Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitgutschrift bei ausgefallener Arbeit an Silvester/Neujahr. Tarifauslegung. Zeitgutschrift bzw. Vergütung bei ausgefallener Arbeit bzw. Schichtplanänderung an Silvester/Neujahr
Orientierungssatz
Nach 13 Abs. 1 ZTV wird den Arbeitnehmern am Tage vor Neujahr, soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, ab 12.00 Uhr Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts gewährt. Bei einer auf Grund des Vorfesttages ausgefallenen Schicht von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr ist nicht nur die Zeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr an Silvester, sondern die gesamte Schicht einschließlich der Zeit von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr zu berücksichtigen, weil betriebsüblich Arbeitszeiten, die sich von einem auf den anderen Kalendertag erstrecken, zum ersten Kalendertag zählen (vgl. auch den Anwenderhinweis Nr. 1 zu § 4 Abs. 1 JazTV).
Normenkette
Zulagentarifvertrag für Arbeitnehmer der DB AG (ZTV) § 13 Abs. 1; Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütung für die von Silvester 2001 auf Neujahr 2002 ausgefallene Nachtschicht (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr).
Der Kläger war in der Werkstatt der Beklagten in K… als Energieelektroniker beschäftigt. Er arbeitete im Schichtschicht von Montag bis Freitag abwechselnd in Frühschicht, Mittagsschicht und Nachtschicht. Von Silvester 2001 auf Neujahr 2002 hätte die Arbeitszeit des Klägers regulär am Silvesterabend (Montag) um 22.00 Uhr begonnen und bis zum nächsten Morgen (Dienstag) um 6.00 Uhr gedauert. Diese Zeit brauchte der Kläger nicht zu arbeiten.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Zulagentarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (ZTV) und der Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) Anwendung. Im ZTV heißt es:
Ҥ 13
Vorfesttagszuschlag
(1) Am Tage vor dem ersten Weihnachtsfeiertag und am Tage vor Neujahr wird, soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, ab 12.00 Uhr Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts gewährt.
(2) Kann diese Arbeitsbefreiung aus betrieblichen Gründen nicht gewährt werden, wird an einem anderen Tage entsprechende Freizeit gewährt.
(3) Kann auch diese Freizeit nicht gewährt werden, wird an in Abs. 1 genannten Tagen ein Zuschlag (Vorfesttagszuschlag) gezahlt für die Arbeit nach 12.00 Uhr in Höhe von 100 v.H.”
Im JazTV heißt es:
Ҥ 5
Freistellung von der Arbeitspflicht
…
(2) …
2. Ein auf einen Werktag fallender gesetzlicher Feiertag (Wochenfeiertag) wird für den Vollzeitarbeitnehmer bewertet.
…
b) mit 1/261 der jeweiligen Jahresarbeitszeit-Sollstunden, wenn der Arbeitnehmer regelmäßig an mehr oder weniger als 5,0 Werktagen in der Woche, an Sonntagen, in Schichtarbeit oder in Wechselschichtarbeit beschäftigt wird und der Wochenfeiertag auf die Tage Montag bis Freitag fällt, für einen auf einen Sonntag fallenden Wochenfeiertag erfolgt keine Arbeitszeitgutschrift.
…
§ 6
Verteilung der Jahresarbeitszeit
…
(5) Fällt Arbeit aus, ist der Arbeitnehmer spätestens am Vortage hierüber zu informieren. Die DB AG kann verlangen, daß die ausgefallene Arbeitszeit nachgeholt wird.
…”
Die Beklagte hat dem Arbeitszeitkonto des Klägers für Silvester 2001 für die Zeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr zwei Stunden gutgeschrieben. Eine weitere Gutschreibung für die Zeit von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr an Neujahr ist auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers nicht erfolgt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe für die Zeit von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr an Neujahr seinem Arbeitszeitkonto weitere 5 ½ Stunden gutzuschreiben. Dies folge aus § 13 Abs. 1 ZTV. Damit werde auch die Zeit nach 24.00 Uhr erfasst. Dies ergebe sich aus dem Anwenderhinweis Nr. 1 zu § 4 Abs. 1 JazTV. Danach zählen Arbeitszeiten, die sich von einem auf den anderen Kalendertag erstrecken, zum ersten Kalendertag. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Arbeit am 31. Dezember 2001 allein wegen des Vorfesttages ausgefallen sei. Im Übrigen folge die Verpflichtung der Beklagten, ihm auch diese 5 ½ Stunden gutzuschreiben, aus einer Anwendung von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b JazTV in Ergänzung zu § 13 ZTV. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, da er inzwischen bei der Beklagten ausgeschieden sei, könne er diese Stunden vergütet verlangen. Deshalb stehe ihm noch ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in unstreitiger Höhe von 61,49 Euro brutto zu. In diesem Betrag ist eine Nachtarbeitszulage in Höhe von 7,04 Euro enthalten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 61,49 Euro brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, § 13 ZTV sei nicht anwendbar. Zwar sei die Schicht des Klägers wegen des Vorfesttages ausgefallen, die tarifliche Vorschrift des § 13 ZTV gelte aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer an Heiligabend oder Silvester bereits in der Zeit vor 12.00 Uhr gearbeitet habe, was typischerweise im Bürodienst vorkomme. Für den 1. Januar 2002 seien dem Kläger auf seinem Arbeitszeitkonto auf Grund der Regelungen in § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b JazTV 7 Stunden und 36 Minuten gutgeschrieben worden. Ferner sei am 31. Dezember 2001 für die Zeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr eine weitere Gutschrift von 2 Stunden erfolgt, wenn auch irrtümlich. Eine weitere Gutschrift stehe dem Kläger nicht zu. § 13 Abs. 1 ZTV greife hier nicht ein. Diese Bestimmung setze voraus, dass der Kläger am Tag vor Neujahr hätte arbeiten müssen. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Die Arbeiten, die zunächst für die geplante Schicht am 31. Dezember 2001 ab 22.00 Uhr vorgesehen gewesen seien, seien bereits zuvor von anderen Mitarbeitern erledigt worden; es seien am 22., 26. und am 29. Dezember 2001 Sonderschichten eingelegt worden, die auf freiwilliger Basis von Mitarbeitern geleistet worden seien. Deshalb sei am 31. Dezember 2001 ab 12.00 Uhr keine Arbeit mehr angefallen, von deren Leistung der Kläger hätte befreit werden können.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage in Höhe von 54,45 Euro stattgegeben und im Übrigen die Klage in Höhe der geltend gemachten Nachtarbeitszulage für 5 ½ Stunden von 7,04 Euro brutto abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiter ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht der Klage in dem in der Revision noch anhängigen Umfang stattgegeben.
Der Kläger hat gegen die Beklagte hinsichtlich der am 1. Januar 2002 in der Zeit von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr ausgefallenen Arbeitszeit, die seinem Arbeitszeitkonto nicht gutgeschrieben wurde, einen Zahlungsanspruch in Höhe von 54,45 Euro.
1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren § 13 ZTV ist. Nach dieser Tarifbestimmung wird an Silvester, soweit es die betrieblichen Verhältnisse zulassen, ab 12.00 Uhr Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts gewährt (§ 13 Abs. 1 ZTV). Dies setzt voraus, dass die am sog. Vorfesttag, vorliegend Silvester als Tag vor dem Feiertag Neujahr, zu leistende Arbeit wegen des Vorfesttages ausgefallen ist. Hiervon sind beide Parteien in beiden Vorinstanzen ausgegangen.
Die Beklagte hat in erster Instanz in ihrem Schriftsatz vom 27. November 2003 auf Seite 1 selbst vorgetragen, “dass der Kläger in der streitgegenständlichen Schicht vom 31.12.2001 auf den 01.01.2002 nicht gearbeitet hat, da die Schicht wegen des Vorfesttages ausgefallen ist. Der gesamte Rechtsstreit handelt sich um die Fragestellung, wie arbeitszeitrechtlich zu verfahren ist, wenn geplante Schichten aufgrund eines Vorfesttages ausfallen”. In dem gleichen Schriftsatz wiederholt die Beklagte insoweit ihren Sachvortrag auf Seite 2 des Schriftsatzes, indem sie vorträgt: “Zusammenfassend kann dem Klagebegehren aus folgenden Gründen nicht stattgegeben werden:
1. Der Kläger war ursprünglich in die Schicht vom 31.12.2001 auf den 01.01.2002 eingeteilt.
2. Diese Schicht fiel aufgrund des (Vor)-Festtages aus.”
Entsprechend diesem Sachvortrag der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht im Tatbestand (Seite 2 des Urteils) festgestellt, dass die Arbeitszeit des Klägers regulär am Silvesterabend um 22.00 Uhr begonnen und bis zum nächsten Morgen um 6.00 Uhr gedauert hätte. Des Weiteren hat das Landesarbeitsgericht als Sachvortrag der Beklagten (Seite 4 des Urteils) festgestellt, dass die Schicht des Klägers wegen des Vorfesttages ausgefallen sei. Diese tatrichterlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurden von der Beklagten weder mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag noch mit Revisionsrügen angegriffen, so dass sie für das Revisionsgericht bindend sind.
Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen (Seite 12 des Urteils), ohne Bedeutung sei es, dass man die von Silvester auf Neujahr ausgefallene Schicht vorarbeiten oder nacharbeiten ließ, um einen reibungslosen Betriebsablauf während der Feiertage zu gewährleisten. Dies ändert nichts daran, dass die Schicht wegen des Vorfesttages ausgefallen ist.
Zu Unrecht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, eine Vergütungspflicht der Beklagten für den Silvestertag ergebe sich unabhängig vom Schichtplan aus der tariflichen Vorschrift des § 13 Abs. 1 ZTV. Ein Vergütungsanspruch nach § 13 ZTV besteht nur dann, wenn – wie ausgeführt – der zu leistende Schichtdienst wegen des Vorfesttages ausfällt. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht aber gerade ausgegangen.
2. Die für den Kläger ausgefallene Schicht von Silvester 22.00 Uhr bis Neujahr 6.00 Uhr ist dem Arbeitszeitkonto des Klägers für 2001 in dem von der Beklagten nicht berücksichtigten Umfang von 5 ½ Stunden gutzuschreiben. Dies ergibt eine Auslegung von § 13 Abs. 1 ZTV.
a) Die Auslegung eines Tarifvertrages durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 22. Oktober 2002 – 3 AZR 664/01 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185, zu II 1a der Gründe). Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Vertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermitteln werden können (st. Rspr. des BAG, vgl. 28. Mai 1998 – 6 AZR 349/96 – AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 52 = EzA TVG § 4 Bühnen Nr. 5, zu II 2a der Gründe; 26. April 2001 – 6 AZR 2/00 – AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 37, zu 1a der Gründe; 29. August 2001 – 4 AZR 337/00 – BAGE 99, 24, 28; 22. Oktober 2002 – 3 AZR 664/01 – AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185, zu II 1a der Gründe).
b) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Tarifauslegung ist rechtsfehlerfrei.
Nach dem Wortlaut der Tarifnorm ist dem Arbeitnehmer eine Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts ab 12.00 Uhr zu gewähren. Es mögen Zweifel bestehen, ob – wie das Landesarbeitsgericht ausgeführt hat – die Formulierung so verstanden werden könnte, dass es nur Arbeitnehmer betrifft, die am Vormittag des Silvestertages arbeiten und ab 12.00 Uhr von der Arbeit freizustellen sind. Mögliche Zweifel hinsichtlich der Wortauslegung werden aber unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Tarifbestimmung beseitigt. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, soll durch die Freistellung von der Arbeit an Silvester es den Mitarbeitern ermöglicht werden, die an diesem Tag üblichen Feierlichkeiten vorzubereiten und frühzeitig zu beginnen. Ein Interesse daran haben nicht nur diejenigen Arbeitnehmer, die ihre Arbeit bereits am Vormittag des Silvestertages beginnen und regulär bis zum Nachmittag arbeiten würden, sondern auch und erst recht diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit an diesem Tag erst später beginnt. Würden diese Arbeitnehmer nicht auch von einer nach 12.00 Uhr liegenden Arbeitsleistung befreit werden, so hätten sie noch weniger Möglichkeit, die Silvesterfeier rechtzeitig zu beginnen und überhaupt daran teilzunehmen. Deshalb kann die Tarifbestimmung – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – nach dem Sinn und Zweck der Regelung nur dahingehend verstanden werden, dass an diesem Tag alle Arbeitnehmer von einer ab 12.00 Uhr bis zum Ablauf des Tages liegenden Arbeitsleistung befreit sind, unabhängig davon, ob ihre reguläre Arbeitszeit vor oder nach 12.00 Uhr begonnen hätte. Dies hat nach § 13 Abs. 1 ZTV zur Folge, dass das Entgelt für die ausgefallene Arbeitszeit fortzuzahlen ist.
c) Bei der auf Grund des Vorfesttages ausgefallenen Arbeitszeit ist nicht nur die Zeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr an Silvester, sondern die gesamte Schicht, einschließlich der Zeit von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr an Neujahr zu berücksichtigen. Dies entspricht dem Anwenderhinweis Nr. 1 zu § 4 Abs. 1 JazTV. Danach sind Arbeitszeiten, die sich von einem auf den anderen Kalendertag erstrecken, zum ersten Kalendertag zu zählen. Es kann dahingestellt bleiben, welche Rechtsqualität dieser Anwenderhinweis hat. Es ist zwar unklar, ob es sich um einen von beiden Tarifparteien verfassten oder nur um einen von der Beklagten veranlassten Hinweis handelt. Darüber hinaus bezieht sich der Hinweis ausdrücklich nur auf § 4 Abs. 1 JazTV und erwähnt nicht § 13 Abs. 1 ZTV. Wie von beiden Parteien aber unstreitig gestellt, ist die Beklagte in ihrer Handlungsweise davon ausgegangen, Schichten, die sich von einem auf den anderen Kalendertag erstrecken, zum ersten Kalendertag zu zählen. Dass von dieser von der Beklagten sonst praktizierten Regelung für die Schicht von Silvester auf Neujahr abgewichen wurde, ist von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Dieses Ergebnis wird auch bestätigt durch die Ausführungen der Beklagten auf Seite 5 f. in der Revisionsbegründung. Hier führt die Beklagte aus, dass die Nachtschicht vom 1. auf den 2. Januar 2002 vollständig als Feiertagsschicht für den Kläger gewertet wurde gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b JazTV. Die Zurechnung der Nachtschicht zum Tag des Schichtbeginns entspreche der ständigen betrieblichen Praxis der Beklagten und dem Willen der Tarifvertragsparteien. Dies komme im Anwenderhinweis zu § 4 Abs. 1 JazTV zum Ausdruck. Der Anwenderhinweis sieht vor, dass bei der Nachtschicht die Arbeitszeiten ausschließlich dem Tag des Schichtbeginns zuzurechnen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (26. Januar 1962 – 1 AZR 409/60 – BAGE 12, 216; 1. Dezember 1967 – 3 AZR 90/67 – BAGE 20, 237) steht es im Ermessen der Betriebspartner zu bestimmen, ob die vor einem Feiertag beginnende oder die am Feiertag selbst beginnende Nachtschicht als Feiertag zu werten und vergüten ist. Im Ergebnis ist nur eine Nachtschicht dem Feiertag zuzurechnen, entweder die Nachtschicht, die in den Feiertag hineinreicht, oder die Nachtschicht, die am Feiertag beginnt, aber erst am darauf folgenden Tag endet. Eine doppelte Berücksichtigung des Feiertags ist auch von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Schichtzeiten von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr an Neujahr, die infolge des Vorfesttages ausgefallen sind, grundsätzlich entsprechend dem Anwenderhinweis dem Vortag, dh. Silvester zuzurechnen waren.
d) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch darauf hingewiesen, dass sich aus § 6 Abs. 5 JazTV nichts anderes ergibt. Nach dieser Regelung ist der Arbeitnehmer, wenn Arbeit ausfällt, spätestens am Vortag darüber zu informieren; der Arbeitgeber kann dann verlangen, dass die ausgefallene Arbeitszeit nachgeholt wird. Diese Regelung gilt nicht für Silvester. Für Silvester gilt vielmehr die speziellere Regelung in § 13 Abs. 1 ZTV.
Unterschriften
Dr. Armbrüster, Friedrich, Klapproth
Zugleich für den wegen Ausscheidens an der Beifügung seiner Unterschrift verhinderten ehrenamtlichen Richter Zuchold
Fischermeier
Fundstellen
NZA-RR 2006, 560 |
NJOZ 2006, 3363 |