Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
Der Übergang eines Produktionsbetriebs scheitert bei Übernahme der sonstigen sächlichen und immateriellen Betriebsmittel nicht allein daran, daß die jederzeit ersetzbaren Bestände des Materiallagers ergänzt werden müssen, auch wenn dies erhebliche Investitionen (im Fall in Millionenhöhe) erforderlich macht.
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 20.10.1993; Aktenzeichen 7 Sa 1059/92) |
ArbG Bonn (Entscheidung vom 19.08.1992; Aktenzeichen 2 Ca 868/90) |
Tatbestand
Der 1928 geborene Kläger war seit 3. März 1976 bei der H GmbH in M (im folgenden: Gemeinschuldnerin) als Elektronikteilmontierer beschäftigt. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert. Die Gemeinschuldnerin stellte vor allem Spielautomaten her und befaßte sich daneben mit dem Groß- und Einzelhandel mit derartigen Automaten, dem Betrieb von Spielhallen und mit Dienstleistungen in diesem Bereich.
Anfang 1989 stellte die Gemeinschuldnerin Konkursantrag und die Produktion kam zum Stillstand. Der Konkurs wurde am 30. November 1989 eröffnet und Rechtsanwalt Dr. K zum Konkursverwalter bestimmt. Auch über das Vermögen einer weiteren Firma, der das Betriebsgrundstück gehörte, wurde das Konkursverfahren eröffnet und ebenfalls Rechtsanwalt Dr. K zum Konkursverwalter bestellt. Der Konkursverwalter nahm die Produktion nicht wieder auf. Nach seinem Bericht scheiterte die Fortführung des Geschäftsbetriebes vor allem daran, daß bereits in den Wochen vor der Einstellung der Produktion das Warenlager der Gemeinschuldnerin derart "heruntergefahren" worden war, daß eine Wiederaufnahme der Produktion erhebliche Vorinvestitionen erfordert hätte, die nicht finanzierbar waren. Der Konkursverwalter versuchte in der Folgezeit, das Vermögen der Gemeinschuldnerin zu veräußern. Am 28. Dezember 1989 schloß er mit der zur G -Gruppe gehörenden Beklagten zu 3 (im folgenden: Beklagten), die im gleichen Geschäftsbereich wie die Gemeinschuldnerin tätig war, und mit Herrn G persönlich einen Vertrag, der im wesentlichen folgenden Inhalt hatte: Herr G persönlich erwarb von der Grundstückseigentümerin das Betriebsgrundstück der Gemeinschuldnerin. Die Beklagte erwarb von der Gemeinschuldnerin im einzelnen aufgelistete Maschinen und Geräte zum Gesamtkaufpreis von 300.000,00 DM, Ersatzteilvorräte zum Gesamtkaufpreis von 1,2 Millionen DM und halbfertige Spielautomaten etc. zum Gesamtpreis von 1 Million DM. Die übernommenen halbfertigen Geldspielgeräte sollten von der Beklagten fertiggestellt werden und der Nettoerlös zu 50 % der Konkursmasse zufließen. Die Beklagte sollte darüber hinaus in die bestehenden Versicherungs-, Energieversorgungs- und Bewachungsverhältnisse und die Wartungs- und Leasingverträge eintreten. Daneben finden sich in dem Vertrag Regelungen über die Geschäftsunterlagen der Gemeinschuldnerin und ein Vorkaufsrecht des Firmenbestandteils "H ". Ob die Beklagte darüber hinaus im ersten Quartal 1990 die Produktionswerkzeuge, also insbesondere die auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Werkzeugmaschinen (schweren Geräte) zum Preis von 48.450,00 DM übernommen hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Konkursverwalter hatte bereits am 11. Dezember 1989 bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Kündigung des Klägers beantragt. Als diese mit Bescheid vom 22. März 1990 erteilt wurde, kündigte er das Arbeitsverhältnis unter dem 28. März 1990 zum 30. Juni 1990. Auf den Widerspruch des Klägers hob der Landschaftsverband Rheinland durch Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1990 den Bescheid der Hauptfürsorgestelle vom 22. März 1990 auf und versagte dem Konkursverwalter die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers. Gegen diesen Bescheid hat der Konkursverwalter kein Rechtsmittel eingelegt. Auf entsprechende Klage der Beklagten hob das Verwaltungsgericht Aachen durch Urteil vom 26. November 1991 den Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1990 auf und führte in den Entscheidungsgründen aus, der Widerspruchsbescheid sei dem Konkursverwalter gegenüber bestandskräftig geworden und damit sei nachträglich ein Wirksamkeitserfordernis für die Kündigung entfallen. Der Widerspruchsbescheid verletze aber die Beklagte in ihren Rechten und sei deshalb aufzuheben, wobei letztlich die Frage dahingestellt bleiben könne, ob eine Betriebsübernahme vorliege oder nicht.
Der Kläger sieht in der Übernahme der in der Vereinbarung vom 28. Dezember 1989 bezeichneten Betriebsmittel eine Betriebsübernahme i.S. des § 613 a BGB des Betriebs der Gemeinschuldnerin durch die Beklagte. Er hat deshalb mit Schreiben vom 19. Januar 1990 der Beklagten erfolglos seine Arbeitskraft angeboten. Mit seiner Klage begehrt er die Feststellung, daß sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen ist und bis zu seiner Verrentung am 1. April 1992 fortbestanden hat. Außerdem macht er Gehaltsansprüche für die Monate Juli 1990 bis März 1992 geltend. Ursprünglich hatte er auch gegen den Konkursverwalter und eine S GmbH Klage erhoben, die nach Darstellung der Beklagten auf dem Betriebsgrundstück einen kleinen Teil der Produktionstätigkeit der Gemeinschuldnerin (Geldwechselautomaten) fortführt. Insoweit ist die Klage in erster Instanz wegen der finanziellen Ansprüche des Klägers abgewiesen worden, ohne daß der Kläger dagegen Rechtsmittel eingelegt hätte. Was die Kündigung des Konkursverwalters anbelangt, hat das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit dieser Kündigung festgestellt, ohne daß der Konkursverwalter dagegen Berufung eingelegt hätte.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe alle wesentlichen Betriebsmittel des Betriebs der Gemeinschuldnerin übernommen, insbesondere auch die Produktionsmaschinen, die Geschäftsunterlagen und die Kundenkartei. Mit den übernommenen Betriebsmitteln sei es ihr ohne weiteres möglich gewesen, den Betrieb in M oder an anderer Stelle fortzuführen. Der Konkursverwalter habe den Betrieb nicht stillegen wollen, sondern eine Betriebsübernahme angestrebt. Der G -Gruppe sei es gelungen, mit dem Betrieb der Gemeinschuldnerin den Betrieb eines Mitbewerbers auf dem Markt zu übernehmen.
Der Kläger hat, soweit es für die Revisionsinstanz noch erheblich ist, beantragt
1. festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis mit
der H GmbH i.K. zwischen ihm
und der Beklagten bis 31. März 1992
fortbestanden hat,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn
76.762,02 DM brutto abzüglich 33.788,70 DM
netto (Arbeitslosenunterstützung) zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Stützung ihres Klageabweisungsantrags behauptet, die Werkzeugmaschinen habe sie nicht übernommen, diese seien vielmehr vom Konkursverwalter an eine andere Firma veräußert worden, die nach dem Konkurs aus der Entwicklung von H stammende Geldspielgeräte produziert habe. Auch die Kundenlisten und die Geschäftsunterlagen seien nicht an sie gelangt. Mit den wenigen übernommen Hilfsgeräten hätte sie den Produktionsbetrieb so nicht weiterführen können. Eine Fortführung des Betriebs der Gemeinschuldnerin sei ihr schon deshalb nicht möglich gewesen, weil sie die für die Produktion notwendigen Unterlagen (Entwicklungszeichnungen, Produktionszeichnungen, Software-Programme der Geräte etc.) nicht übernommen habe. Sie habe lediglich aus einem vom Konkursverwalter schon vor dem 28. Dezember 1989 stillgelegten Betrieb einzelne Gegenstände käuflich erworben.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Betrieb bzw. Betriebsteil, in dem der Kläger bei der Gemeinschuldnerin gearbeitet habe, die Produktion von Spielautomaten, sei nicht auf die Beklagte übergegangen. Selbst wenn man von dem Vorbringen des Klägers ausgehe, habe die Beklagte die Produktion der Spielautomaten nicht ohne weiteres fortsetzen können, weil ihr die hierfür erforderlichen Materialien gefehlt hätten. Wenn, wie sich aus dem Bericht des Konkursverwalters ergebe, zur Auffüllung des Materiallagers erhebliche Investitionen notwendig gewesen seien, stellten die restlichen Betriebsmittel keinen funktionsfähigen Produktionsbetrieb dar. In einem Produktionsbetrieb müßten zwar Rohstoffe laufend erneuert werden. Seien aber zur Fortsetzung der Produktion Materialeinkäufe in Höhe von 2/5 des Restwertes des Betriebes notwendig, könnten die fehlenden Rohstoffe nicht mehr als unwesentlich angesehen werden. Es könne deshalb dahinstehen, ob der Betrieb der Gemeinschuldnerin schon vor der Vereinbarung vom 28. Dezember 1989 stillgelegt worden sei.
II. Dem kann nicht gefolgt werden. Ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB scheitert bei Übernahme der sonstigen sächlichen und immateriellen Betriebsmittel nicht allein daran, daß die jederzeit ersetzbaren Bestände des Materiallagers des früheren Betriebsinhabers im Zeitpunkt der Betriebsübernahme ergänzt werden müssen, auch wenn dies größere Investitionen voraussetzt.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAGE 35, 104, 106 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB, zu 1 der Gründe; BAGE 47, 13 = AP Nr. 39 zu § 613 a BGB) gehören zu einem Betrieb i.S.v. § 613 a Abs. 1 BGB nur die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel, nicht auch die Arbeitnehmer. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses ist Rechtsfolge, nicht Tatbestandsvoraussetzung. Die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel machen einen Betrieb dann aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Dabei ist es nicht erforderlich, daß alle Wirtschaftsgüter, die bisher zu dem Betrieb des alten Inhabers gehörten, auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Unwesentliche Bestandteile des Betriebsvermögens bleiben außer Betracht. Die eingerichteten und bestehenden Arbeitsplätze sollen im Interesse und unter Aufrechterhaltung des vorhandenen Betriebes erhalten bleiben, wenn ein anderer das Betriebssubstrat erwirbt.
Für die Frage, welche Betriebsmittel für die Erfüllung der arbeitstechnischen Zwecke wesentlich sind, ist auf die Eigenart des Betriebes abzustellen. Bei Produktionsbetrieben wird regelmäßig die Übernahme der sächlichen Betriebsmittel entscheidend sein. Bei Handels- und Dienstleistungsbetrieben werden demgegenüber meist die immateriellen Betriebsmittel wie Kundenstamm, Kundenlisten, die Geschäftsbeziehungen zu Dritten, das "know-how" und der "good will", ebenso die Einführung des Unternehmens auf dem Markt im Vordergrund stehen (BAGE 49, 102, 105 = AP Nr. 23 zu § 7 BetrAVG, zu I 1 b der Gründe; Senatsurteil vom 29. September 1988 - 2 AZR 107/88 - AP Nr. 76 zu § 613 a BGB; Urteil vom 18. Oktober 1990 - 2 AZR 172/90 - AP Nr. 88 zu § 613 a BGB). Die Arbeitnehmer selbst gehören zwar nicht zum Betrieb i.S.v. § 613 a BGB, wohl können aber im Einzelfall Fachkenntnisse eingearbeiteter Mitarbeiter in ihrer Bedeutung für die Fortführung des alten Betriebes von Bedeutung sein (BAGE 49, 102, 105 f. = AP Nr. 23 zu § 7 BetrAVG, zu I 1 b der Gründe; Senatsurteil vom 9. Februar 1994 - 2 AZR 781/93 - NZA 1994, 612, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
2. Bei Produktionsbetrieben sind die Arbeitsplätze regelmäßig an Maschinen und Einrichtungsgegenstände gebunden. Um die Produktion in der bisherigen Weise fortsetzen zu können, benötigt der neue Betriebsinhaber deshalb die Produktionswerkzeuge und sonstigen Einrichtungsgegenstände, normalerweise auch die Schutzrechte, Konstruktionszeichnungen etc. für die produzierten Güter. Das Materiallager des übernommenen Betriebes ist demgegenüber, wenn die benötigten Rohstoffe jederzeit auf dem freien Markt zu beschaffen sind, aus der Sicht des Betriebserwerbers völlig unwesentlich. Besitzt er ausreichende Finanzmittel, den Betrieb zu übernehmen, so muß er zur Fortsetzung der Produktion Rohstoffe beschaffen. Ob er die Produktion mit den erworbenen Betriebsmitteln nahtlos fortsetzen kann, hängt nicht davon ab, ob er die Rohstoffe bei der Betriebsübernahme miterwirbt oder sich auf dem freien Markt beschaffen muß, sondern davon, in welchem Umfang ihm der Betriebsveräußerer die sonstigen sächlichen und immateriellen Betriebsmittel zur Verfügung stellt. Es kann für den Betriebserwerber sogar lukrativ sein, das Materiallager des bisherigen Betriebes nicht mit zu übernehmen, wenn dieses etwa überaltert ist, er sich die Rohstoffe billiger auf dem freien Markt besorgen kann oder er - was im vorliegenden Fall sogar denkbar ist - als Inhaber eines anderen Betriebes der gleichen Branche über ein gut ausgestattetes eigenes Materiallager verfügt. Die Rechtsfolgen des § 613 a BGB können nicht deshalb entfallen, weil der Betrieb von einem Konkurrenten übernommen wird und dieser die Produktion zunächst mit den Rohstoffen seines eigenen Materiallagers genau wie bisher fortsetzt. Wieviele Rohstoffe in welchem Zeitraum benötigt werden, hängt zudem im wesentlichen davon ab, welche Zwecke der Betriebserwerber mit der Übernahme des Betriebs verfolgt. Gerade auf diese Zwecke kommt es aber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Urteil vom 29. November 1988 - 3 AZR 250/87 - AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung) nicht an. Hätte die Beklagte z.B. lediglich vorgehabt, den Betrieb der Gemeinschuldnerin zu übernehmen, um die halbfertigen Spielgeräte mit den vorhandenen Produktionsmaschinen zu komplettieren und günstig zu verkaufen, so hätte dies einer Betriebsübernahme nicht entgegengestanden (BAG, aaO). Für einen solchen Betriebszweck wären erheblich geringere Mittel für eine Materialbeschaffung erforderlich gewesen, als dies das Landesarbeitsgericht im Anschluß an den Bericht des Konkursverwalters annimmt. Ein mit ausreichenden Finanzmitteln versehener Betriebserwerber ist in einer anderen wirtschaftlichen Situation, als es die spätere Gemeinschuldnerin war, der die Hausbank nicht mehr die erforderlichen Kredite bewilligte, um die für die Fortsetzung der Produktion erforderlichen Rohstoffe zu beschaffen. Wie unwesentlich der Bestand des Materiallagers der Gemeinschuldnerin für die Fortsetzung der Produktion durch die Beklagte war, zeigt sich gerade an den entsprechenden Regelungen in dem Kaufvertrag, durch den die Beklagte besonders verpflichtet werden mußte, nicht eigene Rohstoffe einzusetzen, sondern für die Fertigstellung der Spielgeräte nach Möglichkeit die Restbestände aus dem Materiallager der Gemeinschuldnerin einzusetzen.
III. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war deshalb aufzuheben. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen lassen eine abschließende Entscheidung nicht zu.
Für die Frage, ob der Betrieb der Gemeinschuldnerin auf die Beklagte übergegangen ist, kommt es entscheidend darauf an, ob die Beklagte die wesentlichen Betriebsmittel vom Konkursverwalter übernommen hat, mit denen sie die Produktion der Spielautomaten im bisherigen Umfang weiterführen konnte, oder ob der Konkursverwalter den Betrieb stillgelegt, das Betriebssubstrat zerschlagen und lediglich einzelne Betriebsmittel an die Beklagte veräußert hat, mit denen diese die Produktion nicht hätte fortführen können. Diese Frage hat das Landesarbeitsgericht letztlich dahinstehen lassen und insoweit den Sachverhalt selbst noch für aufklärungsbedürftig gehalten, wie sich aus zwei unerledigten Beweisbeschlüssen ergibt. Dies führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, damit dieses die erforderlichen Tatsachenfeststellungen treffen kann.
1. Zwar hat der Konkursverwalter in seinen Berichten und als Prozeßpartei stets klargestellt, daß er nicht vorhatte, den Betrieb der Gemeinschuldnerin stillzulegen, sondern den Vertrag vom 28. Dezember 1989 in der Absicht geschlossen hat, den Betrieb auf die Beklagte zu übertragen. Auch ist die Liste der Betriebsmittel, die die Beklagte tatsächlich übernommen hat, umfangreich und der Vertrag vom 28. Dezember 1989 enthält zahlreiche Indizien, die für eine Betriebsübernahme i.S. des § 613 a BGB sprechen.
2. Die entscheidenden Punkte sind aber unaufgeklärt. Legt man den Vortrag der Beklagten zugrunde, sie habe gerade die zur Weiterführung der Produktion unbedingt erforderlichen Produktionswerkzeuge ebenso wie die Konstruktionszeichnungen und Geschäftsunterlagen nicht übernommen, die Werkzeuge seien an eine dritte Firma gegangen, die die Produktion der H -Spielautomaten fortgesetzt habe, so würde dies einer Betriebsübernahme widersprechen. Es ist nach dem Vorbringen der Beklagten nicht auszuschließen, daß sie gerade nur so viele Betriebsmittel übernehmen wollte und übernommen hat, daß ein lästiger Konkurrent vom Markt verschwand und nicht ein Betriebsnachfolger auf dem Betriebsgelände die Produktion wieder aufnehmen konnte, ohne daß die Beklagte mit den übernommenen Betriebsmitteln die Produktion selbst hätte fortsetzen können. Die erforderlichen Tatsachen, insbesondere zu der Frage der Übernahme der Produktionsmaschinen hat das Landesarbeitsgericht nicht aufgeklärt.
3. Auch die Regelung in dem Kaufvertrag über die Übernahme der halbfertigen Spielautomaten spricht lediglich indiziell für eine Betriebsübernahme, ohne jedoch eine solche schlüssig zu beweisen. Es würde für eine Betriebsübernahme ausreichen, wenn die Beklagte lediglich vorhatte, in dem Betrieb in M die halbfertigen Spielautomaten mit den dort vorhandenen Produktionsmitteln zu Ende zu bauen. Was aber zwischen dem Konkursverwalter und der Beklagten hinsichtlich der Fertigstellung der Halbfertigprodukte wirklich geplant war, ist ebenfalls nicht aufgeklärt. Es könnte sein, daß die Beklagte als Konkurrenzfirma lediglich diese halbfertigen Geräte günstig gekauft hat, um sie im wesentlichen mit eigenen Mitteln in ihrem eigenen Betrieb fertigzustellen und aus dem Verkauf einen Gewinn zu erzielen. Dies würde wiederum einer Betriebsübernahme widersprechen.
4. Die in den Betriebsräumen unstreitig fortgeführte Produktion der Geldwechselautomaten kann den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte zu 3 nicht begründen, da der Kläger in diesem Bereich unstreitig nicht tätig war.
IV. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht mit Rücksicht auf die Kündigung des Konkursverwalters aus anderen Gründen wenigstens teilweise als richtig (§ 563 ZPO). Wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor Ausspruch der Kündigung durch den Konkursverwalter nach § 613 a BGB auf die Beklagte übergegangen ist, ging die Kündigung des Konkursverwalters ins Leere. Im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestand dann das Arbeitsverhältnis fort und es ist auch ungekündigt auf die Beklagte übergegangen, so daß allenfalls diese das Arbeitsverhältnis hätte kündigen können. Darauf, daß die Kündigung des Konkursverwalters, deren Wirksamkeit in dem Prozeß gegen den Betriebserwerber regelmäßig als Vorfrage zu klären ist (RGRK-Ascheid, BGB, 12. Aufl., § 613 a Rz 297), bei Annahme eines Betriebsübergangs im Zweifel nach § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam war, kam es damit nicht mehr an. Ebenso konnte unentschieden bleiben, ob die Wirksamkeit der Kündigung auch daran scheitern würde, daß nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen der Widerspruchsbescheid dem Konkursverwalter gegenüber bestandskräftig geworden ist, wonach die Kündigung auch mangels der nach § 15 SchwbG erforderlichen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle unwirksam wäre. Ob nicht ohnehin die Beklagte als Betriebserwerberin daran gebunden wäre, daß im Verhältnis zwischen Kläger und Konkursverwalter rechtskräftig feststeht, daß die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat (vgl. RGRK-Ascheid, BGB, 12. Aufl., § 613 a Rz 294), konnte damit ebenfalls unerörtert bleiben.
Dr. Etzel Bitter Bröhl
Brocksiepe Rupprecht
Fundstellen
DB 1995, 432-433 (LT1) |
NJW 1995, 1510 |
NJW 1995, 1510-1511 (LT1) |
BuW 1995, 72 (T) |
BetrVG, (16) (LT1) |
WiB 1995, 291 (LT) |
EWiR 1995, 123 (L) |
JR 1995, 528 |
JR 1995, 528 (L) |
NZA 1995, 165-167 (LT1) |
ZAP, EN-Nr 124/95 (L) |
ZIP 1995, 59 |
ZIP 1995, 59-62 (LT) |
AP § 613a BGB (LT1), Nr 117 |
AR-Blattei, ES 500 Nr 104 (LT) |
EzA § 613a BGB, Nr 121 (LT1) |