Entscheidungsstichwort (Thema)
Theaterbetriebszulage für einen Betriebstechniker. Schiedsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Hauptantrag durch das Landesarbeitsgericht abgewiesen und nach einem Hilfsantrag erkannt, setzt eine Entscheidung über den Hauptantrag im Revisionsverfahren voraus, dass der durch die Abweisung dieses Antrags beschwerte Kläger die Revision oder Anschlussrevision verfolgt. Legt nur der Beklagte Revision ein, erwächst die Abweisung des Hauptantrags in Rechtskraft.
Orientierungssatz
1. § 53 NV Bühne enthält eine den Anforderungen des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG genügende, die Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließende Schiedsvereinbarung. Für die in § 1 Abs. 1 NV Bühne genannten Berufsgruppenbezeichnungen steht fest, dass die ihnen zuzuordnenden Personen als Bühnenkünstler anzusehen sind.
2. § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG ermöglicht es, eine fehlende Tarifbindung durch einzelvertragliche Bezugnahme zu ersetzen. Diese Möglichkeit geht allerdings nicht weiter als die entsprechende Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien. Es muss sich deshalb um ein Arbeitsverhältnis handeln, das nach dem konkreten Inhalt der ausgeübten Tätigkeit einer Berufsgruppe zuzuordnen ist, für die nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG bei Tarifgebundenheit der Vorrang der Schiedsgerichtsbarkeit wirksam geregelt werden kann.
3. Wird ein Hauptantrag durch das Landesarbeitsgericht abgewiesen und nach einem Hilfsantrag erkannt, liegt eine Entscheidung über beide Anträge vor. Jede Partei kann dann im Rahmen der Zulassung Revision einlegen. Der Hauptantrag fällt beim Revisionsgericht nicht an, wenn nur der Beklagte Revision einlegt. Eine Entscheidung über den Hauptantrag setzt vielmehr voraus, dass der durch die Abweisung dieses Antrags beschwerte Kläger die Revision oder Anschlussrevision verfolgt.
4. Bei der Geltendmachung von Ansprüchen auf tariflicher und vertraglicher Grundlage handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände, wenn die Ansprüche unterschiedlich ausgestaltet sind und unterschiedlichen Tatsachenvortrag zu dem jeweiligen Lebenssachverhalt erfordern.
5. Für die Durchführung eines Günstigkeitsvergleichs nach § 4 Abs. 3 TVG sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), ist keine „Günstigkeit” iSv. § 4 Abs. 3 TVG gegeben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben.
Normenkette
ArbGG §§ 4, 101 Abs. 2, § 102 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; Normalvertrag (NV) Bühne vom 15. Oktober 2002 § 1 Abs. 1, § 53; Tarifvertrag für technische Angestellte mit künstlerischer oder überwiegend künstlerischer Tätigkeit an Bühnen – Bühnentechniker-Tarifvertrag (BTT) vom 25. Mai 1961 i.d.F. vom 23. September 1996 § 2 Abs. 1, §§ 6, 12; TVöD-BT-V § 55 Nr. 4; Tarifvertrag nach § 55 Nr. 4 Abs. 5 TVöD/BT-V für Beschäftigte an Theatern Bühnen vom 30. November 2006 (landesbezirklicher Tarifvertrag für Sachsen-Anhalt); TVöD/BT-V für Beschäftigte an Theatern Bühnen vom 30. November 2006 (landesbezirklicher Tarifvertrag für Sachsen-Anhalt) § 2 Abs. 1 Buchst. b, c, § 4
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Mai 2016 – 7 Sa 202/14 – aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 5. Februar 2014 – 5 Ca 1127/13 – wird auch insoweit zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer Theaterbetriebszulage für den Zeitraum von November 2011 bis einschließlich April 2013.
Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di und war vom 15. April 1998 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. Mai 2013 bei dem Theater M beschäftigt. Das Theater ist ein Eigenbetrieb der beklagten Landeshauptstadt. Diese ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Sachsen-Anhalt e. V.
Das Arbeitsverhältnis gründete sich zunächst auf einen bis zum 31. Juli 2000 befristeten Arbeitsvertrag vom 7. April 1998. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
„Zwischen …
wird der folgende |
DIENSTVERTRAG |
im Sinne des Bühnentechniker-Tarifvertrages (BTT) abgeschlossen:
Herr |
W |
wird |
als Mitglied des |
Theaters der Landeshauptstadt M |
in |
der Technik |
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für die Kunstgattung/Kunstgattungen |
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als |
Assistent des Technischen Direktors |
eingestellt. |
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… |
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Das feste monatliche Gehalt beträgt *3.510,00 DM,
…
Neben dem festen monatlichen Gehalt erhält das Mitglied eine Theaterbetriebszulage in Höhe von
monatlich *290,00DM
…
8 % v. H. des nach § 6 Abs. 1 BTT zulässigen Höchstbetrages.
…
Im übrigen bestimmt sich das Dienstverhältnis nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag (BTT) vom 25. Mai 1961 und den nach § 4 BTT anzuwendenden Vorschriften des Normalvertrages Solo in den jeweils geltenden Fassungen und den den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen sowie nach den sonstigen zwischen dem Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger für die nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag Beschäftigten vereinbarten Tarifverträgen.
…
Über alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes entscheiden unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit die nach Maßgabe der zwischen dem Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten Bühnenschiedsgerichte.”
§ 6 des Arbeitsvertrags enthielt eine stichwortartige Aufgabenbeschreibung des Klägers. Demnach oblag ihm ua. die Leitung der Betriebs- und Haustechnik sowie die Hochbauunterhaltung und Planung.
Der vertraglich in Bezug genommene Tarifvertrag für technische Angestellte mit künstlerischer oder überwiegend künstlerischer Tätigkeit an Bühnen – Bühnentechniker-Tarifvertrag (BTT) vom 25. Mai 1961 lautete in der Fassung vom 23. September 1996 auszugsweise wie folgt:
”§ 2 Persönlicher Geltungsbereich |
(1) |
Unter diesen Tarifvertrag fallen: |
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1. |
Technische Direktoren und technische Leiter, |
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… |
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7. |
Assistenten der technischen Leiter … |
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… |
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§ 6 Theaterbetriebszulage |
(1) |
Der Angestellte, der nicht nur gelegentlich Sonn- und Feiertagsarbeit leisten muß und üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeiten hat, erhält eine monatliche Theaterbetriebszulage bis zu 14 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages der Grundvergütung, die den Angestellten der Vergütungsgruppe IV b BAT des Arbeitgebers zusteht. … Die Höhe der Zulage ist im Dienstvertrag zu vereinbaren. |
|
Die mit einem festen Betrag im Dienstvertrag vereinbarte Theaterbetriebszulage ist jeweils nach Maßgabe der Durchführungstarifverträge zu § 2 Abs. 1 des Anpassungsrahmentarifvertrages vom 3. Juni 1966 anzupassen. … |
(2) |
Durch die Theaterbetriebszulage werden abgegolten: |
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- die mit dem Dienst am Theater verbundenen Aufwendungen und die besonderen Erschwernisse, die die nicht nur gelegentliche Sonn- und Feiertagsarbeit und die üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeit mit sich bringen;
- Sonn- und Feiertagsarbeit;
- Nachtarbeit.
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… |
§ 12 Schiedsgerichtsbarkeit |
Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes zwischen dem Theaterveranstalter und dem Angestellten sind unter Ausschluß der Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließlich die von den vertragsschließenden Parteien dieses Tarifvertrages nach Maßgabe der vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten Schiedsgerichte zuständig.”
Am 3./5. August 1999 schlossen die Parteien einen „Änderungsvertrag mit BAT-O-Angestellten”. Hierbei handelt es sich um einen Formularvertrag, welcher Änderungen der §§ 1 und 4 des Arbeitsvertrags vom 15. April 1998 vorsieht. Demnach wird der Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 1. August 1999 dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt als vollbeschäftigter Angestellter auf unbestimmte Zeit mit einer Vergütung nach VergGr. Vb BAT-O statt dem bislang vereinbarten Festgehalt beschäftigt wird. Das in dem Formular für eine Änderung von § 5 des ursprünglichen Arbeitsvertrags vorgesehene Feld wurde nicht ausgefüllt.
Der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 wurde ergänzt durch Sonderregelungen für Angestellte an Theatern und Bühnen (SR 2k BAT-O). Nr. 6 SR 2k BAT-O sah zu § 35 BAT-O, welcher Zeitzuschläge und Überstundenvergütung regelte, die Zahlung einer Theaterbetriebszulage vor. Diese erhielten Angestellte, die nicht nur gelegentlich Sonn- und Feiertagsarbeit leisten mussten und üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeiten hatten.
Zum 1. Oktober 2005 wurde der BAT-O durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 abgelöst. In § 8 TVöD-AT wird der Ausgleich für Sonderformen der Arbeit geregelt. Nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT haben die Beschäftigten zB für Überstunden oder Nachtarbeit einen Anspruch auf sog. Zeitzuschläge. § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-AT sehen Zulagen für Wechselschicht- und Schichtarbeit vor. § 55 TVöD – Besonderer Teil Verwaltung – (TVöD-BT-V) enthält wiederum Sonderregelungen für Beschäftigte an Theatern und Bühnen und sieht „Zu Abschnitt II. Arbeitszeit” unter Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 vor, dass § 8 Abs. 1 und § 8 Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-AT nicht für Beschäftigte gelten, die eine Theaterbetriebszulage nach einem landesbezirklichen Tarifvertrag erhalten. Landesbezirklich könne jedoch Abweichendes geregelt werden (§ 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 2 TVöD-BT-V).
Am 30. November 2006 schlossen der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. und die Gewerkschaft ver.di einen „Tarifvertrag nach § 55 Nr. 4 Absatz 5 TVöD/BT-V für Beschäftigte an Theatern und Bühnen” (im Folgenden TV Theaterbetriebszulage). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten,
- deren Arbeitgeber Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. sind und
- deren Arbeitsverhältnisse unter den Geltungsbereich der Nr. 1 Absätze 1 und 2 des § 55 TVöD/BT-V fallen.
§ 2 |
Aspruchsvoraussetzungen für die Theaterbetriebszulage |
(1) |
Die Theaterbetriebszulage erhalten |
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- Beschäftigte der Beleuchtungs-, Bühnen- und Tontechnik, des Ausstattungs- und Kostümwesens, der Maskenbildnerei und Orchesterwarte im ständigen Proben- und Vorstellungsdienst.
- Beschäftigte in den Maler-, Schlosser-, Kascheur-, Schreiner- oder Schneiderwerkstätten sowie Beschäftigte in der Gebäudeleit- und Haustechnik, wenn sie regelmäßig zum Proben- und Vorstellungsdienst eingesetzt werden.
- sonstige Beschäftigte (z. B. Beschäftigte im Eintrittskartenverkauf, im Hausverwaltungsdienst, im Telefondienst bzw. in der Gebäudeleit- und Haustechnik), wenn sie regelmäßig Sonn- und Feiertagsarbeit leisten müssen und üblicherweise eine unregelmäßige tägliche Arbeitszeit haben, sofern sie nicht bereits unter Buchstabe b fallen.
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… |
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§ 4 |
Höhe der Theaterbetriebszulage |
(1) |
Die/der Beschäftigte, der unter § 2 Absatz 1 Buchstaben a oder b fällt, erhält monatlich eine Theaterbetriebszulage in Höhe von 139,12 Euro. |
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… |
(2) |
Die/der Beschäftigte, der unter § 2 Absatz 1 Buchstabe c fällt, erhält eine Theaterbetriebszulage in Höhe von 50 v. H. des Betrages gemäß Absatz 1. |
(3) |
1Mit jeder allgemeinen Tariferhöhung und/oder Anpassung der Tabellenentgelte Ost an die Tabellenentgelte West erhöht sich in gleichem Umfang und zum gleichen Stichtag die Theaterbetriebszulage entsprechend. … |
… |
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(5) |
1Beschäftigte, die einen Anspruch auf Theaterbetriebszulage nach § 2 Absatz 1 Buchstabe a oder b haben, erhalten einen Arbeitstag Sonderurlaub im Kalenderjahr. … |
(6) |
1Mit den Regelungen der Absätze 1 bis 5 werden die für die Theaterschichtbetriebe zu zahlende Schichtzulage gemäß § 8 Abs. 6 TVöD und der Zusatzurlaub für Schichtarbeit gemäß § 27 TVöD abgegolten. 2Ebenfalls werden mit der Theaterbetriebszulage die mit der Arbeit im Theater verbundenen Aufwendungen und die besonderen Erschwernisse, die die nicht nur gelegentliche Sonn- und Feiertagsarbeit und die üblicherweise unregelmäßige tägliche Arbeitszeit mit sich bringen, abgegolten. |
(7) |
In Abänderung von § 55 Nr. 4 Absatz 5 Satz 1 TVöD/BT-V gilt § 8 Absatz 1 TVöD uneingeschränkt. |
(8) |
1Die Zeitzuschläge nach § 8 Absatz 1 TVöD können im Interesse der Verwaltungsvereinfachung einzelvertraglich pauschaliert werden. 2Dabei ist der individuelle Durchschnitt aller im Rahmen des § 8 Absatz 1 TVöD gezahlten Zuschläge für ein Jahr (in der Regel für das vorangegangene Jahr) zu Grunde zu legen. 3Diese schriftliche Vereinbarung kann von jeder Seite mit einer Frist von 4 Wochen zum Monats- ende gekündigt werden. Eine Nachwirkung ist ausgeschlossen. |
… |
§ 7 |
In-Kraft-Treten, Geltungsdauer |
(1) |
Dieser Tarifvertrag tritt am 01. November 2006 in Kraft. |
(2) |
Mit dem In-Kraft-Treten gemäß Absatz 1 treten die Regelungen des BAT-O (SR 2k) und BMT-G-O (SV 2f) außer Kraft.” |
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 teilte das Theater M dem Kläger mit, dass er nach dem TV Theaterbetriebszulage die Voraussetzungen einer vollen Theaterbetriebszulage nicht erfülle und die bislang erfolgte Zahlung einer vollen Theaterbetriebszulage mithin ab dem 1. Januar 2011 entfalle. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Buchst. c TV Theaterbetriebszulage werde ihm eine halbe Theaterbetriebszulage gezahlt.
Am 20. Januar 2011 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung über die Pauschalierung von Zeitzuschlägen i.S.v. § 4 (8) ‚TV nach § 55 Nr. 4 Abs. 5 TVöD/BT-V für Beschäftigte an Theatern und Bühnen' für Beschäftigte nach dem TVöD”. Diese Vereinbarung kündigte der Kläger mit Schreiben vom 7. Oktober 2011.
Die Beklagte zahlte an den Kläger vom 1. November 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. April 2013 eine halbe Theaterbetriebszulage. Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger die Differenz zu einer Theaterbetriebszulage in voller Höhe für diesen Zeitraum eingeklagt.
Nach seiner Ansicht ist die Arbeitsgerichtsbarkeit zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen. Nach dem Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 sei auf das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 1999 nicht mehr der BTT, sondern der BAT-O anzuwenden gewesen. Für eine Geltung der Bühnenschiedsgerichtsordnung habe es ab August 1999 keine Grundlage mehr gegeben. Seine Tätigkeit sei auch nicht mehr vom Geltungsbereich eines Bühnentarifvertrags erfasst gewesen. Die zuletzt gültige Stellenbeschreibung habe seine Funktion als „Betriebstechniker Opernhaus” bezeichnet. Eine überwiegend künstlerische Tätigkeit sei nicht vereinbart worden.
Der Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage in voller Höhe folge aus § 4 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage. Er sei während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums regelmäßig zum Proben- und Vorstellungsdienst als Gebäudeleit- und Haustechniker eingesetzt worden. Für die Zeit von November 2011 bis einschließlich November 2012 ergebe sich ein Differenzanspruch von insgesamt 1.051,84 Euro. Für die Folgezeit bis einschließlich April 2013 seien insgesamt 413,40 Euro zu entrichten.
Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Zahlung von 1.269,03 Euro für den streitgegenständlichen Zeitraum. Dies folge aus der nicht abgeänderten Vereinbarung in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998, welche einen Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage iHv. 290,00 DM (nunmehr 148,27 Euro) vorsehe.
Der Kläger hat daher beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
- an den Kläger 1.051,84 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- an den Kläger 413,40 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2. an den Kläger 1.269,03 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Behauptung begründet, die Klage sei unzulässig. Für die Entscheidung des Rechtsstreits sei die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit zuständig. Die Parteien hätten in § 8 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 die Anwendbarkeit des BTT vereinbart. Dieser sei zum 1. Januar 2003 durch den Normalvertrag (NV) Bühne vom 15. Oktober 2002 ersetzt worden. Nach § 53 NV Bühne sei die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der Bühnenschiedsgerichtsordnung für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Dies entspreche der Vereinbarung in § 11 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998. Diese Inbezugnahme sei durch den Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 nicht abgeändert worden. Die Abänderungen hätten sich nur auf die in § 1 und § 4 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 getroffenen Regelungen bezogen.
Der Geltungsbereich des NV Bühne sei eröffnet gewesen. Nach § 1 Abs. 1 NV Bühne unterfielen dem Tarifvertrag auch Bühnentechniker. Bühnentechniker im tariflichen Sinne seien nach § 1 Abs. 3 NV Bühne ua. technische Leiter. Ausweislich § 6 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 habe die Leitung der Betriebs- und Haustechnik zu den Aufgaben des Klägers gehört. Er sei damit ein technischer Leiter iSd. § 1 Abs. 3 NV Bühne gewesen. Die seitens des Klägers vorgelegte Stellenbeschreibung sei nicht zum Vertragsinhalt geworden. Wegen der unverändert gebliebenen Vereinbarung in § 6 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 komme es nicht darauf an, welche Tätigkeiten dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich übertragen wurden. Der Kläger sei bis zu seinem Ausscheiden verpflichtet gewesen, Leitungsaufgaben in der Betriebs- und Haustechnik auszuführen.
Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Ein Anspruch auf die begehrte Differenzvergütung nach § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage bestehe nicht, da der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht regelmäßig im Proben- und Vorstellungsdienst eingesetzt worden sei. Der streitgegenständliche Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998. Nach dem Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 sei zunächst der BAT-O und später der TVöD statt des BTT in Bezug genommen worden. Der dem Kläger aus § 2 Abs. 1 Buchst. c TV Theaterbetriebszulage zustehende Anspruch auf eine halbe Theaterbetriebszulage sei erfüllt worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Sie sei wegen der ausschließlichen Zuständigkeit des Bühnenschiedsgerichts unzulässig. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Zahlung von 1.203,62 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nur in der Höhe begründet, die sich aus dem in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 vereinbarten Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage ergebe. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klage nicht wegen der von der Beklagten erhobenen Einrede des Schiedsvertrags nach § 102 Abs. 1 ArbGG unzulässig ist. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum jedoch keine Theaterbetriebszulage nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 beanspruchen. Ein Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage bestand nur nach den normativ geltenden Regelungen des TV Theaterbetriebszulage. Ob die Voraussetzungen für eine Theaterbetriebszulage in voller Höhe nach § 4 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage erfüllt waren, kann jedoch dahinstehen. Die aus einer tariflichen Anspruchsgrundlage abgeleiteten Differenzvergütungsansprüche waren in den Vorinstanzen Streitgegenstand der Hauptanträge. Der Kläger hat gegen deren Abweisung durch das Landesarbeitsgericht keine Revision oder Anschlussrevision eingelegt. Die vormaligen Hauptanträge sind daher nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.
I. Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit ist nicht gemäß § 101 Abs. 2 ArbGG ausgeschlossen.
1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit kann nach § 4 ArbGG durch einen Schiedsvertrag nach Maßgabe der §§ 101 bis 110 ArbGG ausgeschlossen werden.
Nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG können die Tarifvertragsparteien für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, die Arbeitsgerichtsbarkeit durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, dass die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll, wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrags überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende oder Artisten umfasst. Wird das Arbeitsgericht wegen einer Rechtsstreitigkeit angerufen, für die die Tarifvertragsparteien einen Schiedsvertrag nach § 101 Abs. 2 ArbGG geschlossen haben, hat das Gericht die Klage nach § 102 Abs. 1 ArbGG als unzulässig abzuweisen, wenn sich der Beklagte auf den Schiedsvertrag beruft.
Die in dem Tarifvertrag getroffene Schiedsvereinbarung gilt nach § 101 Abs. 2 Satz 2 ArbGG grundsätzlich nur für Tarifgebundene, dh. für Mitglieder der vertragsschließenden Tarifvertragsparteien (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien erstreckt sich nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG jedoch auch auf Parteien, deren Verhältnisse sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben. Die nicht tarifgebundenen Parteien eines Arbeitsverhältnisses müssen gerade die Schiedsabrede ausdrücklich und schriftlich in Bezug nehmen (BAG 28. Januar 2009 – 4 AZR 987/07 – Rn. 38, BAGE 129, 225). § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG ermöglicht es, die fehlende Tarifbindung durch einzelvertragliche Bezugnahme zu ersetzen. Diese Möglichkeit geht allerdings nicht weiter als die entsprechende Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien (BAG 25. Februar 2009 – 7 AZR 942/07 – Rn. 18). Es muss sich deshalb um ein Arbeitsverhältnis handeln, das nach dem konkreten Inhalt der ausgeübten Tätigkeit einer Berufsgruppe zuzuordnen ist, für die nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG bei Tarifgebundenheit der Vorrang der Schiedsgerichtsbarkeit wirksam geregelt werden kann (vgl. BAG 15. Februar 2012 – 7 AZR 626/10 – Rn. 22; 6. August 1997 – 7 AZR 156/96 – zu I 2 der Gründe, BAGE 86, 190; GMP/Germelmann 9. Aufl. § 101 Rn. 29; GWBG/Greiner ArbGG 8. Aufl. § 101 Rn. 18; ErfK/Koch 17. Aufl. § 110 ArbGG Rn. 3; GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2017 § 101 Rn. 27; AR/Reinfelder 8. Aufl. § 110 ArbGG Rn. 3; Düwell/Lipke/Voßkühler 4. Aufl. § 101 Rn. 54; Schwab/Weth/Zimmerling 4. Aufl. ArbGG § 101 Rn. 56).
2. Die Voraussetzungen für einen wirksamen Schiedsvertrag sind hier nicht erfüllt. Die Parteien sind bezogen auf den NV Bühne unstreitig nicht tarifgebunden. Es liegt auch keine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Schiedsabrede des § 53 NV Bühne vor. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeit des Klägers dem persönlichen Geltungsbereich des NV Bühne unterfiel.
a) Der NV Bühne hat den BTT sowie den Normalvertrag Solo zum 1. Januar 2003 abgelöst (vgl. Assmann in Ganß/Assmann Arbeitsrecht der Bühne Teil I Kap. 2 Rn. 22). § 53 NV Bühne enthält eine den Anforderungen des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG genügende, die Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließende Schiedsvereinbarung (BAG 25. Februar 2009 – 7 AZR 942/07 – Rn. 20 ff.; 28. Januar 2009 – 4 AZR 987/07 – Rn. 14 ff., BAGE 129, 225). Für die in § 1 Abs. 1 NV Bühne genannten Berufsgruppenbezeichnungen, die jeweils in den folgenden Absätzen der Regelung präzisiert werden, steht fest, dass die ihnen zuzuordnenden Personen als Bühnenkünstler iSv. § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG anzusehen sind (BAG 28. Januar 2009 – 4 AZR 987/07 – Rn. 20, aaO).
b) Die Parteien sind bezogen auf den NV Bühne nicht tarifgebunden. Der NV Bühne wurde zwischen dem Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater – und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger bzw. der Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer e.V. abgeschlossen. Eine beiderseitige Tarifbindung aufgrund Mitgliedschaft in diesen Vereinigungen wird von den Parteien nicht behauptet und ist nicht ersichtlich.
c) Die Geltung des NV Bühne einschließlich der Schiedsabrede des § 53 NV Bühne wurde von den Parteien auch nicht vertraglich vereinbart.
aa) Der zwischen den Parteien am 7. April 1998 geschlossene Arbeitsvertrag sah in § 8 die Anwendbarkeit des BTT in der jeweils geltenden Fassung sowie der den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge vor. Hiervon war auch die Schiedsvereinbarung in § 12 BTT erfasst. Zudem wurde in § 11 des Vertrags vereinbart, dass die Bühnenschiedsgerichte nach Maßgabe der Bühnenschiedsgerichtsordnung über etwaige Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit entscheiden sollten.
bb) Bei unveränderter Fortgeltung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen hätte ab dem 1. Januar 2003 der NV Bühne auf das Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden, denn die Verweisungsklausel in § 8 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 hätte den NV Bühne als den an Stelle des BTT tretenden Tarifvertrag erfasst. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wäre wegen seiner Funktion als Assistent des Technischen Direktors vom persönlichen Anwendungsbereich des NV Bühne erfasst worden, denn nach § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 1 NV Bühne gilt der Tarifvertrag ua. für die Assistenten der Technischen Direktoren (vgl. zur Gruppe der Bühnentechniker BAG 28. Januar 2009 – 4 AZR 987/07 – Rn. 23 ff., BAGE 129, 225).
cc) Der Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 ist aber dahingehend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis sich seit dem 1. August 1999 nur nach den Bestimmungen des BAT-O richten sollte und nicht mehr nach dem BTT. In der Konsequenz kann sich die Beklagte auch nicht auf die Schiedsvereinbarung in § 53 NV Bühne als Nachfolgetarifvertrag des BTT berufen. Der Verweis auf die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit in § 11 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 ist durch den Änderungsvertrag ebenfalls aufgehoben worden.
(1) Bei dem Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999 handelt es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um einen Formularvertrag und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (BAG 23. März 2017 – 6 AZR 705/15 – Rn. 14 mwN). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 21. April 2016 – 8 AZR 753/14 – Rn. 30 mwN).
(2) Die Parteien haben unter dem 3./5. August 1999 einen Änderungsvertrag geschlossen, der schon in seiner Bezeichnung darauf schließen lässt, dass nunmehr der BAT-O auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll „Änderungsvertrag mit BAT-O-Angestellten”). Mit dieser Vereinbarung lösten die Parteien sich umfassend von dem Regime des BTT. § 1 des Änderungsvertrags sieht vor, dass der Kläger ab dem 1. August 1999 auf unbestimmte Zeit beschäftigt wird. Demgegenüber sah der ursprüngliche Arbeitsvertrag vom 7. April 1998 eine spielzeitbezogene Befristung des Arbeitsverhältnisses vor. Dies entsprach § 4 Abs. 1 BTT iVm. § 2 Nr. 1 Buchst. c Normalvertrag Solo. Der Änderungsvertrag hat auch die Vergütungsstruktur grundlegend modifiziert. Nach § 1 des Vertrags vom 3./5. August 1999 trat mit Wirkung zum 1. August 1999 an die Stelle des bisherigen Festgehalts die Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb BAT-O für eine Tätigkeit als „vollbeschäftigter Angestellter”. Ein Bezug zu den spezifischen Berufsgruppen und dem Vergütungssystem der Bühnentarifverträge ist damit nicht mehr erkennbar. In der Gesamtschau haben die Arbeitsvertragsparteien den BAT-O nicht nur punktuell in Bezug genommen, sondern vollumfänglich.
(3) Damit wurde auch die Bezugnahme auf die Schiedsvereinbarung in § 12 BTT und die Bühnenschiedsgerichtsordnung in § 11 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 aufgehoben. Anderenfalls hätte die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit über Rechtsstreitigkeiten entscheiden müssen, deren Beurteilung sich nicht mehr nach dem BTT, sondern seit dem 1. August 1999 nach dem BAT-O richtet. Dies wäre angesichts der Unterschiedlichkeit der Tarifwerke mit dem Willen der Vertragsparteien zur Ablösung des BTT durch den BAT-O als vertragliches Bezugsobjekt nicht vereinbar.
dd) Die weitere Entwicklung bestätigt diesen Willen zur umfassenden Lösung von den Bühnentarifverträgen. Nach dem Inkrafttreten des TVöD-BT-V wurden dessen Regelungen auf das Arbeitsverhältnis angewandt. Dies ergibt sich aus der Vereinbarung vom 20. Januar 2011 über die Pauschalierung von Zeitzuschlägen, welche sich ausdrücklich auf § 55 TVöD-BT-V und dessen Sonderregelungen für Beschäftigte an Theatern und Bühnen bezog. Hierbei ist unbeachtlich, dass diese Vereinbarung schließlich vom Kläger gekündigt wurde. Sie verdeutlicht dennoch, dass sich das Arbeitsverhältnis seit dessen Inkrafttreten nach dem TVöD-BT-V richtete. Dies entsprach auch der Tarifbindung beider Parteien. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes galten gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis des Klägers. Sowohl die Beklagte als auch der Kläger sind unstreitig Mitglieder der Tarifvertragsparteien (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Ausnahme des Geltungsbereichs des TVöD für technisches Theaterpersonal nach § 1 Abs. 2 Buchst. n TVöD-AT in der bis zum 31. Mai 2013 geltenden Fassung griff ebenso wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 3 Buchst. c BAT-O nicht ein. Demnach galt der BAT-O bzw. TVöD ua. nicht für technisches Theaterpersonal mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit. Eine solche wurde zwischen den Parteien in beiden Verträgen nicht vereinbart und wird auch von keiner Seite behauptet.
II. Die Klage ist unbegründet, soweit sie im Revisionsverfahren noch anhängig ist. Die mit den vormaligen Hauptanträgen geltend gemachten tariflichen Ansprüche sind nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Einen vertraglichen Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 hat der Kläger bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Dies führt zur teilweisen Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Berufung des Klägers.
1. Der Kläger stützt die mit den Hauptanträgen zu 1. und 2. erhobenen Forderungen von 1.051,84 Euro und 413,40 Euro auf § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage. Über diese tariflichen Ansprüche hat der Senat nicht zu entscheiden.
a) Grundsätzlich richtet sich der Umfang der revisionsrechtlichen Nachprüfung nach dem Anfall des Streitgegenstandes in der Revisionsinstanz. Der Umfang der Anfallwirkung ist nicht anders zu bestimmen als im Berufungsverfahren. Dementsprechend fällt ein Hauptantrag beim Revisionsgericht nicht an, wenn der Beklagte gegen ein Urteil, durch das unter Abweisung des Hauptantrags nach dem Hilfsantrag erkannt ist, Revision einlegt. Das Revisionsgericht kann über den Hauptantrag nur dann entscheiden, wenn der Kläger – zulässigerweise – die Revision oder Anschlussrevision verfolgt. Wird der Hauptantrag abgewiesen und nach dem Hilfsantrag erkannt, liegt eine Entscheidung über beide Anträge vor. Der Kläger ist durch die Abweisung seines Hauptantrags, der Beklagte durch seine Verurteilung nach dem Hilfsantrag beschwert. Jede Partei kann dann im Rahmen der Zulassung Revision einlegen. Ist die Revision nicht zugelassen oder macht die Partei hiervon keinen Gebrauch, so wird die Entscheidung in diesem Umfang rechtskräftig (BAG 8. August 2002 – 8 AZR 647/00 – zu B I der Gründe).
b) Der Kläger hat bei der Geltendmachung seiner Ansprüche zutreffend danach unterschieden, ob sie auf eine tarifliche oder vertragliche Anspruchsgrundlage gestützt werden. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände, denn die Ansprüche sind unterschiedlich ausgestaltet und erfordern unterschiedlichen Tatsachenvortrag zu dem jeweiligen Lebenssachverhalt (vgl. BAG 23. November 2006 – 6 AZR 317/06 – Rn. 15, BAGE 120, 239; zum Verhältnis gesetzlicher, tariflicher und vertraglicher Ansprüche: vgl. BAG 25. Januar 2017 – 4 AZR 517/15 – Rn. 74 mwN; 28. September 2016 – 5 AZR 219/16 – Rn. 22 ff.). Die tariflichen Ansprüche wurden mit den Anträgen zu 1. und 2. geltend gemacht, der etwaige vertragliche Anspruch mit dem ausdrücklich als Hilfsantrag bezeichneten Antrag zu 3. Der Kläger hat damit die Eigenständigkeit der Anträge und ihr Verhältnis zueinander bestimmt. Der Hilfsantrag sollte nur für den Fall des Unterliegens mit den Hauptanträgen zur Entscheidung anfallen.
c) Das Landesarbeitsgericht hat tarifliche Ansprüche wegen eines angenommenen Vorrangs der ursprünglichen Abrede in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 abgelehnt und folglich insoweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger weder Revision noch Anschlussrevision eingelegt. Die Abweisung der Hauptanträge wurde damit rechtskräftig. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist daher nur noch der auf vertragliche Ansprüche bezogene Hilfsantrag.
2. Dieser ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich aus § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 kein Anspruch des Klägers auf Leistung einer Theaterbetriebszulage für den streitgegenständlichen Zeitraum.
a) Dies lässt sich allerdings entgegen der Revisionsbegründung nicht aus der zwischen den Parteien am 20. Januar 2011 geschlossenen Vereinbarung über die Pauschalierung von Zeitzuschlägen ableiten. Diese steht in keinem Zusammenhang mit der begehrten Theaterbetriebszulage und kann schon deshalb die Regelung in § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 nicht aufgehoben haben. Die Vereinbarung vom 20. Januar 2011 bezieht sich ausdrücklich auf § 4 Abs. 8 TV Theaterbetriebszulage und damit nur auf die dort vorgesehene Möglichkeit der Pauschalierung von Zeitzuschlägen.
aa) § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 TVöD-BT-V sieht vor, dass ua. Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT (zB für Überstunden oder Nachtarbeit) nicht zu zahlen sind, falls Beschäftigte eine Theaterbetriebszulage nach einem landesbezirklichen Tarifvertrag erhalten. Nach § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 2 TVöD-BT-V kann landesbezirklich jedoch Abweichendes geregelt werden. Insoweit enthält der TVöD-BT-V eine Öffnungsklausel für landesbezirkliche Tarifverträge (vgl. BAG 12. Februar 2015 – 10 AZR 50/14 – Rn. 15). Hiervon haben der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. und die Gewerkschaft ver.di durch den TV Theaterbetriebszulage Gebrauch gemacht. Nach § 4 Abs. 7 TV Theaterbetriebszulage gilt § 8 Abs. 1 TVöD-AT – ausdrücklich in Abänderung von § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 TVöD-BT-V – uneingeschränkt. Allerdings können die Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT gemäß § 4 Abs. 8 TV Theaterbetriebszulage im Interesse der Verwaltungsvereinfachung einzelvertraglich pauschaliert werden.
bb) Dies haben die Parteien mit ihrer Vereinbarung vom 20. Januar 2011 getan. Sie haben damit keine Regelung geschaffen, welche einen Anspruch des Klägers auf die Theaterbetriebszulage abbedingt. Nach der Konzeption des landesbezirklichen Tarifvertrags besteht der Anspruch nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT neben dem Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage.
b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage nach § 5 des ursprünglichen Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 geltend machen.
aa) Dies folgt aus der Inbezugnahme des BAT-O durch den Änderungsvertrag vom 3./5. August 1999. Die Parteien haben damit ersichtlich das gesamte Vergütungssystem des BAT-O und damit später auch des TVöD-BT-V einschließlich der Regelungen bzgl. einer Theaterbetriebszulage in einem landesbezirklichen Tarifvertrag (TV Theaterbetriebszulage) zur Anwendung gebracht. Dies gilt auch angesichts des Umstands, dass eine Änderung von § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 nicht ausdrücklich vorgenommen wurde, obwohl das Formular des Änderungsvertrags diese Möglichkeit vorgesehen hat. Der Wille zur Aufhebung von § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 ergibt sich daraus, dass die dortige Regelung des Anspruchs auf eine Theaterbetriebszulage ausdrücklich an die Vorgaben des damals geltenden BTT gebunden war. Der Betrag von 290,00 DM belief sich auf acht Prozent des nach § 6 Abs. 1 BTT zulässigen Höchstbetrags. Daraus wird deutlich, dass die ursprünglich vereinbarte Theaterbetriebszulage im Tarifsystem des BTT verankert war und keine von tariflichen Vorgaben losgelöste Einzelvereinbarung darstellte. Mit der Umstellung der Vergütung auf das Tarifsystem des BAT-O wäre die Fortgeltung einer aus dem BTT folgenden Theaterbetriebszulage unvereinbar.
bb) Zudem wäre die normativ geltende Regelung der Theaterbetriebszulage in §§ 2, 4 TV Theaterbetriebszulage gegenüber § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 vorrangig. Der Günstigkeitsvergleich des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft.
(1) Der TVöD-BT-V und der TV Theaterbetriebszulage galten im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis des Klägers. Hiervon geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die gesetzliche Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG. Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen hinter einzelvertragliche Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung (BAG 15. April 2015 – 4 AZR 587/13 – Rn. 27, BAGE 151, 221). Zu vergleichen sind nur Regelungen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich; vgl. BAG 14. Februar 2017 – 9 AZR 488/16 – Rn. 27 mwN; 12. Mai 2016 – 6 AZR 259/15 – Rn. 26). Für die Durchführung eines Günstigkeitsvergleichs sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), ist keine „Günstigkeit” iSv. § 4 Abs. 3 TVG gegeben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (BAG 15. April 2015 – 4 AZR 587/13 – Rn. 29 mwN, aaO).
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen verbliebe es hier bei der zwingenden Geltung der tariflichen Anspruchsvoraussetzungen für die Theaterbetriebszulage. Der vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Vergleich zwischen § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 mit den tariflichen Regelungen in §§ 2, 4 TV Theaterbetriebszulage lässt unberücksichtigt, dass die Frage der Günstigkeit letztlich vom Ergebnis der Regelungsanwendung im Einzelfall abhängig ist.
(a) Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die volle Theaterbetriebszulage nach § 4 Abs. 1 TV Theaterbetriebszulage im streitgegenständlichen Zeitraum höher als die Theaterbetriebszulage nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 gewesen wäre. Dies entspricht dem Vortrag des Klägers, der mit den Hauptanträgen einen höheren Gesamtbetrag als mit dem Hilfsantrag geltend gemacht hatte.
(b) Bei einem Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage in voller Höhe nach § 4 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage hätte die tarifliche Theaterbetriebszulage daher die günstigere Regelung dargestellt. Anders verhält es sich, wenn der Kläger nur eine hälftige Theaterbetriebszulage nach § 4 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. c TV Theaterbetriebszulage hätte beanspruchen können. Letztlich hängt die Höhe der tariflichen Theaterbetriebszulage für die Beschäftigten in der Gebäudeleit- und Haustechnik von ihrer Verwendung ab. Werden sie regelmäßig zum Proben- und Vorstellungsdienst iSv. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage eingesetzt, haben sie den Anspruch auf die volle Theaterbetriebszulage. § 5 des Arbeitsvertrags vom 7. April 1998 wäre daher für den Kläger keine günstigere Regelung iSd. § 4 Abs. 3 TVG gewesen und hätte die zwingenden Tarifregelungen nicht abbedingen können.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Fischermeier RiinBAG Spelge ist wegen Urlaubs verhindert, ihre Unterschrift beizufügen.
Unterschriften
Fischermeier, RiinBAG Spelge ist wegen Urlaubs verhindert, ihre Unterschrift beizufügen. Fischermeier, Krumbiegel, Uwe Zabel, Augat
Fundstellen
Dokument-Index HI11295149 |