Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Befristung eines unbefristeten Arbeitsvertrages
Leitsatz (amtlich)
1. Auch die nachträgliche Befristung eines bereits bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses bedarf eines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu erkennen gegeben hat, daß er zu einer unbefristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bereit ist.
2. In einem solchen Falle liegt der sachliche Befristungsgrund des Vergleichs nur vor, wenn zwischen den Parteien bereits ein offener Streit über den rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses besteht, der durch die Vereinbarung der Befristung beigelegt wird.
Normenkette
BGB § 620; HPersÜG Berlin § 4
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 12. Mai 1995 – 6 Sa 17/95 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 1948 geborene Kläger war seit dem 1. Dezember 1977 als Fachchemiker der Medizin im psychiatrischen Bereich des Klinikums Charité der beklagten Universität beschäftigt. Mit Schreiben vom 18. November 1993 teilte ihm die Beklagte mit, daß ihre Personalkommission den Antrag des Klägers auf Übernahme nach dem Berliner Hochschulpersonal-Übernahmegesetz (vom 11. Juni 1992, GVBl. S. 191) abgelehnt habe und sie ihm statt dessen zunächst eine befristete Weiterbeschäftigung bis zum 30. September 1996 anbiete. Zur Annahme dieses Angebots wurde dem Kläger eine Frist bis zum 8. Dezember 1993 gesetzt; für den Fall einer Ablehnung wurde ihm eine Kündigung in Aussicht gestellt. Am 8. Dezember 1993 unterzeichnete der Kläger einen entsprechenden „Änderungsvertrag zum bestehenden Arbeitsvertrag”, in dem es heißt, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des § 4 des Hochschulpersonal-Übernahmegesetzes befristet und ende am 30. September 1996.
Der Kläger hält die vereinbarte Befristung für unwirksam, da ein sachlicher Grund nicht vorliege. Das Hochschulpersonal-Übernahmegesetz habe keinen sachlichen Befristungsgrund geschaffen und sei hierzu als Landesrecht auch nicht in der Lage. Auf die Befristungsmöglichkeiten der §§ 57 a ff. HRG könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil ein solcher Befristungsgrund im Arbeitsvertrag nicht genannt sei. Ein Befristungsgrund nach der allgemeinen arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle liege nicht vor, da an seiner Arbeitsleistung dauernder Bedarf bestehe und er auf der ihm befristet zugewiesenen Stelle auch unbefristet beschäftigt werden könne.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, für die nachträgliche Befristung eines zunächst unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses bedürfe es keines Befristungsgrundes, da der Arbeitnehmer in einem solchen Falle nicht schutzbedürftig sei. Jedenfalls ergebe sich aus § 4 des Hochschulpersonal-Übernahmegesetzes ein sachlicher Befristungsgrund. Auf § 57 b Abs. 2 Nr. 2 HRG könne sie sich berufen, weil durch die Aufnahme des Hochschulpersonal-Übernahmegesetzes in den Arbeitsvertrag auch die Befristungsmöglichkeiten nach dem Hochschulrahmengesetz gegeben seien. Auch nach den Grundsätzen der allgemeinen arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle liege ein sachlicher Grund vor. Der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages anstelle des Ausspruchs einer Kündigung sei ein außergerichtlicher Vergleich, der als Befristungsgrund anerkannt sei. Jedenfalls aber liege der Befristungsgrund darin, daß für den Kläger nur vorübergehend eine Stelle zur Verfügung gestanden habe. Der Übergang von der Personalstruktur der Hochschulen der ehemaligen DDR, bei der die Mitarbeiter des wissenschaftlichen Mittelbaus bis zu ihrem Rentenalter Dauerstellen eingenommen hätten, zur Personalstruktur der westlichen Hochschulen, bei der der Mittelbau der Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses diene, habe in Verbindung mit der notwendigen Reduzierung der Beschäftigtenzahl zu einer erheblichen Verminderung der Planstellen geführt, die für eine dauerhafte Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter vorgesehen seien (sogenannte „Funktionsstellen”). Da die sogenannten „Sollstellen”, die als Qualifizierungsstellen für wissenschaftlichen Nachwuchs vorgesehen seien, noch nicht sofort hätten besetzt werden können, habe § 4 des Hochschulpersonal-Übernahmegesetzes die Möglichkeit eröffnet, diese Stellen für eine Übergangszeit von längstens fünf Jahren mit Dienstkräften zu besetzen, die an sich nicht hätten übernommen werden können. Auf diese Weise habe der Kläger aus sozialen Gründen noch vorübergehend weiterbeschäftigt werden können, obwohl er an sich für die Besetzung der einer wissenschaftlichen Qualifizierung dienenden Stelle nicht in Frage gekommen wäre.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Das Berufungsurteil beruht auf rechtlichen Erwägungen, denen sich der Senat nicht anschließen kann. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht möglich.
I. Der Senat folgt nicht der Hauptbegründung des Landesarbeitsgerichts, bei der nachträglichen Befristung eines zunächst unbefristeten und damit bereits unter Kündigungsschutz stehenden Arbeitsverhältnisses bedürfe es keines sachlichen Grundes, weil eine solche Vereinbarung einem Aufhebungsvertrag gleichzuachten sei. Diese Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts steht nicht nur (was das Landesarbeitsgericht erkannt hat und weswegen es die Revision zugelassen hat) in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, sondern verstößt auch gegen tragende Grundgedanken der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle.
1. Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß auch die nachträgliche vertragliche Befristung eines bereits unbefristeten und unter Kündigungsschutz stehenden Arbeitsverhältnisses eines sachlichen Grundes im Sinne der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle bedarf (Urteil vom 3. August 1961, BAGE 11, 236, 247 = AP Nr. 19 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 4 der Gründe; Urteil vom 28. Februar 1963 – 2 AZR 345/62 – AP Nr. 25 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 der Gründe; Urteil vom 26. April 1979 – 2 AZR 431/77 – AP Nr. 47 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 1 b der Gründe). Hieran hält der Senat fest. In dem Erfordernis eines sachlichen Grundes auch beim Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages, der ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ablöst, liegt die innere Rechtfertigung dafür, daß das Bundesarbeitsgericht seit dem Senatsurteil vom 8. Mai 1985 (BAGE 49, 73 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) in ständiger Rechtsprechung bei der Aneinanderreihung mehrerer befristeter Arbeitsverträge grundsätzlich nur noch das Vorliegen eines sachlichen Grundes für den letzten Arbeitsvertrag verlangt und dabei ungeprüft in Kauf nimmt, daß der Arbeitnehmer aufgrund der Unwirksamkeit einer früheren Befristung bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht und den dort bereits gegebenen Kündigungsschutz durch den Abschluß des neuen befristeten Arbeitsvertrages verliert. Denn das Bundesarbeitsgericht geht bei dieser Rechtsprechung davon aus, daß auch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nachträglich befristet werden kann und daß die erforderliche Kontrolle, ob eine unzulässige Umgehung der zwingenden Kündigungsvorschriften durch eine funktionswidrige Verwendung des Institus des befristeten Arbeitsvertrages vorliegt, dadurch erfolgt, daß für den letzten befristeten Arbeitsvertrag das Vorliegen eines sachlichen Grundes geprüft wird.
2. Dem Landesarbeitsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, daß ein Arbeitnehmer, der sich bereits in einem unbefristeten und Kündigungsschutz genießenden Arbeitsverhältnis befindet, grundsätzlich keines Schutzes mehr durch die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle bedarf. Zwar mag sein, daß ein solcher Arbeitnehmer in vielen Fällen ohne jegliche Zwangslage handelt und daß die Befristung sogar seinen eigenen Interessen entspricht; dies ist bei der Bewertung des sachlichen Grundes zu berücksichtigen. Häufig jedoch – und so insbesondere auch im Entscheidungsfalle – geht der Arbeitnehmer auf das Befristungsangebot des Arbeitgebers ein, weil er so eher eine Möglichkeit zum Erhalt seines Arbeitsplatzes sieht als beim Beharren auf seinem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Die Frage der funktionswidrigen Verwendung des Rechtsinstituts des befristeten Arbeitsvertrages stellt sich auch in derartigen Fällen und verlangt die Prüfung, ob es sachlich gerechtfertigt ist, daß der Arbeitgeber, der zur vorübergehenden Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bereit ist, mit dem Arbeitnehmer eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, anstatt die Frage, ob bei Ablauf der Vertragsfrist der Verlust des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer sozial gerechtfertigt ist, der gerichtlichen Kontrolle anhand des Kündigungschutzgesetzes zu überlassen. Jedenfalls in Fällen, in denen – wie im Entscheidungsfalle – der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu erkennen gegeben hat, daß er zu einer unbefristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bereit ist und der Arbeitnehmer daher befürchten muß, er könne bei Ablehnung der angebotenen Befristung seinen Arbeitsplatz früher verlieren als bei Annahme des Angebots, muß deshalb die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle eingreifen. Denn eine solche Befristung stellt sich für den Arbeitnehmer als gesicherte Verlängerung seines sonst gefährdeten Arbeitsverhältnisses dar; die Interessenlage unterscheidet sich insoweit nicht wesentlich vom Regelfall der befristeten Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses, bei dem der Arbeitnehmer zwar meint, wegen der Unwirksamkeit der vorangegangenen Befristung schon in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen, er dessen gerichtliche Geltendmachung aber angesichts der ihm angebotenen befristeten Weiterbeschäftigung unterläßt.
II. Auch der Hilfsbegründung des Landesarbeitsgerichts, jedenfalls liege ein sachlicher Grund im Vergleichscharakter der hier vereinbarten Befristung, kann sich der Senat nicht anschließen. Zwar legt das Landesarbeitsgericht seiner Hilfsbegründung die zutreffende Wertung zugrunde, daß es eines sachlichen Grundes bedurfte. Zu Unrecht sieht es jedoch die Voraussetzungen als erfüllt an, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderlich sind, damit ein außergerichtlicher Vergleich als sachlicher Befristungsgrund anerkannt werden kann.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtfertigt, darin, daß diese Befristung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wurde (Urteil vom 3. August 1961 – 2 AZR 117/60 – AP Nr. 19 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteil vom 9. Februar 1984 – 2 AZR 402/83 – AP Nr. 7 zu § 620 BGB Bedingung; Urteil vom 4. Dezember 1991 – 7 AZR 307/90 – EzA § 620 BGB Nr. 113). Auch in einem außergerichtlichen Vergleich kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein sachlicher Befristungsgrund liegen (Urteil vom 4. März 1980, BAGE 33, 27 = AP Nr. 53 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteil vom 22. Februar 1984, BAGE 45, 160 = AP Nr. 80 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Die Anerkennung auch eines außergerichtlichen Vergleichs als sachlicher Befristungsgrund ist im Schrifttum auf erhebliche Kritik gestoßen (vgl. z.B. KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 620 BGB Rz 143 a; MünchKomm-Schwerdner, BGB, 2. Aufl., § 620 Rz 56 f.; Dörner in RGRK-BGB, 12. Aufl., § 620 Rz 105).
2. Der Senat braucht anläßlich des vorliegenden Falles nicht grundsätzlich zu entscheiden, ob an der Anerkennung auch eines außergerichtlichen Vergleichs als Befristungsgrund festgehalten werden kann. Denn Voraussetzung für die Anerkennung eines außergerichtlichen Vergleichs als Befristungsgrund ist zumindest, wie der Senat in der bereits angeführten Entscheidung vom 22. Februar 1984 deutlich gemacht hat, das Vorliegen eines offenen Streits der Parteien über die Rechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses; beide Parteien müssen also gegensätzliche Rechtsstandpunkte darüber eingenommen haben, ob bzw. wie lange zwischen ihnen noch ein Arbeitsverhältnis besteht. Der Senat hat in der angeführten Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sorgfältig geprüft werden muß, ob insbesondere der Arbeitnehmer bereits nachdrücklich seine Rechtsposition vertreten und der Arbeitgeber es daraufhin abgelehnt hat, ihn in seinem Arbeitsverhältnis weiterzubeschäftigen. Damit ist ein Fall wie der vorliegende nicht gedeckt, in dem der Arbeitgeber den Ausspruch einer Kündigung lediglich angedroht hat. Eine solche bloße Androhung ist noch nicht geeignet, die Rechtslage zu gestalten; ein offener Streit über die Rechtslage, der dem Arbeitnehmer den Weg zum Gericht eröffnen würde, ist damit noch nicht gegeben. Vielmehr versucht der Arbeitgeber durch die Androhung einer Kündigung lediglich, seine Verhandlungsposition gegenüber dem Arbeitnehmer zu verstärken und damit Druck auf die Entscheidungsbildung des Arbeitnehmers auszuüben, ob er sich mit dem Angebot eines befristeten Arbeitsvertrages einverstanden erklärt. Beugt sich der Arbeitnehmer diesem Druck, so kommt er zwar den Verhandlungszielen des Arbeitgebers entgegen, indem er seine Rechtsstellung teilweise aufgibt. Ein Nachgeben auch des Arbeitgebers hinsichtlich der zwischen den Parteien bestehenden Rechtslage, wie es § 779 BGB erfordert, liegt dagegen nicht vor. Auch die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgerichts vermag daher die Klageabweisung nicht zu tragen.
III. Da das Landesarbeitsgericht bereits mit seiner Haupt- und seiner Hilfsbegründung zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Befristung rechtswirksam sei, hat es folgerichtig nicht geprüft, ob ein anderer sachlicher Grund für die Befristung vorliegt. Diese Prüfung ist jedoch erforderlich, nachdem sich Haupt- und Hilfsbegründung als nicht tragfähig erwiesen haben. Da das Landesarbeitsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, zumal auch der Sachvortrag der Parteien hierzu nicht unstreitig ist.
1. Abschließend kann der Senat beurteilen, daß das Berliner Hochschulpersonal-Übernahmegesetz, auf das sich die Beklagte beruft, keinen gesetzlichen Befristungsgrund eingeführt hat. Das Hochschulpersonal-Übernahmegesetz sagt dies schon seinem Inhalt nach nicht, so daß nicht mehr näher auszuführen ist, daß es schon wegen der abschließenden Regelung in den §§ 57 a ff. HRG dem Landesgesetzgeber nicht gestattet wäre, darüber hinaus im Hochschulbereich gesetzliche Befristungsgründe einzuführen (vgl. auch BAG Urteil vom 14. Februar 1996 – 7 AZR 613/95 –, zur Veröffentlichung bestimmt).
2. Aufgrund des Sachvortrags der Beklagten ist jedoch denkbar, daß die Haushaltsmittel, aus denen der Kläger für die Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages vergütet werden sollte, haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind (§ 57 b Abs. 2 Nr. 2 HRG). Dies wird das Landesarbeitsgericht anhand der haushaltsrechtlichen Vorgaben zu prüfen haben. Bejaht es diese Frage, so wird es weiter zu prüfen haben, ob nach den Grundsätzen der Senatsurteile vom 31. Januar 1990, BAGE 65, 16, vom 19. August 1992, BAGE 71, 118 und vom 14. Dezember 1994 – 7 AZR 342/94 – (AP Nr. 1, 2 und 3 zu § 57 b HRG) der Befristungsgrund des § 57 b Abs. 2 Nr. 2 HRG als im Arbeitsvertrag angegeben anzusehen ist.
3. Sachlich gerechtfertigt sein kann die vorliegende Befristung überdies nach den Maßstäben der allgemeinen arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle, zumal die Beklagte ausführlich dargelegt hat, daß ihre Stellensituation nur noch eine zeitlich begrenzte Weiterbeschäftigung des Klägers zugelassen habe und es letztlich ein soziales Entgegenkommen gegenüber dem Kläger gewesen sei, daß ihm nicht sofort die an sich erforderliche Bedarfskündigung ausgesprochen worden sei. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts bedarf ein Sachgrund der allgemeinen arbeitsvertraglichen Befristungskontrolle nicht der Vereinbarung; er muß lediglich bei Vertragsabschluß objektiv vorgelegen haben.
a) Die öffentlichen Einrichtungen der ehemaligen DDR waren personell überbesetzt. Von daher war es ein wesentliches Ziel des Einigungsvertrages, den Personalbestand dem tatsächlichen Bedarf bzw. den finanziellen Möglichkeiten anzupassen (BVerfGE 84, 133, 151). Dementsprechend sah der Einigungsvertrag insbesondere das Mittel der Bedarfskündigung vor (Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Anlage I zum Einigungsvertrag). Im Bereich der Hochschulen kommt hinzu, daß die Personalstruktur, insbesondere des wissenschaftlichen Mittelbaus, an den westdeutschen Hochschulstandard angeglichen werden mußte. Um die sich daraus ergebenden Übergangsprobleme abzufedern, kann es durchaus sachgerecht gewesen sein, anstatt sofortiger Bedarfskündigungen zunächst befristete Weiterbeschäftigungen vorzusehen.
b) Einen Anhaltspunkt für die Richtigkeit dieser Argumentation der Beklagten bietet § 4 Hochschulpersonal-Übernahmegesetz. Wie bereits dargelegt wurde, ergibt sich zwar aus diesem Gesetz selbst kein sachlicher Grund für eine Befristung. § 4 dieses Gesetzes ist vielmehr als Ermächtigung zu verstehen, freie Stellen, die wegen der Umstellungsschwierigkeiten auf das neue bundesdeutsche Hochschulrecht noch nicht sofort ihrer neuen Zweckbestimmung entsprechend besetzt werden können, für eine Übergangszeit von längstens fünf Jahren zur Weiterbeschäftigung von Bediensteten zu verwenden, die den Anforderungen der Stelle an ihre dauerhafte Besetzung nicht entsprechen. Damit ist indessen nichts Endgültiges darüber gesagt, daß diese vorübergehende Besetzung nur im Wege eines befristeten Arbeitsvertrages erfolgen durfte; denkbar wäre insbesondere auch gewesen, eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen, sobald die Stelle ihrer Zweckbestimmung entsprechend besetzt werden muß und damit für den vorübergehend auf ihr beschäftigten Arbeitnehmer, sofern er der Zweckbestimmung der Stelle nicht entspricht, nicht mehr zur Verfügung steht. Vielmehr ist nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle zu prüfen, ob bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages aufgrund einer sorgfältigen Prognose mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen war, die Stelle werde tatsächlich während der vom Gesetzgeber eingeräumten Übergangszeit ihrer Zweckbestimmung entsprechend neu besetzt werden.
c) Mit ihrer Darlegung, im Falle des Klägers von der Ermächtigung des § 4 Hochschulpersonal-Übernahmegesetz Gebrauch gemacht zu haben, beruft sich die Beklagte mithin auf eine Fallgestaltung, die, wenn sie tatsächlich vorgelegen haben sollte, nach den Maßstäben der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle durchaus geeignet sein könnte, einen sachlichen Befristungsgrund abzugeben. Dabei kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, welchen der von der Rechtsprechung anerkannten Befristungsgründe sie damit darzulegen versucht. Die von der Rechtsprechung anerkannten Befristungsgründe bilden keinen abschließenden Katalog der als sachlicher Grund geeigneten Sachverhalte, wie sich schon aus der lediglich beispielhaften Aufzählung von Befristungsgründen im noch heute maßgeblichen Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Oktober 1960 (BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ergibt. Weist eine als Befristungsgrund vorgetragene Fallgestaltung rechtserhebliche Besonderheiten auf, die ihrer Einordnung in die von der Rechtsprechung bisher anerkannten Befristungsgründe unmöglich machen, so ist eine eigene rechtliche Bewertung dieser Fallgestaltung daraufhin erforderlich, ob bei ihr nach den Wertungsmaßstäben der bisherigen Rechtsprechung ein sachlicher Grund für eine Befristung anzuerkennen ist (BAG Urteil vom 13. April 1983, BAGE 42, 203 = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
Nach diesen Wertungsgrundsätzen kann z.B. ein sachlicher Befristungsgrund vorliegen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus sozialen Gesichtspunkten vorübergehend weiterbeschäftigt. Dies hat der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts bereits in seinem oben erwähnten Beschluß vom 12. Oktober 1960 angedeutet und ist in der Folgezeit zur ständigen Rechtsprechung geworden (vgl. z.B. BAG Urteile vom 2. Dezember 1984 – 7 AZR 204/83 –, vom 3. Oktober 1984, BAGE 47, 44, vom 26. April 1985 – 7 AZR 316/84 – und vom 12. Dezember 1985 – 2 AZR 9/85 – AP Nr. 85, 88, 91 und 96 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Dabei müssen zwar soziale Gründe und nicht etwa lediglich betriebliche Interessen für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ausschlaggebend sein; unschädlich ist jedoch, daß noch Bedarf für die Tätigkeit des Arbeitnehmers besteht und er daher noch sinnvoll beschäftigt werden kann.
d) Ein sachlicher Befristungsgrund kann überdies auch dann vorliegen, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen ist, daß der Arbeitnehmer nur noch eine begrenzte Zeit weiterbeschäftigt werden kann, insbesondere weil danach keine Planstelle mehr für ihn zur Verfügung steht. Ob für einen Arbeitnehmer eine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, richtet sich nach der Senatsrechtsprechung (vgl. z.B. Urteil vom 6. Juni 1984 – 7 AZR 458/82 – AP Nr. 83 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) im öffentlichen Dienst nicht nach einem tatsächlichen Bedürfnis für die weitere Verrichtung der dem Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben, sondern nach den hierfür bewilligten Stellen. Hat der Haushaltsgesetzgeber für die Tätigkeit eines Arbeitnehmers keine Stelle bewilligt oder hat er beschlossen, diese Stelle in Wegfall zu bringen oder für eine Tätigkeit vorzusehen, die der Arbeitnehmer nicht verrichten kann, so besteht für den Arbeitnehmer auch keine Beschäftigungsmöglichkeit. Im Entscheidungsfalle hat die Beklagte dargelegt, daß die sogenannte „Sollstelle”, aus der der Kläger aufgrund der Ermächtigung in § 4 Hochschulpersonal-Übernahmegesetz für eine Übergangsstelle bezahlt werden durfte, als Qualifizierungsstelle für Hochschulnachwuchs bestimmt gewesen und daher für den Kläger nicht in Betracht gekommen sei. Ob dies es rechtfertigt, die Beschäftigung des Klägers zu befristen, beurteilt sich nach den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle danach, ob zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden mußte, die Stelle werde für den Kläger nur vorübergehend zur Verfügung stehen und dann entweder entfallen oder mit einem Beschäftigten besetzt werden müssen, der die Zweckbestimmung der Stelle erfüllt.
Den zugrunde liegenden Sachverhalt wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben. Dabei wird insbesondere zu beachten sein, daß die bloße Unsicherheit, ob die Stelle nur noch vorübergehend für den Kläger zur Verfügung steht, die Befristung nicht rechtfertigt. Vielmehr müssen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses konkrete Anhaltspunkte für eine verantwortungsbewußte Prognose vorliegen, daß der Kläger nur noch begrenzte Zeit aus der Stelle vergütet werden kann. Anhaltspunkte hierfür bietet die in § 4 Hochschulpersonal-Übernahmegesetz vorgeschriebene Begrenzung des Übergangszeitraums auf fünf Jahre. Das Landesarbeitsgericht wird aber insbesondere festzustellen haben, ob nach den bei Vertragsabschluß abzusehenden haushaltsrechtlichen Vorgaben nach Ablauf dieses Übergangszeitraums in der Tat keine Stelle mehr für den Kläger zur Verfügung steht.
Sollte sich damit eine Befristung an sich als sachlich gerechtfertigt erweisen, so ist unerheblich, ob die hier vereinbarte dreijährige Dauer der Befristung exakt mit dem Zeitpunkt übereinstimmt, zu dem nach einer verantwortungsbewußten Prognose damit zu rechnen war, für den Kläger werde keine Stelle mehr zur Verfügung stehen. Denn wäre eine Befristung mit anderer Zeitdauer sachlich gerechtfertigt, so hätte auch sie den Kündigungsschutz ausgeschlossen; durch die abweichende Wahl der Zeitdauer würde also kein Kündigungsschutz vereitelt, sofern die gewählte Zeitdauer nicht ergibt, daß der vorgetragene Befristungsgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben wird (ständige Rechtsprechung seit BAG Urteil vom 26. August 1988, BAGE 59, 265 = AP Nr. 124 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
4. Im erneuten Berufungsverfahren, in dem neuer Sachvortrag wieder uneingeschränkt zulässig ist, wird das Landesarbeitsgericht mithin nach diesen Wertungsmaßstäben zu prüfen haben, ob ein sachlicher Grund für die Befristung vorlag. Insbesondere wird es aufzuklären haben, auf welchen Entscheidungen die von der Beklagten vorgelegten Stellenpläne beruhen, ob nach diesen Stellenplänen eine Stelle, in die der Kläger auf Dauer eingewiesen werden könnte, ihrer Zweckbestimmung nach nicht zur Verfügung stand, welchen Zwecken die Stellen dienen, aus denen auch nach der Würdigung der Beklagten jedenfalls eine vorübergehende Vergütung des Klägers möglich war, ob also der Würdigung der Beklagten, eine Vergütung des Klägers aus diesen Stellen sei nur noch vorübergehend möglich, eine fundierte, sorgfältige und verantwortungsbewußte Prognose der Beklagten zugrunde lag.
Unterschriften
Steckhan, Schmidt, Bröhl, Olga Berger, Niehues
Fundstellen
BAGE, 101 |
BB 1996, 2042 |
NJW 1996, 3226 |
JR 1997, 176 |
NZA 1996, 1089 |