Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Grundkündigungsfrist für Arbeiter
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Grundfrist des § 12 Ziffer 3b des Rahmentarifvertrages für Arbeiter der Gartenbaubetriebe in Schleswig-Holstein vom 3. April 1990 von sieben Tagen bei einer Betriebszugehörigkeit bis zu sechs Monaten verstößt gemessen an der für Angestellte geltenden Frist von sechs Wochen zum Quartalsende nicht gegen Art 3 GG.
2. Das Bedürfnis an einer durch Witterung und Saison bedingten flexiblen Personalplanung im produktiven Bereich rechtfertigt die erheblich kürzeren Grundfristen für Arbeiter.
Orientierungssatz
Hinweise des Senats: "Vergleiche das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil vom 23. Januar 1992 - 2 AZR 470/91 - betreffend eine Grundkündigungsfrist nach dem MTV nordrheinische Textilindustrie".
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 28.05.1991; Aktenzeichen 2 Sa 68/91) |
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 12.12.1990; Aktenzeichen 4 Ca 2188/90) |
Tatbestand
Der Kläger (zur Zeit der Kündigung 22 Jahre alt) war seit dem 11. Juni 1990 als Gärtnergehilfe gegen einen Bruttostundenlohn von 13,97 DM aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 25. Juni 1990 bei dem Beklagten, der einen Betrieb für Staudenkulturen unterhält, beschäftigt. Nach Ziff. 8 des Arbeitsvertrages sollten der Rahmen- und der Lohntarifvertrag für den Erwerbsgartenbau für das Arbeitsverhältnis verbindlich sein. § 12 Ziff. 3 des Rahmentarifvertrages für die Länder Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein vom 3. April 1990 (RTV Arbeiter) lautet auszugsweise wie folgt:
3. Die Kündigungsfristen betragen
a) bei einer Betriebszugehörigkeit
bis zu 4 Wochen
1 Tag
b) bei einer Betriebszugehörigkeit
bis zu 6 Monaten
7 Tage
c) bei einer Betriebszugehörigkeit
von mehr als 6 Monaten bis zu
5 Jahren
14 Tage
d) bei einer Betriebszugehörigkeit
von mehr als 5 Jahren zum Monats-
ende
1 Monat
e) nach Vollendung des 45. Lebens-
jahres und 10jähriger Betriebs-
zugehörigkeit zum Monatsende
2 Monate
f) nach Vollendung des 55. Lebens-
jahres und 20jähriger Betriebs-
zugehörigkeit zum Vierteljahresende
3 Monate
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28. September 1990 unter Einhaltung der in § 12 Ziff. 3 b RTV Arbeiter vorgeschriebenen siebentägigen Frist zum 5. Oktober 1990 "wegen Saisonende" auf. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Feststellungsklage, mit der er geltend macht, die vorstehende Kündigungsfrist sei im Vergleich zu der für Angestellte einzuhaltenden Frist verfassungswidrig; sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten im Gartenbau gebe es nicht. Es sei nicht einsichtig, daß die Gruppe der Angestellten etwa wegen Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche auf eine längere Kündigungsfrist angewiesen sei. Auf den saisonalen Charakter der Branche könne nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 622 Abs. 2 BGB nicht abgestellt werden; jedenfalls hätten die Tarifvertragsparteien deshalb hinsichtlich der Kündigungsfristen nicht differenzieren wollen. Selbst wenn es früher so gewesen sei, daß Gartenbaubetriebe reine Saisonbetriebe waren, so habe der Gartenbaubetrieb in der heutigen Zeit diesen Charakter weitgehend verloren; es werde auch in der Winterzeit im wesentlichen Umfang weiter gearbeitet. Auf witterungsbedingte Einflüsse werde nur in § 12 Ziff. 4 RTV Arbeiter für die Baumschulbetriebe abgestellt. Demnach müsse der Umkehrschluß gelten, daß in anderen Betrieben die Saison keine Rolle spiele. Neuerdings strebe der Hauptvorstand Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft eine Mindestkündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende an. Auch daraus folge, daß saison- oder witterungsbedingte Gründe nicht berücksichtigt werden sollten.
Der Kläger hatte beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der
Parteien durch die Kündigung vom 28. September
1990 nicht zum 5. Oktober 1990 beendet worden
sei, sondern bis zum 31. Dezember 1990 fortbe-
standen habe,
2. hilfsweise das Verfahren gemäß § 148 ZPO aus-
zusetzen bis zu einer gesetzlichen Neuregelung
der Kündigungsfristen für Arbeiter (längstens
jedoch bis zum 30. Juni 1993) äußerst hilfs-
weise festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis
bis zum 12. Oktober 1990 fortbestanden habe.
Der Beklagte hat sich mit seinem Klageabweisungsantrag darauf berufen, der RTV Arbeiter sei nicht verfassungswidrig, vielmehr sei davon auszugehen, daß die Tarifpartner eine ausgewogene Regelung gefunden hätten; im übrigen könne der am 1. Januar 1990 in Kraft getretene Tarifvertrag mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Nach § 9 des Tarifvertrages für Angestellte im Gartenbau werde für die Angestellten auf die gesetzliche Regelung verwiesen; dagegen sei nach § 3 des Tarifvertrages für Angestellte eine Probezeit von sechs Monaten mit vierzehntägiger Kündigungsfrist zulässig. Demnach liege also keine erhebliche Abweichung von dem Tarifvertrag für Arbeiter vor, wenn dieser innerhalb der ersten sechs Monate eine Kündigungsfrist von sieben Tagen vorsehe.
Im Gartenbau handele es sich um Saisonbetriebe, wobei die Saison frühestens im März beginne und bis Ende Oktober zur Frostperiode dauere. Gärtnergehilfen müßten dann wegen Arbeitsmangels entlassen werden, dagegen sei das Büro ganzjährig besetzt, so daß Angestellte nicht entlassen würden. Bisher habe der Kläger auch nicht bestritten, daß es sich im Erwerbsgartenbau um Saisonbetriebe handele; jedenfalls gelte das für ihn, den Beklagten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und im wesentlichen zur Begründung ausgeführt, die unterschiedlichen Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten in Gärtnereibetrieben des Landes Schleswig-Holstein seien wegen der jahreszeiten- und witterungsabhängigen Saison sachlich gerechtfertigt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge mit Ausnahme des letzten Hilfsantrages weiter. Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist hat er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend gemacht.
Entscheidungsgründe
Dem Kläger war wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§§ 233 f. ZPO); im übrigen ist die Revision unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die in § 12 Ziff. 3 b des einschlägigen Tarifvertrages festgelegte Kündigungsfrist sei nicht verfassungs widrig, zumal von einer konstitutiven Regelung auszugehen sei. Nach dem Rahmentarifvertrag für die Gartenbaubetriebe in den Ländern Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Hessen (RTV Arbeiter) seien die Kündigungsfristen in § 12 gestaffelt und betrügen bei einer Betriebszugehörigkeit bis zu vier Wochen einen Tag, bis zu sechs Monaten sieben Tage und bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als sechs Monaten bis zu 15 Jahren 14 Tage. Diese im Verhältnis zum Rahmentarifvertrag für Angestellte im Gartenbau (RTV Angestellte) geltenden Kündigungsfristen seien sachlich gerechtfertigt. Dafür spreche bereits, daß zwei eigenständige Tarifverträge für Arbeiter und Angestellte bei unterschiedlicher Qualifikation und Aufgabenstellung der erfaßten Mitarbeiter abgeschlossen worden seien. Dem RTV Angestellte sei im übrigen zu entnehmen, daß besonders hohe Ausbildungserfordernisse und eine entsprechend ausgerichtete Aufgabenstellung vorliegen müßten; die Seltenheit dieser Positionen für Betriebe des Gartenbaues beinhalte besondere Schwierigkeiten bei der Suche nach einer neuen Stelle. Schließlich bestünden funktions-, branchen- und betriebsspezifische Interessen, Arbeitsverhältnisse von jahreszeitlich und witterungsabhängig tätigen Arbeitnehmern mit kürzeren Fristen lösen zu können; insoweit werde auf die überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
II. Der Senat stimmt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zwar im Ergebnis, allerdings nur teilweise in der Begründung zu.
1. Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist war dem Kläger auf seinen rechtzeitig (§ 234 ZPO) gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden verhindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten, die am 23. Oktober 1991 ablief (§§ 74 ArbGG, 554 ZPO) und die er um mehr als drei Wochen versäumt hat.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Revisionsbegründungsfrist sei versäumt worden, weil infolge eines Büroversehens des an sich gut geschulten und überwachten Personals seines Prozeßbevollmächtigten die später verlängerte Frist nicht im Kalender eingetragen und die vorgesehenen Sicherungskontrollen vom Personal nicht wahrgenommen worden seien. Durch eidesstattliche Versicherungen der Anwaltsgehilfinnen W und S sowie durch anwaltliche Versicherung ist glaubhaft gemacht, daß entgegen einer bestehenden Anweisung und trotz regelmäßiger Überwachung Frau W die Revisionsbegründungsfrist zwar ursprünglich richtig auf den 23. September 1991 notiert und eine einwöchige Vorfrist im Kalender verfügt habe, dann aber sei nach erfolgreich gestelltem Fristverlängerungsantrag durch Frau S , die den Verlängerungsantrag gefertigt habe, versäumt worden, außer dem Fristablauf in der Handakte das Datum vom 23. Oktober 1991 auch im Terminkalender zu vermerken. Allerdings habe sie anweisungsgemäß die Akte durch Anbringung eines roten Reiters für die fragliche 43. Kalenderwoche im Aktenschrank zur Wiedervorlage kenntlich gemacht. Als die schriftliche Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts über die Fristverlängerung am 30. September 1991 eingegangen sei, habe Frau W entgegen der Anweisung die Vorabeintragung (auf die fernmündliche Anfrage beim Bundesarbeitsgericht) ebensowenig wie die Frist im Kalender kontrolliert und ihr sei, nachdem Frau S ab 17. Oktober 1991 in Urlaub gegangen sei, dann auch noch aus unerklärlichen Gründen die Akte mit dem roten Reiter im Aktenschrank nicht aufgefallen. Erst auf Rückfrage des Bundesarbeitsgerichts Anfang November, ob die Revisionsschrift eventuell verloren gegangen sei, sei die Fristversäumung aufgefallen. Da sein Prozeßbevollmächtigter jeweils die telefonischen Notizen über den Eingang der Revision und die Fristverlängerung abgezeichnet habe - dies ist glaubhaft gemacht durch Vorlage der Aktenvermerke -, sei dieser dann davon ausgegangen, die Frist werde auch entsprechend seiner Anweisung im Terminkalender vermerkt und die Kontrollmechanismen würden eingehalten.
Angesichts dieser glaubhaft gemachten Umstände, die auf menschlichem Versagen des Büropersonals des Prozeßbevollmächtigten beruhen, dieser andererseits gut geschultes und überwachtes Personal nicht in jedem Einzelfall zu kontrollieren braucht (BAG Beschluß vom 12. Januar 1966 - 1 AZB 32/65 - AP Nr. 44 zu § 233 ZPO; BAG Urteil vom 9. Januar 1990 - 3 AZR 528/89 - AP Nr. 16 zu § 233 ZPO 1977; BGH Beschluß vom 6. Februar 1985 - IV b ZB 141/84 - VersR 1985, 369), trifft weder den Kläger selbst noch seinen Prozeßbevollmächtigten ein dem Kläger zurechenbares Verschulden (§ 85 Abs. 2 ZPO).
2. In der Sache selbst ist der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zu folgen. Sie hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats in den Urteilen vom 21. März 1991 (- 2 AZR 616/90 - EzA § 622 BGB n. F. Nr. 31; - 2 AZR 323/84 - EzA, aaO, Nr.33 sowie vom 29. August 1991 - 2 AZR 220/91 - EzA, aaO, Nr. 35 und - 2 AZR 72/91 - unveröffentlicht), die sich mit den Kündigungsfristen für Arbeiter in anderen Tarifverträgen befassen. Der Senat hat dabei im Anschluß und unter Auswertung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1990 (BVerfGE 82, 126 = AP Nr. 28 zu § 622 BGB) entschieden, wenn die Grundfristen oder die verlängerten Fristen für die ordentliche Kündigung von Arbeitern in Tarifverträgen eigenständig geregelt seien, hätten die Gerichte für Arbeitssachen in eigener Kompetenz zu prüfen, ob die Kündigungsregelungen im Vergleich zu den für Angestellte geltenden Bestimmungen mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG vereinbar seien. An sachlichen Gründen für unterschiedliche Regelungen fehle es, wenn eine schlechtere Rechtsstellung der Arbeiter nur auf einer pauschalen Differenzierung zwischen den Gruppen der Angestellten und der Arbeiter beruhe. Sachlich gerechtfertigt seien hinreichend gruppenspezifisch ausgestaltete unterschiedliche Regelungen, die z. B. entweder nur eine verhältnismäßig kleine Gruppe nicht intensiv benachteiligten, oder funktions-, branchen- oder betriebsspezifischen Interessen im Geltungsbereich des Tarifvertrages mit Hilfe verkürzter Kündigungsfristen für Arbeiter entsprächen (z. B. überwiegende Beschäftigung von Arbeitern in der Produktion), oder gruppenspezifische Schwierigkeiten bestimmter Arbeitnehmer bei der Stellensuche milderten (Beispiel: Die höher- und hochqualifizierten Arbeitnehmer gehören überwiegend zur Gruppe der Angestellten). Andere sachliche Differenzierungsgründe würden durch diese Beispiele nicht ausgeschlossen. Dieser Prüfungsmaßstab gelte sowohl für unterschiedliche Grundfristen als auch für ungleich verlängerte Fristen für Arbeiter und Angestellte mit längerer Betriebszugehörigkeit und höherem Lebensalter.
3. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, der hier einschlägige, jedenfalls aufgrund einzelvertraglicher Inbezugnahme geltende § 12 Rahmentarifvertrag Erwerbsgartenbau vom 3. April 1990 (in Kraft getreten am 1. Januar 1990) für die Gartenbaubetriebe in den Ländern Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Hessen (RTV Arbeiter) enthalte eine eigenständige (konstitutive) Regelung der Grundfristen für die Kündigung von Arbeitern. Das folgt daraus, daß die Tarifpartner in zulässiger Abweichung (§ 622 Abs. 3 BGB) - vgl. dazu noch unter II 5 a - von der gesetzlichen Regelung einer zweiwöchigen Frist (§ 622 Abs. 2 BGB) die Kündigungsfristen bei einer Betriebszugehörigkeit von vier Wochen auf einen Tag, bis zu sechs Monaten auf sieben Tage und erst von mehr als sechs Monaten bis zu fünf Jahren auf 14 Tage festgelegt haben. Sie haben damit die inzwischen für verfassungswidrig erklärte Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 2 BGB (BVerfGE 82, 126 = AP Nr. 28, aaO) anders geregelt, nämlich je nach Betriebszugehörigkeit noch unterschritten. Die Eigenständigkeit der gesamten Kündigungsregelung des § 12 RTV Arbeiter ergibt sich auch daraus, daß nach § 12 Ziff. 4 RTV Arbeiter in bestimmten Betrieben (Baumschulen) bei Frost und Schnee eine noch kürzere Kündigungsfrist (von drei Tagen) und ein Wiedereinstellungsanspruch nach der Winterperiode geregelt worden ist. Schließlich sind auch die verlängerten Kündigungsfristen für ältere Arbeiter wegen der Regelung bestimmter Lebensaltersgrenzen vom Gesetz abweichend normiert.
4. Bei dieser Rechtslage hat das Landesarbeitsgericht zutreffend in eigener Kompetenz geprüft, ob die in Rede stehende Kündigungsregelung im Vergleich zu der für Angestellte geltenden Bestimmung des § 9 RTV Angestellte im Gartenbau vom 1. Juli 1981 i. d. F. vom 15. Juni 1989, der auf die gesetzlichen Bestimmungen verweist, mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei, an den auch die Tarifpartner gebunden sind. Diese Frage hat es unter verschiedenen Gesichtspunkten bejaht:
a) Das Landesarbeitsgericht meint zunächst, für die Rechtfertigung einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte spreche bereits, daß zwischen den Tarifvertragsparteien zwei eigenständige Tarifverträge bei erheblich unterschiedlicher Qualifikation und Aufgabenstellung der betroffenen Arbeitnehmer abgeschlossen worden seien.
Wie die Revision zu Recht geltend macht, überzeugt diese Annahme nicht. Sie ist zu formal und enthält keinen eigenen Aussagewert. Ohne nähere Kenntnis der Tarifgeschichte, die möglicherweise nur von einer historisch erklärbaren unterschiedlichen Behandlung der beiden Gruppen von Arbeitnehmern ausgeht, läuft diese Argumentation darauf hinaus, die unterschiedliche Behandlung sei wegen der unterschiedlichen Personengruppen gerechtfertigt. Das aber ist gerade die zu entscheidende Frage, ob nur wegen des unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Status als Angestellter und Arbeiter, was gleichsam als selbstverständliche Vorbedingung unterschiedliche Qualifikationen und Aufgabenstellungen voraussetzt, andersartige Kündigungsfristen zulässig sind. Diese Begründung enthält daher einen Zirkelschluß (circulus vitiosus). Tatsächlich muß es darum gehen, einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen von Arbeitnehmern zu belegen.
b) Das Landesarbeitsgericht hat ferner unter Auswertung der Tätigkeitsmerkmale des § 3 Abs. 2 RTV Angestellte geschlußfolgert, angesichts der hohen Ausbildungserfordernisse in den Vergütungsgruppen T 3 bis T 7 (Meisterprüfung, Fachschulausbildung, abgeschlossene Ausbildung zum Techniker an einer Ingenieur- oder Fachhochschule) sowie der Aufgabenstellung sei wegen der Seltenheit dieser Positionen des Gartenbaues von besonderen Schwierigkeiten bei der Suche nach einer neuen Stelle auszugehen.
Die Revision greift diese Begründung mit der Rüge der Verletzung des § 286 ZPO zu Recht an: Es sei unerfindlich, wie das Landesarbeitsgericht zu einer solchen Feststellung komme, keine Partei habe sich hierauf berufen und diese Schlußfolgerung sei auch nicht offenkundig oder bewiesen.
Eine schwere Vermittelbarkeit der Angestellten im Gartenbau mit hohen Ausbildungserfordernissen bzw. Schwierigkeiten dieses Personenkreises bei der Stellensuche sind in der Tat weder vorgetragen, noch ohne weiteres ersichtlich. Es könnte vielmehr tatsächlich so sein, daß gerade wegen der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Seltenheit solcher Positionen bei entsprechend geringem Bewerberkreis derartige Stellen leicht vermittelbar wären. Ohne Feststellung konkreter Ziffern auf der Angebots- und Nachfrageseite läßt sich die vom Landesarbeitsgericht getroffene Schlußfolgerung nicht halten; ihr fehlt die notwendige empirische Grundlage. Irgendwelche Statistiken des Arbeitsamtes sind weder ausgewertet, noch Auskünfte in dieser Richtung eingeholt worden. Auch von einer Offenkundigkeit in dieser Frage kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden, abgesehen davon, daß das Gericht vor der Verwertung auf eine solche Annahme hätte hinweisen müssen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 49. Aufl., § 286 Anm. 3 B a; Zöller/Stephan, ZPO, 17. Aufl., § 286 Rz 18). Die Revision hat auch gerügt, es handele sich hierbei um eine Überraschungsentscheidung unter Verletzung rechtlichen Gehörs. Allerdings versäumt es die Revision, näher vorzutragen, was sie bei einem entsprechenden richterlichen Hinweis ergänzend vorgetragen hätte. Das ist aber unerheblich angesichts der durchgreifenden Rüge mangelnder tatsächlicher Feststellungen sowie fehlender Offenkundigkeit (§ 286 ZPO).
c) Die dritte Begründung des Landesarbeitsgerichts hält aber den Revisionsangriffen stand.
aa) Unter zulässiger Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Lübeck (§ 543 ZPO) in dessen Urteil geht auch das Landesarbeitsgericht davon aus, es lägen funktions- und branchenspezifische Interessen vor, die Arbeitsverhältnisse von jahreszeitlich- und witterungsabhängig tätigen Arbeitnehmern mit kürzeren Fristen lösen zu können. Das Arbeitsgericht hatte dazu ausgeführt, wie der Kläger nicht bestreite, seien Gärtnereien Saisonbetriebe; nicht nur der Verkauf, sondern auch die Arbeit mit und an den Pflanzen nehme zum Winter hin ab und sei jahreszeiten- und witterungsabhängig. Die Witterung sei aber nicht längerfristig voraussehbar. Kürzere Kündigungsfristen für Arbeiter, die für die Produktion unmittelbar zuständig seien, erschienen von daher gerechtfertigt. Daß im Einzelfall auch längere Kündigungsfristen und Befristungen den gerechtfertigten Bedürfnissen der Arbeitgeber genügen könnten, bedeute nicht, daß nicht generell ein Bedarf nach kürzeren Kündigungsfristen zum Ablauf der Saison bestehe, ähnlich wie im Garten- und Landschaftsbau und in Gastronomiebetrieben in Feriengebieten. Da Angestellte in Gärtnereibetrieben überwiegend mit Verwaltung und Verkauf beschäftigt seien, seien sie durch den Saisonablauf nicht so stark betroffen.
bb) Gegenüber diesen, den Senat nach § 561 ZPO jedenfalls im tatsächlichen Bereich bindenden Feststellungen, hat die Revision keine erheblichen Rügen vorgebracht. Es wird zwar bemängelt, Feststellungen hierzu seien nicht getroffen, ohne daß aber eine detaillierte Auseinandersetzung mit den vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Arbeitsgerichts erfolgt. Insbesondere der Hinweis auf das angeblich nur partielle Zugeständnis des Berufungsvorbringens, nach § 12 RTV Arbeiter werde nur in Ziff. 4 für "reine Baumschulen" der saisonale Charakter anerkannt, überzeugt nicht. In eben dieser Berufungserwiderung hatte der Kläger nämlich zugestanden, früher seien Gartenbaubetriebe reine Saisonbetriebe gewesen, dagegen habe "in der heutigen Zeit der Gartenbaubetrieb diesen Charakter weitgehend verloren, es werde auch in der Winterzeit in wesentlichem Umfang weiter gearbeitet ...". Damit wurde nicht ausdrücklich (§ 138 Abs. 3 ZPO) bestritten, daß zumindest teilweise - zu entnehmen dem Wort "weitgehend" - der saisonale Charakter noch erhalten ist und daß zumindest teilweise in der Winterzeit weiter gearbeitet (nicht "in wesentlichem Umfang") wird. Angesichts des Sachvortrages des Beklagten, der schon die Kündigung ausdrücklich "wegen Saisonende" ausgesprochen und sich außerdem darauf berufen hatte, sein Betrieb mit Staudenkulturen sei zweifellos saisonabhängig, hätte der Kläger schon deutlicher (§ 554 Abs. 3 Ziff. 3 ZPO) rügen müssen, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanzen einer tatsächlichen Grundlage entbehrten. § 286 ZPO ist daher nicht verletzt.
cc) Davon abgesehen läßt der RTV Arbeiter selbst erkennen, daß die Tarifpartner von einer branchenspezifischen Notwendigkeit für kürzere Kündigungsfristen im gewerblichen Bereich ausgegangen sind, die unterschiedliche Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten jedenfalls bei der Grundfrist rechtfertigt.
Unmittelbar nach der Kündigungsregelung in § 12 Ziff. 3 RTV Arbeiter mit der erheblichen Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Wochen auf einen Tag bei einer Betriebszugehörigkeit bis vier Wochen und auf sieben Tage bei einer Betriebszugehörigkeit bis zu sechs Monaten haben die Tarifpartner in § 12 Ziff. 4 folgendes geregelt:
Kann in reinen Baumschulbetrieben (außer Schles-
wig-Holstein und Hamburg) die Arbeit in der Win-
terperiode (15. November bis 31. März) wegen
Frost oder Schnee nicht fortgesetzt werden, ist,
abweichend von Ziff. 3 Buchst. b bis d, die Kün-
digung mit einer Frist von drei Tagen möglich.
Wegen schlechten Wetters entlassene Arbeitnehmer
sind nach Ablauf der Winterperiode wieder einzu-
stellen.
Auch wenn man davon ausgeht, für den in Schleswig-Holstein liegenden Betrieb des Beklagten - unabhängig davon, daß es sich nicht um einen Baumschulbetrieb handelt - sei § 12 Ziff. 4 RTV Arbeiter schon wegen der örtlichen Lage nicht einschlägig, so läßt doch der Zusammenhang zwischen Ziff. 3 und 4 dieser Vorschrift grundsätzlich erkennen, daß die Tarifpartner allgemein für Gartenbaubetriebe von einem Bedürfnis nach einer kurzen Aufkündigungsmöglichkeit aus witterungsbedingten Gründen ausgegangen sind. Das belegt die Sonderregelung für "reine Baumschulbetriebe" mit der Formulierung einer "abweichend" kurzen Kündigungsfrist bei Frost und Schnee unter gleichzeitiger Gewährung eines Wiedereinstellungsanspruchs nach Ablauf der Winterperiode. Wenn dies auch expressis verbis nur für die Baumschulbetriebe geregelt ist, indiziert der Hinweis auf diesen Teil der Gartenbau-Branche doch unausgesprochen, daß die Witterungseinflüsse für die gesamte Kündigungsregelung von Bedeutung sind.
Hierauf braucht wegen des eingeschränkten Geltungsbereichs von § 12 Ziff. 4 RTV Arbeiter aber nicht entscheidend abgestellt zu werden. Denn die gleiche Grundaussage wird auch durch § 16 RTV Arbeiter belegt, wonach alle Beschäftigungszeiten im Betrieb zusammengerechnet werden, sofern die Betriebszugehörigkeit nicht länger als sechs Monate (und nicht durch berechtigte fristlose Entlassung, Vertragsbruch oder Kündigung durch den Arbeitnehmer) unterbrochen wurde. Ersichtlich wird auch hierbei an den Saisoncharakter von Gartenbaubetrieben angeknüpft. Der Beklagte hatte unwidersprochen vorgetragen, die Saison beginne frühestens im März und dauere bis Ende Oktober. Danach lag gegebenenfalls eine vier- bis fünfmonatige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses vor, die aber für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit unbeachtlich sein sollte (vgl. dazu auch BAGE 64, 209 = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Wartezeit). Ausdrücklich wird ferner in § 16 Ziff. 2 RTV Arbeiter generell und nicht nur für Baumschulbetriebe geregelt - eine entsprechende Vorschrift gibt es im RTV Angestellte nicht -, Arbeitsunterbrechungen durch Frost und Schneefall oder ähnliches gälten nicht als Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit. Auch diese Regelung bestätigt einerseits das grundsätzliche Bedürfnis nach einer flexiblen Handhabung bei Witterungseinflüssen und enthält andererseits als Ausgleich ein Stück Bestandsschutz zugunsten der betroffenen Arbeiter.
dd) Angesichts dieser Sach- und Rechtslage erscheint es sachlich gerechtfertigt, bei einer sieben bis achtmonatigen Saison für den davon betroffenen Personenkreis - Arbeiter in Gartenbaubetrieben - kurze Kündigungsfristen als sachlich begründet anzuerkennen, während für die Angestellten in solchen Betrieben nur bei der bis auf sechs Monate möglichen Probezeit eine ähnlich kurze Kündigungsfrist von beiderseitig 14 Tagen, danach aber eine solche von sechs Wochen zum Quartal gültig ist. Der Beklagte hatte auch dazu unwidersprochen darauf hingewiesen, in Gartenbaubetrieben müsse das Büro ganzjährig besetzt sein, so daß Angestellte nicht saisonbedingt entlassen werden könnten. Bei diesem Personenkreis ist daher außerhalb der Probezeit ein Bedürfnis nach witterungsbedingter Flexibilität bei der Handhabung von Kündigungsfristen nicht anzuerkennen, während die kurze Kündigungsfrist bei einem Gärtnergehilfen wie dem Kläger aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.
Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob die kurze Kündigungsfrist von sieben Tagen für Arbeiter in Gartenbaubetrieben innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses etwa zusätzlich unter dem Gesichtspunkt einer stärkeren Fluktuation der Arbeiter im Vergleich zu Angestellten gerechtfertigt sein könnte (vgl. dazu Parallelurteil vom 23. Januar 1992 - 2 AZR 470/91 - zur Veröffentlichung bestimmt, zu II 2 b aa der Gründe).
5. Die Verkürzung der Kündigungsfrist in § 12 Ziff. 3 b RTV Arbeiter ist nach § 622 Abs. 3 Satz 1 BGB zulässig und wegen § 622 Abs. 3 Satz 2 BGB auch für die Parteien verbindlich.
a) Der Vorrang solcher tariflicher Regelungen ist nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 622 Abs. 3 BGB im Hinblick auf die Tarifautonomie aus Zweckmäßigkeitserwägungen anerkannt worden (BT-Drucks. V/3913, S. 10; siehe auch Erman/Küchenhoff, BGB, 7. Aufl., § 622 Rz 10; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 622 BGB Rz 119; Richardi, ZfA 1971, 73, 86), wobei der Gesetzgeber sich von der Erwägung hat leiten lassen, die gesetzliche Fristenregelung könne für gewisse Bereiche, z. B. für die Bauwirtschaft, zu starr sein; er hat das Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer bei tariflichen Regelungen als hinreichend gewahrt angesehen, weil die Tarifpraxis lehre, daß kürzere Fristen nur vereinbart würden, wenn die Besonderheiten des Wirtschaftszweiges oder der Beschäftigungsart das notwendig machten (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 29. August 1991 - 2 AZR 72/91 - unveröffentlicht, zu II 2 b der Gründe).
Die Tarifpartner haben hiernach Gestaltungsfreiheit, wobei es nicht Sache der Gerichte ist zu prüfen, ob dabei jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung gefunden wurde; die Gerichte haben lediglich zu kontrollieren, ob die tarifliche Regelung die Grenzen des Gestaltungsspielraums der Tarifparteien überschreitet, was nur dann der Fall ist, wenn Differenzierungen vorgenommen werden, für die sachlich einleuchtende Gründe nicht vorhanden sind (BAG Urteil vom 1. Juni 1983 - 4 AZR 566/80 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Deputat; BAGE 54, 210 = AP Nr. 3 zu § 52 BAT; Senatsurteil vom 3. Dezember 1987 - 2 AZR 439/87 - unveröffentlicht, zu II 2 a der Gründe; für das staatliche Gesetzesrecht: BVerfG Beschluß vom 26. März 1980 - 1 BvR 121 und 122/76 -AP Nr. 116 zu Art. 3 GG, zu B I 1 der Gründe, m. w. N.). Allerdings sind die Tarifparteien durch § 622 Abs. 3 BGB nicht zu Regelungen ermächtigt, die dem Gesetzgeber selbst durch die Verfassung verboten sind (Senatsbeschluß vom 28. Januar 1988 - 2 AZR 296/87 - AP Nr. 24 zu § 622 BGB; vgl. dazu auch Sachs, RdA 1989, 25 ff.). Insbesondere können zu ihren Gunsten keine weitergehenden Eingriffsbefugnisse aus Art. 9 Abs. 3 GG hergeleitet werden (ständige Rechtsprechung seit BAGE 1, 258, 262 = AP Nr. 4 zu Art. 3 GG; ebenso Bengelsdorf, NZA 1991, 121, 130; Buchner, NZA 1991, 41, 47; Marschollek, DB 1991, 1069, 1071). Insofern macht es aber einen Unterschied, ob der Gesetzgeber für die Großgruppen aller Arbeiter und Angestellten oder die Tarifpartner nur für die Arbeitnehmer einer bestimmten Branche Regelungen treffen (BVerfGE 82, 126, 154 = AP, aaO, zu C I 6 der Gründe). Wegen der Gleichgewichtigkeit der Tarifparteien ist jedenfalls dann, wenn sich dafür konkrete Anhaltspunkte ergeben, davon auszugehen, daß bei einer Gesamtbetrachtung der tariflichen Regelungen die Arbeitnehmerinteressen angemessen berücksichtigt wurden. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 21. März 1991 - 2 AZR 616/90 - EzA, aaO, zu II 2 c der Gründe ausgeführt hat, besteht insoweit eine materielle Richtigkeitsgewähr für die tariflichen Regelungen - sie haben die Vermutung für sich, daß sie den Interessen beider Seiten gerecht werden und keiner Seite ein unzumutbares Übergewicht vermitteln (BAGE 22, 144, 151 = AP Nr. 12 zu § 15 AZO, zu III 3 der Gründe; BAGE 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
b) In diesem Sinne spricht für eine ausgewogene tarifliche Regelung der hier einschlägigen Kündigungsfrist, daß die Tarifpartner dem Flexibilitätsgesichtspunkt unter witterungsbedingten Gesichtspunkten an mehreren Stellen des Tarifvertrages auf je unterschiedliche Weise, u. a. mit der Gewährung eines Wiedereinstellungsanspruchs, Rechnung getragen haben (siehe oben zu II 4 c). Zwar sagt dies zunächst nur etwas über die Notwendigkeit betriebsbedingter Kündigungen aus, nämlich auftrags- und/oder saisonbedingten Produktionseinschränkungen sowie solchen aus Rationalisierungsgründen mit einer flexiblen Personalpolitik von vornherein begegnen zu können. Wenn die Tarifpartner dem u.a. durch die einschlägige Kündigungsfrist generell, also nicht nur für betriebsbedingte Kündigungen, Rechnung getragen haben, so spricht die Vermutung dafür, daß sie den Anteil der betriebsbedingten im Vergleich zu dem bei verhaltens- und personenbedingten Kündigungen besonders hoch veranschlagt oder jedenfalls für ausschlaggebend angesehen haben. Den Tarifpartnern ist insoweit im Rahmen der ihnen gewährten Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) eine sachverständige Beurteilungskompetenz einzuräumen.
Dies indiziert ebenso wie die Anrechnungsvorschrift bezüglich früherer Betriebszugehörigkeit (§ 16 RTV Arbeiter), daß die Tarifvertragspartner sich nicht ausschlaggebend an der inzwischen für verfassungswidrig erklärten gesetzlichen Regelung (§ 622 Abs. 2 BGB), die sie ja wegen des saisonalen Charakters der Gartenbaubetriebe für die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses noch deutlich unterschritten haben, orientiert haben. Es kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, ihr Bewußtsein sei von vornherein durch die seit langem bestehende gesetzliche Rechtslage geprägt gewesen. Sie haben mit der tarifvertraglichen Regelung einen Personenkreis erfaßt, der - anders als bei der gesetzlichen Regelung - mit den Großgruppen aller Arbeiter und Angestellten nicht identisch und deshalb nicht gleichsetzbar ist; der in Rede stehende Tarifvertrag betrifft nämlich nur einen bestimmten, abgegrenzten Ausschnitt aus dem Gesamtspektrum der Arbeitnehmerschaft (siehe dazu auch BVerfGE 82, 126, 154 = AP, aaO, zu C I 6 der Gründe).
Hillebrecht Dr. Rost Bitter
Wisskirchen Walter
Fundstellen
DB 1992, 1350-1352 (LT1-2) |
EBE/BAG 1992, 85-88 (LT1-2) |
AiB 1992, 659 (LT1-2) |
NZA 1992, 742 |
NZA 1992, 742-746 (LT1-2) |
RdA 1992, 221 |
RzK, I 3e 23 (LT1-2) |
AP § 622 BGB (LT1-2), Nr 35 |
EzA § 622 nF BGB, Nr 40 (LT1-2) |