Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei absolutem Alkoholverbot
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Kraftfahrer ist verpflichtet, jeden die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholgenuß während des Dienstes und kurz vor Dienstantritt zu unterlassen.
2. Ein absolutes Alkoholverbot für Kraftfahrer in den Dienststellen des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Verteidigung unterliegt als Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen nach § 75 Abs 3 Nr 11 BPersVG der Mitbestimmung des Hauptpersonalrats.
Normenkette
ZPO § 91a; BPersVG §§ 69, 82; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1; BPersVG § 75 Abs. 3 Nrn. 11, 15
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 13.11.1984; Aktenzeichen 10 Sa 77/84) |
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 29.03.1984; Aktenzeichen 5 Ca 587/83 H) |
Tatbestand
Der Kläger ist seit 1972 beim Luftwaffenübernahmedepot als Transporthelfer und Gabelstaplerführer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der MTB II Anwendung.
Am 22. August 1983 trank der Kläger während einer Fahrpause ein Glas 48%igen Zwetschgenschnaps. Am gleichen Tag verursachte ein anderer Gabelstaplerfahrer, der mit dem Kläger getrunken hatte, mit seinem Gabelstapler einen Unfall und verletzte dabei einen Arbeitskollegen schwer. Die Beklagte mahnte daraufhin den Kläger am 20. Oktober 1983 ab und nahm die Abmahnung zur Personalakte.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger zunächst die Entfernung dieser Abmahnung aus der Personalakte verlangt. Im Gütetermin vom 23. Januar 1984 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, wonach die Beklagte die Abmahnung aus der Personalakte entfernt und sich vorbehält, dem Kläger eine neue Abmahnung zu erteilen. Das ist am 25. Januar 1984 geschehen. Die neue Abmahnung, die wesentlich ausführlicher ist, hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
Als Sie am 22. 08. 83 in Ihrer Dienststelle
als Gabelstaplerfahrer eingesetzt waren, haben
Sie während einer Arbeitsunterbrechung mit ande-
ren zusammen Schnaps getrunken, obwohl Sie
wußten, daß es Kraftfahrern der Bundeswehr
- wozu auch Gabelstaplerfahrer gehören - nicht
erlaubt ist,
- ein Dienstkraftfahrzeug zu fahren oder auch
nur in Betrieb zu setzen, wenn Sie unter Wirkung
alkoholischer Getränke stehen
- während des Fahrbetriebes oder der Pausen alko-
holhaltige Getränke zu sich zu nehmen.
Über das o. a. Alkoholverbot, das für alle
Kraftfahrer der Bundeswehr gilt und das sei-
nen Niederschlag u.a. in der Ziffer 122 der
Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 43/2 gefunden
hat, waren Sie wiederholt belehrt worden.
........
Der Kläger hält diese Abmahnung für unberechtigt. Ein absolutes Alkoholverbot sei nicht wirksam angeordnet worden. Ein solches Verbot bestehe weder nach seinem Arbeitsvertrag noch nach dem Tarifvertrag. Die ZDv 43/2 gelte nur für Soldaten und Kraftfahrer, er sei jedoch kein Kraftfahrer. Ein absolutes Alkoholverbot hätte nur unter Beteiligung des Personalrats erlassen werden können. Dies sei nicht geschehen. Die Abmahnung sei darüber hinaus unangemessen, da er seinen Dienst ordnungsgemäß versehen habe. Der Kläger hat daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, diese Abmahnung
aus seiner Personalakte zu entfernen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die Abmahnung für gerechtfertigt. Sie sei berechtigt, für alle Kraftfahrer, wozu auch Gabelstaplerfahrer gehörten, wegen der Gefährdung von Menschen und Sachgütern ein allgemeines Alkoholverbot auszusprechen. Dies sei in der ZDv 43/2 geschehen, die nicht nur für Soldaten, sondern für alle Bediensteten gelte. Durch die ZDv 3/800 Nr. 101 und Nr. 105 sei klargestellt, daß Gabelstapler "kraftbetriebene Fuhrförderfahrzeuge" seien. Beide zentralen Dienstvorschriften seien unter Beteiligung des Hauptpersonalrates erlassen worden. Der Kläger sei wie alle übrigen Bediensteten von den Vorgesetzten wiederholt darauf hingewiesen worden, daß das Alkoholverbot auch für Gabelstaplerfahrer gelte.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt hat, nachdem die Abmahnung wegen Zeitablaufs aus der Personalakte entfernt worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der gegebenen Begründung konnte das Landesarbeitsgericht dem Anspruch des Klägers auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nicht stattgeben.
I. An dieser Entscheidung ist der Senat nicht dadurch gehindert, daß der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat.
Die Beklagte hat der Erledigung widersprochen. Die Klage sei von Anfang an unbegründet gewesen, da die Abmahnung zu Recht erfolgt sei. Daran, daß dies vom Gericht entschieden werde, habe sie ein erhebliches Interesse, da die Frage der Wirksamkeit eines generellen Alkoholverbotes für Fahrer von Kraftfahrzeugen und Gabelstaplern für sie von grundlegender Bedeutung sei.
Widerspricht der Beklagte eines Rechtsstreites der Erklärung des Klägers, die Hauptsache sei erledigt, so ist vom Gericht zu prüfen, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Ist das der Fall, so ist dies durch das Gericht auszusprechen. Fehlt es an einer Erledigung, so ist über den Klageantrag zu entscheiden. Nur so wird vermieden, daß einmal der Kläger gezwungen wird, an seinem erledigten Klageantrag festzuhalten und dessen Abweisung hinzunehmen. Ihm wird auf der anderen Seite die Möglichkeit genommen, ein nicht erledigtes Verfahren ohne Zustimmung des Beklagten entgegen der gesetzlichen Regelung der Klagerücknahme in § 269 ZP0 einer Entscheidung zu entziehen.
Die Erledigung der Hauptsache setzt voraus, daß einmal nach Rechtshängigkeit ein Ereignis eingetreten ist, das den Kläger hindert, seinen Antrag mit Aussicht auf Erfolg weiterzuverfolgen, und daß zum anderen die Klage zunächst zulässig und begründet war. Ein Klageantrag, der von Anfang an unzulässig oder unbegründet war, kann sich nicht durch ein nach Rechtshängigkeit eintretendes Ereignis erledigen (BAG 37, 228 = AP Nr. 8 zu § 4 BAT; Beschluß des Senats vom 10. Juni 1986 - 1 ABR 59/84 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Auch der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, daß der Beklagte einen Klageabweisungsantrag aufrecht erhalten darf mit der Begründung, die Klage sei von Anfang an unzulässig oder unbegründet gewesen (BGHZ 37, 137, 142; BGH LM ZP0 § 91 a Nr. 26 und Nr. 29).
II. Ob die Klage begründet war, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Insoweit bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.
1. Die Beklagte hat den Kläger abgemahnt mit der Begründung, dieser habe gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten dadurch verstoßen, daß er während einer Arbeitspause Alkohol zu sich genommen habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitnehmer die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte dann verlangen, wenn der erhobene Vorwurf objektiv nicht gerechtfertigt ist (vgl. zuletzt Urteil des Fünften Senats vom 15. Januar 1986 - 5 AZR 70/84 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteil des Senats vom 19. Juli 1983 - 1 AZR 307/81 - AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße). Es kommt daher darauf an, ob der Kläger dadurch, daß er während einer Arbeitspause ein Glas Obstschnaps zu sich genommen hat, gegen Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag verstoßen hat.
2. Der Arbeitnehmer ist schon aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet, die übertragene Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten. Setzt sich der Arbeitnehmer durch den Genuß von Alkohol außerstande, dieser seiner Verpflichtung nachzukommen, so verstößt er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Einen solchen Pflichtenverstoß macht die Beklagte dem Kläger nicht zum Vorwurf. Sie hat ihn nicht abgemahnt, weil er - bedingt durch den Alkoholgenuß - seine Arbeit als Gabelstaplerfahrer nicht mehr ordnungsgemäß verrichtet hat. Ihr Vorwurf geht vielmehr dahin, daß der Kläger gegen ein bestehendes absolutes Alkoholverbot verstoßen hat, das zu beachten er aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet gewesen wäre.
3. Daß ein solches vom Kläger zu beachtendes absolutes Alkoholverbot sich aus einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften ergibt, ist nicht ersichtlich. Die beklagte Bundesrepublik ist nach § 653 Abs. 1 Nr. 1 RV0 selbst Träger der Unfallversicherung der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer, die nach § 766 Abs. 1 RV0 von der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung wahrgenommen wird. Für diese gelten nach § 767 Abs. 2 Nr. 5 RV0 die Vorschriften über den Erlaß von Unfallverhütungsvorschriften durch die Berufsgenossenschaften nicht, die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung kann vielmehr selbst entsprechende Anweisungen erteilen. Ob durch solche Anweisungen für Gabelstaplerfahrer im Bereich des Bundesministers der Verteidigung ein absolutes Alkoholverbot begründet worden ist, ist nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden. Sofern es daran fehlt, sind allerdings nach § 767 Abs. 2 Nr. 5 RV0 die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften zu berücksichtigen. Auch diese sehen jedoch kein absolutes Alkoholverbot vor. § 38 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschrift "Allgemeine Vorschriften" der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (GUV 0.1) bestimmt vielmehr nur, daß sich Versicherte durch Alkoholgenuß nicht in einen Zustand versetzen dürfen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Das ist kein absolutes Alkoholverbot.
4. Die Beklagte beruft sich daher vor allem auf die Zentrale Dienstvorschrift des Bundesministers der Verteidigung vom 29. September 1980 (ZDv 43/2). Nach Nr. 122 nach dieser Vorschrift, ist es Kraftfahrern verboten, während des Fahrdienstes oder in Fahrpausen alkoholische Getränke oder andere betäubende Mittel zu sich zu nehmen. Ob unter "Kraftfahrern" auch Fahrer von Gabelstaplern zu verstehen sind und ob sich die ZDv 43/2 auch an Arbeitnehmer der Beklagten und nicht nur an Soldaten richtet, ist dem Wortlaut dieser Bestimmung allein nicht zu entnehmen. Das Landesarbeitsgericht hat zum Geltungsbereich und zum Verständnis dieser Vorschrift keine weiteren Feststellungen getroffen. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob sich aus der genannten Dienstvorschrift ein absolutes Alkoholverbot für Gabelstaplerfahrer ergibt.
5. Das Landesarbeitsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob die Beklagte auch den Gabelstaplerfahrern generell den Genuß von Alkohol während der Arbeitszeit und der Pausen untersagt hat. Es hat darauf abgestellt, daß eine solche Anordnung, wenn sie ergangen sein sollte, unwirksam sei, da der Personalrat der Dienststelle nicht beteiligt worden sei. Mit dieser Begründung konnte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben.
a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts: Ein absolutes Alkoholverbot für Kraftfahrer und Gabelstaplerfahrer unterliegt der Mitbestimmung der zuständigen Personalvertretung. Nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG hat der Personalrat mitzubestimmen über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. Ein absolutes Alkoholverbot für Kraftfahrer und Gabelstaplerfahrer dient in erster Linie der Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen. Die Beklagte hat selbst darauf hingewiesen, welche Gefahren von unter Alkoholeinfluß stehenden Fahrern von Kraftfahrzeugen ausgehen können. Daß diese Gefahren nicht nur für Beschäftigte der Dienststelle, sondern auch für Sachgüter bestehen können, steht der Bewertung eines absoluten Alkoholverbotes als Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen nicht entgegen, zumal die Gefährdung von Sachgütern gerade im Bundeswehrdepot wiederum eine Gefährdung auch der Beschäftigten zur Folge haben kann.
b) Die Beklagte hat geltend gemacht, das absolute Alkoholverbot regele Einzelheiten der von Kraftfahrern und Gabelstaplerfahrern zu erbringenden Arbeitsleistung, berühre daher das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer und sei deswegen mitbestimmungsfrei. Das trifft nicht zu. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 14. Januar 1986 (- 1 ABR 75/83 - zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgesprochen, daß eine Anordnung des Arbeitgebers nicht schon deswegen das Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers betreffe, weil damit ein konzentriertes, zügiges und fehlerfreies, d.h. insgesamt ein ordnungsgemäßes Arbeiten ermöglicht werden soll. Zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner Arbeitsleistung sei der Arbeitnehmer ohnehin aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet. Ein Kraftfahrer kann seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß und fehlerfrei auch dann erbringen, wenn er Alkohol in geringen Mengen genossen hat, sofern seine Fahrtüchtigkeit dadurch noch nicht beeinträchtigt ist. Ein absolutes Alkoholverbot regelt daher nicht unmittelbar die zu erbringende Arbeitsleistung, es dient vielmehr - wie hier bei Kraftfahrern - einer vorbeugenden Gefahrenabwehr und damit der Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen. Es entspricht daher auch allgemeiner Ansicht im Schrifttum zu § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG und § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, daß ein allgemeines Alkoholverbot die Frage der Ordnung im Betrieb bzw. der Dienststelle, das Verhalten der Beschäftigten bzw. der Arbeitnehmer betrifft, nicht aber das Arbeitsverhalten (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 476; Krieg/Orth/Welkoborsky, LPVG NRW, 3. Aufl., § 72 (4) 9, S. 504; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 145; Wiese, GK-BetrVG, 3. Bearbeitung, § 87 Rz 110; Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 87 Rz 34; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 59 a; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., § 87 Rz 44; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 87 Rz 43; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 87 Rz 105).
Mit dieser Entscheidung befindet sich der Senat nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. März 1983 (BVerwGE 67, 61). In dieser Entscheidung ging es um die Anordnung der Dienststelle, daß waffentragende Beamte - des Zollfahndungsdienstes - sich während einer angemessenen Zeit vor Dienstbeginn sowie während des Dienstes jeglichen Alkoholgenusses zu enthalten haben. Eine solche Anordnung soll nicht der Mitbestimmung des Personalrates unterliegen, da es sich um eine Maßnahme handele, die die Erfüllung der nach außen gerichteten Aufgaben der Dienststelle und damit die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der Beschäftigten betreffe. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht unmittelbar und ausschließlich auf die Ausübung der den waffentragenden Beamten übertragenen dienstlichen Funktionen abgestellt, die eindeutig über den innerdienstlichen Bereich hinausgehen und nach außen wirken, und nicht auf den Zweck des Alkoholverbots, im innerdienstlichen Bereich Dienst- und Arbeitsunfälle zu verhüten. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Senats. In der schon genannten Entscheidung vom 14. Januar 1986 (aa0) hat der Senat an seiner Rechtsprechung festgehalten, daß das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sich nicht auf das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer beziehe. Er hat ausgeführt, daß eine Anordnung, während der Arbeit kein Radio zu hören, auch die Art und Weise betreffen könne, wie die Arbeit zu verrichten sei. Es könne zur Kundenberatung oder -bedienung gehören, daß dabei nicht Radio gehört wird, weil dies unmittelbar die zu erbringende Dienstleistung, deren Form und Inhalt der Arbeitgeber zu bestimmen habe, berühre.
Im vorliegenden Falle regelt ein Alkoholverbot für Kraftfahrer und Gabelstaplerfahrer nicht die Erfüllung der nach außen gerichteten Aufgaben der Dienststelle. Die geschuldete Dienstleistung wird nicht unmittelbar berührt, auch wenn die Gefahr besteht, daß die unter Alkoholeinfluß stehenden Kraftfahrer bei Ausübung ihrer Tätigkeit andere außerhalb der Dienststelle stehende Personen gefährden oder schädigen.
c) Unterliegt damit ein absolutes Alkoholverbot für Kraftfahrer und Gabelstaplerfahrer der Mitbestimmung der zuständigen Personalvertretung, so kommt es darauf an, ob die ZDv 43/2 unter Beachtung dieses Mitbestimmungsrechtes erlassen worden ist. Daß das absolute Alkoholverbot nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung ist, besagt noch nichts darüber, ob Mitbestimmungsrechte beachtet wurden. Nach § 69 Abs. 1 BPersVG bedarf eine Maßnahme, die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, der Zustimmung des Personalrats. Ist diese erteilt worden oder durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden, so ist dem Mitbestimmungsrecht Genüge getan. Der Abschluß einer Dienstvereinbarung ist auch in den in § 75 Abs. 3 BPersVG genannten Angelegenheiten nicht zwingend erforderlich, wie schon der Wortlaut der Vorschrift "gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen" ausweist.
Nach § 82 Abs. 1 BPersVG ist die bei der für die Maßnahme jeweils zuständigen Dienststelle gebildete Personalvertretung zu beteiligen. Für die Anordnung eines absoluten Alkoholverbotes für Kraftfahrer und Gabelstaplerfahrer im gesamten Bereich des Bundesministers der Verteidigung ist dieser als oberste Dienstbehörde zuständig. Hinsichtlich des in der ZDv 43/2 enthaltenen absoluten Alkoholverbotes hat daher der Hauptpersonalrat mitzubestimmen.
Die Beklagte hat behauptet, der Hauptpersonalrat sei beim Erlaß der ZDv 43/2 beteiligt worden. In welcher Weise und mit welchem Ergebnis diese Beteiligung erfolgt ist, ist nicht vorgetragen und vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden. Der Senat kann daher auch nicht entscheiden, ob ein in der ZDv 43/2 enthaltenes absolutes Alkoholverbot für Kraftfahrer und Gabelstaplerfahrer wirksam ausgesprochen worden ist.
d) Hat der Hauptpersonalrat dem absoluten Alkoholverbot zugestimmt, so war der Kläger aufgrund seines Arbeitsvertrages zur Befolgung dieser Anordnung dann verpflichtet, wenn sie auch ihm gegenüber durch den zuständigen Vertreter des Arbeitgebers ausgesprochen worden ist. Die ZDv 43/2 ist keine Dienstvereinbarung. Ihr kommt daher keine normative Wirkung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu. Sie wird als Maßnahme des Direktionsrechts dem Arbeitnehmer gegenüber erst dann wirksam, wenn von dem Direktionsrecht auch ihm gegenüber Gebrauch gemacht worden ist, d.h. wenn ihm die Anordnung bekannt gemacht worden ist. Der Kläger hat bestritten, daß dies geschehen ist. Auch insoweit bedarf es daher weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.
6. Nach allem war unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, daß die ZDv 43/2 ein absolutes Alkoholverbot für Gabelstaplerfahrer enthält, daß der Hauptpersonalrat dem Erlaß dieser Vorschrift zugestimmt hat und daß dem Kläger dieses Verbot bekannt gemacht worden ist, so ist der Kläger zu Recht wegen des Alkoholgenusses am 22. August 1983 abgemahnt worden. Seine Klage war dann von Anfang an unbegründet und konnte sich durch die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nicht erledigen. Sie muß daher abgewiesen werden. War die Abmahnung hingegen zu Unrecht erfolgt, so wird das Landesarbeitsgericht auszusprechen haben, daß sich die Hauptsache erledigt hat.
Bei der Kostenentscheidung wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.
Dr. Heither Dr. Olderog Matthes
Dr. Menzel Andersch
Fundstellen
Haufe-Index 437427 |
BAGE 53, 97-105 (LT1-2) |
BAGE, 97 |
BB 1987, 548 |
DB 1987, 337-338 (LT1-2) |
ARST 1987, 169-170 (LT1-2) |
NZA 1987, 250-251 (LT1-2) |
RdA 1987, 62 |
AP § 75 BPersVG (LT1-2), Nr 20 |
EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Ordnung, Nr 12 (LT1-2) |
EzBAT § 8 BAT Direktionsrecht, Nr 4 (LT1-2) |
MDR 1987, 435-436 (LT1-2) |
PersR 1987, 61-62 (LT1-2) |
PersV 1991, 188 (K) |