägers im Fragebogen seine mangelnde Eignung für den Lehrerberuf.
5. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger trotz seiner schwerwiegenden Tätigkeit für das MfS und seiner falschen Angaben im Personalfragebogen im Kündigungszeitpunkt für den Lehrerberuf persönlich geeignet gewesen sei, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat gar nicht versucht, seine „Stasi-Vergangenheit” persönlich aufzuarbeiten. Er will seine frühere IM-Tätigkeit offenbar nicht einmal wahrhaben und versucht sie, durch falsche Angaben zu verdrängen. Von dem Kläger ist daher nicht zu erwarten, daß er als Lehrer den ihm anvertrauten Schülern glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermittelt.
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Ascheid, Dr. Wittek, Richter Dr. Müller-Glöge ist infolge Urlaubs an der Leistung der Unterschrift verhindert. Ascheid, P. Knospe, Dr. E. Vesper
Fundstellen